Denkmaltopographie Cottbus, Bd. 2.1, 2001, S. 90 ff.
1707-14 im Süden der Altstadt, freistehend auf dem kleinen
Schlosskirchplatz an der Ostseite der Spremberger Straße, an Stelle der St.
Katharinen-Kapelle für die französisch-reformierte Gemeinde errichtet.
Bau- und Gemeindegeschichte
Die 1413 anlässlich der Stiftung des Trinitäts-Altars erstmals erwähnte
Katharinen-Kapelle wurde beim Stadtbrand am 3. September 1600 stark
zerstört und nur notdürftig instandgesetzt. Bis zur Wiederherstellung der
ebenfalls stark beschädigten Oberkirche nutzte man sie für Gottesdienste. In
der Folgezeit dann mehr und mehr verfallen, brannte sie beim zweiten
großen Stadtbrand 1671 wiederum aus. 1685 hatte Kurfürst Friedrich
Wilhelm in seinem Potsdamer Edikt verfügt, den nach der Aufhebung des
Ediktes von Nantes aus Glaubensgründen aus ihrer Heimat vertriebenen
französischen Flüchtlingen seine Gebiete zu öffnen und durch weitgehende
Vergünstigungen (u. a. Steuerbefreiung) ihre Ansiedlung zu unterstützen.
Ende 1698 sollen die ersten Réfugiés nach Cottbus gekommen sein, 1701
folgten ihnen weitere Familien unter Führung des französischen Predigers
Isaac Théodore Cabrit. Ergründete im selben Jahr die Französische Kolonie
in Cottbus und wurde Prediger der französisch-reformierten Gemeinde. Die
Gottesdienste fanden zunächst wie die der 1620 gebildeten deutsch-
reformierten Gemeinde auf dem Schloss statt. 1700 schenkte Kurfürst
Friedrich III. der französisch-reformierten Gemeinde die bis auf wenige
Mauerresteverlorene Katharinen-Kapelle. 1705 erhielt sie die Erlaubnis, für
eine neu zu errichtende Kirche eine Kollekte durchzuführen. 1707 erfolgte die
Grundsteinlegung, 1714 die Einweihung der »Reformierten Kirche«unter
Prediger Jacques Cabrit. Später kam der Sakristeianbau hinzu. Die Kirche
war von einem Friedhof mit Mauer umgeben, die bereits zu Zeiten der
Kapelle angelegt worden war und 1729 eingeebnet wurde. 1714 erhielt die
deutsche reformierte Gemeinde die Erlaubnis zur Mitnutzung der Kirche.
Nach dem Tod des letzten französischen Geistlichen schlossen sich beide
Gemeinden 1757 zusammen. 1745 lebten 122 Franzosen unter den ca.
3.000 Cottbusern, 1774 nur noch 60-80; 1796 wurde die französische
Sprache praktisch nicht mehr angewandt und die Kolonie war
untergegangen. Durch die Berufung des deutsch-reformierten Geistlichen
auch als Hof- und Schlossprediger bürgerte sich der Name Schloßkirche
ein.1735 erhielt die Schloßkirche eine Orgel, die man 1838 und
wiederum1901 ersetzte. Im Zuge der ersten Generalinstandsetzung des
Sakralbaus um die Mitte des 19. Jh. erneuerte man 1830 u.a. das Dach,
erweiterte 1850 die Orgelempore, tauschte 1855 erstmals das Kirchengestühl
aus und verlegte die vom Altarraum auf die Kanzel führende Treppe in die
Sakristei. Die Instandsetzungsarbeiten dauerten bis Ende 1857. In diese Zeit
fallen erste Bestrebungen, der Kirche einen Westturm zu geben. Den ersten
Entwurf lieferte Baurat Flaminius; Bauausführung bis 1870durch den
Cottbuser Maurermeister Thiele. Da der Turm nicht die Baufluchtlinie an der
Spremberger Straße überschreiten durfte, fügte ihn der Architekt tief in den
Westgiebel ein und passte diesen an die Gestaltung des Turms an. Die
beiden Turmglocken stammen von der Firma Gruhl aus Kleinwelka (seit 1917
nur noch eine Glocke). 1871 und 1903 wurde das Kirchenschiff neu verputzt.
Nach 1900 gab es Planungen zum Einbau gusseiserner Emporen. Um
1905/10 kam es zur Ausmalung und zum Einbau von Farbglasfenstern (s.
