Dehio Brandenburg, 2012, S. 504 ff.

Ev. Pfarrkirche Unser Lieben Frauen. Von 1282/84 bis 2. H. 16. Jh. Sitz
eines Zisterzienserinnenkonvents (Zisterzienserinnenkloster zum Heiligen
Kreuz). Kreuzförmiger spätromanischer Backsteinbau mit ehem. basilikalem
Langhaus und dreiseitig schließendem gotischen Chor.
Baugeschichte. Eine Kirche bei der Siedlung auf dem Damm 1161
vorhanden oder vorgesehen. Um 1173/74 Übertragung an das
Prämonstratenserstift Gottesgnaden bei Calbe/Saale (Sachsen-Anhalt) und
Erhebung zur Hauptkirche des Landes Jüterbog mit Sitz eines Archidiakons.
Ein durch Bischof Siegfried von Brandenburg (1173–80) geweihter Bau
mutmaßlich beim Pommerneinfall 1179 zerstört. Die erhaltene Kirche kaum
vor A. 13. Jh. beg. als zu dieser Zeit noch seltener Backsteinbau.
Bauabfolge im einzelnen noch nicht geklärt. Urspr. als dreischiffige
romanische Pfeilerbasilika mit Querhaus, Chor und östl. Apsiden errichtet,
hier vermutlich auch 1215 bzw. 1227 Weihe von Altären. Älteste erhaltene
Bauteile wohl der Kern des Mittelschiffs mit westl. Vierungsbogen. Neubau
des Chors in 2. H. 15. Jh. Die südl. Nebenapsis A. 16. Jh. durch einen
rechteckigen Anbau mit Zellengewölbe ersetzt, die nördl. 1575 durch eine
quadratische Sakristei. 1722/23 Errichtung eines stattlichen Fachwerkturms
im Westteil des Mittelschiffs. 1798 die Seitenschiffe, 1845 der obere Teil des
Turms abgerissen. 1871 Anbau der kleinen Südvorhalle. 1890/91 durch F.
Adler eingreifend rest., dabei die alten Dachwerke entfernt. Erneut 1934–39
und 1970–72 rest.
Das Äußere schlicht. Die Obergadenmauern des Mittelschiffs allein durch die
schmalen Fenster unterbrochen; ihre Bögen leicht gespitzt. Durch Verlust
der Seitenschiffe die Arkaden äußerlich sichtbar. Am Querschiff Lisenen und
abgestufte rundbogige Portale in rechteckigen Mauervorlagen; im einzelnen
stark rest., das nördl. zugesetzt. Von den urspr. Giebeln nur der am
Südquerarm erhalten; die Schrägen mit rest. Rundbogenfriesen besetzt. An
den Ecken des Südquerarms Mauerreste eines späteren Anbaus (Paradies
oder Totenhalle?). Die Westfassade großteils aus Feldsteinquadern, mit
Rundfenster aus Backstein; der Giebel ebenso wie der Teil des
verschieferten, sich nach oben verjüngenden Turms mit Spitzhelm sowie die
nördl. Querhausfassade von 1890/91. Am Chor schlichte Strebepfeiler und
profilierte Fenstergewände, das Maßwerk von 1890/91; das Südportal mit
wechselnd roten und glasierten Formsteinen reich profiliert und von Wimperg
überfangen.
Innen. Die auf quadratischen Pfeilern mit schmalem Kämpferprofil ruhenden
rund- und spitzbogigen Arkaden variieren ohne erkennbares System. Die
Vierungsbögen gedrückt spitzbogig; der östl. auf Rechteckvorlagen, die
anderen auf Halbsäulen mit Würfelkapitellen; der nördl. und südl. Bogen
ebenso wie der Schwibbogen im westl. Teil des Schiffs von 1890/91. Der
ehem. von der Nonnenempore ausgefüllte Westteil des Schiffs beim Einbau
des Turms 1722/23 abgeteilt. Balkendecke, die reiche ornamentale
Bemalung 1937 von R. Sandfort. Im zweijochigen Chor Kreuzrippengewölbe
über Runddiensten; unter den Fenstern kräftiges umlaufendes Wulstband. –
Im Langhaus in der dritten Arkade der Südseite gemalte Engelspietà, 2. H.
