Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.2, 2003, S. 227 ff.

Der aus friderizianischer Zeit stammende Kirchenbau steht inmitten des Orts
auf zum See hin abfallendem, durch Mauern gestütztem Terrain. Bereits auf
der Mitte des 17. Jh. entstandenen Ansicht Merians ist eine Ortskirche zu
sehen; erwähnt wird sie zuerst 1708. 1720 war ihre Erweiterung geplant.
Daneben existierte die unter Bischof Heinrich III. von Havelberg (1319-24)
erbaute Schlosskapelle mit einem Marienaltar. Flecken Zechlin gehörte als
Tochterkirche zu Dorf Zechlin; erst seit 1870 ist es eigenständige
Kirchengemeinde. Zahlreiche kleine Dörfer und Siedlungsplätze der
Umgebung (u.a. Alt und Neu Lutterow, Buschheide, Grüne Hütte, Heimland,
Luhme, Neumühl, Prebelow und Repente) sind nach Flecken Zechlin
eingekircht. Es besitzt eine Tochterkirche in Zempow und gehörte zur
Superintendentur Wittstock, heute zum Kirchenkreis Wittstock. Das
Patronatsrecht hatte das Amt Zechlin bzw. der Fiskus.
Nachdem die alte, dem Einsturz nahe hölzerne Kirche 1770 abgestützt
werden musste und schließlich nicht mehr benutzt werden konnte, reichte
Leutnant Grashoff aus Berlin Pläne für einen Neubau in Massivbauweise
(1770) bzw. Fachwerk (1771) ein, jeweils mit separatem Turmbau (a). Der
ausgeführte kleinere Massivbau, ein Rechtecksaal mit gegliederten
Putzfassaden und westlichem Dachturm, entstand jedoch 1775 nach Plänen
von Domänenrat Schmidt (a). 1900 erfolgte eine Renovierung. 1903 erhielt
die Kirche neue Holzsprossenfenster, und es wurde die Orgel erneuert. 1957
(a) kam es zu einer Erneuerung des Außenputzes. Bei der
Kirchenrenovierung 1978/79 wurden das Dach neu gedeckt, die
Fledermausgauben beseitigt und im Inneren die Empore verkürzt. Damals
beseitigte man auch Teile der Ausstattung: Kanzelaltar, Pfarr- und
Patronats- sowie das alte Gemeindegestühl.
Es handelt sich um einen rechteckigen Saalbau (21,34 x 12,08 m) aus
verputztem Ziegelmauerwerk, den ein Vollwalmdach abschließt. Daraus ragt
ein kleiner Westturm mit leicht geschweiftem Pyramidendach und reich
profiliertem Traufgesims hervor. In der Ostseite des Schiffs befinden sich
zwei große Flachbogenfenster, in den Längsseiten drei, an Stelle des
mittleren der Nordseite ein Portal mit Gesimsverdachung. Ein weiterer
Eingang liegt auf der Westseite. Beide haben noch barocke aufgedoppelte
Türblätter mit Rautenmuster. Bei aller Einfachheit des Baukörpers werden
die Fassaden durch leichte Vor- und Rücksprünge, Putznutung der
Längsseiten und abgerundete Gebäudeecken wirkungsvoll belebt. Während
die Rücklagen der Fensterachsen gegenüber der genuteten Fassadenflucht
zurückspringen, betonen ebenfalls genutete Lisenen die Ecken. Auf der
Ostseite rahmen glatte Pilaster die Fenster. Den Turmschaft gliedern
Lisenen, die etwas von den Ecken nach innen gerückt sind, und verkröpfte
Gesimse. Der Turm ist eine außen durch eine Ziegelschicht verblendete
Fachwerkkonstruktion mit Kreuzstreben und Kopfbändern. Erhalten ist die
Dachkonstruktion des Schiffs mit geringen Sparrenabständen, liegendem
Stuhl, mit Abstand zu den Kehlbalken versetzten Spannriegeln,
kreuzförmigem Windverband sowie Hängewerk mit Spitzsäulen, das durch
Streben mit den Kehlbalken verbunden ist (diese unten geblattet, die übrigen
Dachhölzer verzapft). Die Ostseite des Turms ruht im Schiff auf zwei
kräftigen toskanischen Säulen. Eine glatte Putzdecke mit durch Stuckleisten
eingefassten schmalen Vouten schließt den Kirchenraum ab. Durch Stufen
ist der Altarbereich etwas erhöht. Darunter wurde im 18. Jh. eine Gruft mit
Särgen von Hauptmann Brunn und Frau Kommerzienrat Stropp angelegt.
