Denkmaltopographie Teltow-Fläming, Bd. 17.1, 2000, S. 381 ff.

Der Feldsteinsaalbau mit eingezogenem Rechteckchor und
querrechteckigem Westturm steht innerhalb der südlichen Gehöftreihe, von
der Straße zurückgesetzt. Er wird vom Kirchhof umgeben, den zur Straße
eine Ziegelmauer des 19. Jh. abgegrenzt. Werder war immer Mutterkirche
(schon 1192/1205); 1589-1981 mit Neuhof als Filia. Seit 1954 wird Werder
von Kloster Zinna mitbetreut, 1981 erfolgte die Aufgabe der Pfarrstelle.
Erzbischof Wichmann († 1192) übertrug das Patronatsrecht, bis dahin im
Besitz des Magdeburger Liebfrauenstifts, an das Zisterzienserkloster Zinna,
seit 1553 hatte es der Landesherr.
Die Kirche von Werder entstand im Verlauf von mindestens vier
mittelalterlichen Bauphasen. Ursprünglich scheint der vielleicht bereits im
späten 12. Jh. entstandene romanische Kernbau einen kürzeren,
querrechteckigen Chor und eine Apsis besessen zu haben. Einer zweiten
Bauetappe gehört der deutlich durch Baufugen getrennte, aber von Anfang
an geplante Westturm an (vgl. großer Bogen auf Westseite des Schiffs). Nun
wurde auf gleichmäßigere Steingrößen geachtet, andererseits füllte man die
Fugen verstärkt durch Auszwickungen. Auf einen hoch- oder spätgotischen
(vgl. Dachwerk) Ausbau geht die Verlängerung des Chores zurück. Es
entstand die gerade Ostwand mit Dreifenstergruppe. Im Westen der
Chorsüdseite ist die Abbruchkante erkennbar (Steinschichten laufen nicht
durch). Für die neuen Mauerteile wurde zwar altes Steinmaterial
wiederverwendet, jedoch fallen der stärkere Putzanteil und vermehrte
Auszwickungen auf, wozu nun auch Ziegelbruch verwendet wurde. Eine
Gliederung erfolgte durch Bandfugen im Putz, von denen Reste auf der Süd-
und Ostseite erhalten blieben. Noch deutlicher war die Baunaht im Inneren
auf der Nordseite bei abgenommenem Putz zu sehen. Die schlanken
Spitzbogenfenster mit Backsteinlaibungen in der Chorostwand unterscheiden
sich deutlich von den kleinen, hochsitzenden Rundbogenfenstern der älteren
Phase, wie sie auf der Nordseite des Schiffs erhalten blieben (das westliche
eine Rekonstruktion). Beim Chor ist nur noch ein Laibungsrest im Westen der
Südseite erkennbar (Fenster wohl schon bei der Chorverlängerung beseitigt).
Rundbogig sind auch das Nordportal und die schmale Priesterpforte im
Westen der Chornordseite; beide werden bis heute benutzt und besitzen
sorgfältig bearbeitete Bogensteine und innere Portalnischen mit
dachförmigem Sturz. Bewahrt sind auch altertümliche Türblätter aus
Eichenbohlen mit hölzernen Kastenschlössern. Auf der vom Dorf
abgewandten Südseite fehlen Portale. Von den drei Fenstern der gotischen
Ostseite ist das mittlere durch Gewände aus Formziegeln mit Rundstab und
Fasenprofil ausgezeichnet. Ein weiteres Spitzbogenfenster in der Mitte der
südlichen Chorwand wurde durch ein neuzeitliches Fenster weitgehend
zerstört, ebenso die mittelalterlichen Fenster der Südseite des Schiffs (Lage
durch Ausbruchstellen markiert). Das Kircheninnere besitzt
Holzbalkendecken und einen rundbogigen Triumphbogen mit
Kämpferprofilen, eine seltene Ausnahme unter den Flämingdorf kirchen
(stark verschliffen, wohl Platte und Fase). Mauervorsprünge aus
Feldsteinquadern im unteren Bereich sind als Ansätze einer Chorschranke zu
deuten (auf der Südseite unten Türangel). Ursprünglich war das
Turmuntergeschoss durch einen weiten, gedrückten Spitzbogen zum Schiff
geöffnet (später durch eine Fachwerkwand ausgefüllt), nach außen dagegen
vollständig abgeschlossen (keine Portale). Einige der erhaltenen
bauzeitlichen Dachbalken belegen die ursprünglich geringere Turmhöhe.
