Denkmaltopographie Teltow-Fläming, Bd. 17.1, 2000, S. 365

Der Feldsteinbau mit einem Westturm aus Ziegelmauerwerk steht in der Mitte
der nördlichen Gehöftreihe, gegenüber der Dorfstraße deutlich
zurückgesetzt, an der den Ort querenden Landstraße auf dem leicht erhöhten
Kirchhof (zur Straße durch Natursteinmauer bzw. neue Klinkermauer
abgeschlossen). Oehna ist immer Mutterkirche gewesen (nachweisbar 1216).
Es besaß Filialkirchen in Gölsdorf und Zellendorf (seit 1528); heute wird von
Oehna aus ein umfangreicher Pfarrsprengel betreut. Das Patronatsrecht kam
vom Magdeburger Erzbischof an den Bischof von Brandenburg, der es 1192
an das Domkapitel übertrug; 1528 hatte es der sächsische Kurfürst, auch in
der Neuzeit blieb es landesherrlich.
Der geräumige Rechtecksaal besitzt mit seinem unter Zuhilfenahme von
kleinen Auszwickungssteinchen zu regelmäßigen horizontalen Lagen
geschichteten Mauerwerk und der Dreifenstergruppe in der Ostwand
(vermauert) die für früh- und hochgotische Dorfkirchen der zweiten Hälfte des
13. Jh. und frühen 14. Jh. charakteristischen Merkmale. Durch
Unregelmäßigkeiten im Mauerwerk sind die Lage des Portals und der
Priesterpforte auf der zum Dorf gewandten Südseite sowie des Nordportals
erkennbar. Bei der östlichen Dreifenstergruppe blieb der stumpfspitzbogige
Abschluss des schlanken Mittelfensters erhalten. Das kleinteilig-
unregelmäßige Mauerwerk des Ostgiebels war vermutlich ursprünglich
verputzt oder geschlämmt. Nichts ist über die Gestalt des bereits 1192
vorhandenen Vorgängerbaues bekannt. Das heute schlichte, mit einer
geputzten Flachdecke versehene Innere war ursprünglich reicher gestaltet.
Von der durch Ettmüller (um 1800) beschriebenen, angeblich 1311 datierten,
teilweise auch aus dem frühen 16. Jh. stammenden Deckenbemalung »mit
vielen Abendtheuerlichen Figuren«, neben Heiligen und Propheten, Tieren,
Blüten und Früchten sowie dem kursächsischen Wappen blieben leider keine
Spuren erhalten. Ein 1938 wiederentdecktes, Lukas Cranach
zugeschriebenes Gemälde mit Darstellung der Einsetzung des Abendmahles
ging beim Transport zur Restaurierungswerkstatt verloren. Neben Christus
waren an Stelle der Jünger Luther, Melanchthon und andere Wittenberger
Professoren zu sehen. Der von Christus in den Armen gehaltene Tote wurde
als Ambrosius Bernd(t), Luthers 1542 verstorbenen Schwager, der aus
Jüterbog stammte, gedeutet. Von den barocken Erneuerungen der Kirche
sind kaum noch Spuren erkennbar. 1672 entstand ein westlicher Fachwerk-
Dachturm (repariert 1795, 1832 und 1844); 1774 und 1822 wurden die alten
Fenster erweitert. Für 1863/64 (a) überlieferte Arbeiten betrafen vermutlich
die Vermehrung der Sitzplätze. 1873 erfolgte der das heutige
Erscheinungsbild der Kirche wesentlich mitprägende Ausbau (a). Die Pläne
hatte 1869 Maurermeister C. F. Dalichow aus Jüterbog geliefert, der auch die
Ausführung übernahm (a). Im Westen wurde der eingezogene Turm auf
quadratischem Grundriss in Sichtziegelmauerwerk errichtet. Er besitzt
rundbogige Öffnungen, eine Gliederung durch Gesimse und Ecklisenen
sowie einen Abschluss durch Dreiecksgiebel und achtseitigen Spitzhelm; in
der Vorhalle über dem Eingang Bauinschrift. Das Schiff erhielt große
Rundbogenfenster mit Ziegellaibungen und Sandstein-Maßwerk in
Renaissanceformen. Außerdem wurde das Innere umgestaltet (neuer
Verputz und Anstrich sowie Anhebung der Decke). 1938/39 kam es zu einer
neuerlichen, mit dem Einbau einer Heizung verbundenen Renovierung. Unter
dem damals abgebrochenen mittelalterlichen Altarunterbau aus
Feldsteinblöcken wurden eine Hockerbestattung und Brandreste freigelegt
(gedeutet als slawische Opferstätte, dabei Scherben des 12. Jh.). Um
1960/70 (m) kam es zu einer Erneuerung des Inneren (Anstrich, Fußboden).
