Dehio Brandenburg, 2012, S. 923 ff.

Hauptpfarrkirche der Stadt, eine der bedeutendsten gotischen
Backsteinkirchen Norddeutschlands. Dreischiffige, querschifflose Halle von
sechs Jochen mit Dreiapsidenschluss und westl. Doppelturmfront aus
Feldstein, die Turmobergeschosse in Backstein. Über den flachen
Polygonalschlüssen der Ostfront prachtvoller, reich gegliederter
Maßwerkgiebel.
Baugeschichte
Der Vorgängerbau 1959 ergraben, aus seiner Kenntnis Rückschlüsse auf die
Bauchronologie möglich: nach 1235 als dreischiffige Feldsteinhalle mit
zweijochigem Langhaus, wenig breiterem Querhaus und einschiffigem,
gerade geschlossenem Chor im Osten beg., das Langhaus zusammen mit
dem erhaltenen Westbau in M.13.Jh. z.T. in Backstein ausgeführt
(Wandblenden). Vorbereitungen für die Errichtung der bestehenden
Backsteinhalle ab 1289 durch bischöfliche Ablassbriefe zum Neubau belegt,
der Abriss des Altbaus 1325 und die 14 Jahre später erfolgte Weihe durch
eine Inschrift des 17.Jh. überliefert, diese Daten durch mehrere
Altarstiftungen zwischen 1323 und 1337 bestätigt. Der Neubau mit den vier
westl. Langhausjochen beg. und mit Treppentürmen bis an die
Querhausostwände des Altbaus herangeführt; diese Stelle durch vertikale
Baunähte direkt östl. der Treppentürme in den Strebepfeilern zwischen
viertem und fünftem Joch von Westen und den Wechsel des
Traufgesimsfrieses markiert. Weiternutzung des alten Chors wohl bis zur
Errichtung der östl. Binnenpfeiler, zuvor Fortführung der Langhauswände
durch Anschluss an vorbereitete Verzahnungen und Errichtung des
Maßwerkgiebels im Osten, der auf Grund seiner aus dem Strebesystem
entwickelten Binnengliederung und der betont flachen Ausprägung der
Apsiden bereits zur Ausgangsplanung gehört. Bis um 1340 Vollendung,
vielleicht durch 1336 genannten Maurermeister „Thydericus. Im südl.
Seitenschiff urspr. eingezogene, eingetiefte Sakristei (vgl. Marienkirche in
Gransee), 1987 freigelegt. E. 14. Jh. die Christophkapelle auf der Südseite
des Apsidenjochs angebaut; der etwas ältere Ostteil der Margaretenkapelle
daneben im 15. Jh. nach Westen verlängert und durch zweischiffige
Einwölbung an das fünfte und sechste Südjoch von Westen angefügt. Um
1400 die Südvorhalle am vierten Joch, um 1410 die Nordvorhalle errichtet (C.
Brunsberg?). Im 14. Jh. die Türme um drei Backsteingeschosse, der Mittelteil
bis zum Glockengeschoss aufgestockt; der Nordturm mit
Renaissancegiebeln von 1546. 1844–46 Rest. durch E. Knoblauch; 1878–
87umfassende Außenrest. 1945 ausgebrannt, die Gewölbe eingestürzt.
1970–95 Wiederherstellung zunächst des Äußeren mit dem Ostgiebel, dann
des Inneren mit den erhaltenen Scheidarkaden, aber ohne Gewölbe.
Außenbau
Die drei unteren Geschosse des Westbaus mit feiner, für einen Feldsteinbau
ungewöhnlich reicher Gliederung. Die quadratischen Türme durch flache
Eckvorlagen betont, im Mittelteil über dem tiefen Stufenportal mit
Kämpferprofil und Wechsel von Kehle und Rundstab großes gestuftes
Kreisfenster und Spitzbogenfenster aus Backstein mit Maßwerk. Im dritten
und vierten Geschoss nördl. und südl. flache Feldsteinblenden, z.T. mit
Backsteineinsätzen. Die Backsteingeschosse mit Prenzlau, St. Marien
(Zustand vor 1945) Spitzbogen- und einfachen Maßwerkblenden, die hohen
Freigeschosse von Satteldächern abgeschlossen.
