Denkmaltopographie Teltow-Fläming, Bd. 17.1, 2000, S. 243 ff.

Der 1911-12 unter Einbeziehung von Resten der mittelalterlichen Kirche
errichtete Feldsteinbau steht im Zentrum des Dorfes, am östlichen Ende des
angerartig erweiterten Westteils.
Blönsdorf ist seit dem Mittelalter Mutterkirche (nachweisbar seit 1528) und
hatte eine Tochterkirche in Mellnsdorf, außerdem 1533-1894 in Danna; jetzt
Mittelpunkt eines großen Pfarrsprengels. Das Patronatsrecht besaß der
Landesherr.
Nachdem bereits 1904 Pfarrer und Gemeindekirchenrat einen
Kirchenneubau für die stark angewachsene Gemeinde beantragt hatten,
staatliche Stellen aber eine Reparatur der romanischen Kirche, die als
Altertumsdenkmal erhalten bleiben sollte, für ausreichend hielten, kam es
1909 wegen Baufälligkeit (betraf vor allem die Westwand) doch zur
Schließung der alten Kirche, im Folgejahr zu Abbrucharbeiten. 1911-12
entstand der Neubau nach Plänen von Kreisbauinspektor Abesser vom Kgl.
Hochbauamt Wittenberg (a). Dieser wiederholte die Gestalt der alten,
vermutlich in der ersten Hälfte des 13. Jh. errichteten Kirche. Während der
leicht längsrechteckige Chor weitgehend in den Neubau einbezogen und die
niedrige Apsis aus ihrem Steinmaterial wieder aufgeführt wurde, entstand
das Schiff unter Verwendung alter Steine neu, gegenüber dem bisherigen
wesentlich vergrößert und damit die Proportionierung des Gesamtbaues
wesentlich verändernd. Die ursprüngliche Breite ist erkennbar am noch
vorhandenen Südteil der alten Ostwand mit der ehemaligen Gebäudeecke.
Auf der Nordseite des Chores wurde die Sakristei als verputzter Ziegelbau
hinzugefügt. Über dem Westteil des Schiffs erhebt sich ein hölzerner,
verschieferter Dachturm mit Pyramidenhelm. Aus dem Mittelalter blieben
zwei kleine, hochsitzende Rundbogenfenster auf der Nordseite des Chores
erhalten; im Süden wurde die rundbogige Priesterpforte wieder geöffnet. Den
Hauptzugang bildet aber das neue, von zwei Rundbogenfenstern flankierte
Westportal in geputzter Rundbogennische. Das abgerissene alte
Kirchenschiff stammte ebenso wie der Chor aus romanischer Zeit; darauf
wiesen das im Westen der Nordseite erhaltene Rundbogenfenster, das
denen des Chores entsprach, sowie das rundbogige Südportal hin. Die
Westseite des alten quadratischen Fachwerkturms war aus massivem
Mauerwerk hochgezogen (vgl. Neuheim, Wergzahna). Nachdem sie in den
napoleonischen Kriegen von französischen Truppen als Pferdestall benutzt
worden war (dabei Gestühl und Treppen herausgerissen und als Feuerholz
benutzt), erfolgte 1829/39 eine Wiederherstellung der unbenutzbaren Kirche.
Im Inneren besitzt das geräumige neue Schiff eine hölzerne Flachdecke über
seitlichen Vierteltonnen, der durch einen rundbogigen Triumphbogen
ausgeschiedene Chor hat eine Balkendecke, die Apsis eine Kalotte. 1910
war das mittelalterliche Feldsteinpflaster des Chorfußbodens gefunden
worden. Gegenüber der alten Kirche erhielt der Neubau die doppelte Zahl
von Sitzplätzen. Erhalten sind das Gemeindegestühl und die dreiseitige
Schiffsempore mit vorschwingendem Westteil. Bei einer um 1968
durchgeführten Renovierung wurde die nach Entwürfen Fritz Braunes aus
Halle angefertigte Raumfassung von 1911/12 beseitigt (m, b), erhalten blieb
nur die ornamentale Bemalung der Chordecke. Zu weiteren Verlusten kam
es um 1975/80 (Beseitigung des Kronleuchters und des Pfarrerstuhls, der
Apsisausmalung, der Bemalung von Emporenbrüstungen und
Gestühlswangen). Um 1993 erfolgte die Sanierung des Turmes (m), 1994
das Anbringen von Sonnenkollektoren auf dem Schiffsdach, das 1997 eine
neue Deckung erhielt, im selben Jahr auch mittleres Apsisfenster eingesetzt
(Christus als Guter Hirte). Die ornamentale Farbverglasung der seitlichen
Fenster schuf W. Franke aus Naumburg 1912 (a).
