Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 255 ff.

Der Kirchhof liegt im mittleren Bereich des Ortskerns, am Kirchweg südlich
des Dorfangers. Das Gelände ist von der Straße her durch ein ansehnliches
Kirchhofportal (s. u.) zu betreten. Die Kirche befindet sich zentral auf dem
Kirchhof; sie steht leicht erhöht und aus der Ost-West-Achse etwas
abweichend parallel zur Dorfstraße.
Im Mittelalter gehörte Gellmersdorf zum Bistum Brandenburg, Sedes
Angermünde. Nachweislich ab dem 16. Jh. war die Gemeinde Filia von
Stolpe. Seit 1459 lag das Patronat allein bei der Familie v. Buch- Stolpe;
dabei blieb es bis 1945.

Baugeschichte
Der Feldsteinbau wurde vermutlich wenige Jahrzehnte nach der
Ortsgründung in der 2. Hälfte des 13. Jh. als turmlose Saalkirche mit
eingezogenem Rechteckchor errichtet. Über bauliche Veränderungen nach
dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs ist nichts bekannt. Bei dem
verheerenden Dorfbrand am 9. August 1826 wurde die Kirche bis auf die
Umfassungsmauern zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte 1832/33 unter
Bewahrung und Einbeziehung der noch tragfähigen Mauerteile. Den
Kostenanschlag dazu hatte der Angermünder Wegebaumeister v.
Doemming 1831 erstellt, die Ausführung übernahm der Angermünder
Maurermeister Christoph. Im Inneren erhielt die Kirche damals eine komplett
neue Ausstattung. Etwas später wurde an die Ostseite des Chores eine
kleine Leichenhalle angefügt. 1910/11 kam es zu einer umfangreichen
Neugestaltung und Neuausmalung des Kircheninneren durch das Atelier
Wilhelm Blaue aus Berlin; vermutlich wurden damals die östlichen Fenster
der Schiffsseiten bis auf das obere Bogenfeld zugesetzt. Für 1953 ist die
Reparatur des Schiffsdachs vermerkt; nach 1990 wurde unter der
Westempore eine Winterkirche eingebaut. Die letzte größere Sanierung der
Gebäudehülle erfolgte in Etappen von 1994 bis 2006; dabei wurden u. a.
große Teile des Dachwerks sowie die Dachdeckung und sämtliche Fenster
erneuert, das jüngere Ziegelmauerwerk einschließlich Turm neu verputzt
und der zuvor mit Fußwalm versehene achteckige Pyramidenhelm in
vereinfachter Form ersetzt.

