Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 317 ff.

(gekürzt) Die ausgedehnte mittelalterliche Klosteranlage, Ausgangspunkt des
Ortes Lehnin, wurde inmitten der Zauche auf einer flachen Sandinsel
zwischen Sümpfen, Niederungen und jetzt teilweise verlandeten Seen
angelegt. Der Platz hatte Passfunktion für die in die Hochfläche
einschneidende Gewässerrinne des Lehniner Tals; hier liefen im Mittelalter
verschiedene Straßen zusammen. Nach der Reformation wurde das Kloster
1543 in ein landesherrliches Amt umgewandelt, aus dem 1815 ein privater
Gutsbetrieb wurde. Das im Bereich der Klausur entstandene kurfürstliche
Jagdschloss verschwand bereits im späten 18. Jh. wieder. Seit Gründung
des Diakonissenstifts 1911 dient die Klosteranlage verschiedenen kirchlichen
und sozialen Zwecken. Im Gegensatz zu Kloster Chorin, das im 19. Jh. als
romantische Ruine in malerischer Landschaft zu einer reinen
Geschichtsstätte gestaltet wurde, bietet Lehnin bis heute das Bild einer
belebten »Klosterstadt« mit vielfältigem, bis in die Gegenwart immer wieder
ergänztem Baubestand.
Lehnin besitzt, wie andere große Zisterzienserklöster, den Charakter einer
kleinen Stadt mit Gebäuden für die verschiedensten Funktionen. Das heutige
Bild wird auch durch die nach der Auflösung erfolgten Veränderungen,
Abbrüche und Neubauten bestimmt. Gleichwohl blieben prägende
Bestandteile des mittelalterlichen Klosters erhalten, so dass der Aufbau der
Gesamtanlage in Lehnin besser als bei fast allen anderen
Zisterzienserklöstern des nordostdeutschen Raumes nachvollziehbar ist.
Die Klosteranlage umschloss eine Backsteinmauer (Nr. 32), von der
insbesondere im Südwesten bedeutende Reste erhalten blieben,
einschließlich eines Wachturms, des sog. Kuhbiers (Nr. 33). Alter und seit
kurzem wieder neuer Hauptzugang ist die Pforte im Nordosten (Nr. 11) mit
daneben befindlicher Torkapelle (Nr. 12). Sie führt auf den geräumigen
Wirtschaftshof, den späteren Amtshof (Nr. 16) mit Stallungen, Scheunen und
Brauhaus (Nr. 15-22). Zugehörig ist auch der Kornspeicher südwestlich der
Pforte (Nr. 14). Das barocke Amtshaus an der Ostseite des Platzes (Nr. 13)
wurde über älteren Kellern errichtet. Ein langgestreckter, im Kern aus zwei
gotischen Gebäuden bestehender Trakt (Nr. 15), heute Elisabethhaus
genannt, trennt den Wirtschaftsbereich vom südlich anschließenden Kirchhof
(Nr. 40). Der 1995 südlich der Flucht der östlichen Giebelseite dieses
Gebäudes aufgedeckte, wohl mittelalterliche Mauerzug könnte von einem
weiteren Gebäude oder der Friedhofsmauer stammen. Während auf der
Nordseite des Wirtschaftshofs schon im Mittelalter Gebäude vorhanden
waren, zeigen die ältesten Pläne im Westen noch keine Bebauung. Heute
umgeben den Hof im Norden und Westen Neubauten des 19. und 20. Jh.
(Nr. 19-22).
Südwestlich vom Wirtschaftshof erhebt sich die beeindruckende
Klosterkirche (Nr. 1) als Zentrum der Gesamtanlage. Der in romanischen
Formen begonnene, frühgotisch vollendete große Backsteinbau wurde nach
teilweiser Zerstörung 1871-77 wieder komplettiert. Südlich der Kirche, also
vom Wirtschaftshof abgewandt, lag die Klausur (Nr. 2-6). Hier befanden sich
in drei um den rechteckigen Kreuzgang gruppierten Flügeln die von der
Außenwelt abgeschlossenen Versammlungs-, Arbeits-, Aufenthalts-, Speise-
und Schlafräume der Mönche. Erhalten blieben Fragmente des Kreuzgangs
(Nr. 2), wesentliche Teile des Ostflügels (Nr. 3) sowie die Kellerräume des
Westflügels (Nr. 5). Das unter Einbeziehung der alten Klausurbauten im 17.
