Dehio Brandenburg, 2012, S. 358 ff.

St. Marien (Nebenschutzheilige Johannes d.T., Adalbert, Hedwig); sog.
Domkirche, 1373–1555 Hauptkirche des Bistums Lebus. Nach schwerer
Kriegszerstörung wiederhergestellte spätgotische dreischiffige Backsteinhalle
mit Hallenumgangschor und Westturmgruppe, von stattlicher Größe, jedoch
von schlichter Formgebung.
Baugeschichte. Ab 1373 bis um 1385 Errichtung einer neuen kreuzförmigen
Bischofskirche mit Westturmgruppe (Gesamtlänge ca. 40 m, z.T.
ergraben)unter Übernahme von Fundamentteilen und des hohen
Turmuntergeschosses vom Vorläufer, einer frühgotischen Feldsteinkirche.
Bestimmend für die heutige Baugestalt eines eingreifenden spätgotischen
Umbaus, inschriftlich beg. 1446 durch Bischof Johann v. Deher, wohl 1475
vollendet. Nach Brand des (bereits 1755 erneuerten) Turms und Einsturz der
Schiffsgewölbe 1769–71 durchgreifende spätbarocke Umgestaltung des
Inneren sowie Aufstockung des Mittelturms der Westturmgruppe auf 72 m
nach Entwürfen von J. Boumann d.Ä. 1945 die Kirche bis auf die
Außenmauern ausgebrannt, die Ausstattung bis auf wenige eingemauerte
Bildwerke zerstört. Wiederaufbau beg. 1949, die Kirche 1965/66 überdacht,
1988–95 Innenausbau mit veränderter Raumgliederung, dabei Fundamente
eines dreischiffigen Vorgängerbaus mit quadratischen Langhauspfeilern,
Querhaus und Pfeilern des Westturms freigelegt (vgl. St. Marien Frankfurt/
Oder).
Baugestalt. Das fünfjochige Langhaus und der dreiseitig geschlossene
Polygonalchor einheitlich gegliedert durch abgetreppte Strebepfeiler;
Fürstenwalde/Spree, Ev. Stadtpfarrkirche St.Marien hohe vierteilige – an der
Südseite fünfteilige – Spitzbogenfenster, außen und innen doppelkehlig
profiliert. Spätgotische Westturmgruppe aus hohem quadratischen Mittelturm
und zwei polygonalen Flankentürmen, diese innen quadratisch, außen
achtseitig ummantelt, wohl nach 1470; seit 1769–71 verändert und verputzt
mit gekoppelter korinthischer Pilasterordnung am obersten Geschoss des
Mittelturms, darauf doppelt geschweifte Haube, in reduzierter Form erneuert
1953–56 und 1992. – An den Langseiten der Halle vor dem dritten westl.
Joch je ein quadratischer, kreuzarmähnlicher Kapellenanbau, 3. V. 15. Jh.,
beide barock umgebaut, 1949 erneuert. Vor den zwei Ostjochen der
Nordseite vierjochige Sakristei, im späten 14. Jh. als eingeschossiger
Feldsteinbau errichtet (in diesem Bereich Teile der Kirchenaußenwand des
13.Jh. erhalten), 2.H.15.Jh. aufgestockt, die Dachzone durch eine
attikaförmige Schildwand mit gereihten fensterartigen Rechteckblenden
verdeckt, ähnlich der Giebelattika von St. Marien in Frankfurt (Oder).
Innen. Weiter Hallenraum durch die Verschmelzung von Chor und Langhaus;
der Chorumgang außen dreiseitig, zum Binnenchor siebenseitig angelegt.
Die Raumwirkung durch Kriegszerstörung und moderne Einbauten
beeinträchtigt, von den schweren Achteckpfeilern im Chor fünf zerstört, im
Langhaus nur die kräftig profilierten Arkadenbögen sowie die
Gewölbeansätze erhalten. Urspr. spätgotische Sterngewölbe, seit den1990er
Jahren freitragende hölzerne Dachkonstruktion. Seit 1995 der Westteil durch
eine verglaste Wandkonstruktion abgeteilt und dreigeschossig zum
Gemeindezentrum umgestaltet. An den inneren Langhauswänden
feldsteinsichtige Mauerwerkspartien, im Chorschluss mehrere Konsolfratzen.
– Die alte Sakristei kreuzgewölbt mit Birnstabrippen über mehreren
Konsolfiguren, sp.14. und 15.Jh. sowie Wiederverwendungen aus dem
13.Jh. In der Nordwand die alte Piscina. Im zweijochigen Obergeschoss,
ehem. Bibliothek, Sterngewölbe 2.H.15.Jh. Ausstattung. Qualitätvoller
Altaraufsatz von J. Chr. Schütze, inschriftlich 1711, Holz, rest. (Übernahme
aus der profanierten Franziskanerkirche in Jüterbog, 1995 aufgestellt). Hoher
Säulenaufbau mit gesprengtem Giebel und Strahlenglorie, begleitet von
Engeln und Putten. Im Mittelteil Kruzifix vor Gemälde mit der Ansicht
Jerusalems, seitlich die Freifiguren von Moses und Johannes d.T. Das
Predellagemälde von A. Möller aus Berlin. – Sakramentshaus,
hervorragendes spätgotisches Bildwerk, dat. 1517 und am Sockel sign. FHM,
zugeschrieben an F. Maidburg aus Freiberg (Sachsen), Sandstein aus Cotta
bei Pirna, rest. nach 1989. Hoher viergeschossiger Aufbau mit reichem
figürlichen und ornamentalen Dekor, abgeschlossen durch schlanke
Pyramide. – Schnitzaltar (in der Sakristei, urspr. in
Obersdorf bei Münchehofe), um 1520, rest. 1958; der Werkstatt des
Bernauer Altars zugeschrieben. Im Mittelschrein Mondsichelmadonna
zwischen hl. Georg und hl. Bischof, in den Flügeln links Anna selbdritt, rechts
die hl. Margarete. – Grabstein für Bischof Christoph v. Rotenhan († 1436),
Sandstein mit Bronzeeinlagen für Figur, Wappen und Inschrift. – Grabplatte
für Bischof Johann VII. v. Deher († 1455), Bronze, qualitätvolle Arbeit der
Vischer-Werkstatt in Nürnberg, nach 1455; in vertiefter Zeichnung der
Verstorbene mit Segnungsgestus unter Baldachinarchitektur, die reiche
Gewandung noch in der Art der Spätphase des Weichen Stils. – Gedenkstein
für die Neugründung der Domkirche 1446 mit einem Reliefbildnis für Bischof
Johann VII. v. Deher, nach 1455, ähnlich der Darstellung auf der
Bronzegrabplatte. – Wandepitaph für Bischof Dietrich v. Bülow († 1523),
1525 vom Domkapitel gestiftet, sign. FHM, zugeschrieben an F. Maidburg,
Sandstein. In Hochrelief die lebensgroße Figur des Verstorbenen vor dem
Kreuz kniend, daneben das bischöfliche Wappen. Mehrere Grabsteine und
Epitaphien des 16./17.Jh., u.a. für Bischof Dietrich v. Bülow (†1523), in
Ritzzeichnung; für den Domherrn Hermann v. Coppe († 1544), die Figur im
Flachrelief; für Sabina Flans († 1587), die Verstorbene in Witwentracht und
vier Wappen; für Bischof Friedrich Sesselmann († 1483), in Ritzzeichnung. –
Beachtliche Bibliothek.