Dehio Brandenburg, 2012, S. 1198 ff.

Stattlicher spätgotischer Backsteinbau mit älteren Feldsteinteilen;
dreischiffige kreuzrippengewölbte Hallenkirche mit kurzem
Hallenumgangschor unter einheitlichem Dach und gedrungenem, von
niedrigen Seitenhallen eingefasstem Westquerturm. Auf Nord- und Südseite
des Chors je ein zweigeschossiger Kapellenanbau. Am südl. Langhaus
Marienkapelle.
Der Vorläuferbau, ein vermutlich einschiffiger und kreuzförmiger, sorgfältiger
Feldsteinquaderbau aus der M.13.Jh. oder kurz danach, im Bereich des
ehem. Querschiffs teilweise bis kurz über den Fenstersohlbänken erhalten
(Nordseite). Mit der Errichtung der beiden unteren Geschosse des Westturms
im späten 13. Jh. ein erster Umbau beg. und die Schiffsmauern in die Flucht
der Turm- und Querschiffstirnwände herausgerückt; um 1300 Planänderung
mit Anfügung der beiden repräsentativen Turmportale, zunächst Ausbau zur
dreischiffig basilikalen Anlage, ablesbar noch an den vermauerten niedrigen
Lanzettfenstern in den Seitenschiffswänden. In 1.H.14.Jh. erstes
Turmgeschoss mit Backsteinblenden ausgeführt. Im Verlauf des späten
14.Jh. Umbau zur dreischiffigen Halle in Backstein, das zugehörige
Dachwerk um 1406(d). Die Einwölbung nach Inschrift auf dem östl.
Mittelschiffsgewölbe vor 1422 abgeschlossen. Der Umgangschor nach dem
Vorbild der Stadtkirche in Pritzwalk (geweiht 1441) in Backstein zusammen
mit zwei schmalen Chorkapellen errichtet, Chordachwerk um 1443(d),
inschriftlich 1474 gewölbt, 1479 geweiht. Um 1486(d) südl. die Marienkapelle
angefügt, bald danach Vollendung des Turmes. Rest. innen 1964–72,
Turmhalle 1991–95.
Der frühgotische Turm dreigeschossig, mit schiffsbreitem, dreigliedrigem
Feldsteinunterbau. Ungewöhnlich die beiden auf Nord- und Südseite
gegenüberliegenden Backsteinportale der Seitenhallen in Rechteckvorlagen;
gestufte, gratig profilierte Gewände, am Nordportal Kapitelle mit Blattwerk
aus Formsteinen, im Süden gekehlte Kämpferzone. Nach Westen großes
vierbahniges Spitzbogenfenster. Das ebenfalls in Feldstein errichtete erste
Obergeschoss auf ungefähr quadratischem Grundriss eingezogen. Auf drei
Seiten gegliedert durch je zwei große Doppelblenden aus Backstein. Das
zweite Obergeschoss des Turms in Mischmauerwerk wohl spätgotisch, mit
hohen gereihten Backsteinblenden, nach Turmeinsturz 1764 reduziert, das
niedrige Zeltdach Notdach aus dieser Zeit. – Das Langhaus schlicht
gegliedert mit absatzlosen Strebepfeilern und hohen dreiteiligen Fenstern;
unter der Traufe Maßwerkfries. Die sukzessiven Umplanungen deutlich
sichtbar an Materialwechsel und zugesetzten Öffnungen. Auf der Nordseite –
im Bereich der Querschiffstirnwand des Vorläufers – großes frühgotisches
Feldsteinportal, stumpf spitzbogig mit dreifach gestuftem Gewände. Die
seitlichen, offenbar aus derselben Zeit stammenden Strebepfeiler vermutlich
im Hinblick bereits auf eine Einwölbung der frühgotischen Kirche angelegt.
