Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 365 ff.

Die Kirche steht südlich der Dorfstraße, inmitten des von einer Mauer aus
unbehauenen Feldsteinen umgebenen, seit Ende des 19. Jh. aufgelassenen
Kirchhofs. Im Mittelalter gehörte Passow zum Bistum Brandenburg, Sedes
Angermünde. Anfangs gab es vermutlich eine eigene, mit vier Hufen
ausgestattete Pfarre. 1459 ist der Ort als Kirchdorf erwähnt. Seit dem 17. Jh.
war Passow, bis auf eine Unterbrechung 1860/61, stets Tochterkirche von
Stendell. Das Patronat hatten anteilig die jeweiligen Rittergutsbesitzer inne,
von 1726 bis 1944 die Familie v. Diringshofen allein.

Baugeschichte
Ein in der Altarnische vermauertes Eichenbrett aus der Zeit um oder nach
1195 (d) spricht für einen Vorgängerbau; wo genau sich dieser befunden
hat, ist unbekannt. Die jetzige Kirche entstand in der 2. Hälfte des 13. Jh. als
parallel zur Dorfstraße ausgerichteter rechteckiger Feldsteinquaderbau. Im
Süden wurde dem Bauwerk nur wenig später eine Sakristei angefügt; im
Westen erhielt die Kirche spätestens Ende des 16. Jh. einen Turmanbau aus
wenig sorgfältig gefügtem Mischmauerwerk. Ein hölzerner Turmaufsatz war
im Mai 1595 »gerichtet« und der zugehörige Turmknopf mit einem
entsprechenden Schriftvermerk versehen worden (vgl. Baas 2009).
Anzunehmen ist, dass das Bauwerk während des Dreißigjährigen Kriegs
beschädigt und geplündert wurde. Wohl im Zuge der Wiederherstellung
erhielt der Turmaufsatz eine neue Eindeckung; welche Reparaturen
außerdem erfolgten, ist nicht überliefert. In Frage kommen der Einbau einer
Patronatsloge und der Einbruch eines dazu gehörigen Eingangs im östlichen
Teil der Südwand; außerdem wurde die Kirche damals wahrscheinlich
komplett verputzt. 1709 musste der Turmaufsatz wegen Einsturzgefahr nach
einem Sturm erneuert werden; die Entwürfe dazu fertigte der Angermünder
Baumeister Johann Heinrich Funke. Eine erhaltene Bauzeichnung zeigt den
Aufsatz als dreigeschossige Konstruktion in barocken Formen. Reparaturen
am Turm sind für die Jahre 1740/41 und 1768 durch überlieferte
Rechnungen belegt. Im letztgenannten Jahr kam es darüber hinaus zur
Umgestaltung der Sakristei in ein Erbbegräbnis für die Gutsbesitzerfamilie v.
Diringshofen.
1822 musste der barocke Turmaufsatz offenbar umfangreich repariert, Teile
der Konstruktion vielleicht sogar ersetzt werden. Im selben Jahr wurden
weitere Baumaßnahmen realisiert, u. a. am Schiffsdach (Neueindeckung).
1853 waren die beiden oberen Geschosse des Turms so baufällig, dass sie
abgetragen werden mussten. 1855 folgte die Aufführung einer neuen
Turmspitze in der jetzigen Gestalt. Entwurf und Ausführung hatte
Bauinspektor John William Blew aus Angermünde übernommen. Der untere
Teil des Turmaufsatzes von 1709 blieb damals erhalten, seine Gefache
wurden aber vermutlich massiv ausgemauert.
Zu eingreifenden Veränderungen kam es 1874-76 im Zusammenhang mit
der Erweiterung der Platzkapazität im Kircheninneren. So wurden zur
Vergrößerung der Empore die beiden Portale auf der Nordseite zugesetzt,
außerdem mehrere Fenster zur besseren Belichtung der Bereiche unterhalb
der Emporen um ca. 1,5 m nach unten verlängert. Auf der Turmnordseite
entstand gleichzeitig ein neuer Eingang, in der Turmostwand ein neuer
Durchgang zum Kirchenraum. Der massive barocke Treppenaufgang zur
Patronatsloge wurde abgerissen und durch eine überdachte Freitreppe
ersetzt. Hinzu kamen eine Fußboden- und Deckenerneuerung sowie
umfangreiche Malerarbeiten. Die Planung und Durchführung sämtlicher
Maßnahmen erfolgte durch das Bauunternehmen Conrad Koosch aus
Gramzow.
