Denkmaltopographie Cottbus, Bd. 2.1, 2001, S. 63 ff.

Dreischiffige Backsteinstufenhalle (Pseudobasilika) von acht Jochen, mit
polygonal geschlossenem Umgangschor und querrechteckigem, nach
Norden aus der Achse verschobenem Westturm sowie Anbauten im Süden
und Norden; nahe der ehem. Burg, der in ihrem Umfeld entstandenen
Kernsiedlung zugehörig und größte mittelalterliche Pfarrkirche der
Niederlausitz.
Baugeschichte Bereits 1156 eine Kirche für Cottbus bezeugt, damit
früheste schriftlich erwähnte Kirche der Niederlausitz. Von einem
Vorgängersaalbau der 2. H. 13. Jh. Fundamente der Längsmauern unter
südl. Pfeilerreihe und im nördl. Seitenschiff sowie westl. Schmalseite mit
einem jetzt vermauerten Okulus in der Westwand des spätgotischen
Mittelschiffs (1910 bei der Renovierung aufgefunden). Wohl für diesen
frühen Bau um 1400 der erhaltene Westturm errichtet (Aufbau 1685).
Baugeschichte nicht ganz eindeutig. Baubeginn des Umgangschors wohl in
1. H. 15. Jh. Die bestehende Backsteinhalle entstand als ambitionierter
Neubau wohl noch vor M. 15. bis A. 16. Jh.; nimmt in ihrer Bauform mit
unbelichtetem Obergaden eine Sonderstellung im märkisch-
niederlausitzischem Kunstkreis ein. Bauausführung vermutlich in drei
Abschnitten: Zusammen mit dem Chor auch der zweigeschossige Anbau auf
der Nordseite (Sakristei) sowie der Treppenturm. Danach wohl nur die
Langhauswände (vier westl. Joche) errichtet, vermutlich unter Beibehaltung
des älteren Baus. Die querhausartigen Anbauten im Norden und Süden von
Anfang an geplant, später ausgeführt. Infolge des Stadtbrands 1468
vielleicht Planänderung mit pseudobasilikaler Hochführung des Mittelschiffs
und jetzige Giebel an Nord- und Südanbau errichtet. A. 16. Jh. Einwölbung
der Kirche und Erhöhung des Turms um ein 5. Geschoss sowie
Zwischenbau im Norden und kleine Südvorhalle. 1685 barocke „Oberlaube“
mit Haube und Laterne (Rekonstruktion von 1988). Umfassende
Instandsetzung 1891/92 vor allem des Kircheninneren. Eingreifende
Renovierung der Kirche 1910/11. Durch Kriegseinwirkung 1945 völlig
ausgebrannt, 1946 Einsturz des östl. Langhauspfeilers im Norden und
einiger Gewölbe (östl. Mittelschiff, nördl. Seitenschiff) sowie von Teilen des
Obergadens. Danach Wiederaufbau, 1960 die Gewölbe geschlossen. 1993–
95 Erneuerung des Kirchendachs mit moderner Zangenkonstruktion, danach
Rest. der Innenräume, Abschluss der Arbeiten 2008.
Baugestalt Der auf Feldsteinsockel errichtete monumentale Westturm mit
dreigeschossigem querrechteckigen Unterbau, einem durch seitliche
Einziehungen quadratischen Geschoss, sowie Glockengeschoss mit
abgeschrägten Ecken; an der Nordwestecke zusammen mit dem Langhaus
errichtetes Treppentürmchen zum zweiten Turmgeschoss (Zinnenkranz
1910/11). Das Untergeschoss ungegliedert und niedrig wirkend mit
spitzbogigem Westportal unter rechteckig gerahmter, steiler
Spitzbogenblende und je einem Spitzbogenfenster nach Norden und Süden.
Die zwei folgenden Geschosse jeweils durch einen (urspr. hell verputzten)
Blendstreifen voneinander geschieden und durch gereihte
Spitzbogenblenden plastisch gegliedert, ebenso das dritte Obergeschoss.
