Denkmaltopographie Spree-Neiße, Bd. 16.1, 2012, S. 338 ff.

Die Kirche steht am nördlichen Ende des breiten, mit einer doppelten Reihe
alter Bäume bestandenen Angers. Sie ist Mittelpunkt des Dorfes und als
Blickpunkt am Ende des Angers gestaltet. Das die Kirche umgebende
ehemalige Friedhofsgelände mit Rasen und alten Bäumen wird an der West-
und Südseite von einer Feldsteinmauer begrenzt, an der Südseite mit breitem,
geschwungenem hölzernen Gittertor mit übergiebelten Backsteinpfeilern. An
der Nord- und Ostseite ist die Mauer nicht mehr vorhanden; an diesen Seiten
steigt das Gelände zur Kirche hin leicht an.
Bereits seit 1604 stand auf dem ehemaligen, bis 1875 genutzten Friedhof eine
Kirche, an deren Stelle – leicht versetzt – 1909 die heutige Kirche errichtet
wurde. An den Vorgänger erinnert eine Gedenktafel mit Bild an der Nordseite
der Kirche. Die alte Kirche war ein teils in Feldsteinmauerwerk, teils in
Fachwerk errichteter rechteckiger Saalbau mit Dachreiter, deutlich kleiner als
die heutige Kirche. Daneben gab es südlich der Kirche einen freistehenden
Glockenturm. Pinnow war Tochterkirche von Grano, heute gehört es zur
evangelischen Kirchengemeinde Region Guben.
1899 entschied sich die Kirchengemeinde aufgrund des desolaten Zustands
der alten Kirche für einen Neubau. 1909 konnte mit den Arbeiten begonnen
werden; am 28.11.1910 wurde die neue Kirche eingeweiht. Der Entwurf
stammt von dem Steglitzer Baurat und brandenburgischen
Provinzialkonservator Georg Büttner (1858-1914). Am Bau beteiligt waren
außerdem F. Hoßfeld und der Gubener Baurat Erdmann, letzterer übernahm
die Ausführungsplanung. Einen Großteil der Baukosten finanzierte der Patron
von der Schulenburg. 2000-06 erfolgten umfangreiche Sanierungsarbeiten.
Saalkirche mit dreiseitigem Ostschluss und eingezogenem Turm im Westen
sowie Sakristeianbau an der Südseite. Sichtziegelbau auf Feldsteinsockel.
Die Fassaden durch eine horizontale Bänderung aus zurückgesetzten
Steinen in jeder sechsten Lage sowie durch weiße Putzflächen um die
Fenster und vertikale weiße Putzstreifen zwischen den Fensterachsen
gegliedert. Weiße Putzflächen ebenfalls am hohen, geschwungenen Giebel
der Sakristei, nicht jedoch am Turm, dessen Flächen in planem
Ziegelmauerwerk; die Bänderung des Kirchenschiffs hier an den breiten
Ecklisenen wiederholt. Im Kirchenschiff vier Fensterachsen mit hohen
Segmentbogenfenstern mit feiner Sprossenteilung und klarer Verglasung,
von denen an der Südseite zwei Achsen durch den Sakristeianbau ersetzt.
In der westlichsten Achse niedrige hölzerne Eingangstür, grün/weiß mit
Rautenmuster, über der Tür ein Relieffeld mit dem Spruch »Friede sei mit
Euch« in barockisierender Kartusche mit Voluten und Engelsköpfchen,
darüber ein niedriges Fenster in gleicher Breite und Bauweise wie die
anderen Fenster. Auf der Nordseite an der entsprechenden Stelle gegenüber
ebenfalls ein niedriges Fenster und darunter das Reliefbild der alten Kirche
mit der Inschrift »Alte Kirche 1604-1909«. Die westlichste Fensterachse im
um den Turm gezogenen Teil des Kirchenbaus umfasst im Innern Vorraum
und Treppe. Am Chor drei etwas höher ansetzende Fenster gleicher Art.
Hohes Satteldach, im Osten dreiseitig abgewalmt, die Sakristei ebenfalls mit
hohem Satteldach sowie geschweiftem Giebel, der Turm mit einem
Mansarddach ähnelndem abgestuftem Pyramidendach. Am Turm an der
Westseite im Erdgeschoss ein breites halbrundes dreigeteiltes Fenster, im
ersten Obergeschoss zwei schmale segmentbogige Fenster, im dritten
Obergeschoss eines. Darüber die Uhr in weißem rechteckigen Putzfeld mit
waagerechter Verdachung mit Dachsteinen. Gleichartige Uhren an der Nord-
und Südseite; darüber nach allen Seiten jeweils zwei große segmentbogige
Schallöffnungen, an der Ostseite aufgrund der Höhe des Kirchendaches
kleiner. An der Südseite der Sakristei eine Eingangstür ähnlich der
Kirchentür sowie ein kleines Fenster mit schmiedeeisernem Gitter; im
mittleren der drei segmentbogigen Putzfelder im Giebel eine kleine Luke mit
ähnlicher Tür.
