Denkmaltopographie Frankfurt (Oder), Bd. 3, 2002, S. 293 ff.

Rechteckiger zweigeschossiger, z.T. verputzter Backsteinbau inmitten des
Marktplatzes; eines der ältesten und größten erhaltenen mittelalterlichen
Rathäuser Deutschlands.
Baugeschichte. Beg. wahrscheinlich nach der Stadtrechtverleihung von
1253, gleichzeitig mit der Marienkirche. Der genaue Bauverlauf nicht
vollständig geklärt. Vermutlich in einer ersten Phase nur das Keller- und
Erdgeschoss zum Abschluss gebracht; Befunde in der urspr. offenen sog.
Gerichtslaube (im Erdgeschoss des kleineren nördl., dem Rat vorbehaltenen
Gebäudeteils) legen eine Bauunterbrechung nahe. Ihre jetzige Einwölbung
erfolgte erst nach Wiederaufnahme der Arbeiten noch vor M.14.Jh.,
gleichzeitig der größere südl. Teil für die Kaufhalle und der sog. Archivanbau
an der Westseite errichtet, außerdem Aufführung der Schauwände an den
Schmalseiten; die nördl. später mehrfach verändert. – 1607–09
weitreichender Umbau innen und außen unter T. Paglion. Regotisierende
Restaurierungen 1906/11. An der östl. Langseite anstelle älterer Anbauten
und Bürgerhäuser 1911– 13 großer Erweiterungsbau von F. Beyer;
viergeschossiger Ziegelbau mit Schmuckformen aus Kalkstein, dreiflügelig
um gemeinsamen Binnenhof mit dem alten Rathaus; zwei Risalite mit reich
dekorierten Portalen; die Gliederung der Südfassade dem Südgiebel
angepasst und in Anlehnung an hansische Rathausbauten mit Arkadengang
und hohen Rechteckfenstern (vgl. Stralsund) gestaltet. Gleichzeitig die
Freitreppe im Süden. Die südwestl. Eingangshalle zum Rathauskeller von
1937. – Kriegsbeschädigt und 1945 ausgebrannt, 1951–53 wiederhergestellt,
1976–78 Rest., dabei das Innere des Erweiterungsbaus verändert. Seit
1993/94 Rest. des mittelalterlichen Kernbaus.
Der mittelalterliche Teil über gestreckt rechteckigem Grundriss bereits in
jetziger Ausdehnung angelegt. Die im Inneren z. T. noch ablesbaren
unterschiedlichen Funktionen von Rat- und Kaufhaus urspr. außen durch
Trenngiebel markiert; die einheitliche Firsthöhe des Gesamtdachs erst eine
Folge der Wiederherstellung nach 1945. An den Schmalseiten Schauwände,
die gotischen Details A.17.Jh. durch Paglion beseitigt und die
manieristischen Putzkronen auf die Strebepfeiler aufgebracht; nah am
Original orientierte Regotisierung des Südgiebels (Maßwerke) durch O. Stiehl
1906, des Nordgiebels 1911 durch C. Schwatlo. Bei Letzterer die
Erdgeschossaußenwand nachträglich verstärkt. Beide Giebel mit
zweigeschossig angeordneten Wimpergreihen zwischen Fialpfeilern mit
Maßwerkzierstreifen (korrespondierend zur nördl. Querschiffwand der
Marienkirche), die unteren Maßwerkrosetten jeweils ergänzt; am Nordgiebel
die mittleren aus vollplastischen Ziegelformsteinen noch original, die oberen
Rosetten als Windlöcher aus Rüdersdorfer Kalkstein, sphärische Formen
verweisen auf eine spätere Stilstufe; an den Pfeilern Konsolköpfe aus
Kalkstein, 2.H. 14.Jh. Im Erdgeschoss wohl urspr. mit Spitzbogen zwischen
kräftigen Wandpfeilern geöffnet, später verändert. Über den mittleren
Wandpfeilern rechteckiger Turmaufsatz (1607/09), darüber auskragende
Plattform mit schmiedeeisernem Ornamentgitter und achteckiger Laterne mit
kupfergedeckter Haube, 1976–78 rekonstruiert. Die kräftige Farbigkeit des
Südgiebels 1906 nach Befund, 1976–78 mit geringen Korrekturen erneuert
und analog am Nordgiebel wiederholt. – Die westl. Langseite durch den 1864
erfolgten Abriss der Scharren (eingeschossigen Handelsbuden, 1461
erstmals erwähnt, A.17.Jh. erneuert) eines wesentlichen
Gestaltungselements beraubt. Einziger Akzent der Volutengiebel des
zweigeschossigen Archivanbaus im Nordwesten (A. 17. Jh., rekonstruiert
1976–78). Die zweigeschossige Anordnung der hochrechteckigen Fenster
und vermutlich auch die Strebepfeiler vom Umbau im 17.Jh. Die
mehrgeschossige mittelalterliche Gliederung mit flachbogigen Eingängen ins
Erdgeschoss (vgl. Eingänge an der Südseite) und flachbogigen Fenstern in
den Obergeschossen nachgewiesen; Blende an der Südwestecke noch
original.
Innen. Das Kellergeschoss (jetzt Gaststätte) nachträglich durchgängig
kreuzrippengewölbt, zweischiffig im Südteil, dreischiffig im Nordteil, von acht
plus zwei Jochen, auf starken Pfeilern und abgetreppten Bogenlaibungen,
die kantigen Rippen auf Hausteinkämpfern im Querschnitt polygonal; die
Wände mit Nischengliederung. – Die ehem. Gerichtslaube urspr. in drei
Arkaden geöffnet und im 15. Jh. geschlossen. Die Profile der Gewölberippen
an den mittleren Achteckpfeilern ohne Unterbrechung bis zum Sockel geführt
(Chor, St. Marien); das Obergeschoss als Ratsstube urspr. flachgedeckt, die
spätgotische Einwölbung zerstört. Im Kaufhausteil eine mittelalterliche
Wölbung nicht nachgewiesen. Seit 1607/09 in Erd-und Obergeschoss
zweischiffige Hallen mit Kreuzgratgewölben auf gedrungenen Rundstützen,
das Erdgeschoss noch in voller Ausdehnung vorhanden (seit 1978 Museum
„Junge Kunst“); die Säulen im jetzt verbauten Obergeschoss urspr. aus
Sandstein, nun ersetzt oder ummantelt.