Hervorzuheben sind schließlich die mittelalterlichen Dachwerke aus sorgfältig
bearbeiteten, zierlichen Eichen- und Kiefernhölzern. Über dem Schiff erhebt
sich ein Sparrendach mit Kehlbalken und senkrechten Sparrenstützen
(Hängestreben). Die Gebinde haben einen Abstand von durchschnittlich 0,75
m. Die mit Schwalbenschwanzblattungen verbundenen Hölzer wurden 1407
und 1408 gefällt (d); z.T. wurden ältere Hölzer wiederverwendet (wohl von
einem Kreuzstrebendachwerk), deren Datierung leider nicht gelang. Aufgrund
der geringeren Breite des Chores ist dessen Dachwerk (nach 1393 d) als
einfache Sparrenkonstruktion mit angeblatteten Kehlbalken und zierlichen
Windrispen ausgebildet. Noch 1820 bestand die Dachdeckung der Kirche
teilweise aus Hohlziegeln (a). Im 15. Jh. wurde dem Turm ein ganz in
Backstein ausgeführtes Glockengeschoss aufgesetzt. Es besitzt spitzbogige,
von Blenden flankierte Schallöffnungen und wird durch ein Walmdach,
dessen Sparrenkonstruktion mit angeblatteten Kehlbalken wohl noch
bauzeitlicher Bestand ist, abgeschlossen. Ehemals erhob sich in der Mitte
wahrscheinlich ein Dachreiter. Spätgotisch ist auch der rechteckige
Backsteinanbau auf der Nordseite des Chores (Leichenhalle) mit
Schleppdach. Die westliche Schmalseite wird durch Blenden mit
ansteigenden Viertelkreisabschlüssen gegliedert, in der östlichen befindet
sich ein großes flachbogiges Portal in spitzbogiger Blendnische, im Norden
ehemals kleine Öffnungen zwischen lisenenartigen Streben. Von 1701 (i)
stammt der Glockenstuhl. Auch die großen Flachbogenfenster mit
Ziegellaibungen auf der Südseite von Chor und Schiff dürften auf eine
Erneuerung im 18. Jh. zurückgehen. Eine von Bauinspektor J. Gerndt aus
Jüterbog geplante, 1867 durch die Maurermeister Herold sen. und jun. aus
Jüterbog ausgeführte Renovierung (a) betraf vor allem das Innere. Damals
scheint auch unter Einbeziehung älterer Teile die bis heute erhaltene
hölzerne Westempore entstanden zu sein. Mit der Instandsetzung 1896 (u.a.
Dacharbeiten) ist vielleicht auch die Raumfassung mit aufgemalter
Quaderung zu verbinden. Sie fiel ebenso wie ein Teil der Kirchenausstattung
der purifizierenden Renovierung unter Kirchenbaurat Wendland 1966/67 zum
Opfer. Außerdem erfolgten eine Trockenlegung des Mauerwerks, die
Erneuerung des Fußbodens (unter Verwendung alter Tonfliesen aus der
Treuenbrietzener Marienkirche) und die Rekonstruktion des westlichen
Fensters der Nordseite in romanischer Form. Das schadhafte alte Gestühl
ersetzte man durch ein neu angeschafftes der Zeit um 1900; die
Seitenempore der Nordseite und der barocke Altaraufsatz wurden beseitigt.
1997 erfolgten die neuerliche Trockenlegung des Mauerwerks, die
Erneuerung der Deckenbalken sowie eine Neudeckung sämtlicher Dächer.
