Denkmaltopographie Teltow-Fläming, Bd. 17.1, 2000, S. 325 ff.

Der romanische, neugotisch umgestaltete und mit einem prächtigen
Westturm versehene Feldsteinbau steht auf einer Anhöhe im zentralen,
platzartig geweiteten Teil des Dorfes inmitten des von einer Feldsteinmauer
umfriedeten Kirchhofs. Auf den Rasenflächen stehen zahlreiche Gehölze
(Birken, Linden, Lärchen, Pappeln), südlich der Kirche das besonders
aufwändige Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.
Langenlipsdorf war immer, schon bei der Ersterwähnung 1227, Mutterkirche;
mit Tochterkirche in Körbitz (vor 1562 bis 1975); jetzt gehört es zu Borgisdorf.
Vom Magdeburger Erzbischof kam das Patronatsrecht 1283/95 an das
Zisterzienserkloster Zinna, 1553 an den Landesherrn. Erster evangelischer
Pfarrer war Simon Morgenstern (1547-86), der in Wittenberg ordiniert worden
war. Baugeschichte und Beschreibung Der geräumige und relativ hohe
Saalbau mit eingezogenem, annähernd quadratischem Chor und niedriger
Apsis zeichnet sich durch Quadermauerwerk von sonst selten erreichter
Qualität aus. Durch die Sorgfalt der Bearbeitung sind kaum Auszwickungen
nötig. Erkennbar sind noch die in regelmäßigen Abständen ausgesparten
Gerüstlöcher. Die leicht gespitzten Öffnungen und die steile Proportionierung
deuten auf eine Entstehung gegen Ende der spätromanischen Phase, etwa
im zweiten Viertel des 13. Jh. Der Bau scheint in einem Zuge errichtet
worden zu sein. Während sich die Priesterpforte auf der Südseite des Chores
in vermauertem Zustand erhalten hat, ist vom Schiffsportal in der Mitte der
Südseite nur noch die einstige Lage erkennbar. Von den hochsitzenden,
kleinen Fenstern, auf jeder Chorseite zwei und im Schiff jeweils vier, sind
heute nur noch Reste vorhanden. Die Giebel haben Abtreppungen, der des
Chores besteht aus gequadertem Mauerwerk (unregelmäßiger nur jene
Partien, die vom ehemals steileren Apsisdach verdeckt waren). Der
Triumphbogen ist spitz-, der Apsisbogen rundbogig. Im Westteil der Kirche
wurde 1577 durch Meister Mügel aus Pirna ein ins Schiffsdach
eingebundener, auf Pfeilern und Bögen ruhender Turm errichtet. Nach im
Dachboden vorhandenen Mauerresten seiner nordwestlichen und
südwestlichen Ecke sowie alten Ansichten hatte der obere Teil einen
quadratischen Grundriss und schloss mit einem Quersatteldach, auf dem
sich ein Dachreiter erhob. Die von Ettmüller erwähnte frühere Turmfahne mit
der Jahreszahl 1579 gab den Abschluss der Arbeiten an. Beim Turm, der
1771 repariert wurde, handelte es sich um eine teils aus Feldstein, teils aus
Fachwerk bestehende Konstruktion. – Eine jüngere Zutat ist auch der rohe
Strebepfeiler an der südöstlichen Chorecke. Auf eine Instandsetzung nach
dem Dreißigjährigen Krieg, in dem die Kirche geplündert worden war, weist
vermutlich die Jahreszahl 1667 auf der einstigen Windfahne des Schiffs.
1714 kam es zu Reparaturen und zur Umgestaltung; dabei wurden u.a. die
Fenster vergrößert und ein neuer Altar aufgestellt. Der Turm erhielt über dem
Satteldach einen barocken Fachwerk-Aufsatz mit Schweifhaube und Laterne.
Unter Verwendung älterer Hölzer entstand über dem Schiff ein neues
Dachwerk mit liegendem Stuhl (später Hängewerk eingefügt), ein im
jüngeren Westteil wiederverwendetes Holz ist 1771 (i) datiert; es stammt
wohl vom Turm). Der Chor besitzt ein Sparrendach mit angeblatteten
Kehlbalken und wohl nachträglich untergebautem liegenden Stuhl. Das
heutige Erscheinungsbild wird wesentlich von der umfassenden Renovierung
der Kirche 1882/83 mitgeprägt. Die Bauzeichnungen hatte der Jüterboger
Maurermeister Dalichow 1880 angefertigt, ihm oblag auch die Ausführung
(a). Anlass war der Mangel an Sitzplätzen. Dem wurde durch Abtragung des
alten Turms, dessen Bereich man wieder in das Schiff einbezog (neues
Dachwerk im Westteil), die Errichtung eines neuen Turms westlich vom Schiff
und die Anlage von West- und Seitenemporen begegnet. Überschattet
wurden die Arbeiten durch den Einsturz des fast vollendeten Turms am
23.6.1882, wobei sechs Menschen ums Leben kamen; die Schuld wurde den
Zimmerleuten gegeben. Im Herbst begannen die Arbeiten erneut. Der
quadratische, eingezogene Westturm besteht aus
Feldsteinquadermauerwerk in Verbindung mit gelben Ziegeln. Daraus
bestehen im unteren Geschoss nur die Laibungen, im mittleren auch die
Mauerkanten; das dritte ganz aus Ziegeln. Den im Zuge des Wiederaufbaues
gegenüber den alten Plänen variierten Abschluss bildet ein achtseitiger,
schiefergedeckter Spitzhelm, begleitet von vier fialenartigen, vorgekragten
Ecktürmchen. Der neue Turm und die alten Teile der Kirche wurden einander
angeglichen; beim Turm ahmte man das Feldsteinquadermauerwerk nach,
andererseits taucht das gelbe Ziegelmaterial bei den Traufgesimsen, den
Laibungen der neuen Spitzbogenfenster und dem mit Abtreppungen und
Fialen versehenen Westgiebel des Schiffs wieder auf. Leider gingen bei der
Erneuerung, die ohne die notwendige ministerielle Genehmigung erfolgt war
(obwohl die Kirche schon damals als Baudenkmal angesehen wurde),
wichtige ältere Details verloren, wie das schon von Ettmüller bewunderte
Westportal aus sorgfältig bearbeiteten Feldsteinen. Auch die
Inneneinrichtung erfuhr 1883 eine Umgestaltung in neugotischen Formen. Es
entstanden die verbretterten Flachdecken (darin Lüftungslöcher mit
Maßwerkgitter), Emporen, Orgel und Gestühl in zwei Blöcken; die Vorhalle im
Turm erhielt ein Kreuzrippengewölbe. Bewahrt sind die Originaltür des
Westportals mit schönen Beschlägen und die aus zwei Lanzetten und Okulus
bestehenden Fenstermaßwerke einschließlich ihrer Bleiverglasung mit roten
Randstreifen bzw. Stern im Okulus. Nicht mehr vorhanden sind die
Steinquader imitierende Raumfassung und die Seitenemporen. 1995 wurde
das Äußere der Kirche renoviert (u.a. Dachdeckung erneuert), 1998 das
Innere (Neuanstrich).
