Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.2, 2003, S. 265 ff.

Die Dorfkirche steht zurückgesetzt von der Bauflucht südlich der Ortsmitte.
Eine niedrige Feldsteinmauer grenzt die Grünfläche des nicht mehr belegten
Kirchhofs zur Straße ab. Seit 1686 bestand eine französisch-reformierte
Gemeinde, für die 1699 angesiedelten Pfälzer kam ein deutsch-reformierter
Prediger aus Linow. 1700 wurde die französisch-reformierte Pfarre nach
Rheinsberg verlegt. In der Folgezeit hielten abwechselnd der französisch-
reformierte Prediger aus Braunsberg und der deutsch-reformierte aus Linow
die Gottesdienste in Kagar, für die später angesetzten Büdner zeitweise
auch der lutherische aus Zechlin. Seit 1775 war Kagar reformierte
Tochterkirche von Linow mit fiskalischem Patronat. Die Lutheraner waren
nach Dorf Zechlin eingekircht. Heute gehört Kagar zur neugegründeten
Kirchengemeinde »Zechliner Land« und wird gegenwärtig von Zühlen
mitbetreut.
Nachdem die Gottesdienste zunächst im Pfarrhaus stattgefunden hatten,
entstand 1766 nach Plänen von Ingenieur Hofmann ein erster Kirchenbau
(a). Es handelte sich um einen verbretterten Fachwerkbau mit
Lehmstakenausfachung und Ziegelkronendach, einem Dachreiter auf dem
westlichen Giebel und einem abgewalmten Ostgiebel. 1825 waren Turm und
Dach schadhaft. 1836 bereits wieder in schlechtem Zustand, erfolgten
weitere Reparaturen 1838 (Schwellen verfault) und 1860. Ab 1899 trug sich
die Kirchengemeinde mit Neubaugedanken. Die Kirche wurde wegen
Baufälligkeit gesperrt. 1907 legte Baurat Eckardt von der Königlichen
Kreisbauinspektion Neuruppin Entwürfe und einen Kostenvoranschlag für
den 1908 begonnenen Neubau vor. Die Bauleitung hatte Bruno Hofmann
aus Prausnitz, die Ausführung erfolgte durch Maurer- und Zimmermeister
Drescher aus Lindow (auch Innenausstattung), die Ausmalung durch Busch.
Die Einweihung fand am 21. Oktober 1909 statt, Sanierungen 1966 und
1995-97.
Kleine neogotische Saalkirche in Sichtziegelbauweise mit mittelalterlichem
Mauerverband (zwei Läufer, ein Binder) und dreiseitigem Ostschluss. In der
Südwestecke über quadratischem Grundriss ein mächtiger, in die Flucht der
Westfassade eingebundener Turm mit hohen schlanken, in Schallluken
übergehenden Putzblenden und abschließendem oktogonalen Turmaufsatz
bzw. -spitze. An der Südseite Emporenanbau mit abgeschlepptem Dach, der
auch den Zugang zur Patronatsloge bzw. Sakristei enthält. Über der
geschlossen wirkenden, nur mit kleinen Spitzbogenfenstern und einem
Okulus versehenen Westwand ein hoher Pfeiler-Blendengiebel, die Pfeiler in
Fialen auslaufend. Die nahezu ungegliederte Nordseite mit einem
gekuppelten und einem Drillings-Spitzbogenfenster. Satteldach mit
Fledermausgauben, gedeckt mit Mönch-Nonne-Ziegeln (erneuert).
Haupteingang in der Westseite des Turms; durch eine kleine Vorhalle im
Turm Zugang ins Schiff (Bereich unter der Südempore). Die Decke als
Holztonne mit Zugbalken ausgebildet, eine mit Brettern verschalte
Bohlenbinderkonstruktion; das Dach eine Zangenkonstruktion mit
Hängewerk. Altarbereich um zwei Stufen erhöht, rechts vom Altar
Patronatsstuhl mit separatem Zugang von außen; kassettierte Brüstung mit
Rankenbemalung und abschließende, farbig gefasste Traljen. West- und
Südempore mit kassettierten Unterseiten und Brüstungen; farbig gefasst mit
stilisierten Ranken- und Tierdarstellungen. Auf der Westempore die Orgel.