Ausstattung
Mittelteil des Altaraufsatzes. Um 1700. Gemälde Christus in Gethsemane in
hölzerner Rahmung mit seitlichen Säulen und Gebälk sowie
Akanthuswangen. Jetzt an der Nordwand des Chores.
Sakramentsnische. Spätgotisch, Anfang 16. Jh. Sandsteinrahmung mit an
den Ecken überkreuzten Stäben; erhalten auch die eiserne Tür mit
Langbändern. Chor-Nordwand.
Taufe. 19. Jh.
Kanzel. Wohl um 1830. Polygonaler Korb, ursprünglich auf achteckiger
Stütze, jetzt auf dem Boden stehend.
Orgel. 1912 von Wilhelm Rühlmann aus Zörbig, op. 352 (a, i). Prospekt in
neubarocken Formen.
Kruzifixus. Um 1500. Über dem Apsisbogen. Schnitzfiguren Maria, Johannes
Ev., Petrus und Paulus. Um Mitte 15. Jh; z.T. barock überarbeitet, grelle
moderne Fassung. Über dem Apsisbogen beiderseits des etwas kleineren,
gedrungenen Kruzifixus angebracht, ehem. auf dem Altar.
Grabmal für Sabine Elisabeth Ludwig (1650-1716), Ehefrau des Pastors
Gottlieb Ludwig. Sandstein; über Obelisk ein drapiertes, von Putten
gehaltenes Tuch mit Inschrift. Außen an der Südseite des Schiffs.
Glocke. 1911 neu gegossen von Heinrich Ulrich aus Apolda (i). Neugotischer
Maßwerkfries.
Turmuhrwerk. 1911. Firma J. F. Weule aus Bockenem am Harz (i).
Bei dem jüngsten Kirchenneubau der Region handelt es sich um ein
interessantes Beispiel für das Bauen im Sinne der Heimatschutzbewegung.
Es entstand nicht, wie wenige Jahre zuvor z.B. in Grüna, ein völlig neuartiger
Bau in historisierenden Formen, aber ohne Anknüpfen an regionale
Eigenheiten; in Blönsdorf wurden stattdessen das typische
Feldsteinquadermauerwerk nachgeahmt und Teile des Vorgängers
einbezogen, ja sogar dessen Bauentwicklung wiederholt. Die neue Kirche
stellt sich als romanischer Feldsteinquaderbau dar, der scheinbar im 18. Jh.
durch Einbruch größerer Fenster, Anlage von Fledermausgauben und den
Anbau einer Sakristei verändert wurde. Auf diese Weise sollte eine typische
Flämingkirche entstehen (Pfarrer Bölke), obwohl die Gemeinde ursprünglich
lieber einen Ziegelbau wie in Danna errichtet hätte. Der großzügige, von den
Blönsdorfern gegen konservatorische Bedenken durchgesetzte Neubau, der
eigentlich sogar noch größer ausfallen sollte, belegt die
Aufschwungseuphorie des um 1900 stark angewachsenen Ortes.
Quellen: LA Merseburg, Rep. C 48, IIa, Nr. 3657, Bd. II; Pallas 1906, S. 413-
421.
Literatur: Bölke, Otto, Alte und neue Fläming-Kirche, in: Die Dorfkirche 5
(1911/12), S. 372-381; Bölke 1912, S. 37-51, 70f., 82, 84, 88, 100-114,
116f., 153 und 187-195; Gertler 1967; Kurztopographie 1978, S. 120; Dehio
1983, S. 137; A. Cante 1997, S. 7-14.