15. Jh. In zwei Chorfenstern Glasmalereien, 1891 von der Fa. H. Oidtmann:
Eherne Schlange und Kreuzigung bzw. Auferstehung und Himmelfahrt.
Hölzerne Emporen im Westen und im Südquerarm wohl 1890/91, später
verändert. Jüterbog, Liebfrauenkirche, Langhaus und Querhaus im Zustand
des 13. Jh. (Rekonstruktion nach Adler 1891)
Ausstattung. Auf dem Altar profilierte Deckplatte, Sandstein, 1. H. 13. Jh.;
das rechte Teilstück mit Minuskelinschrift urspr. offenbar Grabstein.
Hölzerner Altaraufsatz 1710; dreigeschossig, mit Gemälden: in der Predella
Abendmahl, im Hauptgeschoss Christus in Gethsemane zwischen Säulen
und Akanthuswangen, darüber Auferstehung zwischen Palmsäulen und
raumgreifenden Engelsfiguren mit Leidenswerkzeugen, abschließend
umwölktes Gottesauge unter Segmentbogen. Kanzel, vorzügliche
Sandsteinarbeit, bez. 1575 von G. Schröter aus Torgau; runder Korb auf
kräftiger Säule; an der Brüstung Evangelisten in Muschelnischen,
dazwischen Beschlagwerk; weiter unten Halbfigurenbildnisse Luthers und
Melanchthons; am Aufgang Stifterwappen, u. a. von Klitzing, sowie Christus
mit Weltkugel. Im Ornamentalen niederländisch, im Figürlichen wohl auch
italienisch beeinflusst. Taufstein um 1480; über achteckigem Fuß runde
Kuppa mit kräftigem Kielbogenmaßwerk. Orgel 1737 von J. Wagner; seitlich
Akanthuswangen und Putten mit Blasinstrumenten; an der Bekrönung
Monogramm Herzog Johann Adolfs II. von Sachsen-Weißenfels; auch das
Werk weitgehend urspr. In der Sakristei Opferstock (?) aus Sandstein mit
Maßwerkdekor, 2. H. 15. Jh., sowie Ölgemälde, Christus auf dem Weg nach
Emmaus, bez. H. von Blomberg 1864. – Grabmäler: Amtshauptman v.
Klitzing, 2. H. 16. Jh., mit ganzfigurigem Relief. Sophia Dorothea Ritter (†
1733), Obelisk zwischen weiblichen Allegorien, dahinter von Putten
gehaltene Draperie. Friedrich Christian Krebs († 1777), sarkophagartiger
Sockel, darauf große Rokokokartusche zwischen Fides und Justitia.
Weiteres Inventar aus der Mönchenkirche übernommen. Große Truhe, A.
16. Jh., mit herzförmig endenden Beschlägen, an der Beilade Ranken in
Flachschnitzerei. Koffertruhe mit klassizistischen Beschlägen, dat. 1819.
Gemälde: Ganzfigurige Leinwandbildnisse Luthers und Melanchthons, 4. V.
16. Jh. Epitaph eines Unbekannten, 3. V. 16. Jh.; Tafelbild der Kreuzigung
mit Stifterfamilie. Epitaph des Pfarrers Johannes Pilichius, dat. 1599;
querformatiges Tafelbild mit kniender Familie vor dem Gekreuzigten.
Halbfiguriges Leinwandbildnis desselben Pfarrers aus seinem Todesjahr
1611. Ganzfigurige Leinwandbildnisse der Pfarrer Christian und Johannes
Jeremias Crudelius († 1738 bzw. 1743). Große Glocke (1471), mittlere
Glocke mittelalterlich, drei kleine Glocken (mittelalterlich, 1471, 1478).