Beschreibung
Im Ursprung mittelalterliche Saalkirche aus Feldsteinquadern, bestehend
aus Schiff (ca. 16 x 11,5) mit Satteldach und eingezogenem, leicht
querrechteckigem Chor (ca. 7,5 x 9 m); dieser seit 1832/33 mit Walmdach.
Vom Schiff des 13. Jh. die Westwand bis in Traufhöhe und die Längswände
bis in Höhe der Fensterbänke erhalten; die Umfassungswände des Chores
nahezu vollständig bewahrt. Alle durch das Feuer 1826 zerstörten
Mauerwerksteile sowie der nach dem Brand ergänzte Turm in Backstein
ausgeführt, verputzt und in Formen des sog. Rundbogenstils gestaltet. Aus
dieser Zeit stammen die rundbogigen Fensteröffnungen: an den Längsseiten
des Schiffs je fünf, an den Chorseiten je eines. Die zugehörigen kräftigen
Putzrahmungen nur an den beiden Chorfenstern überkommen. Am Chor
auch das breite profilierte Putzband des Traufgesimses sowie Reste
aufgeputzter Ecklisenen bewahrt. In der Chornordwand deuten Störungen
auf ein zugesetztes kleines Portal hin (darüber mittelalterliche Putzreste mit
weißem Fugenstrich). In der Ostwand sind, neben dem Dach der
nachträglich dort angefügten Leichenhalle, die Bogenansätze zweier
zugesetzter, wohl bauzeitlicher Fenster zu erkennen.
Auf der Westseite des Schiffs das mittelalterliche Feldsteinmauerwerk in der
Neugestaltung der Wiederaufbauzeit noch vollständig erlebbar. Beibehalten
das dreistufige rundbogige Westportal des 13. Jh., das heute durch den
angewachsenen Boden niedriger erscheint, sowie ein darüber angeordnetes
Rundfenster. In wirkungsvollem Kontrast dazu die helle Putzgliederung von
1832/33, bestehend aus Ecklisenen, breitem, profiliertem Hauptgesims und
trapezförmigem Giebel mit zeittypischer Halbrundblende. Eine markante
Zutat des Wiederaufbaus ist der zweistufige, in das Dach integrierte Turm.
Das Glockengeschoss leicht konisch geformt und mit Putznutung versehen;
die in vertieften Wandfeldern angeordneten Schallluken als rundbogige
Zwillingsöffnungen ausgebildet. Das eingezogene Turmobergeschoss im
Kern Fachwerk, nach außen massiv verblendetet und verputzt. Über dem
auskragenden Hauptgesims als Turmabschluss ein Pyramidendach, bekrönt
von Knauf und Kreuz.
Der Hauptzugang in das Kircheninnere erfolgt heute von Norden durch ein
1832 umgestaltetes flachbogiges Nebenportal. Die westliche Schiffsachse
damals in Höhe des Kirchsaals für den Turmunterbau abgetrennt. Der so
entstandene Eingangsraum unterteilt in einen Mittelteil mit Lesesteinpflaster
und zwei über Spitzbogenöffnungen zu erreichende Seitenräume. Das
verkürzte Schiff durch die Winterkirche unter der Westempore nochmals
kleiner wirkend. An den Längsseiten im Fensterbereich ein kräftiger
Wandrücksprung; hier setzen die dünneren Backsteinwände auf das
Feldsteinmauerwerk auf. Im Osten der ursprüngliche, rundbogige
Triumphbogen zum Chor aus dem 13. Jh. erhalten. Der gesamte
Kirchenraum mit Balkendecken versehen, diese im Schiff gestützt durch
zwei Reihen aus achteckigen Holzstützen mit geschweiften Basen und
kelchförmigen, akanthusverzierten Kapitellen. In der Ost- und Südwand des
Chores je eine kleine quadratische Nische (13. Jh.). Im nördlichen Teil der
Ostwand außerdem nachträgliche Türöffnung zur Leichenhalle. Das Schiff
mit Ziegelfußboden, im etwas erhöhten Chorbereich mit quadratischen
Ziegelplatten belegt.
Seit 1833 war der Raumeindruck durch die klassizistische, hellen Marmor
imitierende Farbfassung der Ausstattung geprägt. Diese Wirkung 1910/11
erheblich verändert durch ergänzende Schmuckformen und stark farbige,
überwiegend florale Malereien in den Deckenfeldern, an der Orgelempore,
an den Einbauten und Prinzipalstücken (Ausführung: Atelier Blaue aus
Berlin). Überkommen das hölzerne Kirchengestühl von ca. 1832; entlang der
Chornord- bzw. Chorsüdseite das Patronats- und Pfarrgestühl in
Kastenform; deren hohe gefelderte Rückwände versehen mit naturnaher
Blumenmalerei und abgeschlossen durch Gebälk mit Zahnschnittfries sowie
bekrönt von 1911 zugefügten bemalten Zierbrettern mit
Wappendarstellungen; im Schiff schlichte, durch Mittelsteg zu einem Block
verbundene Kirchenbänke für die Gemeinde.

