Denkmaltopographie Frankfurt (Oder), Bd. 3, 2002, S. 342 ff.

(gekürzt) Die Kirche erhebt sich auf dem Dorfanger inmitten des
baumbestandenen, an der Westseite von einer Feldsteinmauer begrenzten
ehemaligen Kirchhofs. Ein 1872 eingeweihtes Denkmal erinnert an die
Gefallenen der Kriege von 1864, 1866 und 1870/71, Bruchstücke eines
weiteren an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.
Da die 1230 vom Magdeburger Erzbischof Albrecht v. Käfernburg
beurkundete Schenkung des Ortes an das Hallenser Moritzstift auch das
Pfarrlehen umfasste, die erhaltene mittelalterliche Kirche jedoch jünger ist,
muss ein Vorgängerbau angenommen werden. Im Mittelalter gehörte der Ort
zur Sedes Frankfurt, seit 1573 zur Inspektion Frankfurt. Die Kirche war
Mater, ihre vom letzten Drittel des 16. Jh. bis 1659 mit dem Diakonat der
Gubener Vorstadt verbundene Pfarrstelle mit sechs Pfarrhufen ausgestattet.
Das Patronat lag vom Spätmittelalter (nachweislich 1423) bis 1938 beim
Frankfurter Rat.
Baugeschichte und Beschreibung
Die Kirche umfasst ein rechteckiges Schiff und einen eingezogenen,
quadratischen Westturm. Das Mauerwerk des Schiffs besteht oberhalb des
Feldsteinsockels, der an der Ostseite mit einem Fasenprofil aus Formsteinen
abschließt, aus Backsteinen im Läufer-Läufer-Binder-Verband. Die oberen
zwei Fünftel der Süd- und das obere Drittel der Nordmauer unterscheiden
sich durch die kräftig rote Farbe des Steins und den ziemlich regelmäßigen
Einsatz gesinterter Binder. Ob dieser Materialwechsel innerhalb einer
Bauphase oder nach längerer Unterbrechung erfolgte, ist unklar. Denkbar
wäre auch, dass die obere Mauerzone nach der Zerstörung von 1326
erneuert wurde. Fenster und Blenden setzen sich oberhalb der Zäsur ohne
erkennbaren Planwechsel fort. Den oberen Abschluss bildet ein gekehltes
Traufgesims. An der Südseite befinden sich drei gleichmäßig verteilte
Fenster. Demgegenüber weist die Nordseite eine unregelmäßige Gliederung
durch gestaffelte Dreiergruppen aus Fenster und flankierenden
Spitzbogenblenden auf (vgl. die Dreifenstergruppen der frühgotischen
Frankfurter Marienkirche). Die Spitzbögen der im 19. Jh. rechteckig
erweiterten Fenster an den Längsseiten stammen von 1951/52. Das kleine
Spitzbogenportal im östlichen Teil der Südmauer diente wahrscheinlich als
Priesterpforte. An der Ostseite wird ein großes vermauertes
Spitzbogenfenster mit Formsteingewände von je zwei schmalen gestaffelten
Blenden begleitet. Fenster und innere Blenden durchstoßen einen schon
oberhalb der Traufhöhe verlaufenden Sägezahnfries, was darauf hindeutet,
dass der Innenraum ehemals nicht mit einer Flachdecke, sondern einer
Tonne abschloss. Oberhalb des Fensterscheitels folgt eine Gruppe von fünf
gestaffelten Spitzbogenblenden. Nicht minder bemerkenswert ist die durch
den Turm verbaute Westseite gestaltet. Das jetzt innen liegende spitzbogige
Hauptportal sitzt in einer rechteckigen Mauervorlage. Das Gewände ist
mehrfach abgestuft und mit kräftigen, abwechselnd gespitzten und runden
Stäben profiliert. Weiter oben folgte ein jetzt vermauertes Rundfenster
(sichtbar vom ersten Turmgeschoss). Proportionen des Baukörpers und
Formenrepertoire sprechen für eine Datierung ins späte 13./frühe 14. Jh.