Ausstattung
Altar. Mittelalterlicher Feldsteinunterbau. Der barocke Aufsatz 1966 beseitigt
(heute verschollen); damals neue hölzerne Deckplatte. Das Altarkreuz von
1952 (m).
Taufstein. Wohl 13. Jh. Kelchförmige, runde Sandsteinkuppa mit hängendem
Lilienfries; Fuß aus Raseneisenstein. 1966 Anstriche abgenommen (m). Im
Chor vor dem Altar aufgestellt.
Kanzel. Anfang 18. Jh. 1966 restauriert. Holz; polygonaler Korb auf
eigentümlichem Balusterfuß; an den Ecken des Korbes Fruchtgehänge; in
den Brüstungsfeldern Leinwandbilder, Christuskind im Triumph über den Tod
(vgl. Neuhof) und Evangelisten. Am Aufgang und dem anschließenden
Pfarrerstuhl (auch als Betstübchen des Pfarrers bezeichnet) reich gesägte
Rankengitter.
Orgel. Werk 1905 von Ad(am) Eifert aus Stadtilm in Thüringen (i), erneuert
1972. In den fünfteiligen Prospekt wohl Zierelemente des Vorgängers von
1785 einbezogen (a); reichgeschnitzter Aufsatz in vegetabilen Formen.
Kirchentruhe. 14. Jh. Einbaumtruhe aus Eichenholz mit Deckel aus Esche
und Eisenbeschlägen in Form von Bändern und Wellenranken; innen Beilade
mit eigenem Schloss.
Glocke. Zweite Hälfte 13. Jh. Bronze. Oben am Hals Inschriftband in
Majuskeln »REX GLORIA XPE VENI CUM PACE(M)«, dazwischen Kreuz,
Lamm Gottes, Petrus, schreitende weibliche Figur mit erhobenen Händen
(wohl Maria) sowie mehrere Wappenschilde (u.a. mit Reiter bzw. Löwen).
Glasmalerei-Fragment. Anfang 16. Jh. Kopf und Oberkörper des
Gekreuzigten mit feiner Zeichnung in Grisaille. Chormittelfenster.
Mit ihrem gut erhaltenen mittelalterlichen Baubestand, zahlreichen
interessanten Details und Ausstattungsstücken gehört die Kirche von Werder
zu den bemerkenswertesten Dorfkirchen des Flämings. Durch die
verschiedenen Bauphasen sind alle wesentlichen Perioden der
mittelalterlichen Dorfkirchenarchitektur vertreten. Hervorzuheben sind die
schöne Ostfenstergruppe und das spätgotische Glockengeschoss des
Westturms. Damit besitzt Werder einen der wenigen vollständig aus dem
Mittelalter stammenden Dorfkirchentürme der Region um Jüterbog. Von
herausragender Bedeutung sind die kaum veränderten, etwa sechshundert
Jahre alten Dachkonstruktionen. Unter den Ausstattungsstücken ragen die
aufwändig mit Beschlägen versehene Einbaumtruhe und das Taufbecken
heraus. Das unscheinbare Christusfragment gehört zu den letzten Resten
mittelalterlicher Glasmalerei in brandenburgischen Dorfkirchen.
Quellen: BLHA Potsdam, Pr. Br. Rep. 2A, Abt. II, Jüterbog-Luckenwalde, Nr.
1979 (mit Grundriss 1860er Jahre) und Pr. Br. Rep. 7, Amt Zinna, Nr. 346
(Orgelbau 1785).
Literatur: Bergau 1885, S. 774; Ostendorf 1908, S. 23 (Abb. 45) und 24;
Hoppe 1914, S. 17, 120f., 124 (Anm. 66) und 252; Gertler 1967;
Kurztopographie 1978, S. 154; Dehio 1983, S. 449;
Gericke/Schleiff/Wendland 1985, S. 136 und 157; Rohrlach 1992, S. 534;
Schütte 1995, S. 4f.; A. Cante 1997, S. 212-219; Pfeifer 1997, S. 103-105;
Ibbeken 1999, S. 222.