Reiche hölzerne Innenausstattung der Bauzeit und prächtige ornamentale
Polychromierung. Decke hell gefasst mit Rankenbordüren, hinter dem Altar
aufgemalter Wandbehang. Drei bleiverglaste farbige Apsisfenster mit
Rankenmotiven. Gestühl in zwei Blöcken mit hohen Seitenwangen und
Rankenbemalung. Ziegelboden in Prüßverband.
Ausstattung
Altar. 1908/09. Massiver verputzter Block mit filigranem, geschnitztem
Holzaufsatz in neogotischen Formen. Kräftig rot und blau gefasst bzw. mit
goldfarbenem geometrisierenden Muster.
Taufe. 1908/09. Kalkstein. Oktogonale Kuppa und entsprechender Fuß.
Kanzel. 1908/09. Holz. Polygonaler, farbig gefasster Kanzelkorb mit
Darstellung der vier Evangelisten. Schalldeckel mit vergitterter Brüstung
zwischen abgetreppten Ecken.
Orgel. 1909. Gehäuse mit Flügeln, farbig gefasst mit Rankenornamenten
und Drachendarstellung. Der ausladende, an Orgelwerken des 16. Jh.
orientierte Prospekt bestimmt wesentlich das Erscheinungsbild des
Kirchenraums. Inschrift: »Im Jahre 1909 ziert Maler Busch mich also fein«.
Liedertafeln. 1908/09. Zwei Holztafeln mit abschließendem Dreiecksgiebel
und Dreifaltigkeitssymbol.
Deckenleuchter. 1908/09. Aufwendige geschnitzte und polychromierte
Holzlaterne mit eingesteckten schmiedeeisernen Leuchterarmen.
Gedenktafel für Gefallene in den Befreiungskriegen 1814/15. Dunkel
gefasste Holztafel mit abgetrepptem Giebelaufsatz und hellem, ovalem
Schild mit den Namen der Toten. Rechts vom Altar.
Gedenktafel für Gefallene im Ersten Weltkrieg 1914-18. Holztafel zur
Erinnerung an drei Einwohner Kagars. Links vom Altar.
Kleine Glocke. Bronze. Unterhalb einer Schmuckborte die Inschrift »GOS
MICH S. MEBERT. IN RUPPIN ANNO 171V«. Darunter die Namen: Georg
Fiedlern, Caspar Stropp, Schuerbaum, Peter Farenkrug.
Große Glocke. Bronze. 1908 (i). Schmuckborte am Glockenhals, unten
Inschrift »FRANZ SCHILLING IN APOLDA GOSS MICH 1908«.
Turmuhrwerk. 1912; hergestellt von der Großuhren-Fabrik Gebrüder Meister,
Berlin S, Nr. 3382 (i). Reparatur und Restaurierung 1997.
In Kagar blieb ein qualitätvoller neogotischer Kirchenneubau in seltener
Geschlossenheit erhalten. Errichtet in Bezug auf Formen der märkischen
Spätgotik, aber auch mit Erinnerungen an Deutschordensarchitektur, vor
allem beim Westgiebel. Durch geschickte Gruppierung der blockhaften,
additiv verschliffenen Bauteile von malerischer Wirkung. Die Fenster und
Türblätter, die Raumfassung sowie die nahezu vollständige
Innenausstattung der Bauzeit vermitteln einen guten Eindruck vom hohen
künstlerischen Anspruch der Erbauer und machen den Bau zu einem Juwel
unter den Ruppiner Dorfkirchen.
Quellen: BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A II, Ruppin, Nr. 1334 (1745-1827), Nr. 1335
(1836-1908) u. Nr. 1336 (1909-28); KA OPR, Nr. 461 (1907, Pläne und
Detailzeichnungen); LABB, Nr. 14/13.207 (1900-10).
Literatur: John 1937-1, S. 15-23; John, [Ernst], Kagar - Kirche, in: Der
Deutsche Hugenott 1937, Nr. 4, S. 47-51; Enders 1970, S. 106f.; Das
Rheinsberg-Fürstenberger Seengebiet 1974, S. 57; Dehio 2000, S. 490;
Kagar. Kirche mit auffälligem Staffelgiebel, in: Rheinsberg 2002, S. 26f.