1997/98 erfolgte die letzte Kirchenrestaurierung, verbunden mit Erneuerung
der Dachdeckung und Neufassung des Inneren (nach Befunden). Die Kirche
besitzt ein aus älteren Hölzern zusammengesetztes Kehlbalken-
Sparrendach mit doppelt stehender Stuhlkonstruktion. Die dreiseitige Empore
und das schlichte, in zwei Blöcken angeordnete Gemeindegestühl stammen
wahrscheinlich von 1873.
Ausstattung
Altaraufsatz. 1698 (nach Ettmüller). Hölzerner gestaffelter Auf bau mit
reichgeschnitzen Wangen in Ohrmuschelformen, an den Seitenteilen
gewundene Doppelsäulchen; in der Predella Gemälde, das die Austeilung
der Altarsakramente durch zeitgenössische Geistliche zeigt; das Altarblatt
später durch einen polygonalen Kanzelkorb ersetzt. Oberteil von
Hermenpilastern flankiert.
Orgel. Zweite Hälfte 19. Jh. Firma W. Heerwagen aus Klosterhaessla
(Thüringen). Gutes Werk erhalten. Schlichter neubarocker Prospekt.
Madonna. Um 1420/30. Schnitzfigur. Messing-Kronleuchter. Barock. 1967
restauriert.
Turmuhrwerk. 1914, J. F. Weule aus Bockenem (i).
Mit ihrem 20,2 x 9,05 m großen Schiff gehört die Kirche von Oehna zu den
stattlichsten frühgotischen Dorfkirchen des Flämings. Durch ihre Rolle
während der Reformationszeit besitzt sie besondere kirchengeschichtliche
Bedeutung. Hier wirkte 1522/23 der aus Jüterbog vertriebene lutherische
Geistliche Paulus von Rhoda. Da im nahen, zum Erzstift Magdeburg
gehörenden Jüterbog die neue Lehre noch nicht geduldet wurde, hatte sich
das damals kursächsische Oehna zu einem sonntäglichen Ziel vieler Bürger
entwickelt, die hier die Predigten hörten und das Abendmahl in beiderlei
Gestalt nahmen. 1523 wurde Rhoda von Luther nach Stettin gesandt. Von
überdurchschnittlicher Qualität ist der Ausbau im 19. Jh. mit dem
ansprechenden Westturm und Fenstern mit aufwändigem Sandstein-
Maßwerk in Formen der italienischen Frührenaissance.
Quellen: LA Merseburg, Rep. C 48, IIa, Nr. 3456, Bd. I; Pallas 1906, S. 523-
533; Schößler 1998, S. 18-22, 25f. und 28-33.
Literatur: Ettmüller, S. 280-291; Heffter 1851, 318f.; Schönermark 1891, S.
55; Bölke 1912, S. 83 und 116f.; Sturtevant 1935, S. 287; Hempel 1956, v.a.
S. 139- 144 [Pfarrer und Grabung]; Gertler 1967; Kurztopographie 1978, S.
147; Dehio 1983, S. 314; Mehlhardt, Dieter, Oehna (= Märkische Dorfkirchen,
Folge 135), in: Potsdamer Kirche vom 6.11.1983; A. Cante 1997, S. 173-180.