Für 1911 ist eine Instandsetzung des Turmhelms überliefert. 1959/60
wurden im Zuge einer Renovierung die obere Ebene der Doppelempore zur
Winterkirche umgebaut sowie die Patronatsloge und der Pfarrstuhl im
Chorbereich entfernt. Im Zuge der damaligen Arbeiten traten an der
Südwand, seitlich des Kanzel-Schalldeckels, spätmittelalterliche Malereien in
Medaillonform zutage, die man wegen fehlender Mittel vorläufig mit einem
schützenden Kalkanstrich übermalte. Nach 1990 begannen verschiedene
Sanierungsmaßnahmen, u. a. am Turm. 1995 wurden an dessen oberen
Fachwerkgeschossen schwere Schäden festgestellt. Turmlaterne und -
spitze mussten deshalb komplett abgetragen und die Fachwerkkonstruktion
des Turmaufsatzes umfangreich erneuert werden. 2008 erhielt die Kirche
eine neue Turmspitze; Planung und Durchführung des Projekts lagen in
Händen des Planungsbüros ALV aus Angermünde.

Beschreibung
Im Ursprung turmlose, etwa 18 x 10 m große rechteckige Saalkirche aus
Feldsteinquadern. Hervorzuheben die im Verhältnis zur Grundfläche hohen
Umfassungswände (28 Steinlagen); als Abschluss steiles Satteldach. Die
östlichen Gebäudeecken vom sonstigen Verlauf der Quaderschichten
abgesetzt und durch sorgfältigere Ausführung betont, am Beginn des
Ortgangs jeweils ein zugehauener gekehlter Kragstein. Die Mauern zeigen
relativ hohen Putzanteil; vom mittelalterlichen Fugennetz stellenweise noch
Reste mit Doppelstrichritzung vorhanden. Die Längsseiten durch schlanke,
1874 nach unten verlängerte Spitzbogenfenster dreiachsig gegliedert. In
einigen der schrägen Laibungen farbige Putzfragmente überkommen. Auf
der Nordseite anstelle des östlichen Fensters eine große Spitzbogenblende;
darin repräsentativ wirkende Gruppe aus zwei schmalen Bogenfenstern und
einem Rundfenster. Der untere Bereich der Blende gestört durch den hier im
18. Jh. eingebrochenen und später zugesetzten Aufgang zur Patronatsloge.
Westlich davon die 1874 vermauerte Priesterpforte als spitzbogige Öffnung
mit einfach gestuftem Gewände und schmaler Begleitschicht entlang dem
Bogen. In gleicher Gestaltung das weiter westlich angeordnete und jetzt
ebenfalls zugesetzte Gemeindeportal. Rechts und links dieser beiden
früheren Eingänge, jeweils in Höhe des Bogens, eine kleine, spitzwinklig
schließende, jetzt vermauerte Nische erkennbar – für Dorfkirchen der
Region ein ungewöhnliches Detail.
Weitgehend unverändert ist das Erscheinungsbild der Ostseite; auffallend
hier besonders die in Form und Material vom sonstigen Bestand
abweichende Gestaltung der Dreifenstergruppe. Diese angeordnet in großer
Rundbogenblende aus Backstein, die Fenster ebenfalls mit rundbogigem
Abschluss. Das Gewände des überhöhten Mittelfensters sowie die
Bogennische jeweils begleitet von eingelegtem Rundstab. Der Giebel
darüber gegliedert durch fünf schmale Blenden, verteilt auf zwei Ebenen; in
der unteren das Motiv der Staffelung wiederholt.
Die auf der Südseite zwischen dem östlichen und dem mittleren Fenster
gelegene Sakristei ebenfalls aus Feldsteinquadern errichtet, allerdings
laufen die Steinlagen nicht konform mit denen des Hauptbaus. Die Giebel
der Sakristei nachträglich zur Vergrößerung des Dachraums erhöht –
entweder mit Einbau der Südempore im Kirchenraum um 1700 oder erst mit
Umnutzung der Sakristei zum Erbbegräbnis 1738; seitdem steiles Pultdach.
Auf der Ostseite eine für das Erbbegräbnis eingebrochene flachbogige
Türöffnung. Bewahrt das hölzerne Türblatt mit schmiedeeisernen Bändern
und eingeschnittener Inschrift (u. a. Namenskürzel des Patrons und
Jahreszahl 1738). Im Inneren die bauzeitliche stumpfspitzbogige
Tonnenwölbung, der Spitzbogen des einstigen Durchgangs zum Kirchensaal
und eine flachbogige Nische in der Westwand bewahrt.
