Denkmaltopographie Brandenburg, Bd. 1.1, 1994, S. 71 ff.

(gekürzt) Errichtet für den Prämonstratenserkonvent des Domkapitels.
1706 wurde in den Klausurgebäuden die im Jahr zuvor gegründete
Ritterschule eröffnet, die Erziehungs- und Ausbildungsstätte für Söhne des
märkischen Adels, in der diese auf eine Tätigkeit im Staatsdienst
vorbereitet wurden. Seit 1803 Ritterakademie genannt, stand sie ab 1845
auch bürgerlichen Schülern offen. 1937 wurde die Schule, zuletzt ein
Humanistisches Gymnasium, geschlossen. Der Westflügel beherbergte
1945-74 die Theodor-Neubauer-Oberschule, seit 1974 die Kreisstelle für
Unterrichtsmittel. Heute wird der Komplex als Domarchiv und Dommuseum
genutzt, künftig auch als Evangelisches Bildungszentrum.
Die Klausur ist eine dreiflügelige Anlage nördlich des Domes, wobei der
Ostflügel um die sogenannte Spiegelburg nach Norden verlängert ist.
Mittelalterliche Backsteinbauten sind der Ost- und Nordflügel mit
Kreuzgangarmen, dagegen wurde der Westflügel für die Ritterakademie in
neogotischen Formen neu errichtet. Ein südlicher Kreuzgangflügel scheint
mindestens geplant gewesen zu sein (südwestlicher Ansatz 1993
entdeckt).
Bereits bei Übersiedlung des Domkapitels 1165 müssen Baulichkeiten
vorhanden gewesen sein, über deren Gestalt jedoch nichts bekannt ist.
Älteste an den bestehenden Gebäuden erkennbare Struktur ist die mittlere
Längswand im Ostflügel, die sich durch ihren Feldsteinunterbau selbst von
den frühesten Partien des Domes abhebt. Mit dessen romanischen
Bauteilen lassen sich die unteren Wandbereiche der Spiegelburg, der
nördlichen Verlängerung des Ostflügels, vergleichen. Neben dem kleinen
Ziegelformat und verschiedenen Rundbögen finden sich auch Reste einer
Lisenengliederung. Zu einem durchgreifenden Umbau des Ostflügels kam
es unter Bischof Gernand im Zusammenhang mit den Veränderungen der
Ostteile des Domes. Damals entstanden die östliche Außenwand und die
fünf südlichen Kreuzgangjoche. Deren Jocheinteilung stimmt nicht mit
Spuren ehemaliger Öffnungen in der mittleren Längswand überein, die also
auch im Aufgehenden Baureste des 12. Jh. enthalten dürfte.
Um 1300 erfolgten eine Verlängerung des Kreuzgangs um zwei leicht
abknickende Joche nach Norden sowie der Bau des wahrscheinlich
zunächst eingeschossigen östlichen Teils des Nordflügels der Klausur.
Auch die Wölbung des alten Kreuzgangabschnitts ist in diesem
Zusammenhang entstanden. Offenbar wurde damals auch die östliche
Wand des Kreuzgangs teilweise erneuert, dessen Wölbung hier nicht auf
Dienstbündeln sondern Konsolen ruht. Das Innere des Ostflügels wurde
neu unterteilt und erhielt in Längsrichtung eine mittlere Arkadenreihe, auf
der die Balken der einstigen Flachdecken auflagen. Deren Vorhandensein
beweist ein über den späteren Gewölben an der Ostwand des Auditoriums
gefundener Rest eines Kreuzigungsfreskos (14. Jh.). Im Obergeschoß
teilte man den großen gemeinsamen Schlafsaal in einzelne Zellen auf.
Deutlich ist die Tendenz zu einem wohnlicheren Charakter zu bemerken.
Noch im 14. Jh. kam es zur Weiterführung des Nordflügels der Klausur mit
oberer Etage, dem westlichen Teil des Kreuzgangs und dessen Wölbung.
