Denkmaltopographie Teltow-Fläming, Bd. 17.1, 2000, S. 374 ff.

Der Feldsteinsaalbau mit eingezogenem Chor und hohem, verschiefertem
Westturm steht mitten auf dem Dorfanger, umgeben von dem durch eine
Feldsteinmauer mit Ziegeltorpfosten umgrenzten, leicht erhöhten Kirchhof.
1883 pflanzte man eine Luthereiche. Seehausen war immer Mutterkirche
(1528 als alleinige Pfarre). Nach der Kirchenunion 1817 blieb es lutherische
Gemeinde. 1894 wurde Naundorf als Tochterkirche angeschlossen. Zur Zeit
wird Seehausen von Blönsdorf mitbetreut. Das Patronatsrecht hatte der
Landesherr.
Mit ihrem Mauerwerk aus quaderartig bearbeiteten Feldsteinen und dem
rundbogigen Triumphbogen weist die Kirche für romanische Bauten der
ersten Hälfte des 13. Jh. typische Merkmale auf. Während die rundbogige
Priesterpforte auf der Südseite des Chors (teilweise erneuert) erhalten blieb,
ist vom Gemeindeportal der südlichen Schiffsseite nur noch der Scheitel
erkennbar. Bei den flachen Mauervorsprüngen am Triumphbogen könnte es
sich um Ansätze einer Chorschranke handeln (vgl. Werder). Möglicherweise
besaß die Kirche ursprünglich einen deutlich querrechteckigen Chor und eine
Apsis (vgl. Werder), die vermutlich um 1300 abgebrochen und durch einen
geraden Ostschluss mit drei gleichhohen schlanken Rundbogenfenstern
ersetzt wurde. Die Verlängerung wird durch Baunähte und abweichende
Mauerwerksstruktur beim östlichen Teil der Chorwände angezeigt. 1671 war
die im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Kirche noch immer ruinös. Erst 1681
kam es zum Wiederaufbau. Es entstanden neue Dachwerke, die
Holzbalkendecke mit fischgrätartig versetzten Einschiebebrettern (vgl.
Wergzahna) und eine neue Ausstattung. Über dem Chor erhebt sich ein
Sparrendach mit liegendem Stuhl (Hölzer bis auf die langen Kopf bänder
verzapft), über dem Schiff ist die Konstruktion durch verblattete
Hahnenbalken und eine Hängewerkskonstruktion mit Firstsäulen ergänzt.
Der 1682 errichtete westliche Fachwerkturm musste bereits 1733 repariert
werden. 1790 schuf Baumeister Johann Georg Fischer aus Seyda den
heutigen Turm, eine quadratische, in das Schiff hineingestellte, gitterartige
Fachwerkkonstruktion mit Mittelstütze und achteckigem Oberteil mit Schweif
haube und offener Laterne. 1852 war erneut eine Ausbesserung des Turmes
nötig, in diesem Zusammenhang erhielt er Schieferdeckung, 1907 eine neue
Uhr. Am Kirchenbau wurden 1843 verschiedene Reparaturen ausgeführt und
einige Fenster vergrößert (a). Zu den 1847/48 durchgeführten
Veränderungen gehören die Verlegung des Haupteingangs auf die Westseite
(Rundbogenportal mit Ziegellaibung) und der Einbruch von drei neuen
Fenstern auf der Südseite (a). Seither hat die Kirche große rundbogige
Fenster mit überputzten Ziegellaibungen. Jüngere Zutaten sind auch die an
verschiedenen Stellen des Schiffs angefügten Strebepfeiler. Arbeiten 1873-
77 betrafen vor allem das Innere (a). Bei einer größeren Kirchenrestaurierung
1936/37 (a) mussten Fachwerkkonstruktion und Schieferdeckung des
Turmes weitgehend erneuert werden, außerdem wurden eine Heizung
eingebaut und die dunkle Bleiverglasung durch Holzsprossenfenster mit
Blankverglasung ersetzt. Das Innere erhielt einen hellen Anstrich, Decken
und Ausstattung bunte Bemalung. Ornamentscheiben blieben in der östlichen
Dreifenstergruppe erhalten (um 1900). Bei der Kirchenrenovierung 1978-85
kam es wiederum zu einer Eneuerung des Turms, der nun vollständig
verschiefert wurde.
Ausstattung
Kanzelaltar. 1682. Holzaufbau mit dünnen Säulchen und durchbrochenen,
gesägten Wangen; polygonaler Korb; hinter dem Kanzelschalldeckel
Dreipassgiebel, darauf Kruzifix. Um 1800 Ergänzungen und seitlich zur
Abtrennung eines Sakristeibereichs Holzwand mit Durchgängen angelegt.
1892 entstand eine neue Kanzeltreppe (a).
Taufe. Spätes 17. Jh. Sechseckig, an pokalförmiger Kuppa und Schaft derb
geschnitzte Köpfe. Modern übertüncht.
Orgel. 1783; 1902 neues Werk von A. Schuke aus Potsdam (a), alter
Prospekt einbezogen; dreiteilig mit Wangen und Schleier in Fächerstruktur,
der vorgewölbte Mittelteil erhöht; Bekrönung durch Eckvasen.
Empore. Im Kern wohl 1783, später verändert, für 1873-75 sind
Instandsetzungsarbeiten überliefert (a). Dreiseitig, der Westteil leicht
vorschwingend; die hintere der beiden Bankreihen erhöht.
Epitaphien für Johann Jacob (1701-05) und Johanna Eleonora (1703-05),
Kinder des Pfarrers Jacob Tronicke. Inschriftentafeln aus Sandstein mit
vegetabiler Rahmung, oben Krone und Engelsköpfe. Nordwand des Chores.
Epitaph für Pfarrer Jacob Tronicke. Inschrift weitgehend zerstört; oben Putti.
Glocke. 1736, gegossen von Johann Gottfried Weinhold aus Dresden (i).
Bronze. Wetterfahne. 1790 (i). Mit Segelschiff.
Die mittelalterliche Feldsteinkirche prägt durch ihren markanten Standort
mitten auf dem Anger und den stattlichen barocken Turm das Ortsbild.
Balkendecken und Dachwerke belegen die Wiederaufbauphase nach dem
Dreißigjährigen Krieg, zugleich sind es wertvolle Zeugnisse barocker
Zimmermannskunst. Das stimmungsvolle Kircheninnere zeichnet sich durch
die weitgehend bewahrte Ausstattung einschließlich später nicht gekürzter
Emporen aus.
Quellen: LA Merseburg, Rep. C 48, IIa, Nr. 3451, Bd. II und III; Pallas 1906,
S. 482 und 546-554.
Literatur: Schönermark 1891, S. 63f.; Bölke 1912, S. 82f., 116f. und 144f.;
Gertler 1967; Kurztopographie 1978, S. 150; Dehio 1983, S. 422;
Zweihundert Jahre Kirchturm 1990; A. Cante 1997, S. 197-205; Ibbeken
1999, S. 201.