historisches Foto). 1928 stieß man bei Ausschachtungsarbeiten zur Anlage
eines Heizraums unter Sakristei und Altarraum auf Grabgewölbe aus der
ersten Hälfte des 18.Jh. Bei Sanierungsmaßnahmen an der Turmfront 1930
wurden die in Backsteinrohbau gehaltenen Teile, vornehmlich das Gesims
mit Bogenfries, in Putzton überschlemmt. 1934 erfolgten wiederum
Reparaturen am Außenbau; das Inneren erhielt einen weißen Anstrich.1945
wurde die Schloßkirche an Stelle der zerstörten Oberkirche Predigtkirche und
bis Anfang der 1950er Jahre durch die reformierte Gemeinde genutzt,
danach der neugegründeten Evangelischen Ober- und Schloßkirchgemeinde
als zweite Kirche zugeteilt. 1959 wurden die Farbglasfenster beseitigt, 1962
das Dachwerk nach Schwammbefall teilweise ersetzt. 1972 übernahm die
Stadtmission die dann 1974 als ökumenisches Zentrum wieder eingeweihte
Schloßkirche. Davor Einbau eines Küchen- und Sanitärbereichs sowie einer
frei in den Raum gestellten Wendeltreppe auf die Orgelempore; zudem
entfernte man das Gestühl. 1978 erhielt die Kirche eine Kleinorgel der Firma
Sauer aus Frankfurt (Oder) an der Südwand des Schiffs.
Beschreibung
Auf dem Schloßkirchplatz freistehender, mit der Westfront zur Spremberger
Straße ausgerichteter einschiffiger Putzbau mit dreiseitigem Chorschluss,
Walmdach und niedrigem, rechteckigem Sakristeianbau an der Ostseite. An
den Langseiten des Schiffs die Fenster zweireihig, durch ein Putzband
getrennt, wobei die der unteren Reihe einen flachbogigen und die der oberen
einen rundbogigen Abschluss aufweisen. An Stelle der Mitte des 19. Jh.
zugesetzten Seiteneingänge Blenden. An den Kanten Lisenen mit
Putzquaderung, das Traufgesims vorkragend. Der zierliche, tief in das
Kirchenschiff einschneidende quadratische Westturm unter kupfergedecktem
Spitzhelm mit vergoldetem Knauf und Wetterfahne durch kleine
Rundbogenfenster und ein kräftiges Gesims über Bogenfries in Höhe der
Traufe des Kirchenschiffs gegliedert; am mittleren Turmabschnitt und im
Glockengeschoss Eckpilaster angedeutet, die rundbogig abschließenden,
von Giebeln bekrönten Schallöffnungen in getreppten Rahmungen. Das
Rundbogenportal mit gestuftem Gewände unter hoher Giebelverdachung mit
bekrönendem Kreuz. Die Westwand erhielt mit dem Turmbau 1870 einen
durch Blendbogennischengegliederten Staffelgiebel, die Lisenen an den
Gebäudekantenfialenartig hochgezogen und von kupfernen Spitzhelmen mit
Kugelbesetzt. Die hohen Rundbogenfenster seitlich des Turms mit
eingetieftem, profiliertem Gewände und Maßwerk. Der 1856 mit drei
segmentbogigen Holztonnen eingewölbte, stützenlose Innenraum noch heute
einheitlich weiß. An der Westseite durch Pfeilerstellung ein Joch abgetrennt;
die über die Wendeltreppe erschlossene Orgelempore darüber hinter einer
Rundbogenarkade aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. Die schlichte Kanzel,
das einzige Ausstattungsstück aus der Bauzeit, erhöht in die Ostwand
integriert. Das Dachwerk ein zweigeschossiges Kehlbalkendach, im Bereich
des Walms mit liegender, im Spitzboden mit stehender Stuhlkonstruktion
sowie Hängesäule mit Überzug.
Bedeutung
Als Nachfolger eines mittelalterlichen Vorgängerbaus dokumentiert der
Sakralbau regionale Kirchengeschichte; die Schloßkirche ist der einzige
Kirchenbau aus dem 18. Jh. in Cottbus. Stilgeschichtlich interessant die
Verbindung des neugotischen Turms mit dem schlichten, klar
gegliedertenbarocken Kirchenschiff, wobei die beiden Bauteile deutlich in
Kontrastzueinander stehen. Zudem ist die Schloßkirche von Interesse für die
Ortsgeschichte, die im 18. Jh. eng mit der Französischen Kolonie und deren
Wirken in der Stadt verbunden war. Sie erinnert heute als einziges Zeugnis
an die bedeutende Bautätigkeit der Kolonisten in Cottbus, die im gesamten
Gebiet der seit dem Dreißigjährigen Krieg unter einer stark reduzierten
Bevölkerungszahl leidenden Stadt wüst liegende Stellen neu besiedelten und
als qualifizierte Handwerker und Kaufleute den Aufschwung der Stadt
maßgeblich förderten. Die nicht sehr große Kirche prägt durch den hoch
aufragenden Turm wesentlich das Straßenbild und die Stadtsilhouette.
Quellen: StSA, Bestand MR, KV, Bestand Baugeschäft Pabel, Bestand
Bauakten nach 1945.
Literatur: Frielinghaus, W., Zur Geschichte der Schloßkirche in Cottbus, in:
CAvom 3. und 6.11.1908; Ders., Zur Geschichte der Schloßkirche – Auf den
Spurender Grabgewölbe – Was die Kirchenbücher erzählen, in: CA vom
8.11.1928; Zum Jubiläum der Schloßkirche am 7. Januar 1914, in: CA vom
7.1.1914; Tischer1926; Liersch, D., Die Schloßkirche, in: CHK 1980, S. 85-
88.