Dehio Brandenburg, 2012, S. 888 ff.

Malerisch an einem künstlichen See gelegene Kirche mit Atrium und
klosterähnlich gruppierten Nebengebäuden, seit 1845–54 für Friedrich
Wilhelm IV. auf dem Gelände eines – durch umfangreiche
Grundstückszukäufe erheblich erweiterten – ehem. Küchengartens südöstl.
des Parkreviers von Sanssouci errichtet. Der Gebäudekomplex eingebettet in
den 1846/47 von P. J. Lenné als Pleasuregroundk angelegten Marlygarten,
eine seiner schönsten Schöpfungen, geprägt durch den Wechsel von großen
Rasenflächen und rahmenden Baumgruppen mit malerischen Durchblicken;
das Motiv der „Kirche am Wasser“ (s. Sacrow) geschickt ausgereizt. Die
Anlage vielfältig belebt durch architektonisch gestaltete Ruheplätze,
Gartenplastik und Zierbeete.
Friedenskirche. Pfarrkirche des Parkbezirks und Grablege des Bauherrn.
Dreischiffige querschifflose Säulenbasilika, exemplarisches, oft rezipiertes
Bauwerk des sog. Rundbogenstils, einer eigenwilligen Anverwandlung der
frühchristlichen („byzantinischen“) und romanischen Architektur Italiens, hier
mit renaissancistischen Anmutungen. Der programmatische Bezug auf die
frühchristliche Epoche und ihre – allerdings nur sehr vage bekannte
Architektur – auch religiös motiviert. Die zum Vorbild erkorene S. Clemente in
Rom (einen im Wesentlichen romanischem Bauwerk von A. 12. Jh.) galt
lange als besonders prägnantes und gut erhaltenes Beispiel einer
frühchristlichen Basilika.
Planungsverlauf. Bereits auf seiner Italienreise 1828 architektonische
Studien des Kronprinzen in Rom und Ravenna; einer seiner Begleiter, Karl
Josias Bunsen, war Textautor des bedeutenden, auch für die Konzeption der
Friedenskirche einflussreichen Stichwerks „Denkmale der christlichen
Kirchen Roms“ (1822–27, von J. G. Gutensohn und J. M. Knapp). – Das
Projekt eines klosterähnlichen Ensembles mit „Kirche am Wasser“ zunächst
für Charlottenhof geplant. Langwierige Vorstudien 1829–43 mit zahlreichen
Ideenskizzen Friedrich Wilhelms IV. Die endgültigen Entwürfe ausgearbeitet
von L. Persius. Ausführung im Wesentlichen nach dessen Tod (12.7.1845)
bis 1848 unter Mitarbeit F. A. Stülers durch L. F. Hesse und F. v. Arnim.
Weihe 1848, der Glockenturm 1850, die Nebengebäude bis 1854 vollendet.
Außenbau. Von betonter Schlichtheit und Strenge mit einfachen
Rundbogenfenstern, reicher gebildet nur die Ostteile mit halbrunder Apsis
und apsidial geschlossenen Chorannexen in Art von Pastophorien vor den
Seitenschiffen. Die Hauptapsis durch Zwerggalerie ausgezeichnet. Ost- und
Nordseite effektvoll direkt am künstlich angelegten Teich errichtet. Neben der
Südwestecke des Langhauses, am Übergang zum Kavalierflügel,
Glockenturm nach dem Vorbild stadtrömischer Campanili (S. Maria in
Cosmedin, 12.Jh.), siebengeschossig mit Zwillings- und Drillingsöffnungen;
an seiner Ostwand Gethsemanebild von E. Steinbrück, 1850. Der westl.
Eingangsfront Narthex und Atrium vorgelagert.
Der klar strukturierte Innenraum reich ausgestaltet mit erlesenen, farblich
abgestimmten Marmorsorten. Das Mittelschiff unter offenem Dachstuhl von
den Seitenschiffen geschieden durch Rundbogenarkaden über
Marmorsäulen mit großen ionischen Kapitellen. Auf gleichartigen Stützen die
Westempore. Der kalottengewölbte Ostschluss auf die Maße des großen,
aus S. Cipriano auf Murano bei Venedig stammenden Apsismosaiks
abgestimmt (1834 erworben im Auftrag von Kronprinz Friedrich Wilhelm).
Geschaffen im 1. Dr. 13. Jh., in Bildarchitektur und linear stilisierender
Formgebung byzantinischen Schulen des 12.Jh. nahestehend. Auf
Goldgrund dargestellt in leuchtender Farbigkeit die Deesis: Christus als
Pantokrator zwischen Maria und Johannes d.T., flankiert von den hll. Petrus
und Cyprian, darüber im Apsisscheitel Taube des Heiligen Geists. Im
Tonnengewölbe des schmalen Vorjochs die Erzengel Raphael (links) und
Michael, ihre Anordnung gegenüber der urspr. vertauscht. Im
Gewölbescheitel Lamm Gottes. Am unteren Rand Stiftungsinschrift.
Der erhöhte, durch Schranken abgeteilte Altarraum in Apsis und östl.
Mittelschiff gestaltet und ausgestattet nach Vorbild stadtrömischer Kirchen:
Ziborienaltar von F. A. Stüler, die kostbaren Säulen aus sibirischem Jaspis,
Geschenk von Zar Nikolaus I. In die Altarschranken einbezogen breit
gelagerte Ambonen in Cosmatenart, urspr. mit zentralem Lesepult, der durch
Treppen zugängliche Evangelienambo (Kanzel) nachgebildet dem Ambo in
S. Lorenzo fuori le mura in Rom (A.13.Jh.). Sechsseitige Tauffünte aus
Marmor, urspr. in der südl. Taufkapelle. Osterleuchter in Cosmatenart, 1859
von C. Steinhäuser, am Kandelaber Kinderengel mit Leidenswerkzeugen.
Orgelprospekt, 1847 nach Entwurf F. v. Arnim.
Unter dem Mittelschiff am Chor die 1861–64 angelegte Gruft Friedrich
Wilhelms IV. und seiner Gemahlin (Zugang im nördl. Seitenschiff). Darin
marmorner Engel, 1864 ausgeführt von dem Canova-Schüler P. Tenerani,
Replik einer 1840 entstandenen Grabplastik in S.Maria sopra Minerva, Rom.
Atrium. Säulenhof mit lichten, eleganten Arkaden, deren klassische Ordnung
und präzise Durchzeichnung an Entwürfe Bramantes erinnern. Zentraler
Brunnen mit galvanoplastischer Nachbildung der Christusstatue von B.
Thorvaldsen (1821), aufgestellt 1851, der Brunnensockel mit vier die
Paradiesesflüsse symbolisierenden Cherubimköpfen 1863 erneuert. Auf der
Südseite Marmorgruppe Betender Moses gestützt von Aaron und Hur,
1855/56 von Chr. D. Rauch, dessen letztes Werk, vollendet 1863 von A.
Wolff.
Vom Narthex nach Norden führt eine urspr. nicht vorgesehene, vermutlich
von F. A. Stüler entworfene Säulenhalle als gedeckter Gang zur
Eingangspforte nach Sanssouci mit Exedra an der Wasserseite.