Dehio Brandenburg, 2012, S. 244 ff.

Einer der frühesten gewölbten Großbauten in der Lausitz wie auch in der
östl. Mark Brandenburg; zugleich neben Lehnin und Chorin einer der
bedeutendsten Backsteinbauten des norddeutschen Binnenlandes.
Kreuzförmige Pfeilerbasilika im gebundenen System aus fünfjochigem
Langhaus, ausgeschiedener Vierung, annähernd quadratischem Chor mit
kaum eingezogener Apsis, ehem. ähnlich wie in Kloster Zinna mit je zwei
nicht gestaffelten, apsidial geschlossenen Nebenchören (1622
abgebrochen), ihre Fundamentreste freigelegt und im Gelände sichtbar
gemacht; der südl. urspr. zweigeschossig. Heute noch prägend die
aufwendige, von K.Weber geleitete Wiederherstellung und Neuausstattung
des Bauwerks 1905–09.
Baugeschichte
Beg. vermutlich nach 1184 und spätestens M.13.Jh. fertiggestellt. Das
überlieferte Weihedatum 1228 nicht gesichert. 1209 die Markgräfin Elisabeth,
eine Tochter des Stifters, in den Ostteilen bestattet. Eine Baunaht oberhalb
der Schiffsarkaden zeigt eine Planänderung gegen 2. V. 13. Jh. an, die mit
einer deutlichen Erhöhung von Quer- und Langhaus verbunden war (sichtbar
u. a. am sehr hohen Schildbogen über der Hauptapsis. – Die seit der
Säkularisierung 1541 ungenutzte Kirche 1602 für ev. Gottesdienste
eingerichtet, nach Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg 1673–76
wiederhergestellt als Hofkirche der Herzöge von Sachsen-Merseburg und
neu ausgestattet. Nach Brand des Klosters 1852–59 purifizierende Rest. Bei
der eingreifenden Rest. 1905/09 durch Weber innen und außen neugestaltet.
Errichtung des Dachreiters über der Vierung (anstelle eines kleineren
Vorgängers) und des westl. Dachreiters (Vorläufer 1676; 1777 erneuert).
Anfügung der Vorhalle im Winkel des südl. Kreuzarms. Die damals
hergestellte Außenfassung – weiß gekalkt mit rotem Fugennetz und roten
Gliederungselementen – verändert 1978 (Neugestaltung der Westfassade)
und 1985–89 (Abputz der übrigen Wandflächen). Umfassende Fassadenrest.
1997-2011, dabei weitgehende Wiederherstellung der ziegelsichtigen
mittelalterlichen Erstfassung mit betontem Fugenbild an Apsis und
Westfassade, übrige Fassaden in Anlehnung an mittelalterliche Zweitfassung
ziegelsichtig, rot geschlämmt.
Baugestalt
Das klar proportionierte Bauwerk entsprechend der Ordensregel turmlos
unter weitgehendem Verzicht auf Bauplastik in sorgfältiger Mauertechnik
errichtet. Oberer Wandabschluss durch Kreuzbogenfriese, auch an den
Giebelschrägen, auf der Südseite Konsolfries. Streben an den Ecken und am
Obergaden sowie am nördl. Seitenschiff (dort teilweise entfernt) deuten auf
eine geplante Wölbung hin. Das Chorhaupt reicher gegliedert: die
Hauptapsis hervorgehoben durch Lisenen und aufgelegte Halbsäulen mit
Würfelkapitellen. Dazwischen große Rundbogenfenster mit zweifach
gestufter Laibung. Darin eingestellt schlanke Säulchen mit dekorierten
Kapitellen, als Rundstäbe um die Archivolten geführt. Die Fensterbögen von
Deutschem Band und Flachschicht umzogen. Unter dem kräftigen
Kranzgesims und Kreuzbogenfries ein aus der oberitalienischen Romanik
bekannter Kranz schlanker Rundbogennischen (Cremona, San Lorenzo). Die
breit rundbogigen Seitenschiffsfenster barock verändert, die gepaarten
schlanken Rundbogenfenster des Obergadens 1905 nach Befund
rekonstruiert. Spätromanisches Südportal (ehem. zur Klausur, jetzt von
Vorhalle verdeckt), dreifach gestuft mit eingestellten Säulen und Archivolten,
im Detail 1905/09 verändert, das schlichtere, breitspitzbogige Portal im nördl.
Kreuzarm (zugesetzt) mit kämpferlosen Rundstäben ebenfalls z. T. erneuert.
Die drei Portale der Westfassade urspr. durch Vorhallen verdeckt.
Aufwendiges Mittelportal in Formen der deutschen Spätrenaissance, 1905/09
im Zusammenhang mit der Neugestaltung der gesamten Fassade:
hochgestelltes Mittelfenster in großer breitspitzbogiger Blende, Giebel mit
Rosettenblende und ansteigendem Rundbogenfries. Sakristei in der Flucht
des südl. Kreuzarms, ehem. in Ostflügel der Klausur einbezogen. Mehrfach
verändert, außen zuletzt 1905, rest. 1972. Innen zweijochiges
Kreuzgratgewölbe auf abgestuften Wulstkonsolen. Im Winkel des südl.