Das Äußere der Backsteinhalle geprägt von der Höhe und Geschlossenheit
des steilaufragenden Baukörpers und vom Reichtum seines
Maßwerkschmucks. Die Wände durch hohe, schlanke Maßwerkfenster und
gestufte Strebepfeiler gegliedert und von einer Traufgalerie aus
wimperggerahmten Maßwerkaufsätzen bekrönt. Die gesamte Ostpartie in
einheitlichen Formen (gleiches Profil der Fenstergewände, einfache
Strebepfeilerstufung, Traufgesims mit Blendfries aus stehenden Vierpässen);
die vier Westjoche dagegen mit abweichendem, nördl. und südl. jeweils
verschiedenem Fensterprofil und Traufgesimsfries (im Norden Achtpässe, im
Süden Reliefplattenfries mit Sternmotiven); die südl. Strebepfeiler mehrfach
gestuft. Das Fenstermaßwerk weitgehend erneuert, urspr. vielleicht das der
drei östl. Fenster der Südseite mit zwei verschiedenen Maßwerkformen (drei
gestapelte Kreise mit eingeschriebenen Dreipässen über gedrückten
Rundbögen mit Doppellanzetten; zwei Spitzbögen mit eingeschriebenem
stehenden sphärischen Viereck auf genasten Doppellanzetten, bekrönt von
einem weiteren, analogen Spitzbogenabschluss). Die zweite Form heute
überall verwendet außer an den seitlichen Polygonfenstern, die Abschlüsse
aus einander kreuzenden Stäben haben. Die Chorportale, beiderseits östl.
der Treppentürme, mit gleichem Gewändeprofil; am südl. Portal (in der
Margaretenkapelle) ein Kapitellband mit Blatt- und Figuren-schmuck, ähnlich
dem des Nordportals im dritten Joch von Westen (in der Nordvorhalle); das
Südportal im ersten Joch von Westen mit feingestuftem Gewände und
Wimperg in flacher Rechteckvorlage. Die prächtige östl. Schaufassade mit
monumentalem Giebel aus freistehendem Maßwerk, der in Komposition wie
technischer Ausführung anspruchvollste Wimperggiebel aus Backstein. Die
Einzelformen an Vorbildern wie dem Kölner Riss F orientiert; ihre Vielfalt, der
hierarchische Aufbau und die komplexe, zweischichtige Staffelung der
Maßwerkfelder, die durch Verzicht auf die übliche Mittelfiale einen Bezug zur
inneren Schiffseinteilung vortäuschen, jedoch einmalig in der Backsteingotik.
Der Giebelansatz durch Brückenbögen über den Polygonschrägen der
Seitenapsiden begradigt; nur die Ostwand der Hauptapsis leicht vorgezogen,
was die zweischichtige Gestaltung des mittleren Giebelfelds ermöglicht. Die
durch Strebepfeiler in der Achse der Seitenapsiden und seitlich des Mittelteils
der Hauptapsis vorgegebene Unterteilung setzt sich im Giebel in
fialenartigen, maßwerkbesetzten Streben fort, die zur Mitte breiter werdende
Maßwerkfelder rahmen. Diese sind gegliedert durch ein dreimal variiertes
Grundmotiv aus einem wimpergbekrönten Spitzbogen mit eingeschriebenem
stehenden sphärischen Viereck auf zwei vierbahnigen Spitzbögen. Die
seitlichen Wimpergfelder gleich gestaltet, der Wimperg im vorgezogenen
unteren Giebelteil zwischen über Eck gestellten Fialen, in den z.T.
sphärischen Einzelformen dem in der Spitze ähnlich, aber kürzer und mit
sechsblättriger Rose anstelle des Vierecks mit Vierstrahl. In den Randfeldern
und unterhalb der Giebelschräge von halbierten Rundbögen überfangene
gestaffelte Lanzetten. Der Giebelkontur durch die die Schräge
überschneidenden Seitenwimperge, die unterschiedliche Neigung von
Wimpergen und Schrägen sowie Fialen und Krabbenbesatz belebt. Die
Wirkung des Maßwerks zusätzlich gesteigert durch den Wechsel unglasierter
und grünglasierter Steinschichten. Anbauten. Die quadratische
Christophskapelle mit Spitzbogenfenstern in rechteckigen Vorlagen, ihr
wimperggerahmter Schaugiebel zwischen durchbrochenen Fialtürmchen der
benachbarten Margaretenkapelle wegen nach Osten verschoben. Das
Giebelmaßwerk aus einem dreistrahlgefüllten Kreis auf Rundbögen
vorwiegend aus Passformen. Die zweischiffige, dreijochige
Margaretenkapelle mit gestuften Strebepfeilern zeigt im polygonal
geschlossenen Chorjoch einfache Maßwerkfenster, im Südwestjoch ein
breites, fein profiliertes Portal sowie Maßwerkeinsätze; ein umlaufendes
Traufgesims aus Vierpässen auf Konsolen verbindet sie mit der
Christophskapelle. Ihre Westwand ist mit einem nur zur Hälfte ausgeführten
Fensterbogen gegen den östl. Strebepfeiler der flachen Südvorhalle gesetzt.
