Denkmaltopographie Märkisch-Oderland, Bd. 9.1, 2005, S. 321 ff.

Neubau von 1950-55 auf dem Areal des alten Friedhofs, der dicht entlang der
heutigen Bundesstraße 167 verläuft und von einer Feldsteinmauer begrenzt
wird. Eine erste Kirche fand in Kunersdorf schon 1375 Erwähnung; die Pfarrei,
im Besitz von vier Hufen Land, unterstand der Sedes Friedland. Kunersdorf war
stets Mutterkirche von Metzdorf und Bliesdorf. Zwischen 1797 und 1892 war
Kunersdorf Tochterkirche von Altfriedland. Dann wurde die Pfarrstelle
Kunersdorf wieder besetzt. Das Patronat wechselte 1799 von der
Gutsherrschaft an den Wriezener Magistrat, wo es bis 1898 verblieb. Heute
gehört Kunersdorf dem Pfarrsprengel Altfriedland-Kunersdorf an und wird vom
Pfarramt Neutrebbin betreut.
Baugeschichte
Die 1375 nachgewiesene Kirche wurde 1683 nach schweren Kriegsschäden als
leichter Fachwerkbau im Dorfzentrum wiederaufgebaut; sie erhielt 1736 einen
neuen Turm mit achteckiger Spitze (Ausführung Mauermeister Hans Michael
Sabeck, Wriezen, und Zimmermeister Hans Behring, Gersdorf). Auf Initiative
des Gutsherrn Hans Sigismund von Lestwitz wurde 1781 ein Neubau an Stelle
des Vorgängers errichtet. Der Entwurf ging auf den Kondukteur Nicolas zurück,
für die Bauausführung zeichneten Mauermeister Stock und Zimmermeister
Sparkäse aus Wriezen verantwortlich. Es handelte sich um einen verputzten
Saalbau in frühklassizistischen Formen; der eingezogene Westturm war mit
einem charakteristischen Glockendach versehen. Ungewöhnlich war die
Quergliederung des Innenraums, d.h. der Altar stand der Patronatsloge
gegenüber an der Längswand des Kirchensaals. Nach Kriegsbeschädigungen
wurde die Kirche, obwohl wiederaufbaufähig, 1948 auf Veranlassung des
damaligen Bürgermeisters abgerissen.
Nach Protesten der Gemeinde und auf Drängen des Evangelischen
Konsistoriums Berlin-Brandenburg konnte 1950-55 der jetzige Kirchenbau
errichtet werden. Er entstand nicht am ursprünglichen Standort, sondern auf
dem unbenutzten Mittelteil des schon vor 1700 unter der Gutsfamilie Barfus
angelegten Friedhofs am Nordostrand des Dorfes. Den Entwurf fertigte Curt
Steinberg, langjähriger Leiter des Kirchlichen Bauamtes im Konsistorium Berlin-
Brandenburg. Die Ausführung erfolgte unter Bauleitung des Architekten
Gerhard Bischof aus Bad Freienwalde durch die Firma Fritz Christoph, Wriezen.
Rund fünf Jahre nach der Fertigstellung des Baus erhielt der Innenraum die
jetzige Orgelempore und 1978 seine gegenwärtige Farbfassung.
Beschreibung
Architektonisch bemerkenswerte, in rötlich-braunem Klinkerverblendmauerwerk
ausgeführte Kirche, bestehend aus zentralem, überkuppeltem Rundbau,
südlichem Turm mit achtseitigem Knickhelm und kleinem Sakristeianbau mit
Walmdach an der Nordseite. Das Äußere des Rundbaus weitgehend
schmucklos, jedoch wirkungsvoll gegliedert durch den Wechsel von kräftig
vortretenden Lisenen und schmalen, scharf in die Wand eingeschnittenen
Fensterbahnen. Das mächtige Kuppeldach als Halbkugel ausgebildet, diese
Formgebung unterstrichen durch die glattflächige Dachhaut aus
Schieferschindeln in englischer Deckung. Der Turm über quadratischer
Grundfläche errichtet; seine Fassaden lediglich durch kleine Rechteckfenster
und hochrechteckige Schallluken im oberen Teil belebt, der Helm dem
Kuppeldach des Rundbaus gestalterisch angepasst durch die Schieferdeckung.
