Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.1, 1996, S. 336 ff.

Die Kirche war immer Mutterkirche. Das Patronat sollen die Radenslebener
Gutsherren v. Bellin im 13. Jh. durch den Bischof von Havelberg erhalten
haben; später besaßen es ihre Nachfolger v. Quast. Die Dorfkirche steht in
der Mitte der nördlichen Gehöftreihe, nahe der Kreuzung der Dorfstraße mit
der nach Altfriesack bzw. Herzberg führenden Landstraße (Lageplan Nr. 1).
Der umgebende einstige Kirchhof (1905/06 aufgelassen) besitzt zur
Dorfstraße eine Ziegelmauer mit aufwendigem, dreiteiligem Portal.
Altbaumbestand und einzelne Grabsteine des 19. und 20. Jh., vor allem
nördlich der Kirche, erhalten. Vor der Ostseite ummauerter Campo Santo.
Nördlich davon eine aus Ziegelmauerwerk bestehende Kapelle mit
Halbrundapsis.
Frühgotischer, längsrechteckiger Saalbau der zweiten Hälfte des 13. Jh. aus
schichtweise versetzten, quaderförmig behauenen Feldsteinen. Reste
mittelalterlicher Fugenritzung erhalten. Die gerade Ostwand gut erhalten mit
schlanken, gedrückt spitzbogigen Öffnungen, in der Mitte spitzbogiges
Zwillingsfenster in Blendnische mit Backsteinlaibung. Giebel mit gestaffelten
Spitzbogenblenden. Eine weitere originale Fensteröffnung auf der Nordseite.
Spätgotischer quadratischer Westturm aus Mischmauerwerk mit
Ziegelmauerkanten, profiliertem Abschlußgesims und Pyramidendach. Aus
dieser Zeit wohl auch der Kern des kleinen, barock veränderten Anbaus im
Osten der Südseite mit Pultdach. 1864-70 durchgreifende Restaurierung und
Umgestaltung der Kirche durch Ferdinand von Quast. Die schlanken
Spitzbogenfenster der Längsseiten und der südwestliche Kapellenanbau für
die Patronatsloge von dieser Erneuerung. Zugleich einheitliche Ausstattung
des geputzten, flachgedeckten Inneren. Aus dieser Zeit auch die
Fußbodenfliesen und Reste der Ausmalung erhalten. Im Turm ältere
Gewölbeschildbögen und Reste von Fugenritzungen der ursprünglichen
westlichen Außenwand vorhanden. Auf dem Schiff Kehlbalkendach mit
liegendem Stuhl und Hängewerk. Die durch v. Quast begonnenen Arbeiten
an der Kirche wohl erst 1897 abgeschlossen (Turmknauf-Urkunde). 1957 und
seit 1994 Restaurierungen.
Ausstattung
Altar, Kanzel und Ambo, um 1864/70, von Otto March nach Entwürfen
Ferdinand v. Quasts, Terrakotta, historisierend in Formen der italienischen
Renaissance.
Taufe, 16. Jh., Sandstein.
Gemeindegestühl und Westempore, um 1864/70, Holz.
Orgel, 1709 der Prospekt von Christian Kreynow, 1764 von Neustadt/ Dosse
nach Radensleben verkauft, 1856 das Werk von Friedrich Hermann
Lütkemüller (Wittstock), 1994 Restaurierung.
Radkronleuchter, 1866, Bronze, angeregt durch den mittelalterlichen
Radleuchter im Hildesheimer Dom.
2 Reliefs, um 1500, florentinisch, aus der Werkstatt des Giovanni della
Robbia, gehörten zur Kunstsammlung Ferdinand v. Quasts; farbig glasierte
Majolika, 1962 restauriert; Lünette (in der Patronatsloge) mit Maria in der
Mandorla, gehalten von Engeln; Tondo (im Pfarrhaus) mit das Kind
anbetender Madonna, Engeln und Johannesknaben.
Epitaph des Hans Georg v. Quast († 1741), Sandstein, reicher Fahnen- und
Waffenschmuck, gemaltes Porträtmedaillon, 1962 restauriert.
3 Ölgemälde, Kruzifix vor der Stadt Jerusalem, Ende 17. Jh.; Christus vor
Kaiphas, 1710 von C. C. Hartung; Jüngstes Gericht als Epitaph für Balthasar
Friedrich v. Quast († 1718), 1725; alle 1962 restauriert.
Glasfenster, entworfen 1864 durch Ferdinand v. Quast, farbige figürliche und
ornamentale Darstellungen.
Campo Santo
Vor der Ostseite der Kirche 1854 (i) durch Ferdinand v. Quast Campo Santo
angelegt (Lageplan Nr. 2). Der rechteckige Begräbnisplatz umschlossen von
hoher Ziegelmauer mit in Ziegel vergitterten Bogenöffnungen. Sockel aus
behauenen Feldsteinen. Rasenfläche durch schmale Sandwege geteilt. Vor
dem mittleren Chorfensterpaar der Kirche das Grabmal Ferdinand und Marie
v. Quast († 1877 und 1885). Östlich davon großes Steinkreuz mit
Nadelgehölzgruppe in der Friedhofsmitte und Quast-Diest- Grabmal an der
Friedhofsmauer mit Figur des Segnenden Christus (nach Bertel
Thorvaldsen). Auf dem Campo Santo zahlreiche Grabstätten der Quast-
Familie. In Nordostecke Durchgang zur Kapelle (Nr. 3).
Die durch Ferdinand von Quast restaurierte und neu ausgestattete Dorfkirche
und der in der Mark Brandenburg einzigartige Campo Santo sind
bedeutsame Zeugnisse für die Tätigkeit des ersten Konservators der
Kunstdenkmäler in Preußen. Die Anlage prägt das Dorfbild und dokumentiert
zudem mehrere Jahrhunderte Ortsgeschichte.
Literatur: Inventar 1914, S. 187-191; Rave 1939, S. 175; Kurztopographie
1978, S. 236; Dehio 1988, S. 399f.; E. Debik, Die Orgel in der Kirche zu
Radensleben, 1992; Dies., Von der Idee zur Vollendung. Die
Wiederherstellung der Orgel in der Kirche zu Radensleben, 1993; Dies.,
Orgel u. Kirche in Radensleben werden restauriert, 1995; Dies., Das Ende
der Entheiligung. Die Geschichte einer Orgelrestaurierung, Berlin 1996.