Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 183ff.

Der mittelalterliche Kirchenbau befindet sich im Zentrum des Ortes, östlich
der Hauptstraße. Er erhebt sich in Ost-West-Ausrichtung inmitten des
eingefriedeten Kirchhofs.
Die Pfarre Biesenbrow gehörte im Mittelalter zum Bistum Cammin und
wechselte erst nach der Reformation zum Bistum Brandenburg, Sedes
Angermünde. Sie war stets Mutterkirche, lange ohne Filia, erst 1812 wurde
ihr Frauenhagen angegliedert. Seit 1970 wird die Gemeinde von anderen
Pfarren mitversorgt, derzeit von Schönermark. Das Patronat lag bei der
örtlichen Herrschaft: bis Ende des 17. Jh. bei Familie v. Biesenbrow; es
folgten bis 1788 der Schwedter Markgraf und danach bis 1945 das Fürsten-
bzw. Herzogtum Anhalt-Dessau.

Baugeschichte
Wahrscheinlich ist eine Errichtung des Bauwerks als städtische Pfarrkirche;
als Bauzeit wird das 3. Viertel des 13. Jh. angenommen. Früher besaß die
Kirche drei Glocken, zwei davon waren Arbeiten des Magisters Laurentius,
eines Ende des 13. Jh. auch anderswo in der Region nachweisbaren
Glockengießers. Im Dreißigjährigen Krieg erlitt die Kirche Zerstörungen
unbekannten Ausmaßes; noch 1699 befand sie sich im Verfall. Ab Anfang
des 18. Jh. Wiederaufbau mit gleichzeitiger Neugestaltung. Damals u. a. die
Priesterpforte zugesetzt und die Sakristei an der Nordseite abgetragen,
außerdem 1727 die Schiffsfenster in Barockformen erneuert und das Äußere
mit einer Putzschlämme versehen. 1739 wurde der Turmabschluss neu
aufgeführt; zuvor hatte man die Ostwand des Turmunterbaus abgerissen
und, um einen Meter nach Westen versetzt, neu errichtet. 1791 und 1842
erfolgten bauliche Veränderungen am Turm.
Am 24./25 Mai 1909 vernichtete ein Brand erhebliche Teile der Kirche
(Innenausstattung, Dachstuhl, Westgiebel, Turm samt Glockenstuhl). 1912
Wiederaufbau unter Leitung des Geh. Hofbaurats Böttger, angestellt bei der
Herzoglichen Hofkammer Dessau. Bauausführung durch Hofmaurermeister
Kersten aus Gramzow. Neuweihe am 10. Dezember 1912.
1945 verursachte eine Explosion von im Altarraum gelagerter Munition
erhebliche Schäden an der Bausubstanz und zerstörte weitere Teile der
Ausstattung. 1948-53 Beseitigung der Schäden (u. a. Dach, Decke,
Fenster). 1976 Renovierung des Turms (Putz, Anstrich und Neudeckung)
und 1983 des Kirchenraums. 1989 erneute Renovierung des Turms,
einschließlich Turmspitze mit Wetterfahne.

