Dehio Brandenburg, 2012, S. 65 ff.

Bedeutende dreischiffige Hallenkirche aus Backstein mit Hallenumgangschor
und Westturmfront, das fünfjochige Langhaus asymmetrisch durch ein
niedrigeres viertes Seitenschiff im Süden ergänzt. Baugeschichte. Keine
gesicherten Baudaten. Ein Erstbau vermutlich 1230/40 beg. Seit etwa 1323
unter dem Patronat des Zisterzienserklosters Neuzelle. Der bestehende Chor
frühestens um 1400 beg. (1417 Stiftung des Marienaltars); damit frühes
Beispiel des Bautyps in Brandenburg; Vorbild der um 1370 vollendete
Umgangschor der Marienkirche in Frankfurt (Oder). Noch während des
Chorbaus Planänderung durch Erhöhung der Wände (um 1,5 m erhöhte
Fensterbänke nachweisbar), dadurch überlange Fenster und sehr steile
Raumproportionen, vermutlich in Konkurrenz zum ebenfalls um 1400
begonnenen Chor der Stadtkirche St. Marien und St. Nikolai in Luckau. Kurz
nach dem Chor bereits Westbau beg., das Langhaus erst nach M.15.Jh., bis
gegen 1500 vollendet; gleichzeitig Einwölbung der gesamten Kirche. Das
zweite, deutlich niedrigere südl. Seitenschiff Ergebnis mehrerer
Planänderungen. – 1835/36 rest. unter Beteiligung Schinkels. 1945
ausgebrannt, 1947/48 Einsturz der Chorarkaden, 1951/52 Wiederherstellung
des südl. äußeren Seitenschiffs und der nördl. Sakristei. 1991–2011
Wiederaufbau und Konservierung (Chorpfeiler und -arkaden, Westfassade;
Sakristei rest.); 1997–99 ehem. Pultdach des südl. äußeren Seitenschiffes
wiederhergestellt sowie Chor und Langhaus wieder unter einheitlichem
Satteldach.
Außenbau. Der dreischiffige, dreijochige Chor in seiner außerordentlichen
Steilheit von eindrucksvoller Wirkung. Innen dreiseitig, außen siebenseitig
geschlossen; glatt aufsteigende Strebepfeiler. Unter dem Traufgesims
durchbrochener Vierpassfries, der auch die vermutlich zum ersten Chorplan
gehörige zweijochige und zweigeschossige Sakristei und die – jüngere –
westl. folgende Vorhalle umzieht. Zwischen Sakristei und Vorhalle
einjochiger Verbindungsbau im Untergeschoss mit zwei kleinen rundbogigen
Fenstern; das westl. Nordportal neben der Sakristei mit doppelten
Wulstprofilen im Gewände. An der Südseite des westl. Chorjochs die ehem.
Paradies- oder Brautpforte mit urspr. offenem Arkadenvorbau über
Kreuzgewölben. – Am Langhaus gestufte Strebepfeiler, unter dem
Hauptgesims ein Rhombenfries. Sehr hohe und schmale Fenster, dreigeteilt
mit profilierten Gewänden; an der Südseite darunter Ovalfenster, die einen
barocken Emporeneinbau bezeugen. Im dritten Langhausjoch nach Süden
als auch nach Norden je ein Portal, reich profiliert mit Birnstäben zwischen
tiefen Kehlen. – Breite, wenig gegliederte Westfassade auf
Feldsteinfundament, überragt von dem schweren eingezogenen Mittelturm
auf quadratischem Grundriss. In der Mitte Doppelportal mit gestuftem
Gewände in einer Blende mit Wimpergabschluss, rechts zur
Turmwendeltreppe führende Pforte in Mauervorlage, seitlich eine große
Blende bzw. ein vermauertes Fenster. Der Turm aus Feldsteinmauerwerk,
verblendet mit Backstein; nur der oktogonale Aufsatz mit abschließendem
Zinnenkranz überragt das Dach der Halle, der gemauerte Pyramidenhelm
zerstört; Neubau des Turmhelms 2002.
Innen. Steile Raumproportionen (1:2,64), bedingt durch die im Bauverlauf
beschlossene Erhöhung des Chors. Arkaden auf schlanken hohen
Achteckpfeilern, am Übergang zum Chor in Längsrichtung gestreckt mit
schmalen Rechteckvorlagen nach Norden und Süden. Die Gewölbe zerstört;
ehem. wie in der Nikolaikirche in Luckau im Mittelschiff und im Chor
Sterngewölbe, in den Seitenschiffen Kreuzgewölbe. Zwischen innerem und
äußerem südl. Seitenschiff (1952 als Notkirche abgetrennt) ehem. ebenfalls
Achteckpfeiler; über den zugesetzten Arkaden vermauerte kurze Fenster zu
erkennen. – In der Sakristei Kreuzrippengewölbe des fr.15.Jh.; auch der bis
1835 zum Chor geöffnete Märtyrerchor im Obergeschoss sowie die
anhängenden Räumlichkeiten kreuzrippengewölbt. In der Sakristei in einem
Fenster die alte Piscina mit Ausguss erhalten; umfangreiche Reste
mittelalterlicher Wandmalerei von herausragender Qualität, um 1400, unter
böhmischem Einfluss, in den Schildbogenflächen Kirchenväter auf
dunkelrotem Grund, Hieronymus mit Schreibpult und Löwe, Gregor und
Augustinus schreibend dargestellt; 1997–99 konserviert und rest. Die
gesamte Ausstattung 1945 zerstört. Im südl. Seitenschiff Schnitzaltar, um
1470, urspr. aus Herzberg. Im Mittelfeld unter Maßwerkbaldachinen
stehende Madonna, flankiert von vier Heiligen, links übereinander Paulus
und Petrus, rechts Dorothea und Barbara; Predella, Wangen und Aufsatz mit
Kruzifix A.17.Jh. ergänzt; letzteres 1953 zum Altarkruzifix umgestaltet.
Schmiedeeiserne Wandleuchter, um 1953, von F. Kühn.