Das folgende Glockengeschoss durch Blendenschmuck und hohe
spitzbogige Schallöffnungen mit erneuertem Maßwerk bereichert, darüber
verputzter barocker Aufbau mit rechteckigen Fenstern, abgeschlossen von
(1988 rekonstruierter) geschweifter Haube mit Laterne und Zwiebelhaube.
Das äußere Erscheinungsbild von Hallenlanghaus und Chor durch große
mehrteilige Spitzbogenfenster mit erneuertem Maßwerk zwischen
abgetreppten Strebepfeilern bestimmt. Die Portale durch Rundund Birnstäbe
reich profiliert (Chornordportal von [1910/11]) Der Vierpaßfries unter dem
Traufgesims nur am Westteil urspr., am Chor 1911 angeglichen, urspr.
Putzband. 1910/11 die Seitenschiffsdächer abgesenkt, jedoch urspr. schon
tiefer als das Mittelschiff, das sich stets durch breites Putzband abhob. Auf
der Chornordseite zweijochiger zweigeschossiger Anbau (Sakristei), mit
getreppten Giebeln. Westl., verbunden durch einen späteren Zwischenbau
(1911 erneuert, das Portal nach Vorbild des Südportals; seitdem
Treppenhaus), die über fünf Seiten eines Achtecks errichtete Nordkapelle
(jetzt Taufkapelle) mit massivem, verputztem Spitzhelm (attikaähnlicher
durchbrochener Traufschmuck 1910/11 hinzugefügt) vom Charakter eines
Chörleins. Auf der Südseite des Langhauses große zweijochige Südkapelle,
ihr Obergeschoss anfänglich vielleicht niedriger geplant; Abschluss mit
Satteldach zwischen Ziergiebeln, der westl. mit Spitzbogenblenden zwischen
taustabbesetzten Fialpfeilern; Giebelfialen 1910/11 in großen Partien
erneuert. Westl., zwischen Kapelle und Langhaus kleine polygonale
Portalvorhalle, wohl A. 16. Jh., ebenfalls mit Spitzhelm (Traufaufsatz Zutat
von 1910/11). Innen. Hoch- und weiträumige Stufenhalle von eindrucksvoller
Großartigkeit mit kräftigen Achteckpfeilern und reichen Gewölbeformen; die
starke Überhöhung des Mittelschiffs in Niederlausitz und Mark bis auf
Lieberose ohne Vergleichsbeispiel. – Trotz der vereinheitlichenden weißen
Raumfassung (urspr. weiß mit dunkelgrau abgesetzten Rippen und Pfeilern)
die verschiedenen Bauphasen erkennbar. An den Seitenschiffswänden des
fünfjochigen Langhauses zartgliedrige Bündel aus Runddiensten und
entsprechende Vorlagen an den gegenüberliegenden Pfeilerseiten, teilweise
unorganisch abbrechend mit späten Kopfkonsolen oder Büsten, im Chor
dagegen einfache, lisenenartige Wandvorlagen. Zwischen ihnen, wie in der
Niederlausitz häufig, die Sockelzone durch stichbogige Zwillingsblenden
aufgelockert. In der nördl. Seitenschiffswand des Langhauses gereihte
Rundbogennischen, so auch im Polygon der Nordkapelle. Die Grenze
zwischen Chor und Langhaus deutlich durch ein besonders kräftiges
Pfeilerpaar mit abgeschrägten Ecken und breiten Rechteckvorlagen für die
Gurte (Reste der provisorischen Abschlusswand). Sonst einfache
Achteckpfeiler mit einheitlich gebildeten Sockeln, im Langhaus kämpferlos
mit vom Pfeilersockel aufsteigenden rundem Gewölbedienst, im Chor mit
niedrigem zweigestuften Kämpfer, auf den sich die flachen
Rechteckvorlagen für die Gewölbe stützen. Die Spitzbogenarkaden gestuft;
im Langhaus deutet die Sargwand darüber durch dreiteilige
Blendengliederung mit tiefer Mittelnische einen Obergaden an. Die z. T.