Der Innenraum mit glatt verputzten Wänden mit reicher ornamentaler
Ausmalung. Holztonne mit Spannwerk; Emporen im Westen und Norden. Der
Altarraum mit flacher Balkendecke; im segmentbogigen Giebelfeld zum
Kirchenraum zarte ornamentale Rankenmalerei und Spruchbänder mit den
Inschriften »Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren« und »Jesus
Christus, gestern und heute, und derselbe in Ewigkeit«. Die Ausmalung
konzentriert sich ansonsten auf den Altarraum und einen breiten umlaufenden
Rankenfries als oberem Wandabschluss. Über den Fenstern aus dem Fries
heraustretende voluminöse Ranken als Fensterbekrönung. Zwischen den
Ranken Felder mit Glaubenszeichen: Die Buchstaben »IHS« über dem
mittleren Chorfenster, flankiert von Kelch sowie A und O, an den
Seitenwänden unter anderem Taube, Kreuz und Lamm. Der Fries über den
Spannbalken auch quer über die Decke geführt, mit besonderer Betonung der
mittigen Hängesäulen durch ein Kreuz im Stahlenkranz mit Wolken. Im um
eine – in der Mitte in den Kirchenraum ausschwingende – Stufe erhöhten
Altarraum der untere Wandbereich mit gemaltem Paneel in weinrot mit
ornamentalem Blütenmuster in gelb, grün und rot. Hier außerdem die
Fenstergewände mit einer ockerfarbenen Marmorierung, die grauen Ranken
des Frieses in einem schmalen Band bis auf die Sohlbank, gleichzeitig die
Oberkante des gemalten Paneels, heruntergezogen.
Ausstattung
Die gesamte Ausstattung – mit Ausnahme der Orgel und einer Glocke – aus
der Bauzeit der Kirche und größtenteils in ihrer ursprünglichen Farbfassung.
Altar. Holz, auf zweistufigem hölzernen Podest. In Grün-, Blau- und Grautönen
gehalten, mit Marmorierung, im oberen Anschluss Rankenwerk. Das zentrale
Altarbild zeigt den auferstandenen Christus in weißem Gewand vor Goldgrund,
unter ihm die elf verbliebenen Jünger in dunklen Gewändern. Das Bild mit
rundbogigem Abschluss flankiert von zwei marmorierten Säulen mit
Kompositkapitellen mit aufgesetztem Kreuz. Rechts und links der Säulen zwei
kleinere Bilder gleicher Form mit zur Mitte gewandten Engeln auf Goldgrund.
Den oberen Abschluss des Altars bildet ein gesprengter Segmentbogengiebel,
aus dem ein Kreuz herausragt.
Kanzel. Holz, polygonaler Korb auf achteckiger Holzsäule auf steinernem
Sockel. In Renaissanceformen mit rundbogigen Feldern und Ecksäulen,
möglicherweise aus der alten Kirche übernommen und stark überarbeitet.
Taufe. Holz, achteckig, in Kelchform, in Renaissanceformen mit rundbogigen
Feldern und Ecklisenen, eventuell aus der alten Kirche übernommen und stark
überarbeitet.
Gestühl. Holz, in zwei Blöcken mit Mittelgang, graugrün gefasst. In der
Nordostecke Patronatsgestühl mit Wappen der Familie von der Schulenburg.
Orgel. 1919 von W. Sauer, Frankfurt (Oder).
Zwei Glocken. Eine von 1922, gegossen von der Firma M. & O. Ohlsson,
Lübeck.
Die Kirche bildet den Mittelpunkt des Dorfes. Der Architekt, zugleich
Denkmalpfleger, entwarf einen Bau im Sinne der Heimatschutzbewegung, der
bewusst auf eine malerische Wirkung im Dorfbild ausgerichtet ist. Diese
Wirkung entfaltet die Kirche bis heute, womit sie ein bedeutendes Zeugnis
ländlichen Kirchenbaus zu Beginn des 20. Jh. darstellt, das außen und innen
fast vollständig in der ursprünglichen Form erhalten blieb.
Quellen und Literatur: BLHA, Rep. 3 B Regierung Frankfurt (Oder), Nr. 548
(1909-1910); Rep. 40 C, Nr. 1063 (1696-1740); ELAB, 14 (Konsistorium der
Provinz Brandenburg) / 17734 (1844-1921); Kirchenkreis Cottbus,
Depositalarchiv, Sup. Guben, Nr. 251 (1956-1969); Akte BLDAM; Teltow,
Andreas, Denkmalpflege in der Mark Brandenburg zu Beginn des 20.
Jahrhunderts, Der Architekt und Provinzialkonservator Georg Büttner (1858-
1914), in: Brandenburgische Denkmalpflege 1 (1992), Heft 2, S. 75-77.