Beschreibung
Die Saalkirche im Kern ein frühgotischer Feldsteinquaderbau mit geradem
Ostschluss und gleichbreitem, querrechteckigem Westturm. Den zur
Errichtungszeit vorhandenen städtischen Anspruch verdeutlichen die Maße
des Bauwerks (ca. 31 x 13 m). Die bauzeitlichen Umfassungswände in
annähernd ursprünglicher Höhe von acht Metern erhalten. Ihr Mauerwerk,
einschließlich des leicht vorspringenden, inzwischen teilweise unter
Bodenniveau liegenden Sockels, aus sauber geschichteten
Feldsteinquadern gefügt; große Sorgfalt wurde auf die Gebäudeecken und -
öffnungen verwendet. Stellenweise Reste von Fugenbetonung mit
eingeritztem Doppelstrich (um 1910 erneuert).
An den Längsseiten ursprünglich je fünf schmale Fensteröffnungen mit
schrägen Laibungen und gedrücktem Spitzbogen-Abschluss. Eine dieser
Öffnungen 1979 zur Illustration des früheren Zustandes als Blendöffnung
wiederhergestellt, ein weiteres, jetzt zugesetztes Fenster in der Nordwand
erhalten; außerdem je ein bauzeitliches Schlitzfenster im Norden und Süden
des Turmunterbaus. Seit 1727 zeigen die Schiffseiten je drei barocke
Fensteröffnungen mit Backsteinlaibung und korbbogigem Abschluss. Reste
von Kalkputzflächen und -rahmungen verweisen ebenfalls auf die damalige
Umgestaltung des Kirchenbaus. An der Ostseite von der ursprünglichen
Dreifenstergruppe die beiden äußeren Öffnungen unverändert, das leicht
überhöhte Mittelfenster wohl bei Aufstellung eines Kanzelaltars im 18. Jh.
vermauert. Vermutlich im gleichen Zuge der Ostgiebel mit drei flachbogigen
Staffelnischen und mittiger Flachbogenöffnung erneuert und verputzt. An der
Westseite im Turmunterbau das ursprüngliche Hauptportal erhalten, seine
spitzbogige, zweifach gestufte Laibung durch Quader in ausgesuchtem
Format und Farbton akzentuiert. Zwei weitere bauzeitliche
Spitzbogenportale an der Südseite überkommen: der Gemeindezugang mit
einfach gestuftem Gewände sowie die kleinere, später zugesetzte
Priesterpforte östlich davon. An der Nordseite im Osten noch Spuren der
abgetragenen Sakristei als Störungen im Mauerwerk ablesbar. Der
eingezogene Turmaufsatz ein Ergebnis des barocken Umbaus bzw. der
Erneuerung nach dem Brand von 1909. Das Glockengeschoss als glatt
verputzter Backsteinaufbau; darin paarig angeordnete, flachbogige
Schallöffnungen und Zifferblatt der Turmuhr von 1912. Den oberen Turmteil
bildet ein mit Kupferblech verkleideter kubischer Aufbau, abgeschlossen von
geschweifter Haube. Als Bekrönung eine Stange mit Knauf, Wetterfahne und
Stern.
Innen der Kirchensaal auf Grund der Zerstörungen von 1909 und 1945 heute
weitgehend schmucklos. Der große Raum 1912 mit Holzbalkendecke und
keramischen Fußbodenfliesen versehen. Von der damaligen Neugestaltung
die Kirchenbänke und die Empore mit neogotisch verzierter Brüstung, zwei
Türen, Leuchterkronen sowie einige Spolien von Altar und Orgelprospekt
erhalten. Der Altarraum um eine niedrige Stufe erhöht, dort zentral auf neu
gemauertem Altarblock das Crussower Altarretabel; an der Südseite die
Kanzel. Die Fenster mit farbigem Industrieglas von 1978 gestaltet
(Kunstglaserei Lehmann, Berlin-Weißensee). Glockenstuhl und Dachwerk
ebenfalls von 1912. Unter dem Kirchenraum befinden sich vermutlich noch
Grüfte bzw. Grabstellen.

