Denkmaltopographie Brandenburg, Bd. 1.1, 1994, S. 84 f.

Langgestreckter, zweigeschossiger, traufständiger Backsteinbau mit
Satteldach, unmittelbar nördlich des Nordflügels der Domklausur.
Die Deutung des Gebäudes als 1230 unter Bischof Gernandus errichtete
»Infirmia major« (Domstiftshospital), wo 1238 der Vergleich zum Zehntstreit
abgeschlossen wurde (Festlegung der landesherrlichen und bischöflichen
Rechte und Einnahmen in den Neuen Landen der Diözese Brandenburg) ist
umstritten. Die bestehenden mittelalterlichen Bauteile wohl eher aus der Zeit
um 1300 mit späteren Veränderungen.
Das hohe Erdgeschoß durch Reihung spitzbogiger Blenden (auf der
Rückseite freigelegt) gegliedert. Im niedrigen Obergeschoß kleine
Flachbogenblen- den. Spitzbogige Öffnung (ehem. Portal?) auf der Südseite.
Dreifach abgetreppte Strebepfeiler an den Ecken. Die westliche Schmalseite
schließt Reste eines älteren Giebels ein, darin kleine Blenden mit
Formsteinabschluß. Unter dem linken Teil des Gebäudes gangartiger
tonnengewölbter Kellerraum mit östlich liegendem ehemaligen Zugang. Von
einem spätmittelalterlichen kleinen Anbau auf der Westseite (wohl
Verbindung zur Alten Propstei) allein die Innenseite des östlichen Giebels
erhalten (am Westgiebel des Hauptgebäudes). Um 1507 im Zuge der
Aufgabe des gemeinsamen Lebens der Domherren in der Klausur Ausbau
zur Seniorenkurie, darauf vermutlich die Erhöhung des West- und der
Neubau des Ostgiebels zurückgehend, jeweils durch ansteigende Blenden
mit einfachem oder doppeltem Viertelkreisabschluß gegliedert (nur in Mitte
des Ostgiebels Spitzbogenblende, Öffnungen bzw. Blenden in Ostwand
flachbogig). Die vier westlichen Räume des Erdgeschosses erhielten 1583
Renaissance-Stuckdecken mit durch Zierstreifen gerahmten quadratischen,
runden und rautenförmigen Feldern, darin Sterne, Rosetten, Engelsköpfe,
Adler und andere Motive. In einem Löwenmedaillon Jahreszahl 83. Teilweise
waren auch die Wandflächen mit Stuckmedaillons versehen. 1980
Deckenmedaillons abgenommen, zusammen mit Abformungen der Decken
aus zwei Erdgeschoßräumen und dem Flur 1983 in das Obergeschoß des
museal eingerichteten Ostflügels der Domklausur übertragen. Auch für 1618
ist ein Umbau belegt. Bei einem Ausbau um 1800 erhielt das Gebäude eine
stark veränderte Gestalt als Putzbau mit großen Rechteckfenstern,
korbbogigem Eingang, Lisenengliederung und niedrigerem Satteldach mit
Fledermausgauben.
1904 erfolgte der Abbruch der östlich anschließenden Dombrauerei. In
diesem Bereich entstanden verschiedene Neubauten, unter anderem 1909
als neogotischer Ziegelbau die Turnhalle der Ritterakademie, deren
Abortanlage sowie 1924 ein Fachwerk-Bootshaus an der Havel. Nachdem
das zuletzt als Altenheim genutzte Gebäude der Seniorenkurie 1971 wegen
Einsturzgefahr gesperrt werden mußte, 1981-82 durchgreifender Umbau für
das Evangelische Predigerseminar. Unter Erhalt der Innenwände erfolgte ein
moderner Ausbau. Auf der Nord- und Westseite wurden wesentliche Teile
des mittelalterlichen Mauerwerks freigelegt, auf der Südseite in Form
mehrerer »Fenster«. Neues Dach aufgesetzt, dessen Neigung wieder den
Giebeln entspricht.
Literatur: Eichholz 1912, S. 326-328.