erneuerten Gewölbe ein Hauptschmuck des Raums. Im Hauptschiff und im
südl. Seitenschiff bzw. Chorumgang wechselnd komplizierte und einfachere
Sternenmuster, an den Knotenpunkten der Rippen wie üblich kleine runde
Schlusssteine; besonders reich die Chorhochgewölbe; das mittlere durch
großen ringförmigen Schlussstein hervorgehoben. Im nördl. Seitenschiff und
Chorumgang Parallelrippengewölbe, in den Polygonseiten
Rippendreistrahle. Wand- und Gewölbemalereien. Bereits bei Kirchenbrand
1600 erheblich zerstört; Reste 1951 freigelegt: Am südöstl. Chorpfeiler die
hll. Antonius, Jacobus major und Paulus; am dritten Südpfeiler Fragment
einer Verspottung Christi (1993 rest.); am nordöstl. Chorpfeiler
Kreuztragung; am ersten Nordpfeiler ein Bischof; alle um 1470/80. Am
Altarunterbau gemalter Engel, eine Tafel haltend, und an der nördl.
Chorumgangswand Epitaph-Fragment mit der Erweckung des Lazarus, 1. V.
17. Jh. Anbauten, Nebenräume. Das als Vorhalle gebildete und zum
Mittelschiff offene Turmuntergeschoss mit Zellengewölbe, an der Westwand
auf Maskenkonsolen, in den Wänden große spitzbogige Nischen. Im
Turmobergeschoss Reste eines zweijochigen Kreuzrippengewölbes. – Die
Sakristei im Untergeschoss einheitlich mit dem Chor durch schlusssteinlose
Kreuzrippengewölben auf Konsolen geschlossen; im Obergeschoss jüngere
vielgliedrige Sterngewölbe. – In der polygonalen Nordkapelle
Parallelrippengewölbe, ebenso in der Südkapelle. In Ihrem Obergeschoss im
mittleren Gewölbefeld des Ostjochs Gewölbemalerei, Christus als
Weltenrichter in der Mandorla, um 1470/80, aber nach wesentlich älterer
Vorlage. – Die kleine angrenzende Portalvorhalle mit zellenartigem
Gratgewölbe; das Portal in der Langhauswand stilistisch dem ersten
Bauabschnitt vor 1468 angehörig. In einer Strebepfeilernische Kopie einer
spätgotischen Skulptur, Maria als Himmelskönigin, 1911, am urspr. Standort
(Original jetzt in der Turmhalle).
Ausstattung Vom urspr. Bestand nur erhalten der stattliche Altaraufsatz,
1661 (Inschrift) von A. Schultze aus Torgau, Sandstein mit Alabasterreliefs,
bedeutendes Werk des Frühbarock. 1953–64 rest., dabei die urspr. Fassung
von M. Heber abgelaugt, gleichzeitig der 1945 verbrannte hölzerne
Abschluss ergänzt; 1963-65 neue Farbfassung und Vergoldung in
Anlehnung an originale Reste. Hoher mehrgeschossiger Aufbau mit
Ohrmuschel- und Knorpelwerk und figürlichen Reliefs, das Bildprogramm in
Anlehnung an den Altar von 1605 in Strehla bei Riesa sowie die Altäre der
Ditterich-Werkstatt in Freiberg. In der Sockelzone Schriftkartusche zwischen
Reliefs der Verkündigung und der Geburt Christi, in der Predella Abendmahl,
im ovalen Hauptfeld Auferstehung Christi flankiert von vier Freisäulen,
zwischen diesen Kreuzigung und Grablegung, über dem Gebälk der äußeren
Säulen Freifiguren aus Holz, Noli-me-tangere. Im Aufsatz Relief der
Himmelfahrt Christi flankiert von freifigürlichen Szenen auf Voluten, links
Jonas und der Walfisch, rechts Simsons Kampf mit dem Löwen. Als
Bekrönung Trinität zwischen Posaunenengeln. Die ehem. Wangen mit den
Wappen von Stadt und Land bis 1945 im Stadtmuseum, seitdem verloren.