Kreuzarms Vorhalle im Knorpelstil, 1905.
Innen
Die 1905–09 erfolgte farbenprächtige Neugestaltung in der synthetischen, an
Stimmungswerten orientierten Stilauffassung wie auch in der spürbaren
Wertschätzung des Handwerklichen der Heimatschutzbewegung verpflichtet.
Die Wiedergewinnung der mittelalterlichen Baugestalt verbunden mit einer
prächtigen, vornehmlich im Knorpelstil gehaltenen Neuausstattung in
Anknüpfung an die im 17. Jh. erfolgte Umwandlung zur Schlosskirche. Die
Raumdisposition den jüngeren Teilen der Klosterkirche von Lehnin verwandt,
bestimmt durch den Gegensatz zwischen steilem Mittelschiff und niedrigen
Seitenschiffen halber Breite. Die zisterziensische Gestrecktheit des urspr.
fünfjochigen Langhauses reduziert durch die Abtrennung des Westjochs bei
Errichtung des Dachturms 1676 und die Einrichtung einer zweigeschossigen
Orgelempore im folgenden Halbjoch. Die Architektur nüchtern wandhaft.
Viereckige Pfeiler und stumpfspitzbogige Arkaden, deren Unterzüge auf
breiten Konsolen ruhen. Auch Gurte und Gewölbe spitzbogig; Apsisbogen,
Nebenchorbögen und Fenster dagegen rundbogig. Betonung der einzelnen
Joche durch kräftige Gurte über abgestuften Wandvorlagen, die oberhalb der
Höhe der Arkadenkämpfer abgekragt sind (vgl. Lehnin), sowie Runddienste
mit Würfelkapitellen als Vorbereitung der Diagonalrippen. Diese kräftig und
von z.T. innerhalb eines Gewölbes wechselnden Formen, u. a. mit
abgeplattetem Birnstab. Auch die Seitenschiffe mit starker Jochgliederung
durch dreifach abgestufte Pfeiler- und Wandvorlagen. Von der ersten
Bauphase ihre busigen Kreuzgratgewölbe zwischen schweren, gedrückt
spitzbogigen Gurten. Das Querschiff reduziert durch Verlust der Nebenchöre,
der Südarm verbaut durch die Fürstenloge. An den östl. Vierungspfeilern
schwere Halbrundvorlagen mit Würfelkapitellen, der Eindruck ähnlich wie in
Lehnin oder St. Lorenz zu Salzwedel. In Chor und Querhaus die Gewölbe
etwas höher ansteigend als im Langhaus, die Rippen hier aus starkem
mittlerem Wulst, begleitet von dünnen seitlichen Wülsten, gebildet. Die
Fenster der Apsis auch innen mit reich gegliederter Laibung. Die beiden auf
Konsolen ansetzenden Gewölberippen der Apsiskalotte möglicherweise
nachträglich unterlegt, zwei Wülste zu Seiten eines kantigen Stabs wie in
Lehnin und Treuenbrietzen. – Im südl. Kreuzarm Fürstenloge von 1673–76
auf schwerem Tonnengewölbe, 1859 vereinfacht, 1906 reich beschnitzt und
bemalt. Innen Deckengemälde 18.Jh., Wolkenhimmel mit Engeln und Arma
Christi. Die von Weber geprägte farbige Raumfassung 2011 rest.; rot
gestrichene Wände mit weißem Fugennetz kontrastieren mit weißen
Gewölbekappen, Architekturelemente durch rot-weiße Musterung abgesetzt.
A. 20.Jh. ergänzt durch z.T. aufwendige Wandmalereien in spätgotischen
bzw. Renaissanceformen. Im Chor Freskogemälde von E. Fey; auf der
Südseite Lebensbaum, auf der Nordseite vielfigurige auf das Deutsche
Kaiserreich bezogene Darstellung. An den Mittelschiffswänden Szenen aus
der Klostergeschichte im Stil mittelalterlicher Buchillustrationen. Auf der
Schildwand über dem Apsisbogen stuckiert Kurhut und Doppelwappen
Christians I., 1906/08. – Im Chor vielfältig gemusterter Schmuckboden aus
verschiedenfarbigen Ton-platten, 1906/07 rekonstruiert nach im Bauschutt
gefundenen mittelalterlichen Resten. – In der Apsis zwei 1908 von Wilhelm II.
gestiftete Glasfenster aus der Werkstatt C. de Bouché, München, mit Szenen
aus dem Leben Christi.