Ausstattung
Altarretabel. 1970 aus Crussow hierher versetzt. Der Flügelaltar um 1430
entstanden, 1983 überfasst. Im Schrein als Schnitzfiguren Madonna
zwischen Jakobus und einem heiligen Bischof, darüber Schleierwerk. In den
Flügeln je zwei Reliefs mit Szenen zur Geburt und Kindheit Jesu, auf den
Außenseiten noch Reste von Malereien. 1620 die Predella sowie ein Aufsatz
und Dekor im Renaissancestil zugefügt. Holz, farbig gefasst (teils
beeinträchtigt durch moderne Neufassung). In der Predella ein Ölbild
(Abendmahl). Der Aufsatz bekrönt von spätmittelalterlichem Kruzifix aus
Holz.
Kanzel. Ebenfalls aus Crussow. Um 1620 entstanden; 1700 überarbeitet und
ergänzt (Treppenwange, Teile des Schalldeckels). Holz, farbig gefasst, stark
beschädigt. Polygonaler Kanzelkorb, die Felder geschmückt mit Malereien
(Evangelisten) in Rundbogenarchitektur, die Ecken durch vorgestellte
Säulchen betont. Schalldeckel mit reichem Schnitzwerk, bekrönt von
Christusfigur.
Taufständer. Um 1912. Hölzerner Ständer in neogotischen Formen, die
gleichzeitige Taufschale, um 1912, Messing, mit Inschrift.
Orgel. Aus Teilen zweier älterer Orgeln 1986 zusammengefügt: das
neogotische Gehäuse sowie Spieltisch, Windladen und Pfeifen von einer
Lang & Dinse-Orgel (vor 1850 für Neumühl bei Küstrin hergestellt, später
nach Crussow verbracht), Balg und Subbass von einer 1912 von der Firma
Kienscherf (Eberswalde) gebauten Orgel.
Kelch. 1678 (i). Silber, vergoldet. An der Kuppa umfangreiche Inschrift der
Stifterin, eine verwitwete v. Biesenbrow.
Gittertür. Spätgotisch. Hergestellt aus Eisenblech; sie diente früher zum
Verschließen einer flachbogigen Sakramentsnische in der Nordwand; heute
im Museum Prenzlau. Größe etwa 80 x 70 cm, die Kreuzungspunkte der
Gitterstäbe abwechselnd mit Rosetten und halbrunden Knöpfen verziert.
Glocken. Die ältere von 1912, Bronze, gegossen in Stettin, die jüngere Stahl,
1973 gefertigt in Apolda.

Bedeutung
Die Kirche ist das einzige erhaltene mittelalterliche Bauwerk des Ortes.
Durch ihre deutlich von anderen Dorfkirchen der Region abweichende Größe
bezeugt sie bis heute Biesenbrows mittelalterliche Entstehung als städtisch
strukturierte Siedlung. Im Ort und der umgebenden Landschaft bildet das
Bauwerk mit seinem rund 35 m hohen Turm einen markanten Blickfang.
Zusammen mit dem benachbarten Pfarrhaus und der Schule
veranschaulicht die Kirche eine früher für die Dörfer der Region typische
städtebauliche Situation. Zur Ensemblewirkung trägt auch der Friedhof mit
seinem alten Baumbestand bei. Einigen der älteren Grabstellen kommt im
Zusammenhang mit dem literarischen Schaffen Ehm Welks besondere
ortsgeschichtliche Bedeutung zu.

Quellen: LHA Sachsen-Anhalt, Z 263, Nr. 612 Geistliche Bauten (1868-
1881); BLHA Rep. 2 A Reg. Potsdam, Nr. 270 (1911-19); EPH-SUP
Prenzlau, A.4.5. I.118 (Kirche Biesenbrow 1791-1842), I 126 (Pfarre und
Kirche Biesenbrow 1927-42); ELAB 3.02/480 (1955-1991); BLDAM, Akten
Provinzialverband Brandenburg, Ldkr. Angermünde, Nr. 2, sowie
Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1965.
Literatur: Ohle 1915, S. 203, Abb. 65; Hagen v. der, J. O., Die beiden
ausgebrannten Kirchen in Biesenbrow und Frauenhagen in der Uckermark,
in: Mittuck MuG, 6 (1918), S. 91-99; KDM 1934, S. 307-10, Abb. 187 u. 189
sowie S. 372; Lambacher 1985, T. II, S. 295; Enders HOL 1986, S. 198;
Friske 2002, S. 23-40; Klappenbach, Ferdinand, Die Pfarrchronik von
Biesenbrow, Kreis Angermünde. Nach einer Abschrift von Pfarrer Horst
Fichtmüller, in: Blaschke/Schmook 2003, S. 72-74, Enders, Lieselott: Aus
der Geschichte von Biesenbrow, in: Blaschke/ Schmook 2003, S. 241-48;
Orgelhandbuch 2008, S. 50-53; Dehio 2012, S. 86; Knüvener 2012, S. 78,
Friske 2014, S. 61-64.