Ausstattung
Kanzelaltar. Der massive Altarblock wohl mittelalterlich mit flachbogiger
Nische in der Rückwand. Der Kanzelaltar um 1832, die Farbfassung 1911
erheblich verändert durch Atelier Wilhelm Blaue aus Berlin. Hölzerner
Aufbau in architektonischer Gliederung: seitlich kannelierte Pilaster mit
ionischen Kapitellen, als Abschluss ein Architrav. Im Mittelteil auf
Volutenbügeln der fünfseitig gebrochene Kanzelkorb mit gefelderter
Brüstung. Der Schalldeckel darüber kronenartig gestaltet und abgeschlossen
durch Zierbrett, bemalt mit Wolkenkranz, Girlanden und Vasen. In den
Feldern üppig gemalte Blumengehänge und Inschriften. Die rechts und links
des Altars anschließenden kulissenhaften Seitenteile mit rundbogigen
Durchgängen und Dreiecksgiebeln, darin die Initialen H S (links) bzw. das
Christusmonogramm; als Bekrönung bemalte Zierbretter. Die Altarschranken
aus schlanken, zu Rundbögen geschlossenen Rundstäben mit schmalen
Zierbrettern an den Außenseiten. Altarkruzifix. 1. Viertel 19. Jh. Eisenguss,
vermutlich aus der Kgl. Preußischen Eisengießerei Berlin. Gestufter Sockel
und Podest mit Ähren- und Weinlaubkranz-Relief, darüber Schlange und
Totenkopf.
Taufe. 1830/40. Kunststein. Über zylindrischer Basis mit Löwenfüßen
Balusterschaft mit Akanthusblättern und flache vasenförmige Kuppa, auf
deren Rand vergoldete Inschrift. Schmucklose Taufschale aus Metall.
Orgel. 1852 von Carl Ludwig Gesell und Carl Schultze aus Potsdam. 1899,
1926 und 1990 repariert. Bis auf die Prospektpfeifen original erhalten. Der
dreiteilige Prospekt 1911 durch bemalte Zierbretter an den Seiten und in der
Mitte barockisierend ergänzt.
Gedächtnistafeln für Kriegsgefallene 1813/15 und 1914-18. Schlichte
Holztafeln mit Dreiecksgiebeln, versehen mit Inschrift und aufgemalter
militärischer Emblematik.
Grabkreuz. Im nördlichen Turmraum. 19. Jh. Schmiedeeisen,
durchbrochene, reiche Gestaltung mit Dreipässen an den Kreuzenden.
Glocke. 1880 (i). Bronze, von C. Voß & Sohn aus Stettin. Ranken- und
Kreuzblumenfries, Inschrift, kannelierte Bügel mit Engelsköpfchen.

Bedeutung
Die Kirche ist das älteste Bauwerk im Dorf. Auf ihre frühe Errichtungszeit
verweisen der bewahrte Grundriss, das in Teilen überkommene
Feldsteinmauerwerk der Schiffs- und Chorwände sowie einige erhaltene
mittelalterliche Baudetails. Ihr jetziges Erscheinungsbild erhielt die Kirche im
Zuge des Wiederaufbaus 1832/33. Bemerkenswert erscheint, dass damals
auf einen vollständigen Verputz und damit auf eine einheitliche Wirkung des
Bauwerks verzichtet wurde. Ob dies bereits in einem frühen Akt von
Wertschätzung mittelalterlicher Bausubstanz geschah, muss offen bleiben.
In ihren erneuerten Teilen lässt sich die Kirche dem Rundbogenstil der
Schinkelschule zuordnen. Bezüge ergeben sich u. a. zum Turm der 1828/29
erbauten Römischen Bäder in Potsdam-Sanssouci und den Türmen der
1832 entstandenen Dorfkirche in Straupitz (Landkreis Dahme-Spreewald).
Hervorzuheben ist die fast vollständig bewahrte Ausstattung im Inneren, die
ursprünglich eine klassizistische Farbfassung aufwies. Mit der form- und
farbreichen Neufassung der Hauptstücke und der nicht minder üppigen
Neuausmalung erhielt der Kirchenraum 1910/11 ein völlig anderes, eher
volkstümliches Gepräge. Einen besonderen Blickpunkt im Ortskern bildet
auch das in schlichten Renaissanceformen gestaltete Kirchhofportal, das zu
den selten erhaltenen Beispielen dieser Gattung aus nachreformatorischer
Zeit im Gebiet gehört.

Quellen: EPH-SUP-Prenzlau, I.256 Kirche Gellmersdorf (1831-60); ELAB
3.02/491 Kirche 1955; BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A Regierung Potsdam II A, Nr.
597 (Bauten und Reparaturen an der Kirche Gellmerdorf); BLDAM, Akten
Provinzialverband Brandenburg, Ldkr. Angermünde, Akte 14; BLDAM,
Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1965 und 1977.
Literatur: KDM 1934, S. 373f.; Enders HOL 1986, S. 305-07; Heubner 2000,
S. 49f.; Orgelhandbuch, 2008, S. 120; Dehio 2012, S. 376; Friske 2014,
S.98f.