Denkmaltopographie Märkisch-Oderland, Bd. 9.1, 2005, S. 368 ff.

Die Kirche befindet sich im Zentrum des Ortes, östlich des Dorfplatzes. Der
langgestreckte Saalbau mit eingezogenem Westturm steht leicht erhöht
inmitten des Kirchhofs, der von einer Feldsteinmauer umgeben ist. Den
Hauptweg zum westlichen Eingang flankieren Kopflinden.
Neutrebbin war seit 1771 Mutterkirche für die reformierte Gemeinde mit
Neubarnim als Tochterkirche. Die lutherische Gemeinde war in Neulewin
eingepfarrt. In der Neutrebbiner Simultankirche wurde der Gottesdienst von
Predigern der reformierten und lutherischen Kirche abwechselnd gehalten. Mit
dem eingekirchten Ortsteil Burgwall unterstand Neutrebbin der Wriezener
Superintendentur, heute Kirchenkreis Wriezen. Das Patronatsrecht besaß die
königliche Regierung bzw. der Fiskus. 1764 war die Pfarrre Neutrebbin
ausgestattet mit einer Predigerwohnung (noch nicht besetzt), zu der 90 Mg
Land gehörten, sowie 52 Mg Kirchenland.
Baugeschichte
In dem 1755 gegründeten Kolonistendorf konnte wegen des Siebenjährigen
Kriegs erst 1771 mit der Errichtung eines Gotteshauses begonnen werden. Die
Arbeiten an dem 92 Fuß langen und 46 Fuß breiten Fachwerkbau mit Turm
waren 1776 abgeschlossen. Die erste Kirche war nicht sehr solide; in den
Jahren 1784, 1787, 1789 und 1791 mussten nach Sturmschäden umfangreiche
Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden. Der Kirchturm wurde wegen
starker Baufälligkeit 1803 abgebrochen. Im gleichen Jahr trug man sich bereits
mit der Idee eines Neubaus, wollte jedoch noch die Feststellung der
Gemeindegröße abwarten, um sie bei der Planung zu berücksichtigen.
Vorentwürfe des Bauinspektors Carl Dornstein aus Wriezen von 1810 sahen
eine relativ kleine Fachwerkkirche vor. Da die Gemeinde einen größeren und
zudem massiven Bau wünschte, legte Dornstein 1813/14 entsprechende
Alternativentwürfe vor. Der letzte von ihm unter Mitwirkung des
Oberbaudirektors Leiber erstellte Bauplan zeigt einen nochmals vergrößerten
Massivbau samt Turm »mit Schindeldach und Pyramidenspitze«. Karl Friedrich
Schinkel, dem die Entwürfe 1815 in seiner Funktion als preußischer
Oberbaurat zur Genehmigung vorlagen, überarbeitete die Pläne. Insbesondere
die Gestaltung des Turmes wurde nach seinen Vorstellungen verändert: »Der
obere Teil des Turmes wird achteckt, damit sich der Körper besser in die Spitze
verliere....« Einfluss nahm Schinkel auch auf die Gestaltung des Satteldachs
und des Ostgiebels mit dem kapellenartigen Sakristeianbau sowie auf die
Planung des Innenraumes, in dem durch bessere Anordnung der Säulen mehr
Regelmäßigkeit gewonnen und damit zugleich ein einfacherer Dachverband
möglich werden sollte.
Die alte Kirche hatte Dornstein 1814 noch einmal genau untersucht und dabei
festgestellt, dass sie »gar keine Hauptreparatur mehr vertrage«. Sie wurde
1816 abgerissen. Bereits im Herbst des Jahres begann am gleichen Standort
der Neubau der jetzigen Kirche. Die Ausführung erfolgte unter Leitung des
Bauinspektors Karl August Schwieger durch den Wriezener Maurermeister
Neubarth; die Baukosten übernahmen anteilig der Fiskus und die Gemeinde.
Eingeweiht wurde der Neubau am 30.10.1817 (a). Erste Reparaturen waren
nach Sturmschäden 1838 notwendig, sie wurden durch Maurermeister Ziethen
aus Neutrebbin behoben. 1872 nahm man eine vollständige Umdeckung des
Kirchendaches vor. In den Jahren 1886/87 führte der Neutrebbiner
Maurermeister Gustav Wiele umfangreiche Baumaßnahmen durch
(Fundamentarbeiten, Erneuerung der Plinthe/Gesimse an Langhaus und Turm
sowie Neueindeckung der Dächer; ferner Ausmauerung des Turmfachwerks,
das bis dahin nach außen nur mit ½ -Stein starkem Mauerwerk verblendet war,
sowie Neuverputz des Turmaufsatzes). Weitere Instandsetzungsarbeiten am
Außenbau gab es 1911 und 1929 (Dach) bzw. Renovierungen im Kirchenraum
1907 und 1932.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Hochwasser von 1947 mussten die
Holzfenster der Kirche einschließlich Bleiverglasung und die Außentüren
erneuert sowie Schallöffnungen und Schiefereindeckung des Turmes überholt
werden (1954). Der Innenraum wurde nach Plänen des Architekten Gerhard
Bischof, Bad Freienwalde, 1954-58 vollständig saniert und umgestaltet. Bei der
Wiederherstellung des Außenputzes 1967 kam es zur Entfernung sämtlicher
schmückenden Elemente wie Maßwerk und Rundbogenfriese. Im Jahre 2002
stellte man per Gutachten gravierende Schäden an Langhaus und Turm fest. In
einem ersten Bauabschnitt wurde 2005 der Kirchturm mit seiner ursprünglicher
Putzgliederung und Schieferdeckung wiederhergestellt und der Innenraum
durch die Kopie des Isenheimer Altars bereichert.