Vom Vorgänger des Aufsatzes von 1574 wohl der massive Altarunterbau mit
flachbogigen seitlichen Öffnungen. – Kanzel aus Holz, 1736 von Fr. Ziegle,
urspr. Franziskanerkirche Frankfurt (Oder), 1971/72 Aufstellung mit neuem
Aufgang, 1979/80 rest. Fassung in Weiß, Gold und Blau von 1958?,
gleichzeitig die plastischen Teile ergänzt. Der geschwungene Korb in
Pinienzapfen endigend, Dekor aus Akanthusmotiven und Blütengehängen.
Der kronenartige Schalldeckel mit Troddelbehang, bekrönt von Gottesauge
im Strahlenkranz. – Schlanke, manieristische Sandsteintaufe, vergoldet, A.
17. Jh., ehem. in der Schlosskirche der Lichtenburg bei Prettin; über
steinernem sechsseitigen Sockel Rundstütze mit Masken und Gehängen
sechseckige Kuppa mit Puttenköpfen an den Unterseiten und
Schmuckkartuschen in Ohrmuschelrahmung an der Wandung. Der hohe
hölzerne Deckel mit Schriftkartuschen und Puttenköpfen gleichzeitig. – An
der 1975 eingebauten zweigeschossigen Westempore Brüstungsfüllungen
aus Jessen bei Spremberg und Cröbern bei Leipzig. – Orgelprospekt, 1759
von J. G. Stecher aus Hainichen bei Chemnitz, zugehörige Orgel von J. G.
Schön und A. G. Oehme, aus der 1906 abgebrochenen Stadtkirche St.
Nikolai in Hainichen; 1975 aufgestellt, Fassung und Dekor erneuert. – In der
Turmvorhalle Sandsteinskulptur der Maria als Himmelskönigin, A. 16. Jh.,
unter Baldachin auf Wappenschildkonsole, wohl barocker Terrakotta-
Überzug, beschädigt (Kopie in Portalvorhalle); Einbaum- Truhe, ca 14. Jh.?,
mit dachförmigem Deckel und schmiedeeisernen Beschlägen (aus der 1983
abgebrochenen Dorfkirche Groß Lieskow bei Cottbus).
Grabdenkmäler Chor. Im Chorhaupt aufwendiger Figurengrabstein für
Amtshauptmann Gebhard v. Alvensleben († 1627), Sandstein, ganzfiguriges
Relief des Verstorbenen als gerüsteter Feldherr mit Ahnenprobe. – Auf der
Südseite Grabstein der Elisabeth v. Zabeltitz († 1607), Sandstein, die
Verstorbene streng frontal in Zeittracht. – An der südl. Chorseite bzw. in der
Nordkapelle vier figürliche Kindergrabsteine, 2. H. 17. Jh., beschädigt. –
Zahlreiche Inschriftgrabsteine, vorwiegend 2. H. 17. Jh., davon
erwähnenswert: für Superintendent Friedrich Frenzel († 1652), Südseite; für
Superintendent Otto Prätorius († 1664), Sandstein und Marmor, über der
Vitentafel die Marmorbüste des Verstorbenen, Nordseite. Auf der Nordseite
des Schiffs großes Wandepitaph des Amtshauptmanns Heinrich v. Pack (†
1554), Sandstein, gefasst, beschädigt, zugeschrieben an G. Schröter,
Torgau; der gerüstete Verstorbene vollplastisch, gerahmt von
Renaissancepilastern und Wappenscheiben, über dem Gesims halten
Putten eine Inschrifttafel, eine zweite unten über floral geschmückter
Konsole aus 3. V. 17. Jh.? – In der Nordkapelle (Ostwand)
Renaissancegrabmal seiner Frau Emerenciana v. Pack († 1545), Sandstein,
Reste farbiger Fassung, vorzügliche Arbeit, zugeschrieben an Chr. Walther I,
Dresden; die Profilfigur der Verstorbenen mit ihren beiden Kindern vor
pilastergerahmtem Rundbogenfeld kniend, darüber Inschrifttafel zwischen
Pilastern; der kleine medaillonartige Aufsatz wohl von einer Rest. 1777. –
Grabstein von 1661 für die Kinder Johann und Martin Krieger, beide in
Hochrelief.