Denkmaltopographie Cottbus, Bd. 2.1, 2001, S. 175 f.

In zwei Bauabschnitten 1878/79 (BE) und um 1910 an der Nordseite des
Platzes bzw. als Eckbau zur Spremberger Straße errichtet. Der Goldschmied
Franz Friedrich Sack aus Pförten (Kreis Sorau) führte seit 1839 ein
Juweliergeschäft in Cottbus und zog 1841 in die Spremberger Straße 27
(heute Nr. 5); 1865 Übergabe des Geschäfts an den Sohn Paul Sack, der
1876 das Grundstück erwarb und kurze Zeit später das repräsentative
Mietwohnhaus an der Ecke zum Katharinengäßchen bauen ließ. 1910 im
Auftrag von Franz Sack ein Mietwohn- und Geschäftshausanbau an Stelle
des Stammhauses der Familie, einem zweigeschossigen barocken
Bürgerhaus an der Ecke Spremberger Straße/Schlosskirchplatz, aufgeführt;
der Entwurf stammt von seinem Bruder, dem Architekten Paul Sack; die
Ausführung übernahm das Baugeschäft Hermann Pabel & Co. Gleichzeitig
Aufwertung des ohnehin prunkvollen Mietwohnhauses von 1878/79 u. a.
durch Anbringung von Balkonen und den Umbau der Erdgeschosszone.
1897 Eröffnung des ersten Restaurants »Zum Freischütz« im östlichen
Erdgeschossbereich des Hauses Schloßkirchplatz 1 durch Moritz Möbius.
1944 Ausbau der Dachgeschosse beider Hausteile; 1950 Umgestaltung der
Schaufensteranlage im Schloßkirchplatz 1 durch Pabel für Richard Sack. Bis
heute hat hier das Juweliergeschäft F. F. Sack seine Verkaufsräume.
1993/94 Gebäudemodernisierung; die Fassaden restauriert.
Das viergeschossige, elfachsige Mietwohnhaus von 1878/79 errichtet über
L-förmigem Grundriss (entlang dem Katharinengäßchen weitere vier
Achsen) zeichnet sich durch prächtig dekorierte Fassaden in Formen der
italienischen Hochrenaissance aus. Im Erdgeschoss links zwei Schaufenster
(F. F. Sack Juwelier) mit Geschäftseingang; das Erdgeschoss zudem über
einem genuteten Sockel horizontal durch abwechselnd glatte und
ornamentierte Quader stark plastisch modelliert. Die beiden Eingangsportale
unterschiedlich gestaltet: das westliche flankiert von zwei Säulen mit
korinthischen Kapitellen; die Eingangstür von 1910 mit hohem Oberlicht, im
oberen Teil die Glaseinsätze mit Schutzgitter in jugendstilig-linearen Formen.
Das östliche Portal weiter in die Fassade zurückgesetzt, von zwei Säulen mit
von einem Friesband überzogenen Kapitellen flankiert; die Tür mit reichem,
floralem Schnitzwerk, ihre Verglasung mit feiner eiserner
Rankenwerkvergitterung. Erdgeschoss durch einen Triglyphenfries (die
Felder mit Helmen und Kartuschen besetzt), oberstes Geschoss durch ein
Gesimsband abgetrennt. Den linken Außenachsen in allen Geschossen
Balkone mit schmiedeeisernen Geländern vorgesetzt. Die Fenster zeigen
eine stockwerkweise variierende Rahmung: im ersten Obergeschoss die
Faschen mit Rosetten besetzt und die Verdachung gebildet aus stark
plastischen Dreiecksgiebeln auf schmuckvollen Konsolen sowie voll
plastisch ausgebildeten Masken. Im zweiten Obergeschoss geohrte
Putzrahmungen und Löwenmaul-Schlussstein. Im obersten Geschoss die
Fenster vollständig von Bauschmuck eingefasst: seitliche Rahmung durch
Hermenpilaster, Brüstungsfelder mit Rosetten und Verdachungen mit
Akroterien. Unter dem stark vorkragenden Kranzgesims Perlstab und Fries
mit Fruchtgehängen. Über die westliche Treppe auch der Bauteil von 1910
erschlossen; die gewendelte Konstruktion mit Metallgeländer vollständig
erhalten; innerhalb der Spindel ein erneuerter Fahrstuhl. Im Eingangsflur
ehemaliger Zugang zum Geschäft, darüber Vedutenmalereien (Motive:
Spremberger Straße und Tor); die östliche Treppenanlage von 1878/79
schlichter (Holztreppe, hölzerne Baluster).
Der Erweiterungsbau an der Ecke zur Spremberger Straße von 1910 mit
Mansarddach. Das durch ein Sohlbankgesims optisch überhöhte
Erdgeschoss mit Elbsandstein-Platten verkleidet; über den drei flachbogigen
Schaufenstereinschnitten jeweils die Aufschrift »F. F. SACK Juwelier«. Der
schlichte Bauschmuck an den oberen Etagen – Lisenen, Fensterrahmungen,
Gesimse – ebenfalls aus Naturstein. Die symmetrisch gegliederte
dreiachsige Fassade zur Spremberger Straße mit mittlerem, nur schwach
vortretenden Runderker unter Rundhelm, über dem sich ein verschindeltes
Zwerchhaus erhebt; die zum Schloßkirchplatz gerichtete, ebenfalls
dreiachsige Front akzentuiert durch einen über die Traufe ragenden
viergeschossigen, auf mächtigen Konsolen ruhenden Seitenerker unter
Glockenhaube. Zudem beleben variierende Fensterformen (z. B.
Drillingsfenster) die Ansicht des Hauses.
In exponierter Lage am Schloßkirchplatz errichtet, hebt sich das
Mietwohnhaus von 1878/79 hinsichtlich des Variantenreichtums der üppigen
Schmuckformen wie auch durch seine Größe von den zahlreichen
gleichzeitigen Gebäuden analoger Stilausprägung ab, es gehört damit zu
den Höhepunkten historistischer Baukunst in Cottbus. Auch der
Erweiterungsbau von 1910, dessen Architektur Züge der sogenannten
»Reformarchitektur « zeigt, die in bewusster Abkehr von der Überfrachtung
des Historismus eine Vereinfachung der Formen und eine deutliche
Reduzierung des Baudekors anstrebte, zeugt vom hohen
Repräsentationsanspruch seines Eigentümers. Seine ausgewogenen
Gebäudeproportionen und Fassadenstrukturen sowie das effektvolle
Formen- und Materialzusammenspiel der Architektur- und Dekorteile
bestimmen seine architektonisch- künstlerische Qualität.
Quellen: StSA, Bestand MR, PV, Bestand Baugeschäft Pabel.
Literatur: Krüger, Dr., Juwelier Sack, in LLZ vom 9.11.1927; Schweitzer; H.,
Richard Sack, in: CZ 2/1992, S. 34f.