Beschreibung
Schlichte Saalkirche, auf rechteckigem Grundriss als Putzbau mit Satteldach
errichtet. An der Ostseite niedrigerer Sakristeianbau, ebenfalls mit Satteldach,
an der Westseite ein im Grundriss quadratischer Turm mit achteckigem,
abgestuftem Pyramidendach. Beide Langhausseiten gegliedert durch ein
mittleres Spitzbogenportal und je zwei schmale Spitzbogenfenster. Die glatt
verputzten Fassaden ursprünglich durch Rundbogenfriese und wandgliedernde
Lisenen reicher gestaltet, jetzt der Schmuck reduziert auf ein schlichtes
Traufgesims und ein ziegelsichtiges Sockelgesims. Die erhaltenen Ecklisenen
ragen pfeilerartig über die Dachtraufe hinaus. Neben den spitzbogigen Fenster-
und Türöffnungen finden sich an den östlichen Giebelseiten von Langhaus und
Sakristei spitzbogige Blendnischen sowie Rundfenster; diese auch an den
Seiten des Anbaus. Der Turm ca. 24 m hoch und durch Gesimse gegliedert. An
seiner Westseite das spitzbogige Hauptportal mit Stuckrahmung. Die fast vier
Meter hohen, als Schallluken dienenden Spitzbogenfenster im ersten
Turmgeschoss ehemals mit Maßwerk versehen. In der darüber liegenden
Ebene an allen vier Seiten eine Turmuhr; hier der Querschnitt des Turms vom
Quadrat zum Achteck übergehend. Es folgen die mit Schiefer gedeckte,
zweigeschossige Turmhaube mit Schallluken zu acht Seiten und der leicht
eingeknickte, steil nach oben verlaufende Spitzhelm; dieser bekrönt von
schmiedeeisernem Kreuz. Konstruktiv besteht der Turm ab der zweiten Ebene
aus Fachwerk mit äußerer Mauerwerksschalung bzw. Schieferverkleidung.
Der flachgedeckte, weitgehend schmucklose Innenraum der Kirche durch zwei
bis zu den Deckenunterzügen durchlaufende Stützenreihen dreigeteilt; im
westlichen Teil des Saales dazwischen eingespannt die hufeisenförmig
umlaufende Empore. Die gerade Ostwand mit zwei spitzbogigen Türöffnungen
zur Sakristei. In der Mitte an dieser Seite schlichter Altar.
Ausstattung
Altar. Schlichter Altartisch von 1956, darüber Kopie des Isenheimer Altars von
Matthias Grünewald, gemalt von Franz Bannholzer 1982-1999, gestiftet als
unbefristete Leihgabe.
Taufe. Modern, Holz (ehemals Taufbecken, 1852, Silber; Taufstein von 1852,
Tischlermeister Herter, Wriezen).
Kanzel. Um 1956, Holz.
Orgel. 1985, VEB Frankfurt (Oder), Orgelbau Sauer, einmanualige Kleinorgel.
Empore. 1817, Holz. Geschlossene Brüstung; nach 1953 vereinfacht und um
2/3 verkürzt.
Gestühl. Um 1956, Holz. Schlichte Bankreihen.
Glocke. 1924, Bronze. Gebrüder Ulrich, Apolda. Glocke von 1817, Königliche
Eisengießerei Berlin, im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen. 1924 zwei neue
Bronzeglocken erhalten.
Glocke. 2004, Bronze.
Turmuhr. 1924, Firma Weule, Bockenem.
Bedeutung
Die stattliche Kirche bildet auf Grund ihrer besonderen Funktion und ihres
zentralen Standortes den Mittelpunkt des Dorfes. Sie weist eine reiche
Baugeschichte auf, hervorhebenswert ist insbesondere die Überarbeitung der
Baupläne durch den damaligen preußischen Oberbaurat Karl Friedrich
Schinkel. Als Werk im Schaffen des berühmten Baumeisters ist die Kirche von
architekturhistorischer Bedeutung. Der Kirchhof ist in bemerkenswerter
Geschlossenheit überliefert. Die zahlreich aus dem späten 19. und frühen 20.
Jh. erhaltenen Grabstätten erinnern an eine wichtige Phase der
Ortsgeschichte. Kunstgeschichtlich von besonderem Interesse ist die
Grabanlage der Eheleute Lauersdorf.
Quellen: BLHA, Pr. Br. Rep. 7, Wriezen, Nr. 264, 266, 269; Pr. Br. Rep. 2 A,
Potsdam II OB, Nr. 1329, 1330, 1331; Pr. Br. Rep. 27 A, Freienwalde, Nr. 16;
Superintendentur Seelow, II K 141 (350), 145-1, II K 203 (474) III. 1., II K 490-1
(473) 1., II K 511 (472) 1.3.; GStA PK, X. HA, Br. Rep. 2 Abt. I, II Regierung
Potsdam, Superintendentur Frankfurt, Reformierte Nr. 1131; Nr. 1136; ELAB,
014/14735, 14736, 14737, ELAB, 003/03-299 Bad Freienwalde,
Kirchengemeinde Neutrebbin; ELAB, 35 III a, o 31 Karton 40 und 338; BLDAM,
Erfassungskartei (Schleiff 1969).
Literatur: Schmidt, Rudolf, Zur Geschichte der Entstehung Neutrebbins, in:
Oberbarnimer Kreiskalender 14/1925, S. 165-70; Schmidt, Rudolf, 1930, S.
173-77; Kania 1960; S. 218, 220, Abb. 210, 211; Michalsky 1980, S. 11;
Schmudde. 1995; Michalsky 2001, S. 26-27.