Dehio Brandenburg, 2012, S. 658 ff.

Spätgotische vierjochige Backsteinhalle mit asymmetrischem zweijochigen
Chor und eingezogenem, leicht querrechteckigem Westturm.
Baugeschichte. Die ältesten sichtbaren Mauerpartien (Südseite Chor)
zuzuordnen einem frühgotischen Backsteinbau aus der Zeit um 1300 mit
vermutlich eingeschossigem, von niedrigen Nebenräumen begleitetem Chor.
Neubau des Langhauses und des Westturms wohl 1. H. 15. Jh. Nach dem
Stadtbrand von 1494 das Langhaus erneuert und der Chor zum Hallenchor
ausgebaut; im südl. Chorseitenschiff Reste des frühgotischen Chorannexes
intergriert, das nördl. nicht ausgeführt; die schon 1.H.15.Jh. an der Nordseite
des Chors errichtete spitztonnengewölbte Sakristei zweigeschossig
ausgebaut. Zweijochige Südvorhalle am Schiff 1.V.16.Jh. Nach 1666
Langhaus und Chor unter ein einheitliches Dach gebracht, der Chor dafür
erhöht; gleichzeitig der verputzte nordöstl. Anbau am Chor als Logenzugang
geschaffen. Rest. 1929–31.
Baugestalt. Der Chor sockellos. An den ältesten Teilen der Südseite
vermauerte Spitzbogenpforte mit scharfkantigem Birnstab im gestuften
Gewände sowie ein vermauertes Spitzbogenfenster im ersten Chorjoch,
ähnlich ein Fensterrest in der Ostwand, vom Chor überschnitten. Die ehem.
abschließende Friesblende im Süden erhalten. Am Obergeschoss der
Südvorhalle zwei Kreuzstockblenden zu seiten eines großen Mittelfensters.
Das Langhaus außen einheitlich in Backstein, das Rhombenmuster aus
schwarz glasierten Ziegeln nur z.T. erhalten. Kräftige gestufte Strebepfeiler
auf hohem Sockel, breite Spitzbogenfenster, urspr. ohne Maßwerk, die
Zweiteilung jünger. Darunter kleine barocke Stichbogenfenster. Unter der
Traufe umlaufendes Friesband. Im Nordwesten eine Nebenpforte mit
kräftigem Profil. Der verputzte Turmunterbau aus vier mittelalterlichen,
jeweils niedriger werdenden Geschossen; das zweite und dritte mit
gereihten, z. T. rundbogigen Blenden, im vierten schlichte Klangarkaden. Der
oktogonale Aufsatz von 1782, die kriegszerstörte Haube 1995 rekonstruiert.
An der Südseite des Turms barockes Treppentürmchen. Westportal mit
keramischem Schmuck um 1930.
Innen. Der Raumeindruck der dreischiffigen Halle durch die dreiseitige, die
Seitenschiffe füllende Empore (1929–31 erneuert) entscheidend verändert.
Der leicht eingezogene und durch Gurtbogen abgesetzte Chor durch die
Einbeziehung älterer Bauteile unregelmäßig zweischiffig. Kräftige
Achteckpfeiler mit gestuften Arkaden, die südl. Reihe bis zur Ostwand
weitergeführt (sog. reduzierter Umgangschor, s. Senftenberg). Die Gewölbe
stern- oder netzförmig, auch im Turmuntergeschoss und in zum Chor
geöffneten Loge auf der Nordseite. Die Chorgewölbe barock, denen im
Langhaus angeglichen. An der Ostwand der Loge Tür mit Rahmung im
Ohrmuschelstil, nach 1666. – Die Südvorhalle mit Kreuzgratgewölbe im
Obergeschoss und zweijochigem Kreuzrippengewölbe im Erdgeschoss; hier
das ehem. Hauptportal mit vierfach gestuftem, zart profiliertem Gewände.
Ausstattung. Altaraufsatz, Kanzel und Taufstein qualitätvolle Arbeiten um
1610 von S. Hanauer aus Strehla, Sandstein, bemalt. Altaraufsatz, 1609.
