Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.1, 1996, S. 163 f.

1490 gestiftet durch den Schwertfeger Claus Schmidt; 1493 die Stiftung
bestätigt durch den Havelberger Bischof Busso von Alvensleben. Das
Hospital pflegte kranke Stadtbewohner und Reisende. Nach dem Reglement
von 1824 Aufnahme armer und kranker Frauen und Familien. Die städtische
Stiftung Siechenhaus 1940 aufgegangen in der Hospital-Stiftung St. Georg
und bis nach 1945 Altersheim.
Hospitalkapelle St. Lazarus (auch St. Laurentius). Erbaut 1491. Laut Inschrift
auf der Kanzeltür seit 1600 mehrere Restaurierungen. 1699-1702 Nutzung
durch die Reformierte Gemeinde, 1793-1806 durch die Garnison. 1750
Dachreiter erneuert. 1912 Ausmalung durch G. Kaufmann (Berlin). 1949 und
um 1980 Restaurierungen. Heute Neuapostolische Kirche.
Einschiffiger, zweijochiger Backsteinbau auf Feldsteinsockel mit dreiseitigem
Chorschluß. Zweiteilige Spitzbogenfenster mit Formsteingewänden.
Spitzbogiges Hauptportal zur Siechenstraße, eingefaßt von Taustab;
Gewände und Archivolten reich geschmückt durch Reihen figürlicher
Tonplatten, wechselnd dargestellt Christus an der Martersäule und hl.
Franziskus. Vermauertes Portal zum Spitalhof. Am Traufgesims Fries aus
glasierten Formsteinen. Verschieferter barocker Dachreiter. Innen hohe
Wandnischen und reiches Netzgewölbe auf Taustabdiensten mit figürlichen
Konsolen (an den Längswänden Masken, im Polygon Halbfiguren, u.a. Maria
im Strahlenkranz und weibliche Heilige). Gewölbeschlußsteine aus Rosetten
und Fischblasenmaßwerk. Der ungewölbte Anraum mit Empore nachträglich
in die Kapelle einbezogen.
Ausstattung:
Kanzelaltar, um 1715, Holz, Predella mit Ölgemälde des Abendmahls,
säulengerahmter Kanzelkorb mit Baldachin, Bemalung 1912.
Kruzifix, um 1500, Holz, qualitätvolle, monumentale Schnitzfigur, 1912 neben
Altar aufgestellt, heute in der Klosterkirche. Empore, Anfang 17. Jh., Holz, bei
Orgelaufstellung verändert. Orgel, 1912 (i) von Hollenbach (Neuruppin),
Pfeifen im Ersten Weltkrieg demontiert, 1930/31 durch Hoffmann
wiederhergestellt.
Kronleuchter, 17. Jh., Messing.
Hospitalgebäude. Das Hauptgebäude des Hospitals schloß ursprünglich
direkt an die Kapelle an (heute Hotel). Wegen starkem Verfall 1730
größtenteils neugebaut. Eine Achse des spätgotischen Backsteinbaus mit
vermauertem Taustabportal zur Siechenstraße erhalten. Dieser Gebäudeteil
nachträglich als ungewölbter Anraum in die Kapelle einbezogen. Von den in
der ersten Hälfte des 20. Jh. noch vorhandenen zwei Hospitalgebäuden auf
dem Spitalhof das sogenannte »Uphus« (Auf-, Oberhaus) erhalten. Ein um
1692/94 (d) errichteter, zweigeschossiger Fachwerkbau mit Außentreppe und
Oberlaube. 1994/95 restauriert. Zur Jahrhundertwende auf dem Hof Nutz-
und Ziergarten vorhanden. Dieser heute vollständig überformt.
Das Siechenhospital ist ein einzigartiges Zeugnis des religiösen Lebens und
der Krankenfürsorge im mittelalterlichen Neuruppin. Die Kapelle zählt mit
ihrem reichen Bauschmuck zu den wertvollsten Beispielen spätgotischer
Baukunst im Ruppiner Land. Das »Uphus«, eines der ältesten
Fachwerkgebäude der Stadt, besitzt den letzten der für Hofgebäude einst
charakteristischen Laubengänge, der in Neuruppin erhalten blieb.
Literatur: Adler 1862, Bl. 75 u. 86; Bergau 1885, S. 648f.; Bittkau 1887, S.
49f.; Inventar 1914, S. 311-313; Fischer, Die Siechenhauskapelle in
Neuruppin, 1930; ders., Die Orgel der Neuruppiner Siechenhauskapelle,
1931; Kurztopographie 1978, S. 235; Dehio 1988, S. 312.