Gestützt wird dieser Ansatz durch das Ziegelformat (gemessen im Bereich
des Rundfensters, ca. 27,5 x 13 x 9-10 cm, vgl. Chor der Frankfurter
Franziskaner-Klosterkirche). Dagegen ist der Turm ein typischer Bau des
ausgehenden Mittelalters. Sein Mauerwerk besteht überwiegend aus
Feldsteinen unterschiedlicher Größe. Die Kanten sind aus Backstein gebildet.
Auch die der Westfassade des Schiffs aufsitzende Ostmauer enthält einen
hohen Backsteinanteil. Im Inneren erweist sich der Turm als planvolle
Architektur mit mauersparender Gliederung durch große Rundbogennischen.
Die Laibungen dieser Nischen bestehen aus Backsteinen, deren Format (ca.
28 x 13-14 x 8,5 cm) mit dem am Langhaus der Frankfurter Franziskaner-
Kloster-Kirche von 1516-25 übereinstimmt. Im Zusammenhang mit dem
Einbau einer dreiseitigen Emporenanlage im frühen 19. Jh. (um 1811?)
wurden zweigeschossig angeordnete Rechteckfenster eingebrochen.
Die Kirche, die den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte, brannte im
Sommer 1945 durch Blitzschlag aus, Dächer, Turmhelm und Ausstattung
wurden vollständig zerstört. Auch am Mauerwerk des Schiffs (südliche
Mauerkrone) und des Turms (Südwestecke) entstanden erhebliche Schäden.
1951/52 erhielt das Schiff ein neues Dach. Die gotischen Fenster wurden
rekonstruiert, Anbauten an der Nord- und Ostseite beseitigt. Der Turm bekam
1957 einen vereinfachten Abschluss in Form eines Satteldachs. 1991 erfolgte
eine Neueinrichtung des flachgedeckten Kirchenraums mit Inventarstücken
abgebrochener Kirchen der Braunkohlengebiete.
Bedeutung
Sollte sich die These bestätigen, dass das Schiff oberhalb der horizontalen
Baufuge nach der Zerstörung 1326 wiederaufgebaut wurde, so wäre die
Kirche ein ungewöhnliches Geschichtsdenkmal der Frankfurter Verwicklung
in die politisch-militärischen Auseinandersetzungen des 14. Jh. In jedem Fall
besitzt der Bau architektonisch-künstlerische Bedeutung. Die Verwendung
von hochwertigem Backsteinmaterial, auch von Formsteinen, die Variation
der Gliederung an den vier Seiten des Schiffs und der zitathafte Einsatz
architektonischer Motive aus der Sphäre der Stadt-, Kloster- und Stiftskirchen
(Blendengiebel, Dreifenstergruppe, Portal mit profiliertem Gewände,
Rundfenster) signalisieren einen überdurchschnittlichen Anspruch. Der Turm
verdient Beachtung als typisches Beispiel (scheinbar) »kunstlosen«,
konstruktiv versierten Bauens der Zeit um 1500.
Quellen: BLDAM, Registratur: Akte des Provinzialkonservators betr. Stadt
Frankfurt, Nr. 125: Güldendorf; Bestand IfD, Sign. 05.31.00, Objektakte FFO.
Güldendorf. Kirche, 1950ff. – Remenz, J., Glockengutachten, 1992 (UDB). –
Chronik des Kämmereidorfes Tzschetzschnow, seit 1937 Güldendorf
(Güldendorf, Gemeindehaus).
Literatur: Spieker 1853, S. 3. – Mülverstedt, George Adalbert v. (Hrsg.),
Regesta Archiepiscopatus Magdeburgensis. Sammlung von Auszügen aus
Urkunden und Annalisten zur Geschichte des Erzstifts und Herzogthums
Magdeburg, Bd. 2, Magdeburg 1881, S. 425, Nr. 918. – Jung 1909, S. 287-
289. – Andriessen 1918, S. 64. – Reuss 1940, S. 80f. 112, Anm. 651. – Bau-
und Kunstdenkmale 1980, S. 234. – Historisches Ortslexikon, S. 154-157. –
Ortschronik Wolkenberg, Spremberg 1993, S. 45. – Kalweit 1993, S. 14. –
Kirchen 1996. – Dehio 2000, S. 323f. – Griesa 2000, S. 13, Abb. 3, S. 33.