Architektonischer Aufbau mit hohem Sockel und vier korinthischen Säulen
mit Beschlagwerk; über dem verkröpften Gebälk doppelter Aufsatz mit
Voluten und Ohrmuschelzier. Reiches Programm aus farbigen Stuckreliefs, in
der Predella Abendmahl, flankiert von Verkündigung und Geburt; im
Hauptfeld figurenreiche Kreuzigungsszene; seitlich die typologischen
Vorbilder aus dem Alten Testament, Isaaksopfer und Aufrichtung der
Ehernen Schlange; diese kleiner, über Wappenschildern. Im Aufsatz
zwischen den die Apostel Petrus und Paulus darstellenden Hermenpilastern
Grablegung, in den Voluten weitere Wappen; darüber Medaillon mit
Jüngstem Gericht, bekrönt von einer Caritas als Vollfigur. Kanzel, 1610, der
reich geschmückte, polygonale Korb von weiblicher Engelsfigur getragen, in
der Brüstung zwischen Apostelfiguren fünf Reliefs in Rundbogennischen,
Szenen des Erscheinens Jesus nach der Auferstehung sowie Elias Fahrt im
Himmelswagen. Am Aufgang zwei ovale Rollwerkkartuschen mit Szenen aus
dem Leben Jakobs. Der hölzerne Schalldeckel aus Akanthus und
Palmzweigen fr.18.Jh. Taufstein, an der oktogonalen Kuppa vier
Reliefszenen (Sintflut, Durchzug durch das Rote Meer, Taufe Christi,
Christus als Kinderfreund) zwischen den schreibenden Evangelisten. Am
reich dekorierten, gebauchten Sockel vier kleine Engelsfiguren und
Fruchtgehänge. – Altarkreuz, vorzügliche, vermutlich Dresdner Arbeit,
Corpus und Sockel aus Marmor,um 1700. Überlebensgroßer
Triumphkruzifixus 1.H.18.Jh., Holz, von guter Qualität. Wohl zugehörig zwei
fast lebensgroße Figuren von Maria und Johannes Ev. Gemälde,
ganzfiguriges Portrait des Propstes Paul Gerhardt († 1676), mit
zeitgenössischer Widmung von Gottlieb Wernsdorff, 4.V.17.Jh. Vor der
Sakristei ein barockes Türblatt, mit Bandeisen beschlagen.
Grabmäler. Im Chor: 1. Schrifttafel und Wappenscheibe in Rotguss für
Katharina v. Rosenthal und Blathna († 1534), die Tafel von Drachen
umrahmt. 2. Messingschrifttafel mit kalligraphischer Rahmung für Magdalena
Reusner, sign. G. Hirschfeld, Rotgießer in Freiberg, 1658. 3. Grabstein für
Gedeon Kindler v. Zackenstein († 1649), mit der qualitätvollen, lebensgroßen
Darstellung des kurfürstlichen Kanzlers. 4. Epitaph für Johann Georg Hutten
(† 1683), mit plastischem Bildnis des verstorbenen Superintendenten in
ungewöhnlich reichem Ädikularahmen. Auf dem Unterhang Relief des Todes.
5. Inschriftgrabstein für Andreas Leddin (†1722). – Im Mittelschiff an zwei
Nordpfeilern als Gegenstücke gearbeitete Marmorepitaphien für Friedrich
Casimir Luben v. Wulphen und für Dorothea Louise Löscher (beide † 1727),
vorzügliche Arbeiten von reicher Plastizität mit den gemalten Ovalportraits
sowie trauernden Genien und Putten. – Auf der Nordempore zwei
Epitaphien: eines für Dietrich Kracht († 1657), Holz, mit geschnitztem
Wappen, das zweite für Albrecht Kindler v. Zackenstein A. 17. Jh.,
Messingschrifttafel, im hölzernen Rollwerkrahmen die Miniaturbildnisse des
Verstorbenen und zweier Frauen. – Auf der Südempore Epitaph für Georg
Plank (†1656), Stifter des Altars und der Kanzel in Kemmen, und seine Frau
Justina († 1669) mit moderner Kopie von A. van Dycks Beweinung Christi,
schöner Architekturrahmen mit Ohrmuscheldekor, in den Wangen die
gemalten Bildnisse der Verstorbenen. – In der Turmhalle Grabstein für
Jacobus Copius († 1620), die Figur des Verstorbenen in Nische, sowie
Grabmal mit Ohrmuschelrahmung für Andreas Jahn († 1668) und seine
beiden Frauen.
Außen an der Kirche mehrere Grabmäler des 17. und 18. Jh., stark verwittert.
– Im Westen vor dem Portal Denkmal für den Dichter Paul Gerhardt, Pfarrer
in Lübben von 1669–76, 1907 von F. Pfannschmidt, Bronze auf
Kalksteinsockel.