Denkmaltopographie Elbe-Elster, Bd. 7.1, 1998, S. 321 ff.

Die Dorfkirche, eine Pfarrkirche, steht nördlich des in West-Ost-Richtung
verlaufenden Angers hinter dessen Bebauung inmitten eines ehemaligen
Friedhofs. An der Südwand des Chores zwei barocke Grabsteine: der 1756
datierte mit kelchhaltendem Putto über einer Inschriftenkartusche, aus dem
Ende des 18. Jh. ein Doppelgrabstein mit sarkophagähnlichem Sockel, zwei
lorbeergerahmten Inschriftenmedaillons und gesenkten Füllhörnern.
Aus nicht mehr ganz regelmäßig behauenen und unregelmäßig gefügten
Feldsteinen um 1300 aufgeführter Bau mit relativ kurzem Kirchenschiff,
schmalerem langen Rechteckchor und Satteldach. An der Ostseite ein
hochsitzendes Blendfenster und eine runde Öffnung im Giebel mit
Raseneisensteineinfassung aus der Bauzeit, ebenso zwei Spitzbogenportale
und das zugesetzte Chorportal an der Südseite. An der Ostwand Reste des
mittelalterlichen Putzes mit einer Scheinquaderung aus Bandfugen. Darüber
ein etwas jüngerer Putz mit einer Scheinquaderung durch Doppelritzungen.
Südostecke im 19. Jh. durch einen massiven, gemauerten Strebepfeiler
verstärkt. Der Westturm von 1753-54 ersetzte einen 1622 errichteten, 1753
abgebrochenen, freistehenden hölzernen Glockenturm. Turmaufsatz aus
Fachwerk mit achteckigem Glockengeschoß und geschweifter Haube mit
Laterne. Sakristeianbau an der Nordostseite aus dem 19. Jh. Im Inneren
flache Holzbalkendecke, Ost- und Nordempore, Kastengestühl aus dem 19.
Jh.
Ausstattung
Flügelaltar. Letztes Viertel 15. Jh. Holz. Der qualitätvollste Flügelaltar des
Kreises ist ein Werk des westfälischen Malers Derick Baegert (Wesel 1440-
1515), beeinflußt von der niederländischen Malerei. Im Mittelbild Darstellung
des die Madonna mit dem Christuskind malenden Hl. Lukas. Auf dem linken
Flügel der schreibende Evangelist Johannes, auf dem rechten Joseph als
Zimmermann. Es handelt sich um eine, durch die Flügel vervollständigte
Wiederholung der im Westfälischen Landesmuseum in Münster befindlichen
Tafel Baegerts (Inv. Nr. 62), welche die Szene des Mittelbildes zeigt. Mit
seiner über alle drei Flügel entwickelten einheitlichen Innenraum-,
Stadtraum- und Landschaftskomposition nimmt der Stolzenhainer Altar eine
Sonderstellung in der niederländischen und niederländisch beeinflussten
Malerei seiner Zeit ein, in der sich nur wenige Beispiele einer derart
konsequent durchgeführten Raumkomposition finden.
Kanzel. 1541. Mit ornamentalen Flachreliefschnitzereien an drei
Brüstungsfeldern.
Taufstein. Um 1500. Sandstein. Mit feinem Maßwerkdekor aus Kielbögen
und Laubwerk, es handelt sich möglicherweise um eine Maßwerkspolie.
Orgel. 1876 von Friedrich Gerhardt, Merseburg.
Bronzeglocke. 1556 von Andreas Bacher.
Taufschale. 17. Jh. Messing. Mit Relief des Sündenfalls.
Die Kirche prägt mit der Länge ihres mehrfach untergliederten Baukörpers
das Erscheinungsbild des Dorfs. Sie gehört zu den um 1300 errichteten
Kirchen, die den bautechnischen Übergang von den frühen Feldsteinquader-
zu den Mischmauerwerksbauten des 14. Jh. mit starkem
Raseneisensteinanteil markieren. Mit dem Flügelaltar von Derick Baegert
besitzt sie eines der wichtigsten Werke der Westfälischen Malerei des 15.
Jh.
Quellen: BLAD, Registratur: Akten des IfD, Kreis Herzberg, Stolzenhain.
LHA Sachsen-Anhalt, Außenstelle Merseburg: Rep. C 50 Schweinitz (2 Bd.),
XI B, Nr. 2490, 2492, 2395 und 2395a; Rep. C 55 Hochbauamt Wittenberg,
VII, Nr. 510. Superintendentur Herzberg, Archiv: Bauzeichnungen.
Literatur: Schulze 1842, S. 511f.; Inv. Schweinitz 1891, S. 66-69; Paul
Pieper, Der Lukasaltar des Derick Baegert, in: Westfalen, Nr. 22, 1937, S.
233; Paul Pieper, Die deutschen, niederländischen und italienischen
Tafelbilder bis um 1530 (Bestandskatalog des Westfälischen
Landesmuseums Münster), Münster 1986, S. 333-38.