Denkmaltopographie Frankfurt (Oder), Bd. 3, 2002, S. 357 ff.

(gekürzt) Die 1945 bis auf die Außenmauern zerstörte Kirche, von der die
Umfassungsmauern des Schiffs, die Sakristei einschließlich Gewölbe, der
Turm ohne Decken, oberstes Geschoss und Spitzhelm sowie die West- und
Südmauer des Patronatsanbaus erhalten sind, steht inmitten des ehemaligen
Kirchhofs auf einer Anhöhe nahe der Ortsmitte. Von der Umfriedung, einer
durchbrochenen Ziegelmauer des 19. Jh., ist der nordöstliche Abschnitt
erhalten. Südlich der Kirche erinnert ein Denkmal aus Findlingen mit
bekrönendem Kreuz an die Gefallenen von 1914-18. 1945 erlitt die Kirche
schwere Schäden, so am Ostgiebel und vor allem am Turm. Einige Jahre
später stürzte das Dach ein. Bis dahin war die Kirche gelegentlich noch
genutzt worden.
Im Mittelalter gehörte Lichtenberg zur Sedes Frankfurt, seit 1573 zur
Inspektion Frankfurt. Nachweislich 1405 und in den folgenden Jahrhunderten
war die Kirche Mater. Die Ausstattung der Pfarrstelle betrug 1405 vier, 1460
bzw. 1600 angeblich sieben, 1624 drei Hufen. Ob immer zwischen Pfarr- und
Kirchenhufen unterschieden wurde, bleibt offen. Das Patronat lag bei den
Besitzern des Gutes Lichtenberg.
Baugeschichte und Beschreibung
Die Mauern des rechteckigen Schiffs bestehen aus wenig bearbeiteten,
lagenweise geschichteten Feldsteinen und breiten, ausgezwickten Fugen.
Beim Bau des ursprünglich sehr steilen Ostgiebels wurde auf
Größensortierung und Zurichtung der Steine selbst an der äußeren
Mauerschale fast völlig verzichtet. Die um 1700 vermauerten ursprünglichen
Fenster und Blenden sind allenthalben mehr oder weniger deutlich
erkennbar. Die Ostfassade war unterhalb des Giebels mit insgesamt sieben
abwechselnd angeordneten, gleichartigen Blenden und Fenstern versehen.
Eine ähnliche, stärker gestörte, im einzelnen ungeklärte Gliederung wies die
Südseite auf. Sie scheint, ebenso wie die Nordseite, drei Fenster besessen
zu haben. An der Ost- und Nordseite waren die Bögen offenbar leicht
gespitzt, an den etwas größeren Fenstern und Blenden der Südseite
dagegen fast rundbogig gebildet. Die seitlichen Teile der Laibungen bestehen
aus Feldstein, die Bogenlaibungen aus einer Backsteinrollschicht. Deuten die
unentschiedenen Bogenformen auf eine Entstehung in der zweiten Hälfte des
13. Jh. hin, so sprechen die Beschaffenheit des Mauerwerks sowie die
Reihung von Blenden und Fenstern für eine Datierung der Kirche in die erste
Hälfte des 14. Jh. Mittelalterliche Zugänge befanden sich an der Südseite,
genau dort, wo die Mauern des Patronatsanbaus anstoßen. Die Öffnungen
der Portale, von denen mindestens das westliche spitzbogig war, saßen
raumseitig in flachbogigen Portalnischen mit Backsteinlaibung. Der
Innenraum war bis zur Erhöhung der Mauern um 1700 etwa doppelt so breit
wie hoch. Eine kleine vermauerte Flachbogennische in der Ostwand könnte
als Sakramentsnische gedient haben. Die Rundbogenpforte im östlichen Teil
der Nordwand führt in eine quadratische Sakristei, deren Mauerwerk aus
kleinen Feldsteinen besteht. Überfangen wird der Annex von einem
geblähten, spitzbogigen Tonnengewölbe aus Backstein. An der Nordwand
befand sich ein Kamin (Rauchabzug abgearbeitet und vermauert).
Der eingezogene, annähernd quadratische Westturm entstand Ende des 16.
Jh. unter dem Patronat der Gebrüder v. Röbel auf Biegen (vgl. Hohenwalde,
Dorfkirche). Zu erschließen ist dies aus einem Kirchenbucheintrag von 1697
über einen genau 100 Jahre nach dem Bau geschehenen Turmeinsturz
(Jung 1909). Ob man Ende des 17. Jh. den gesamten Turmschaft neu
aufmauern musste, bleibt offen. Da angeblich schon am 16.9.1697 Knopf und
Stern aufgesetzt wurden (vgl. dagegen die Beschriftung der vor dem Zweiten
Weltkrieg vorhandenen Wetterfahne: »ETH 1698«), betraf der Einsturz wohl
nur die hölzernen Teile. Eingeweiht wurde der wiederhergestellte Turm am
13.10.1699. Seine Mauerschale besteht aus Backstein in unregelmäßigen
Läufer- und Binder- Lagen (Format ca. 29,5-30 x 14-15 x 7-8 cm) und
gelegentlich eingeschalteten Feldsteinen. Das Westportal, das Innenportal
zum Schiff, die Öffnung zur Westempore und eine Blende außen an der
Südseite des Erdgeschosses sind korbbogig, die mittigen Fenster der oberen
Geschosse und die sie begleitenden Blenden rundbogig. In Traufhöhe des
Schiffs wird der Turm von einem Gesimsband umzogen. Wohl im Anschluss
an die Turmarbeiten erfolgte eine eingreifende Umgestaltung des Schiffs.
Dabei wurden die Längsmauern in Backstein erhöht, die Fenster und
Blenden vermauert und neue, größere Flachbogenfenster mit
Backsteinlaibungen eingebrochen. Spätestens in dieser Bauphase erfolgte
ein Abputz des Mauerwerks. Einen Anhaltspunkt für die Zeit der
Fertigstellung liefert das 1703 datierte Altarbild. 1721 entstand an der Mitte
der Südseite ein zweigeschossiger quadratischer Anbau, der im Erdgeschoss
eine Vorhalle, im Obergeschoß die Patronatsloge enthielt. Das Portal an der
Südseite war flachbogig (jetzt vermauert), die Fenster darüber schließen mit
gemauerten Stürzen.
Inschriftgrabplatte für Domänenrat Heinrich Theodor Albrecht († 1777). Im
Fußboden vor dem Altar.
Bedeutung
Architektonisches Interesse verdient die Kirche wegen ihrer im
Verfallszustand sichtbar gewordenen mittelalterlichen Außengliederung durch
Fenster- und Blendenreihung. Turmbau, Umgestaltung des Schiffs,
Neuausstattung und Patronatsanbau stellten einen recht umfassenden
Versuch dar, eine mittelalterliche Dorfkirche den Bedürfnissen der Frühen
Neuzeit anzupassen.
Quellen: BLDAM, Registratur: Akte des Provinzialkonservators betr. Stadt
FFO, Nr. 127: Lichtenberg; Bestand IfD, Sign. 05.31.00, Objektakte FFO.
Lichtenberg. Lossow. Markendorf, 1952ff. – Remenz, J., Glockengutachten,
1992 (UDB).
Literatur: Jung 1909, S. 170-174. – Bau- und Kunstdenkmale 1980, S. 235. –
Historisches Ortslexikon, S. 248-251. – Kirchen 1996. – Dehio 2000, S. 582.
– Griesa 2000, S. 13, Abb. 3.