Ausstattung
Die alte Ausstattung 1859 bis auf geringe Reste entfernt; in die aufwendige
Neuausstattung von 1905/09 einbezogen drei in Senftenberg angekaufte
Ausstattungsstücke: 1. Auf dem großen bauzeitlichen Blockaltar mit
Sandsteinplatte hoher hölzerner Altaraufsatz, 2.H. 17.Jh. unter Verwendung
von spätgotischen Skulpturen, 1905 im Knorpelstil ergänzt und neu gefasst.
Im Hauptfeld lebensgroße Mondsichelmadonna, seitlich die Apostelfürsten,
um 1520. Von demselben Altar vermutlich auch die ausdrucksvolle
Figurengruppe der Anbetung der Heiligen Drei Könige in der Predella. Das
Rankenwerk mit Wurzel Jesse und die krönenden Engel im Hauptfeld 1905
ergänzt. Die übrigen Teile barock: Im Sockel Abendmahlsrelief, im Aufsatz
Gemälde der Kreuzigung darüber Himmelfahrtsbild, dazu Putten und der
Auferstandene als Bekrönung. 2. Passionsaltar (in der Sakristei) aus
Senftenberg. Kleiner gemalter Flügelaltar wohl um 1450, mit fünf
Passionsszenen, im Hauptfeld die Geißelung. 3. Unterlebensgroße
Schnitzfigur einer Mondsichelmadonna um 1500, barock gefasst. – Die
aufwendige Taufe im nördl. Kreuzarm ein Höhepunkt der Neuausstattung
von 1905/09, der Deckel mit drei schlanken durchbrochenen Geschossen, an
seinem Fuß sechs Putten, Kopien des Taufsteins von H.Witten aus der
Annenkirche in Annaberg. Von 1905/09 auch die Kanzel und das hohe
schmiedeeiserne Chorgitter mit Kreuzaltar und Triumphkreuzgruppe, ebenso
das Gestühl in Chor und Langhaus sowie dort die Holzverkleidung der
unteren Pfeilerpartien. Am südwestl. Vierungspfeiler Ältestengestühl mit
wiederverwendeten Brüstungsgemälden des 17.Jh. Auf der veränderten
Westempore mächtige Orgel mit neubarockem Prospekt, 1874 von Firma W.
Sauer, nach 2000 rest. – Tafelbilder. Auf der Rückseite der Chorschranke
Kreuzigung, 18.Jh. Im nördl. Kreuzarm fünf Tafelbilder des 17.Jh., vier mit
alttestamentlichen Szenen sowie ein Abendmahl, urspr. Predella eines
Altars. Pastorenbild, M.18.Jh. – In der Sakristei gotischer Christuskopf,
Sandstein, ehem. Balkenträger im Kreuzgang.
Epitaphien und Grabmäler
Vornehmlich aus dem 17. und 18. Jh., die meisten seit A. 20. Jh. im nördl.
Kreuzarm aufgestellt, z.T. mit gemalten Hintergrundsdraperien. Im
Uhrzeigersinn: 1. Grabmal für Adam Heinrich Christian v. Pfuhl († 1755), mit
Rocaillerahmen. 2. Marmorepitaph für Hermann v. Kardorff († 1688). Inschrift
in ovalem Wappenrahmen unter Ädikula, flankiert von Justitia und Fides,
bekrönt von Wappen und Putten. 3. Sandsteinepitaph für Caspar Ernst v.
Metzradt um 1770. Auf sarkophagartigem Unterbau Putten neben
wappengeschmücktem Obelisken. 4. Marmorepitaph für Caspar v.
Willemsdorf, E. 17. Jh., mit dem Ölbild des Verstorbenen in Rüstung, reicher
Wappenrahmung, allegorischen Figuren und Putten. 5. Für Friedrich Meintz
(† 1679), Sandstein mit Puttenköpfen. 6. Für Frau Caroline Christiane
Elisabeth Heun († 1776), in den Formen des Zopfstils mit Rundbild der
Verstorbenen. 7. Für Frau Maria Silvia Hanschkel († 1726), die Kartusche
von zwei Putten gehalten. – Im Boden zwei Grabsteine, 1683 und 1691. Im
Langhaus Wappentafel mit Trophäen, fr.18.Jh. sowie Holzepitaphien für: 1.
August Karl Friedrich v. Schirnding († 1812), Begründer des ev.
Missionsseminars in Berlin, Wiederverwendung eines Epitaphs aus
Senftenberg, A.17.Jh., das Ovalbild des Verstorbenen von E. Fey nach
Vorlage des 19. Jh.; im Auszug manieristisches Auferstehungsgemälde. 2.
Mit Gemälde von Jakobs Traum über dem Bild der knienden Familie,
M.17.Jh. – Im südl. Seitenschiff Epitaph für PastorChristian Hanschkel (†
1745), mit Ölbild des Verstorbenen auf Kupfer in geschnitztem
Akanthusrahmen. Im nördl. Seitenschiff für Pfarrer Johann Gottlob Werner (†
1781), auf sarkophagähnlichem Unterbau Säule mit Urne. – An der Südwand
außen Inschriftgrabstein der Sybille Elisabeth v. Schlieben († 1733).