Jh. errichtete kurfürstliche Jagdschloss wurde bereits im späten 18. Jh.
wieder abgebrochen. Heute prägen Baumaßnahmen für das Diakonissenstift
aus dem 20. Jh. das Bild, die neuen Fassaden des Ostflügels (Cecilienhaus),
das etwas südlich vom früheren Südflügel errichtete Säuglingsheim (Nr. 4)
sowie das 1974-76 auf dem Areal des Westflügels entstandene
Schwesternwohnheim (Nr. 5).
Neben Wirtschaftshof und Klausur gibt es noch eine dritte Gebäudegruppe,
nämlich einen vermutlich halböffentlichen Klosterbereich mit repräsentativen
Bauten südöstlich der Klausur, wie sie ähnlich auch in Zinna vorhanden ist.
Charakteristisch sind die Nähe zur Klausur, gleichzeitig aber eine gewisse
Separierung und die gute Erreichbarkeit von Pforte und Ort. Erhalten haben
sich das so genannte Königs- und Falkonierhaus (Nr. 7 und 8). Einige der
nördlich anschließenden Bauteile wurden erst im 19. Jh. abgetragen.
Parallelen bei anderen Zisterzienserklöstern machen es wahrscheinlich, dass
die Gebäude dieses Klosterbereichs als Hospital, repräsentativer Abtssitz, in
dem auch hochgestellte Gäste empfangen werden konnten, vielleicht auch
als Noviziat und Gästehaus dienten. Spätestens seit dem 18. Jh. stand das
evangelische Pfarrhaus südlich der Klausur. Beim 1845-46 entstandenen
Neubau (Nr. 9) wurde durch Anlehnung an Formen der Backsteingotik eine
harmonische Einpassung angestrebt.
Neue Aufgaben des Stifts führten in jüngster Zeit zu umfangreicher
Bautätigkeit. Nachdem ein ursprünglich vorgesehener Standort in den
Gartenanlagen östlich der Kirche durch die Denkmalpflege abgelehnt worden
war, begannen 1987 Planungen für Neubauten nordöstlich der alten
Klosteranlage. Schließlich entstanden 1994-96 das Altenhilfezentrum (Nr. 29)
nördlich des Wirtschaftshofs (Architekt Michael Lindenmeyer) und 2000-03
das neue Krankenhaus (Nr. 30) nordöstlich. Letztes Zeugnis für die
Beschlagnahme eines Teils der Klosteranlage zur Unterbringung von
Organisationen der nationalsozialistischen Kriegsmaschinerie ist eine später
für Krankenhauszwecke genutzte Baracke (Nr. 28).
Lehnin, die älteste und bedeutendste brandenburgische Zisterzienserabtei,
spielte zu allen Zeiten eine besondere Rolle in der Landes- und
Kirchengeschichte. Durch Markgraf Otto I. gegründet, war das Kloster Zeit
seines Bestehens eng mit der politischen Entwicklung der Mark verknüpft.
Die Klosterkirche diente als Grablege der Askanier und im Spätmittelalter
einiger Hohenzollern. Lehnin schuf als Mutterkloster der Zisterzienser-
Niederlassungen Paradies, Chorin und Himmelpfort eine eigene
Filiationslinie. Mit den im Konvent wirkenden Persönlichkeiten und einer
ansehnlichen Bibliothek bildete Lehnin eines der geistigen Zentren der
mittelalterlichen Mark Brandenburg. Schließlich hatte das Kloster als einer
der größten Grundbesitzer des Landes wesentlichen Anteil an der
Erschließung der nördlichen Zauche, einer Kernlandschaft Brandenburgs.
Nach der Reformation erfolgte die Umwandlung in ein landesherrliches Amt,
wichtig durch die Nachbarschaft zur Residenz Potsdam und zeitweilig als
kurfürstliches Jagdquartier gern besucht. Eine Wiederbelebung der
Klosteranlage erfolgte 1911 durch die Gründung des Diakonissenstifts. Im
Gegensatz zur romantischen Ruine Chorin ist Lehnin wieder ein wichtiges
kirchliches und soziales Zentrum. Mit seinem vielfältigen, im Laufe der
Jahrhunderte immer wieder veränderten Baubestand vermittelt es bis heute
das Bild einer lebendigen Klosterstadt.
Neben der großen Abteikirche blieben zahlreiche andere wertvolle Zeugnisse
der mittelalterlichen Klosteranlage ganz oder in Resten erhalten, so dass
Lehnin trotz umfangreicher, nach der Auflösung eingetretener Verluste noch
immer zu den baulich bemerkenswertesten Zisterzienserklöster in Nord- und
Ostdeutschland gehört. Besondere Erwähnung verdienen das sogenannte
Königshaus mit seinem prächtigen Ziergiebel sowie sonst selten überlieferte
Bauteile wie Kornspeicher, Eingangsbereich mit Torkapelle und Wachturm.