Nach Einbau der Emporen im 18. Jh. kleine Ochsenaugen unter die
Schiffslanzetten eingefügt. – Der Chor bildet mit den zweigeschossig den
Langchor begleitenden, nur im Obergeschoss mit großen Fenstern
versehenen Kapellen (s. Pritzwalk) eine einheitliche Baugruppe. Die südl.
Chorkapelle entgegen urspr. Planung im weiteren Verlauf des 15.Jh.
aufgestockt. Am Umgang hohe dreiteilige Lanzetten mit unterschiedlich
profiliertem Gewände zwischen kräftigen Strebepfeilern. – Auf der Südseite
des Langhauses die annähernd quadratische, zweijochig gewölbte
Marienkapelle. Neben dem breiten, drei- und vierteiligen Fenster Stichbogen-
und Kreisblenden; darüber streng gegliederter Staffelgiebel.
Innen. Der Turm dreigliedrig; in der Turmhalle das hohe, 1764 zerstörte
Kreuzgewölbe mit Birnstabrippen, 1991/95 rekonstruiert. Zu den Seitenhallen
und zum Mittelschiff mit breiten, stumpfen Spitzbögen geöffnet. Die
Seitenhallen unvollständig, mit offenem Pultdach gedeckt, urspr. ebenfalls
zur Kirche geöffnet.
Der weite Kirchenraum geprägt durch den Kontrast zwischen der sparsamen
Architektursprache des Schiffs und den reicheren plastischen Formen des
durch schwere Pfeilermassive abgeschnürten Chors. Der Gegensatz
hervorgehoben durch die 1965–72 hergestellte unterschiedliche Fassung der
Architekturglieder und Rippen, die sich im Langhaus grau, im Chor rot gegen
die weißen Wand- und Gewölbeflächen absetzen. Im kurzen dreijochigen
Langhaus verrät die unregelmäßige Jochbildung und Pfeilerform noch die
Integrierung des Querschiffs des Vorläufers. Das westl. Paar der
Quadratpfeiler aus Feldstein, das zweite aus Backstein mit eingezogenen
Ecken, ebenso die Wandvorlagen an der ehem. Querschiffostwand. Die
leicht nach Innen gezogenen Strebepfeiler durch Schildbögen verbunden; die
flachen Rechteckvorlagen mit Runddiensten stehen im Widerspruch zur
ausgeführten Kreuzrippenwölbung mit einheitlich gebildeten Diagonal- und
Gurtrippen. – Der breiträumige Chor ebenfalls von Planwechseln gezeichnet.
Die auffällig vielgliedrigen Binnenpfeiler (gestufte Pfeiler mit eingestellten
Birnstäben) und Wandvorlagen des Langchors (flach mit Runddiensten,
ähnlich wie im Langhaus) nicht für die ausgeführte Wölbung bestimmt; diese
einheitlich mit dem unter dem Eindruck von Pritzwalk vollendeten Chor
(polygonaler, außen fünffach, innen dreifach gebrochener Umgang mit
achteckigen Pfeilern), aber in der Gewölbeaufteilung ohne die Sicherheit des
Vorbildes. – Die den Chor flankierenden gewölbten Anbauten im
Erdgeschoss weitgehend von der Kirche abgeteilt (Sakristei bzw. Vorraum),
das helle Obergeschoss (Bibliothek bzw. Kalandkapelle) jeweils durch zwei
Bögen zur Kirche geöffnet.
Die Marienkapelle vom Seitenschiff durch eine große Bogenöffnung zu
betreten, die angeblich ehem. zu einem bereits im 13.Jh. dem Querschiff
angegliederten Anbau führte. Lichter, zwei schmale Joche tiefer Raum;
Birnstabrippengewölbe über Konsolen.
Reste spätgotischer Wandmalerei: An zwei Schiffspfeilern Enthauptung der
hl. Katharina, sp. 15. Jh., und Maria Magdalena in Renaissancekostüm, um
1520/30. An der Ostwand des Umgangs hl. Anna selbdritt in gemaltem
Rahmen, 4. V. 15. Jh. Im östl. Mittelschiffsgewölbe Reste von
Groteskenmalereien, dat. 1422, im Gewölbefeld des Binnenchors vier
Männerköpfe in Art von Drolerien mit Entlüftungsrohren als Mundstück,
2.H.15.Jh., am Schlussstein Blumendekor.