Ausstattung
Kanzel. Um 1600, mit jüngeren Ergänzungen. Erhalten nur der hölzerne
polygonale Kanzelkorb mit Dekor in Spätrenaissanceformen; von Pilastern
gerahmte Rundbogenfelder, an den Ecken kannelierte Säulchen. War
nachträglich (wohl 1775) zum Kanzelaltar mit schlichter, von Pilastern
gerahmter Wand erweitert worden; diese ebenso wie der Schalldeckel um
1978/79 beseitigt und der Korb auf den Boden gestellt; modern überstrichen.
Taufe. Um 1600. Holz mit Dekor in Spätrenaissanceformen. Auf reich
verziertem Fuß achteckige Kuppa mit Beschlagwerkornamentik, Pilastern
und Rungbogennischen, darin Gemälde (Segnender Christus, die vier
Evangelisten, Wappen der Familien von Schlieben und von der Weide sowie
Inschriftfeld). Im 19. und 20. Jh. neu polychromiert.
Orgel. 1847 von Friedrich Lütkemüller aus Wittstock; 1903 erneuert und auf
elf Register vergrößert als letztes Werk des Neuruppiner Orgelbaumeisters
Albert Hollenbach. In die Emporenbrüstung einbezogener Prospekt mit fünf
verschieden großen Rundbogenöffnungen.
Kreuzigungsgruppe. Christus vielleicht noch frühes 16. Jh.; neuere
Farbfassung. Die jüngeren Schnitzfiguren von Maria und Johannes fehlen.
Umfangen von hölzerner, rundbogiger Renaissancearkade (um 1600) mit
gewirtelten Säulchen und Beschlagwerkdekor, an den Bogenzwickeln
geflügelte Engelsköpfe. Nach Albrecht Reste des ehemaligen Altaraufsatzes.
Kreuzabnahme. [18]81 (i). Ölgemälde auf Leinwand, frei nach dem großen
Altarbild von Rubens in der Antwerpener Kathedrale. Angeschafft als
Altarbild; jetzt in zeitgenössischem Rahmen an der Nordwand.
Hinterglasbilder. 18. oder frühes 19. Jh. In vier Feldern naive Darstellungen:
Ortsansicht, Jagdszene, Reiter und Holzfäller, Festmahl. In Schaukasten an
Schaukasten an der Westwand.
Empore. Wohl 1775. Dreiseitig auf toskanischen Holzsäulen; Nord- und
Südseite 1978/79 verkürzt; gewendelte Zugänge mit Traljengeländer im
Nord- und Südwesten.
Gedenktafel für Wilhelm Kobow (1828-49), starb als Gefreiter des Kgl.
Preuß. 24. Infanterieregiments in Karlsruhe (wohl bei Niederschlagung der
Revolution durch preußische Truppen). Bemalte Holztafel mit bewegtem,
reich verziertem Umriss; gesetzt 1851 von seinen Eltern.
Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs 1914-19 (sic!). Von
Fritz Müller aus Leipzig. Holztafel mit Rahmung, bekrönt von Dreiecksgiebel.
Südwand.
Glocken. 1960 (i). Die beiden Stahlglocken ersetzten die 1697 und 1746
gegossenen.
Die etwas erhöht stehende Kirche bildet den Mittelpunkt des Orts. Hier
laufen verschiedene wichtige Straßen zusammen. Der barocke Neubau
bezeugt den Aufschwung von Flecken Zechlin im 18. Jh., hervorgerufen
durch Forstwirtschaft und Glashütten. Gegenüber bescheidenen
Fachwerkkirchen zeichnet er sich durch seine anspruchsvolle
Putzgliederung aus. Wichtige Zeugnisse für die ältere Geschichte des Orts
sind einige der Ausstattungsstücke, die aus der Vorgängerkirche oder der
Kapelle des 1721 abgebrannten Schlosses stammen.
Quellen: BLDAM, Altakten IfD (1951-58); BLHA, Pr. Br. Rep. 33 A, Nr. 257
(1764-76); KA OPR, Grundriss, Schnitt u. Ansicht (1896).
Literatur: Albrecht 1904, S. 35-37 u. 76f.; Inventar Ostprignitz 1907, S. 290-
292 u. Abb. 352-354; Rudolph 1930, S. 19f.; Drescher 1969
(Erfassungskartei BLDAM); Kurztopographie 1978, S. 223 (ganz knapp);
Enders 1997, S. 1032; Dehio 2000, S. 288; Adomeit 2001, S. 70-76; Die
Kirche in Flecken Zechlin (Faltblatt), o. J.