Denkmaltopographie Teltow-Fläming, Bd. 17.1, 2000, S. 328 f.

Der Feldsteinbau mit westlichem Dachturm steht am Schnittpunkt des
Dorfangers mit der querenden Landstraße auf dem Kirchhof, den eine
Feldsteinmauer umfriedet. Lindow gehörte als Tochterkirche zu
Malterhausen, nach dessen Wüstwerden zu Kaltenborn (um 1500
nachweisbar), 1970 eigene Pfarre, 1975 zu Niedergörsdorf. Das
Patronatsrecht kam 1284 vom Magdeburger Nonnenkloster St. Lorenz an
das Jüterboger Zisterzienserinnenkloster, seit 1570/94 hatte es der
Landesherr.
Die komplizierte, noch nicht völlig geklärte Baugeschichte kann nur durch
künftige bauarchäologische Untersuchungen erhellt werden. Es handelt sich
um einen rechteckigen Saalbau mit eingezogenem, annähernd
quadratischem Chor aus auffallend unregelmäßigem, später vielfach
geflicktem Feldsteinmauerwerk. Die ursprünglichen Öffnungen sind
durchweg rundbogig, ebenso der deutlich eingezogene Triumphbogen im
flachgedeckten Inneren. Erneuert wurden die Laibungen des Schiffsportals
im Westen der Südseite und der Priesterpforte auf der Chorsüdseite. Von
den sehr kleinen, hochsitzenden romanischen Fenstern blieben auf der
Nordseite eines im Chor sowie die beiden westlichen des Schiffs erhalten.
Ansätze der ehemals vorhandenen Apsis wurden im Jahr 2000 freigelegt.
Nach ihrem Abbruch scheint die Ostseite des Chores weitgehend neu
aufgeführt worden zu sein, denn sie ist wesentlich dünner als die übrigen
Umfassungsmauern, außerdem fehlen Ansatzspuren der Apsis. Der
backsteinerne Rundbogen dürfte nicht von der Apsis stammen, denn er ist
gegenüber deren Lage versetzt (vielleicht mit einem späteren Anbau in
Zusammenhang stehend). Die Lindower Kirche könnte aufgrund ihrer breit
gelagerten Gestalt, gewisser bautechnischer Ungeschicklichkeiten
(Maßabweichungen) und dem meist bruchsteinhaften Mauerwerk vielleicht
noch im 12. Jh. entstanden sein. 1427 (d) erhielt sie neue Dachwerke aus
Eichen- und Eschenholz (einzelne Hölzer 1423-26 d); bewahrt sind
wesentliche Teile der Sparrenkonstruktion über dem Chor mit verblatteten
Kehlbalken und leicht schrägen, Sparren und Dachbalken verbindenden
Sparrenstützen (vgl. Werder und Neuhof); später durch untergebauten
doppelt stehenden Stuhl mit angeblatteten Kopfbändern verstärkt. Einzelne
Hölzer des Vorgängerdachwerks wurden als Kehlbalken wiederverwendet;
leider gelang deren Datierung nicht. Als Spur des ursprünglichen Chor-
Dachwerks findet sich der Abdruck des westlichen Kehlbalkens am
Mauerwerk des Ostgiebels vom später errichteten Langhaus. Putzreste über
den Dachbalken zeigen, dass der Innenraum ursprünglich höher war. Das
Dachwerk über dem Schiff mit verzapftem doppelt stehenden Stuhl wurde in
späterer Zeit (vielleicht 1852) aus den Hölzern des 15. Jh. neu
zusammengesetzt (ursprünglich eine Konstruktion wie beim Chor). Noch
1673 bestand die Hälfte der Dachdeckung aus Hohlziegeln (a). Der offenbar
breiter geplante querrechteckige Westturm wurde nur reduziert bis in
Traufhöhe des Schiffs ausgeführt. Über dem mittleren Teil erhebt sich ein
neuzeitlicher Fachwerkaufsatz; die Seiten sind mit Pultdächern überdeckt.
