Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.2, 2003, S. 212 ff.

Der spätgotische Kirchenbau steht auf dem nicht mehr belegten Kirchhof
innerhalb der nördlichen Gehöftreihe des Straßendorfs. Der Kirchhof ist
heute als schlichte Rasenfläche ausgebildet und mit einer älteren Eiche,
zwei Eschen (um 1900 gepflanzt) sowie wenigen jüngeren Gehölzen
bestanden. Die ursprüngliche Feldsteinmauer analog zum
gegenüberliegenden Grundstück (Dorfstraße 15) ist heute durch eine Mauer
aus Kalksandstein ersetzt. Westlich vom Kirchhof führt die den Ort
kreuzende Landstraße von Lindow nach Rheinsberg vorbei.
Dierberg ist bis heute Mutterkirche (nachweisbar seit 1541). Es war mit zwei
Pfarrhufen ausgestattet und besaß eine Tochterkirche in Rheinshagen (1541
wüst), seit 1707 in Banzendorf. Das Patronatsrecht hatte bis 1541 das
Nonnenkloster Lindow, danach der Landesherr bzw. Fiskus. Dierberg
gehörte zur Superintendentur Lindow-Gransee, heute zum Kirchenkreis
Ruppin.
Die Kirche ist ein breiter rechteckiger Saalbau (16,6 x 9,4 m) aus
Mischmauerwerk mit eingezogenem, leicht querrechteckigem Westturm (4,7
x 6,75 m), den ein steiler Spitzhelm abschließt. Das Mauerwerk besteht aus
gespaltenen Findlingen und Ziegelbruch. Große Backsteine (ca. 28 x 13,5 x
8-8,5 cm) wurden für die Ecken des Turms, die Einfassungen der Öffnungen
sowie die Laibungen der drei ansteigenden Spitzbogenblenden des
Ostgiebels verwendet. Deren Abschlüsse wurden teilweise verändert, als
man bei Errichtung des barocken Dachs den ursprünglichen, vielleicht
abgetreppten Abschluss vereinfachte. Während in der Ostwand noch Spuren
der beiden Flachbogenfenster erkennbar sind, finden sich an den
Längsseiten des Schiffs keine Reste alter Öffnungen mehr; sie müssen sich
an Stelle der großen neuzeitlichen Flachbogenfenster befunden haben. Ein
Portal lag wohl schon immer in der Mitte der Südseite. Der schlichte
Turmschaft weist auf der Südseite zwei einfache Rechteckblenden, auf der
Nordseite Schlitzöffnungen auf (obere zugesetzt). Die großen, gedrückt
spitzbogigen Schallöffnungen wurden später verkleinert. Die baulichen
Merkmale legen eine Datierung ins Spätmittelalter nahe. Wahrscheinlich
zeigt die Jahreszahl 1513 auf der kleinen Bronzeglocke zugleich die
Vollendung des Kirchenbaus an. Barock sind die Dachkonstruktion des
Schiffs und der achtseitige, spitze Turmhelm. Vielleicht entstanden sie 1688.
Diese Jahreszahl findet sich auf dem alten Joch des Glockenstuhls.
Aufwendig ist das unter Verwendung älterer Hölzer errichtete Dachwerk; die
vier Hauptgebinde der verzapften Sparrenkonstruktion besitzen liegenden
Stuhl, in deutlichem Abstand zum Kehlbalken versetzten Spannriegel sowie
Hängewerk mit Spitzsäulen und Überzug auf den Dachbalken. Auf eine
Erneuerung damals oder 1716 (Kanzelaltar) geht der Einbruch von drei
großen Flachbogenfenster der Längsseiten des Schiffs zurück (an Stelle des
mittleren auf der Südseite ein Portal); ihre Laibungen unterscheiden sich
durch hellere und flachere Ziegel von den mittelalterlichen. Das
Kircheninnere erhielt eine glatte Putzdecke. Auch das Äußere des Baus war
verputzt. Wie eine jüngst an der westlichen Eingangstür freigelegte
Jahreszahl erweist, entstanden die aufgedoppelten Türflügel mit schräg
versetzten Brettern 1815. Auch die Türblätter des Südportals sowie des
Eingangs vom Turmraum zum Kirchenschiff haben sich bewahrt. 1963
wurde das Innere renoviert. Jüngste Maßnahmen waren die Erneuerung des
Glockenstuhls und der Schiffsdeckung in Biberschwanzziegeln 1999 sowie
der Schieferdeckung des Turms 2001.
Ausstattung
Kanzelaltar. 1716. Steinerner Unterbau wohl noch mittelalterlich; darauf
hölzerner Aufbau, gerahmt von gewundenen Säulen, die von stilisiertem
Laubwerk umrankt werden; dazwischen polygonaler Kanzelkorb mit
entsprechenden Säulchen; an den Seiten Akanthuswangen mit ovalen
Kartuschen, die ursprünglich wohl Gemälde oder Inschriften trugen; als
oberer Abschluss mächtiger Schalldeckel mit Akanthusaufsätzen. Fassung
1963 durch die Malermeister E. und G. Karbe aus Rheinsberg (i).
Taufe. Frühes 20. Jh. oder älter. Holzgestell in neogotischen Formen.
Orgel. 1892 von F. H. Lütkemüller aus Wittstock (i). Neogotischer Prospekt
mit Maßwerkzier. 1978 repariert von U. Fahlberg.
Westempore. Im Kern wohl 18. Jh. Hölzerne toskanische Säulen;
Brüstungen mit einfachen Rechteckfeldern. Ehemals in der Mitte
zurückschwingend, zur Aufstellung der Orgel Mittelteil nach Osten
vorgezogen.
Gedenktafel für zwei Tote 1814. Schlichte hölzerne Inschrifttafel. Erstes
Turmobergeschoss.
Gedenktafel für Gefallene 1870/71. Große hölzerne Inschrifttafel. Erstes
Turmobergeschoss. Gedenktafel für Gefallene des Ersten Weltkriegs.
Hölzerne Inschrifttafel mit geschnitztem Rahmen (vegetabil und Eisernes
Kreuz). Erstes Turmobergeschoss. K
Kleine Glocke. 1513 (i). Bronze.
Große Glocke. 1680 aufgehängt; ohne Inschrift. Kleine Reliefmedaillons mit
Szenen des Lebens Christi.
Bewahrt auch altes Glockenjoch mit Inschrift »MICHAEL SCHOLLEN ANNO
1688«; im ersten Turmobergeschoss abgestellt.
Mit ihrem markanten, sehr spitzen Turmhelm ist die Kirche eine weit
sichtbare Landmarke. Sie gehört zur Gruppe der am Ende des Mittelalters
neu gebauten stattlichen Mutterkirchen. Bemerkenswert ist der hier
erhaltene massive Turmbau. Hauptschmuck des Inneren ist der reiche
barocke Kanzelaltar.
Quellen: KA OPR, Nr. 460 (1833 und 1898).
Literatur: Inventar 1914, S. 23; Drescher 1969 (Erfassungskartei BLDAM);
Enders 1970, S. 44f.; Kurztopographie 1978, S. 222; Dehio 2000, S. 226.