Deren zweigeschossiger Aufbau von einem Aufsatz aus schmalen
wimpergbekrönten Maßwerkfeldern zwischen Fialen abgeschlossen. Die
hohe, profilierte Portalöffnung zweigeteilt in eine Stichbogentür und ein
darüber liegendes Spitzbogenfenster mit Stabmaßwerk; im Obergeschoss
ein weiteres, breites Spitzbogenfenster. Die quadratische Nordvorhalle mit
einer der Südvorhalle vergleichbaren Portalöffnung, bekrönt von einem
Maßwerkgiebel in den Formen des sog. Brunsberg-Stils (vgl.
Katharinenkirche in Brandenburg; St. Stephan in Gartz): dreibahnige
Wimpergaufsätze zwischen Achteckpfeilern mit Kantstäben und
Wimpergkränzen. Vor der Rest. 1878–87 bestand das Maßwerk aus
genasten Dreiblättern, wie sie auch an Südvorhalle und Christophskapelle
vorkommen.
Innen
Der hohe, weite Raum von Scheidarkaden auf schlanken Kreuzpfeilern in
urspr. kreuzrippengewölbte, querrechteckige Mittel- und längsrechteckige
Seitenschiffsjoche unterteilt. Die feinlinige Eleganz der hohen Arkaden
außergewöhnlich in der norddeutschen Backsteinarchitektur; Pfeilerform und
Wandaufriss der Marienkirche in Neubrandenburg (Mecklenburg) verwandt.
Die Pfeiler mit dreiviertelrunden Diensten auf allen Seiten, in den
Pfeilerecken zwei durch eine Kehle verbundene Rundstäbe, die in das
Scheidbogenprofil eingehen. Das durch zwei gekehlte Schrägen abgesetzte
Kapitellband schmucklos bis auf Blätter über den Mittelschiffsdiensten. Die
Sockelzone der Seitenschiffswand durch zwei flache Spitzbogennischen pro
Joch (bzw. eine im Polygon) gegliedert, über denen die Wand seitlich der
Dienste zurückspringt, so dass die Fenster in großen Spitzbogenblenden
liegen. Hinter den so entstandenen Rechteckvorlagen mit Dreivierteldiensten
wie an den Pfeilern ein Laufgang durchgeführt. Die Schmuckformen im
Ostteil reicher, aber völlig einheitlich: In den zwei Chorjochen und dem
Polygonjoch die Sockelnischen mit gestuftem Gewände und eingelegten
Rundstäben, die Fensterblenden mit Kantstab. In den westl. Jochen der
Südseite dagegen die Sockelnischen nur mit Kantstab und die
Fensterblenden mit gerundeten Ecken, im Norden die Sockelnischen gerade
in die Wand geschnitten und die kräftigen Runddienste durch Fünferbündel
schmaler Dienste ersetzt. – Das Obergeschoss der Südvorhalle mit zum
Schiff geöffneter Empore. In den Westtürmen Treppen; der in hohem
Spitzbogen zum Langhaus geöffnete Mittelraum mit Sterngewölbe von 1844–
46, das Geschoss darüber auf zweijochige Wölbung angelegt; an der inneren
Westwand z. T. Spuren des Vorgängerbaus sichtbar.
In der Christophskapelle zwei schmale Kreuzrippengewölbe. Die
Rippengewölbe der Margaretenkapelle im Südschiff mit oberhalb der
Kapitelle eingesetzten groben Reliefbüsten. In der Nordvorhalle die Gewölbe
in 1980er Jahren erneuert.
Ausstattung. Vom 1512 in Lübeck von einem Schüler T. Riemenschneiders
gefertigten, 1945 zerstörten Schnitzaltar Schnitzfiguren und Reliefs erhalten
(bis 1991 in der ehem. Klosterkirche, nach einem Diebstahl unter Freilegung
der weitgehend erhaltenen Originalfassung rest. und in rekonstruierendem
Aufbau angeordnet): im Schrein schöne Mondsichelmadonna, umgeben von
urspr. vier Engeln (zwei erhalten), seitlich vier kleinere, in zwei Reihen
übereinander angeordnete Heilige, Anna selbdritt, Katharina, Johannes Ev.
und Barbara; in den Flügeln, ebenfalls in zwei Reihen übereinander, die
zwölf Apostel (davon links vier, rechts fünf erhalten); in der Predella breites,
sehr lebendiges Relief der Anbetung der Könige. Von dem sehr reichen
Gesprenge Christus mit der Siegesfahne, Georg und Mauritius sowie die
bekrönende Maria im Strahlenkranz erhalten. Die Bronzefünte jetzt in der
Nikolaikirche. Prachtvoller Kelch, 2.V.13.Jh., Silber vergoldet;
ausgezeichnete, wohl rheinische Arbeit. Am von reichen Filigranauflagen mit
gefassten Halbedelsteinen übersponnenen Fuß vier getriebene Rundreliefs
(Verkündigung, Geburt, Kreuzigung und die drei Frauen am Grabe); die
Kuppa 17.Jh.