Der nachträglich angefügte, etwa 32 m hohe Turm im unteren Teil
querrechteckig und leicht über die Flucht der Schiffswände hinausreichend.
Das unregelmäßige Mischmauerwerk jetzt dick verputzt. Auf der Nordseite
Eingang mit historisierendem Türblatt und gesprosstem Oberlicht. Dem
Aussehen des Vorgängers entspricht der weitgehend erneuerte
Turmaufsatz; dieser über quadratischer Grundfläche als zweigeschossige
Fachwerkkonstruktion mit Zeltdach, schlanker achtseitiger Laterne und
abschließendem Spitzhelm ausgeführt und bekrönt von Knauf, Wetterfahne
(fälschlich datiert mit 1822) und Stern.
Der flachgedeckte Kirchenraum möglicherweise ursprünglich mit Wölbung
im Ostteil geplant, dafür spricht jedenfalls die Gestaltung der beiden
Fenstergruppen auf der Nord- und Ostseite. Sie dominieren bis heute,
zusammen mit dem mittelalterlichen Altar, den Raumeindruck. Das nördliche
Fensterpaar ähnlich wie am Außenbau in großer spitzbogiger Wandnische
angeordnet, die östliche Fenstergruppe hingegen in einer ihrem Umriss
angepassten und von Rundstab begleiteten Nische. Auf der Südseite
befindet sich östlich ein viertes, außen jetzt durch das erhöhte Dach der
Sakristei verdecktes Spitzbogenfenster. Der westliche Raumteil weitgehend
durch die Umgestaltung und Neuausstattung von 1874-76 bestimmt. Aus
dieser Zeit stammen das Gemeindegestühl, die im unteren Teil U-förmig
vorgezogene, im oberen Teil zur Winterkirche umgebaute Doppelempore
sowie die kassettierte Flachdecke und der mit keramischen Wabenfliesen
bzw. Mauersteinen belegte Fußboden. Das Dachwerk über dem Schiff eine
spätmittelalterliche Kreuzstrebenkonstruktion, errichtet wohl 1416 unter
teilweiser Verwendung älterer Hölzer (d). Die Sparrenpaare jeweils durch
zwei Kehlbalkenlagen und zwei kreuzweise verlaufende Diagonalstreben
verbunden und an den unteren Enden durch Sparrenknechte unterstützt. Am
Gebälk zahlreiche sog. Tabaknägel.
Ausstattung
Altar. Der massiv gemauerte Altarblock wohl bauzeitlich. An der südlichen
Schmalseite eine kleine Nische; das dort zweitverwendete Holz der
Auskleidung um/nach 1195 (d) datiert. Das Retabel nach 1500 entstanden.
Seit 1993 mehrere Figuren, darunter die der Maria, restauriert. Qualitätvolle
Arbeit; die Schnitzereien teils beeinflusst von norddeutschen, evtl. Lübecker
Vorbildern. Im Mittelschrein, auf der Mondsichel stehend, Maria mit dem
Kind, rechts von ihr Anna Selbdritt, links Johannes d. Täufer. In den
Seitenflügeln die zwölf Apostel, angeordnet in vier Gruppen zu je drei
Figuren. In der Predella Hl. Georg mit elf gekrönten Jungfrauen. Alle Figuren
unter zierlichen Rankenschleiern. Die Rückseiten der Flügel mit
Temperamalerei versehen: in den äußeren großen Feldern ein Bischof
(links) bzw. der Hl. Christophorus (rechts) dargestellt, in den inneren Feldern
je zwei Szenen aus der Passion Christi. Als Bekrönung des Retabels eine
geschnitzte Kreuzigungsgruppe und ein filigran gearbeiteter Aufsatz mit
Distelranken.
Kanzel. An der Südwand. Anfang 17. Jh. Holz, jetzt blau überstrichen. Auf
eckigem Fuß vierseitiger Kanzelkorb mit geschwungenem Boden und
gefelderter Brüstung. Vor den Ecken toskanische Säulchen. Rückwand mit
geschwungenen Wangen; der Schalldeckel in Haubenform.
