Denkmaltopographie Brandenburg, Bd. 1.1, 1994, S. 209 f.

Ursprüngliche Funktion unbekannt, später Reederei Carl Stein. Eckgebäude
an der Johanniskirchgasse, traufständig zur Ritterstraße.
Im Kern handelt es sich um zwei Häuser, einen großen spätgotischen
Backsteinbau an der Straßenecke (Nr. 152 auf dem Hedemann-Plan,
Grundstück hatte Braugerechtigkeit 1. Klasse) sowie ein nordwestlich
anschließendes ehem. Kleinhaus (alte Nr. 153). Erst 1983 wurde die unter
der Fassade erhaltene mittelalterliche Substanz des Hauses entdeckt.
Während die spätklassizistische Fassade an der Ritterstraße erhalten blieb,
wurde auf der Giebelseite die mittelalterliche Substanz freigelegt.
Der 13,5 x 10 m große Hauptbau wurde 1451/52 (d Dachwerk) errichtet. Er
besitzt sorgfältiges, 0,81-1 m starkes Backsteinmauerwerk aus 29,5 x 13 x
9,5 cm großen Ziegeln in Läufer-Läufer-Binder-Verband. In der Giebelseite
flachbogige Fenster mit Fasenprofil, besondere Auszeichnung durch drei
große Rundblenden mit Viertelkreisprofil in der Spitze des Steilgiebels sowie
zwei weitere, verschieden große, untereinanderliegende Rundblenden mit
reicherem Profil auf der rechten Seite. Die Wände werden im Inneren durch
flach- bzw. spitzbogige Blenden, Portal- oder Fensternischen mit Fasen und
Kehlenprofil gegliedert. Wandgliederung istHinweis auf ehem. wesentlich
höheres Erd- und niedriges Obergeschoß (Spitzbogennische in der
Nordwestwand durch jetzige Decke geschnitten). Im Erdgeschoß keine
massiven Trennwände nachweisbar, jetzige Unterteilungen gehen auf
spätere Umbauten zurück. Satteldach mit aufwendigem mittelalterlichen
Dachwerk (zehn Gebinde, Sparrendach mit angeblatteten Kehl- und
Hahnenbalken, verbunden durch Hochsäulen, Längsriegel, Schwertungen
und Scheren).
Unter dem nordwestlichen Teil des Hauptbaues hintereinander zwei
rechteckige Kellerräume mit Holzbalkendecken und sorgfältigem gotischen
Backsteinmauerwerk. Südöstliche Kellerfortsetzung verschüttet. Ehemals
vorhandene rückwärtige Trakte 1986 abgebrochen (erhalten nur Spuren
flachbogiger Öffnungen).
Der linke Seitenflügel war ein zweigeschossiger, im Erdgeschoß vermutlich
gewölbter Backsteinbau mit Satteldach und wohl tonnengewölbtem Keller.
Zweigeschossiger rechter Seitenflügel vermutlich jünger.
Das einbezogene Kleinhaus war ein nicht unterkellerter Fachwerkbau mit
Satteldach, Wände später massiv erneuert. Fragmente des alten
Nordwestgiebels im Dachboden. Sparrendach mit angeblatteten Kehl- und
Hahnenbalken ohne Stuhl. Dachwerk teilweise später erneuert. Datierung
unklar, ca. 15./17. Jh.
Im späten 18. Jh. Innenausbau mit Durchgangsflur in der vierten Achse von
links, in Ausbuchtung hinten rechts Treppe mit drei geraden Läufen, aus
dieser Phase die reichgestaltete Haustür erhalten. Damals vermutlich
Zusammenfassung der beiden Häuser (jedenfalls nach 1724). Dachwerke
wurden nicht miteinander verbunden, das rechte etwas niedriger, nur
gemeinsame Dachhaut darübergelegt. Um 1870 fand ein erneuter
Innenausbau statt (zahlreiche Türen erhalten), außerdem erhielt das Haus
seine reiche spätklassizistische Fassade, ihr Knick zeigt jedoch noch die
Grenze der zwei ehem. eigenständigen Häuser. Putzquaderung (im
Erdgeschoß kräftiger), Gurtgesims über Konsolen, die vierte Achse von links
mit der zurückgesetzten Haustür als Risalit vortretend, Einfassung durch
kannelierte Lisenen bzw. im Obergeschoß Pilaster. Fenster in profilierten
Rahmungen, über denen des Obergeschosses Gesimsverdachungen auf
Konsolen, darunter durchgehendes Sohlbankgesims und Relieffelder
(Schwäne um Blüte). Attikazone mit quadratischen Dachfenstern und
reichem Rankenfries dazwischen (Blüten, Fruchtschalen, Blattwerk), auf
Konsolen vorgekragtes Abschlußgesims. Im späten 19. Jh. Ladeneinbau.
1991 Wiederherstellung des spätgotischen Giebels.
Eines der wenigen in den Städten der Mark Brandenburg erhaltenen
mittelalterlichen Backsteinhäuser. Unklar ist die ursprüngliche Funktion des
Gebäudes: Wohnhaus oder doch eher ein öffentliches Gebäude. Darauf
deuten die besondere Sorgfalt der Ausführung, die sonst nur bei Kirchen
oder Rathäusern auftretende Gliederung durch Rundblenden, das Fehlen
der typischen Braukeller und der nicht als Speicher nutzbare Dachraum
(Ladeluken nicht vorhanden). Neben den mittelalterlichen Bauteilen verdient
auch die spätklassizistische Fassade als eine der reichsten in der Stadt
Beachtung.
Literatur: Denkmale 1987, S. 472f.