Das ursprünglich durch einen Rundbogen zum Schiff geöffnete
Untergeschoss des Turmes (vgl. Werder) wurde vermutlich im Spätmittelalter
durch ein Tonnengewölbe aus Backsteinen abgeschlossen. In der mit
Ziegelmauerwerk zugesetzten Öffnung zum Schiff entstand eine starke
flachbogige Holztür, eisenbeschlagen und rautenförmig mit Beschlägen
überzogen; ein eiserner Ring dient als Handgriff. Der Turmraum hat nur eine
schlitzförmige Lichtöffnung in der Südseite. Offenbar war der Turm
ursprünglich höher, denn nach Ettmüller wurde der steinerne Turm im
Dreißigjährigen Krieg ruiniert und von seinen Steinen die Kirchhofsmauer
aufgeführt. 1696 entstand der jetzige Turmaufsatz (a), eine quadratische,
verbretterte Fachwerkkonstruktion mit überkreuzten Langstreben,
abgeschlossen durch Zeltdach und eine jetzt verschieferte, achteckige
Laterne mit geschweifter Haube. Auf eine barocke Erneuerungsphase der
Kirche gehen die großen Flachbogenfenster, im Schiff mit korbbogigen
Putzfaschen, und die vor der Südseite des Chores errichtete Sakristei
zurück, zunächst ein Fachwerkbau (vgl. Ansicht 1770), der im 19. Jh. in
Ziegeln erneuert wurde. Jüngere Zutat ist auch der rohe Strebepfeiler an der
Südostecke des Chores. 1851-53 fanden Instandsetzungsarbeiten durch
Maurermeister Herold und Zimmermeister Jurisch aus Jüterbog statt (a). Zu
den damaligen Maßnahmen zählten die Ausbesserung des Schiffs-
Ostgiebels, die Aufmauerung der Traufen, Reparatur von Dachwerk und
Turm (Ausfachungen, Saumschwelle), Deckung des Turms mit Zinkblech
statt Holzschindeln, Ausweißung der Wände sowie Erneuerung der Decken.
Trotzdem war die Kirche bald so schadhaft, dass Kreisbauinspektor
Reinckens 1886 für ihren Abriss und einen Neubau plädierte (a). Es erfolgten
dann aber doch 1888/89 Erneuerungsarbeiten durch Maurermeister Karl
Rüger aus Treuenbrietzen (a). Spätestens damals entstand der aus Ziegeln
neu aufgeführte Ostgiebel des Chores (zuvor Fachwerkgiebel). In den 1970er
Jahren wurde der alte Raumeindruck der Kirche durch einen
zweigeschossigen, massiven Einbauim Westen des Schiffs verändert (unten
Leichenhalle, oben Winterkirche). Damals erfolgten auch das Einbringen
eines neuen Fußbodens, der Abriss der Sakristei sowie die Beseitigung von
Emporen, Gestühl und barocker Kanzel mit polygonalem Korb auf
gewundener Weinlaubsäule.
Ausstattung
Altaraufsatz. Zwischen 1712 und 1736 (Wappen und Monogramm Herzog
Christians von Sachsen-Weißenfels); ersetzte ein gotisches Retabel mit
Marienbild in der Mitte und weiteren geschnitzten Bildern (a). Hölzerner
Aufbau mit Säulen und gesprengtem Giebel, darin Strahlengloriole,
Stifterwappen und Fürstenhut; das Altarblatt erneuert, darin moderner
Kruzifixus vor gemalter Landschaft (früher ein größerer Kruzifixus); seitlich
reichgeschnitzte Akanthuswangen mit ovalen Inschrifttafeln.
Sakramentsnische. Vermutlich mittelalterlich. Einfache Holztür mit eisernen
Langbändern. Im Osten der Nordwand des Chores.
Taufstein. Um 1500. Sandstein; runde Kuppa, an deren Ansatz schweres
Lilienornament; sechsteiliger Fuß mit gekehltem Sockelprofil. Stand nach
Ettmüller ursprünglich im Westen der Kirche, jetzt im Chor.
Glocke. Mittelalterlich, ca. 15. Jh. Bronze. Ohne Inschrift; Wandung oben
verziert durch aufgelegte Schnüre. Bedeutung
Die im Zentrum des Dorfes stehende Kirche ist baugeschichtlich von
besonderem Interesse und birgt bis heute verschiedene Rätsel.
Bemerkenswert ist der mittelalterliche Turmunterbau mit seinem
tonnengewölbten, durch eine schwere Eisentür abgeschlossen
Untergeschoss, das vermutlich als Bergeraum für wertvolle Habe in
Gefahrenzeiten diente. Das über dem Chor in wesentlichen Teilen bewahrte
Dachwerk aus dem 15. Jh. gehört zu den ältesten Zimmermannsarbeiten der
Region; eine Besonderheit ist das sonst selten verwendete Eschenholz.
Unter den Ausstattungsstücken ragt der spätgotische Taufstein heraus.
Quellen: BLHA Potsdam, Pr. Br. Rep. 2A, Abt. II, Jüterbog-Luckenwalde, Nr.
50 und Nr. 1180 (mit Skizzen zur Gestühlsanordnung), Pr. Br. Rep. 7, Amt
Jüterbog, Nr. 2289 (Inventar 1673), Pr. Br. Rep. 64B, Superintendentur
Jüterbog, Nr. 1, Zeichnung Nr. 17 (Grundriss und Ansicht 1770 mit
zugehörigem Kurztext).
Literatur: Ettmüller, S. 271f.; Gertler 1967; Kurztopographie 1978, S. 144f.;
Dehio 1983, S. 286; Rohrlach 1992, S. 302; A. Cante 1997, S. 116-126;
Ibbeken 1999, S. 140.