Ausstattung
Raumprägend und von herausragender Qualität die A. 17. Jh. im bei der
Umwandlung zur Querkirche erfolgten Einbauten im Langhaus: Am mittleren
südl. Langhauspfeiler prächtige Kanzel in reichen Spätrenaissanceformen,
1610 geschnitzt von J. Fischer, sein Selbstbildnis am Treppenaufgang, 1694
von M. Mewes bemalt. Am Korb über Paulusbüste die Figuren Christi und der
Apostel in Architekturnischen zwischen schlanken Ecksäulchen, am hohen
zweigeschossigen Schalldeckel die Kardinaltugenden und Halbfiguren der
Evangelisten, bekrönt von Pelikan. Im nördl. Seitenschiff Empore, die
architektonisch gegliederte Brüstung mit reichem Spätrenaissancedekor, in
den Füllungen 21 Gemälde außergewöhnlicher Qualität, um 1600 aus der
Werkstatt des Niederländers H. Goltzius?, Schilderung der Lebensund
Leidensgeschichte Christi, am Ostende Pfingsten und Jüngstes Gericht.
Altaraufbau aus Holz, 1776 im Chorscheitel eingefügt, unter Ummantelung
der beiden östl. Chorpfeiler durch eine Pilasterarchitektur. Auf dem großen
Altarblatt Gemälde „Der Auferstandene erscheint seinen Jüngern“ von Chr.
B. Rode. Im Aufsatz Grisaillemalerei mit Putten als Allegorien der christlichen
Tugenden, abschließend Strahlenglorie. Taufstein 1712, sechseckiger Kelch
auf rundem Fuß, mit Puttenköpfen zwischen Akanthuslaubwerk an der
Kuppa; die große Messingtaufschale zugehörig. Chorgestühl (unvollständig)
3.V.15.Jh., auf den Seitenwangen halblebensgroße Relieffiguren von
Stephanus und Bartholomäus, Petrus und Maria mit Fassungsresten, die
südl. Handknäufe mit Darstellung von Patriziern um 1470. Ratsgestühl
1610/20 mit zierlichem Gitterwerk; ähnlich das Kastengestühl im Schiff. An
der Orgelempore mit Dockenbrüstung ausgezeichnete Schnitzereien von
1575 wiederverwendet, darin u. a. das landesherrliche und das städtische
Wappen, an der Südseite Gemälde der vier Evangelisten aus derselben Zeit.
Orgel 1742 von J. Wagner mit schönem Prospekt. „Gotteskasten“ mit reichen
Beschlägen, 17.Jh. Drei barocke Kronleuchter aus Messing. Zwei
Pastorenbilder des 18.Jh. Hölzernes Wandepitaph für Paul Schütte (†1570),
zweigeschossig mit zwei Gemälden, oben Himmelfahrt, das untere zerstört.
Guter, überlebensgroßer Kruzifixus und trauernder Johannes von einer
Triumphkreuzgruppe, E.15.Jh. Im südl. Chorumgang vorzügliches
Wandgrabmal für Otto Albrecht v. Rohr (†1736), Sandstein, in der Art des J.
G. Glume d. Ä., mit den Figuren der Fama und des Chronos zu seiten eines
Obelisken-Aufsatzes, 1975 aus der aufgegebenen Kirche zu Ganzer hierher
umgesetzt.
In der Marienkapelle: Thronende Maria mit Kind, Holz, um 1420.
Inschriftgrabstein für Andreas Falckenthal (†1722). Bewegtes Grabdenkmal
Joh. A. Werkenthin (†1747) mit Putten und zwei allegorischen Figuren in
Relief. – Außen mehrere verwitterte Grabsteine des 18.Jh.