Orgel. Ursprünglich 1744/45 von Joachim Wagner. 1872 das Werk fast
vollständig und das Gehäuse partiell durch den Orgelbauer Emil Kaltschmidt
aus Stettin erneuert. Bewahrt die barocke Gehäusefront. Dreiteiliger
architektonischer Aufbau aus korinthischen Pilastern und verkröpftem
profilierten Gebälk. Der überhöhte Mittelteil bekrönt von zwei
Posaunenengeln, die das Wappen der Familie v. Diringshofen halten. Auf
den Gebälkenden je eine Flammenvase; die Seitenteile des Gehäuses mit
Schnitzwerk geschmückt.
Gedächtnistafel für den Musketier Friedrich Griepentroch (†1866). Holztafel
in neogotischen Formen. Unter der Gedenkschrift als schlichte Malerei ein
Adler, Fahnen und Lorbeerkranz.
Kelch und Patene. 1694 (i) von Hofgoldschmied Daniel Männlich d. Ä. aus
Cölln an der Spree. Silber, vergoldet. Der Kelch mit gebuckeltem Fuß,
gedrückt-kugeligem Nodus in Zapfenstruktur und glockenförmiger Kuppa,
die Patene Silber vergoldet.
Glocken. Drei 1874 von Carl Friedrich Voß gegossene Glocken waren 1917
abgeliefert worden und wurden nach Kriegsende durch drei Stahlglocken
ersetzt (Durchmesser 72, 84 und 102 cm).

Bedeutung
Die steil proportionierte Kirche entsprach im Grundriss anfangs dem
einfachsten Typus. Dennoch hebt sich der Bau in der Region aufgrund der
beiden repräsentativ gestalteten Fenstergruppen und der bei dörflichen
Feldsteinkirchen im 13. Jh. seltenen Verwendung von Backstein hervor.
Anzunehmen ist ein enger Bezug zur damaligen Bedeutung Passows als
wichtiger Welseübergang und Standort einer Burg. Eine Rolle könnte
außerdem der Nachbarort Briest gespielt haben, an dessen Kirche ebenfalls
umfangreich Backstein zum Einsatz kam – dort jedoch am Turm. Für die
Gestaltung der Dreifenstergruppe auf der Ostseite sind konkrete Vorbilder zu
vermuten. Ob diese an der (ersten) Klosterkirche im nahegelegenen
Gramzow oder in Städten wie Prenzlau (z. B. Franziskanerkirche) und
Stettin zu suchen sind, muss offen bleiben.
Unter den Ausstattungsstücken sticht das nahezu vollständig erhaltene
spätgotische Altarretabel hervor. Die Schnitzfiguren zeigen mindestens zwei
in Stil und Qualität deutlich voneinander unterscheidbare Handschriften. Auf
meisterliche Vorbilder wird v. a. die Hauptfigur der Gottesmutter Maria
zurückgeführt. Von der Kenntnis anspruchsvoller Werke zeugen auch die
beiden Assistenzfiguren sowie die Malereien, für die wahrscheinlich
Holzschnitte von Lucas Cranach d. Ä. als Vorlage dienten. Bemerkenswert
ist ferner der erhaltene barocke Prospekt der einstigen Wagner-Orgel. Er
zeigt Ähnlichkeiten mit dem Orgelgehäuse in Felchow. Zu den wenigen
Beispielen mittelalterlicher Zimmermannskunst im Gebiet gehört das
Kreuzstreben-Dachwerk der Kirche. Die 1874 erweiterte und 1959
veränderte Empore war die einzige Doppelempore in weitem Umkreis.

Quellen: HM Ang, Materialsammlung Ordner Passow; BLDAM,
Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1966 und 1974; Planungsbüro ALV
Ang, Projektierungsunterlagen zur Erneuerung des Turms.
Literatur: Ohle 1915, S. 208 und Abb. 29, 30, 96; KDM 1934, S. 415-18 und
Tafel 24; Heubner 2000, S. 92f.; Baas, Friedrich-Karl, Platzmangel in der
Passower Kirche, in: AHK 2006, S. 109-14; Ders., Vasa sacra – Die
Abendmahlsgeräte der Kirchengemeinde Passow, in: AHK 2007, S. 41-44;
Orgelhandbuch 2008, S. 218-21; Baas, Friedrich-Karl, Zur Zeit ein stummer
Rufer – Die Baugeschichte des Passower Kirchturms, in: AHK 2009, S. 74-
88; Knüvener 2011, S. 279-82; Dehio 2012, S. 791f.; Knüvener 2013, S. 77-
87, Friske 2014, S. 154-57.