Denkmaltopographie Elbe-Elster, Bd. 7.1, 1998, S. 50

Die Pfarrkirche, die bis zur Reformation zur Sedes Schlieben gehörte,
wogegen das Dorf Teil des Amts Lochau war, wurde nach der Reformation
dem Patronat der Universität und später dem daraus hervorgegangenen
Predigerseminar in Wittenberg unterstellt. Das Aussehen des im
Dreißigjährigen Krieg zerstörten, dem Hl. Georg geweihten, mittelalterlichen
Vorgängerbaus ist nicht bekannt. Die heutige Fachwerkkirche steht auf einer
leichten Erhebung inmitten des 1894 aufgelassenen Friedhofs am
südöstlichen Ende des Angerdorfs. Am westlichen Dorfende legte man 1893
einen neuen Kirchhof an.
Fachwerkkirche mit dreiseitigem Chorschluß aus der Mitte des 17.Jh. 1711
eine erste Kirchenrenovierung, 1712 Arbeiten am Dach.1914-15
durchgreifende Restaurierung, der die Kirche ihre Innenraumfassung
verdankt. Damals erhielt sie neue Ziegelfundamente, die
Lehmstakenausfachung wurde durch eine verputzte Ziegelausfachung
ersetzt. Die Kopf- und Fußbänder des regelmäßigen, quadratischen
Fachwerkgefüges in traditioneller Konstruktionsweise mit den Ständern
verblattet. Kleine, in zwei Reihen übereinander geordnete, rechteckige
Fenster gliedern den Bau. Im Osten im 19. Jh. Stichbogenfenstereingebaut,
ihre Bleiverglasung ist teilweise erhalten. Der Eingang von Süden nach
Norden verlegt. Steiles Dach mit Kronendeckung und einer
Fledermausgaube auf der Südseite. Einige handgestrichene
Biberschwanzziegel weisen noch einen spitzwinkligen Schnitt auf.
Zweigeschossiger, quadratischer Westturm mit achtseitigem Obergeschoß,
laut Inschrift 1748 aufgeführt. Schweifhaube mit Schiefereindeckung von
1910. Den Abbruch des baufälligen Vorgängers hatte das »Churfürstlich
Sächsische Konsistorium« schon 1738angeordnet, 1741 wurde das Bauholz
erworben, 1745 ein Kostenvoranschlageingeholt. Im Inneren der Saalkirche
zwischen Turm und Kirchenraum eine Holztür aus dem 18. Jh. Den Raum
prägen die Balkendecke und die Hufeisenempore. Bemerkenswert der
Querbalken unterhalb der Deckenbalkenlage, der zur Querversteifung des
Baus dient und durch Kopfbänder mit dem darüber befindlichen
Deckenbalken verbunden ist. Weitere Querbalken 1914-15
herausgenommen. Der Innenraum zeichnet sich durch seine anspruchsvolle,
helle Raumfassung mit Spruchfeldern und christlichen Symbolen an
Emporenbrüstung, Gestühl und Wänden aus, ausgeführt durch den Maler
Braue aus Halle.
Ausstattung
Taufstein. 1604. Sandstein. Aus Lebusa stammend. Auf vierseitigem
Balusterfuß mit Beschlagwerk und achtseitiger Kuppa mit vergoldeten
Wappen. Hölzerner Taufdeckel im Turmraum. Der zugehörende
Skulpturenschmuck, Johannes d. Täufer und Christus sowie sieben Putten,
im Pfarrhaus deponiert.
Schalldeckel. 18. Jh. Holz. Zur nicht mehr erhaltenen Kanzel gehörend. Dazu
Skulpturengruppe Maria und Joseph mit dem Jesuskind, deponiert.
Kruzifix. Zweite Hälfte 17. Jh. Holz. An der Nordostwand neben dem Altar.
Pastorenbild. Zweites Drittel 18. Jh. Dargestellt ist ganzfigurig und
fastlebensgroß Pfarrer Haino.
Orgel. 1882 von Conrad Geissler, Eilenburg.
Chorfenster. 1914/15. Mit christlichen Sinnsprüchen.
Zwei Grabsteine. Im Turm: Fragment von 1701, von 1706 Grabstein für den
Pfarrer M. G. Glasewald.
Zwei Bronzeglocken. Eine spätmittelalterlich, die zweite 1674, von George
Billich, Wittenberg.
Durch ihre freistehende, erhöhte Lage am Rande Arnsnestas ist die Kirche
das bestimmende Gebäude des Orts. Der viele traditionelle
Konstruktionsmerkmale aufweisende Bau aus der Mitte des 17. Jh. ist die
älteste Fachwerkkirche des einstigen Landkreises Herzberg. Der – für den
auch 1820 erst 38 Häuser zählenden Ort – anspruchsvolle Kirchenbau
bezeugt die gezielten Wiederansiedlungsbemühungen für das im
Dreißigjährigen Krieg verwüstete Arnsnesta.
Quellen: Evangelisches Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen,
Magdeburg: Bauarchiv. LHA Sachsen-Anhalt, Außenstelle Wernigerode:
Rep. D Annaburg, A, Nr. 230 und Nr. 232; Außenstelle Merseburg: Rep. C
55 Wittenberg VII, Nr. 268. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin,
Geheimes Staatsarchiv: I. Hauptabteilung, Rep. 76 (Kultusministerium), IX
Sekt. 12, Nr. 1, Bd. V, Bll. 210, 228, 312. Superintendentur Herzberg, Archiv:
Akten der Superintendentur Herzberg (numeriert), Kasten 105, Nr.
0858.Literatur: Inv. Schweinitz 1891, S. 5f.; Karl Pallas, 4. Arnsnesta, in:
Heimatbote, 1929, Nr. 6; Martin Hanke, Ein Stück Heimatgeschichte in
Arnsnesta, in: Schweinitzer Kreisblatt, 23. Januar 1937; Jage 1994, S. 36-44.
Arnsnesta – Beiträge zur Chronik, hrsg. v. d. Gemeinde Arnsnesta,
Wittenberg 1997.