Ziegelstempel-Verzierungen dort und im nordwestlichen Kellerbereich
findet man ähnlich am Westportal des Domes. Spätestens jetzt muß auch
der nicht erhaltene Westflügel für die Konversen entstanden sein. Wie
jüngste Untersuchungen zeigen, scheinen die ältesten Bestattungen unter
dem westlichen Kreuzgangflügel ins mittlere 14. Jh. zurückzureichen,
Baudetails wiesen sogar in die Zeit um 1300. Seit dem späten 15. Jh.
wurden die Räume des Ostflügels der Klausur neu eingewölbt, ausgelöst
durch einen Einsturz des Winterrefektoriums. Den Abschluß bildete das
Zellengewölbe des frühen 16. Jh. im Kapitelsaal.
Zu mehrfachen Umbauten kam es nach Einzug der Ritterakademie. Dem
Ostflügel des Kreuzgangs wurde ein Obergeschoß aufgesetzt und der
gesamte Ostflügel bekam sein hohes Mansarddach, alle Bauteile wurden
verputzt und erhielten teilweise eine neue Fensteranordnung.
Im Ostflügel sind noch Treppen mit Traljen- bzw. Brettbalustergeländer
erhalten. Im frühen 19. Jh. erfolgte die Aufstockung des östlichen Teils des
Nordflügels und der Spiegelburg um ein zweites Obergeschoß, um 1830
die Umgestaltung der übrigen Abschnitte des Nordflügels unter Beseitigung
der alten Fenster.
1869-70 wurde über den Fundamenten des mittelalterlichen Westflügels
nach Entwurf und unter Leitung von Geiseler das Hauptgebäude der
Ritterakademie neu errichtet. Eine Restaurierung des Kreuzgangs erfolgte
1902-06 durch Ludwig Dihm. Dabei wurden die teilweise unter neuzeitlicher
Vermauerung versteckten Gliederungen des Ostflügels freigelegt,
Strebepfeiler vorgesetzt, einige Gewölbe erneuert und die
Fenstermaßwerke rekonstruiert (nach Befund, nur in den beiden südlichen
Fenstern des Ostflügels waren nie welche vorhanden).
Die 1960 begonnene Restaurierung der Klausurgebäuden dauert noch
immer an. Zunächst konzentrierten sich die Arbeiten auf den stark
gefährdeten Ostflügel (1971-74 Fundamentierung erneuert). In dessen
Erdgeschoß konnte 1979 das Dommuseum eröffnet werden, 1985 erfolgte
eine Erweiterung um Räume im Obergeschoß. Seither fanden noch nicht
abgeschlossene Freilegungs- und Baumaßnahmen an der Spiegelburg und
am Nordflügel statt (dessen zweites Obergeschoß beseitigt,
Wiederherstellung der gotischen Nordfassade geplant). 1992-94 wurde der
Westflügel restauriert.
Neben ihrer historischen Bedeutung als Sitz des Domkapitels und später
auch der Ritterakademie sind die Klausurgebäude durch ihre zahlreichen,
verschiedene mittelalterliche Bauperioden belegenden Innenräume wichtig.
Besonders im Ostflügel entfaltet sich vielfältige Bauplastik von teilweise
außerordentlicher Qualität. Zur Zeit Bischof Gernands war die
Brandenburger Domklausur offenbar ein Experimentierfeld für neue
bauplastische Lösungen. Hier finden sich z. B. die ersten Versuche,
Formen des Hausteingebiets in Backstein umzusetzen. Die umfangreiche
Kelleranlage steht in der Stadt Brandenburg einzig da.
Literatur: Heffter 1840, S. 56-59; Wernicke 1885, S. 238-241; Dihm 1905;
Gebauer 1905; S. 42-44, 47f.; Eichholz 1912, S. 328-354; Schmoll 1961, v.
a. S. 79-84; Kurztopographie 1978, S. 73-79; Dehio 1979 (Edgar
Lehmann/Ernst Schubert), S. 152-154; Köpping 1987.