Die Sakristei als schlichter Anbau auf rechteckigem Grundriss, ihr Dach
gleichfalls schiefergedeckt.
An der Turmostseite rundbogiges Hauptportal in nüchternen Formen; dahinter
Vorraum und anschließend der kreisförmige, überkuppelte Innenraum. Dessen
Wände wie am Außenbau durch kräftige Wandvorlagen zwischen den Fenstern
gegliedert. Darüber umlaufendes profiliertes Gesims als oberer Wandabschluss
und in Fortsetzung der Wandvorlagen verputzte, im Zenit der Rundkuppel sich
vereinende Rippen. Im Westen als Standort für den Altar eine breite spitzbogige
Nische, geschmückt mit schlichtem Holzkreuz; im Osten von zwei Stützen
getragene, flachbogig vorgewölbte Orgelempore mit geschlossener
kassettierter Brüstung. Die Innenausmalung in gelb-weiß und grün-bläulichen
Tönen gehalten, an den Brüstungsfeldern der Orgelempore florale Ornamentik.
Der Boden mit keramischen Platten belegt. Die zart farbigen Glasfenster
wurden 1953 von der Glasmalerin Katharina Peschel aus Berlin-Mahlsdorf
gefertigt.
Ausstattung
Schlichte, dem sachlichen Charakter der Architektur gemäße zeitgenössische
Ausstattung mit Gestühl in zwei Blöcken und hölzerner Kanzel.
Kleinorgel. 1971, Gebrüder Jehmlich, Dresden.
Drei Glocken. Versehen mit dem Entstehungsjahr 1955 und je einer Inschrift
(»Jesus lebt«, »Jesus siegt«, »Jesus kommt«).
Innentür. Zwischen Vorraum und Saal. 1937 entstanden in der Fachschule für
Raumtechnik und Raumgestaltung Berlin zum Andenken an die 700-Jahrfeier
der Stadt Berlin (i). Zweiflügelige Holztür, geschmückt mit Kassettenfeldern,
darin die stilisierte Wappen von 15 Berliner Stadtbezirken.
Bedeutung
Die Kirche gehört zu den wenigen Sakralbauten aus der Zeit nach 1945 im
Kreisgebiet. Anders als die meisten von ihnen zeigt sie eine baukünstlerisch
bemerkenswerte, von Elementen des Konstruktivismus und des Kubismus
durchsetzte Gestaltung. Attraktiv wirkt insbesondere der Außenbau mit seinem
spannungsvollen Nebeneinander verschiedener geometrischer Grundformen.
Auch in der Materialwahl und der betont funktionalen Ausprägung des
Bauwerks offenbart sich eine große Nähe zur Architektur der Moderne vor
1933. Das Anknüpfen an diese Phase erfolgte hier entgegen der damaligen
offiziellen Kultur- und Kunstpolitik der DDR, die das Neue Bauen als
»formalistisch« strikt ablehnte und Künstlern, die sich diesen Stilauffassungen
weiterhin verpflichtet fühlten, mit Repressalien drohte. Die Kirche ist ein
Spätwerk des Architekten Curt Steinberg, der sich bereits in den 1920er Jahren
durch seine qualitätvollen Sakralbauten in der Mark Brandenburg einen Namen
gemacht hatte. Zu seinen Hauptwerken gehört die Georgenkirche in Frankfurt
(Oder), die architektonisch große Ähnlichkeit mit der Kunersdorfer Kirche
aufweist.
Quellen: Superintendentur Seelow, II C 103, 141, 145, 203-2, 203-3, 490-3;
ELAB, 003/735, 35 III a, h 31, Karton 36 und 338; BLDAM, Altakte und
Objektakte PD.
Literatur: Schmidt, Rudolf, 1928, S. 262-69; Enders 1980, S. 299-300;
Rieger/von Wittich 1992, S. 134-37; Dehio 2000, S. 551-52; von Oppen,
Schloss Cunersdorf, 2001, S. 60-61 (Selbstverlag).