Ausstattung
Altaraufsatz. 1714-16 (a), gefördert durch die Regierung von Sachsen-
Weißenfels. Hölzerner Aufbau mit ionischen Pilastern, seitlich pralle
Blumengehänge, in der Mitte jetzt plastischer Kruzifixus; im gesprengten
Giebel Strahlenglorie mit Gottesauge, auf den Giebelschrägen Putten. Eine
nachträgliche Umgestaltung zum Kanzelaltar um 1967 beseitigt. Seitlich
rundbogige Durchgänge zur als Sakristei abgetrennten Apsis, geschmückt
durch Blattwerk und Vasenaufsätze.
Taufengel. 1713 (a). Lebensgroße Schnitzfigur; besonders qualitätvolles
Beispiel dieser barocken Gattung. 1934 wiederhergestellt.
Kanzel. Um 1723 (damals ein Maler für »Ausstaffierung« von Altar und
Kanzel bezahlt). Polygonaler Korb mit Leinwandbildern (Christus und die vier
Evangelisten). Zeitweilig mit dem Altaraufsatz zum Kanzelaltar verbunden,
um 1967 wieder separate Aufstellung, nun mit modernem Ziegelunterbau.
Orgel. Ab 1883 von G. A. Friedrich aus Wittenberg (i und a). Dreiteiliger
neugotischer Prospekt mit Fialen, Mittelteil als krabbenbesetzter
Dreiecksgiebel erhöht. Ölgemälde Hauptmann von Kapernaum vor Christus.
Ca. 17. Jh. Chorsüdwand. Zeitweilig im Altaraufsatz angebracht.
Ölgemälde Anbetung des Kindes. Um 1700. Restauriert 1834. Chorsüdwand.
Bildnis des Pfarrers Siegmund Wahn (amtiert 1723-48). Auf der Rückseite
bez. Johanna Eleonora König aus Wittenberg 1740. Ganzfigurendarstellung,
Öl auf Leinwand. Chornordwand.
Kirchenkasten. Wohl spätmittelalterlich. Einbaumtruhe, in der früher die
Barschaft der Kirche auf bewahrt wurde; der Deckel mit Abfasungen;
Eisenbänder.
Mit einer Länge von gut 25 m gehört die Langenlipsdorfer Kirche zu den
größten romanischen Dorf kirchen des Niederen Flämings. Sie zeichnet sich
durch besonders sorgfältiges, nur noch mit der Zinnaer Klosterkirche
vergleichbares Feldsteinquadermauerwerk aus, das der Chronist Ettmüller
schon vor über zweihundert Jahren bewunderte. Beachtlich sind auch die
barocken Ausstattungsstücke und der qualitätvolle neugotische Turm mit der
effektvollen Steigerung des Ziegelanteils von unten nach oben und dem
lebendigen Abschluss. Er ist zugleich das weit sichtbare Wahrzeichen des
Dorfes.
Quellen: BLHA Potsdam, Pr. Br. Rep. 2A, Abt. II, Jüterbog-Luckenwalde, Nr.
1102 (zu Renovierung 1882/83); Pr. Br. Rep. 7, Amt Jüterbog, Nr. 2141 und
2146; Pr. Br. Rep. 64B, Superintendentur Jüterbog, Nr.1, Zeichnung Nr. 9
(Grundriss und Ansicht 1770 mit Kurztext).
Literatur: Ettmüller, S. 254-256; Puttrich 1846, S. 6f., 34f. und Taf. 12;
Einsturz des Kirchthurms in Langen-Lipsdorf bei Jüterbog, in: Deutsche
Bauzeitung 16 (1882), S. 352f. (mit ursprünglicher Turmplanung); Der
Einsturz des Kirchthurms in Langen-Lipsdorf bei Jüterbog, in: Deutsche
Bauzeitung 18 (1884), S. 172 (zum Strafprozess); Bergau1885, S. 501;
Nagel 1924, S. 41f. und 1925, S. 48-53; Gertler 1967; Kurztopographie 1978,
S. 144; Dehio 1983, S. 270; Rohrlach 1992, S. 307; A. Cante 1997, S. 107-
114; Ibbeken 1999, S. 108.