Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 298 ff.

Die Kirche erhebt sich im Zentrum des Ortes unmittelbar nördlich der in
Richtung Passow abknickenden Landstraße. Nördlich schließt das Gutsareal
an. Der bis heute für Bestattungen genutzte Kirchhof ist von einer
Feldsteinmauer umgeben und über zwei Portale mit gemauerten und
verputzten Ziegelpfeilern zugänglich; die geschmiedeten Torflügel wurden
1975 nach Entwürfen von Pfarrer Horst Fichtmüller gestaltet. Auf dem
Kirchhof sind noch mehrere gusseiserne Grabkreuze des 19. Jh. vorhanden.
Grünow wird 1459 als Kirchdorf genannt. Es gehörte im Mittelalter zum
Bistum Brandenburg, Sedes Angermünde, nach 1543 zur Inspektion bzw.
Superintendentur Angermünde. Ursprünglich war Grünow Mutterkirche
(1543 unbesetzter Pfarrhof erwähnt), danach über Jahrhunderte als
Tochterkirche Schönermark unterstellt (1577, 1970). 2013 erfolgte die
Vereinigung mit dem Pfarrsprengel Schönermark. Grünow war 1543 mit vier
Pfarrhufen ausgestattet. Das bereits 1492 zersplitterte Patronatsrecht
befand sich 1577 bei Christoph v. Falkenberg, seit 1690 beim jeweiligen
Gutsbesitzer, zuletzt bei der bürgerlichen Familie Kühn.

Baugeschichte
Die kleine Chorturmkirche stellt wegen ihrer außergewöhnlichen Bauform
eine Besonderheit in der Region dar. In der Literatur wird teilweise eine recht
frühe Errichtungszeit angenommen. Zwar konnte jüngst die Holzauskleidung
einer Nische im Altarblock dendrochronologisch in die Zeit um 1200 datiert
werden (Proben 1196 +/- 10 und 1204 +/- 10), doch handelt es sich hierbei
vermutlich um bewusst zweitverwendetes Material eines wohl hölzernen
Vorgängerbaus (Friske 2014, S. 115). Der jetzige, aus Schiff, Chorturm,
östlicher Halbrundapsis und nördlichem Sakristeianbau bestehende
Feldsteinquaderbau dürfte kurz nach der Mitte des 13. Jh. entstanden sein.
Für diese Errichtungszeit spricht u. a. ein im Mauerwerk des Turms
aufgefundenes Rüstholz von 1255 +/- 10 (d). Eindeutige Baunähte zwischen
den Bauteilen sind nicht erkennbar; es ist also von einem einheitlichen
Kirchenbau auszugehen. Bei Grabungen 1991/92 wurden an der Südseite
des Turms die Fundamentreste (Findlinge) eines Anbaus gefunden, dessen
zeitliche und funktionale Zuordnung aber unklar ist. Wahrscheinlich handelte
es sich um einen Fachwerkbau, denn am Mauerwerk der Kirche sind keine
Ansatzspuren erkennbar. Ob sie im Dreißigjährigen Krieg größere Schäden
erlitt, ist unbekannt. 1675 brannte die Kirche nach einem Blitzschlag aus.
Reparatur- und Erneuerung zogen sich bis 1699 hin.
Wiederherstellungsarbeiten am oberen Turmteil sind für 1738 überliefert,
eine Turmerneuerung auf Kosten des Gutsherrn 1749/55. Eingezogene
Schwibbögen lassen vermuten, dass ein aufwändigerer Turmabschluss
geplant war, der aber nicht ausgeführt wurde. Auf jüngere Phasen der
Renovierung und Umgestaltung verweisen drei an der Emporenbrüstung
vermerkte Jahreszahlen: 1876 (wohl Renovierung und teilweise
Neuausstattung sowie Anbau des Portalvorbaus auf der Westseite), 1905
(Neugestaltung und Ausmalung, evtl. unter Leitung des Berliner Baurats
Ludwig Dihm) und 1975 (Reparaturen und weitgehende Übermalung der
Farbfassung von 1905). Nach 1945 kam es auch zum Einbau der
Winterkirche unter der Westempore.

Beschreibung
Kleine Saalkirche, bestehend aus kurzem, rechteckigen Schiff (ca. 11,1 x
10,5 m), einem sich nach Osten anschließenden eingezogenen Chorturm
(ca. 6,2 x 8,7 m), einer niedrigen und flachen gerundeten Apsis als
Ostschluss (ca. 3 m lang) sowie einem Sakristeianbau an der Nordseite (ca.
4,5 x 4,5 m). Das dicke Mauerwerk aus quaderartigen Feldsteinen zeigt
durchgehende Schichten, einschließlich der Gebäudeecken. Diese und der
abgefaste Sockel lassen besondere Sorgfalt erkennen (Ecken durch
wechselweise Quaderausrichtung betont). Reste des erhabenen
Fugennetzes blieben u. a. auf der Nordseite des Schiffs erhalten. Das Schiff
besitzt auf beiden Längsseiten je zwei barocke Flachbogenfenster mit
geputzten Laibungen und wird von einem Satteldach mit Fledermausgaube
überdeckt. Auf der Südseite etwa mittig ein zugesetztes spitzbogiges
Gemeindeportal mit Begleitbogen, in der Mitte der Nordseite ein kleineres,
zugesetztes Rundbogenportal. Die Westseite zeigt bis in Firsthöhe
durchgehendes Quadermauerwerk der Entstehungszeit; in der Giebelspitze
eine Rundbogenöffnung (später als Blende zugesetzt). Ursprünglich befand
sich an dieser Seite kein Portal; der jetzt dort angeordnete Haupteingang
entstand wohl 1876, einschließlich des flachen, in gotisierenden Formen
gestalteten Portalvorbaus aus rotem Ziegelmauerwerk mit Eckpilastern und
Dreiecksgiebel mit Kreuzaufsatz. Die zweiflügelige Tür in Fischgrätform
aufgedoppelt, das Oberlicht mit Ziersprossen aus sich überkreuzenden
Spitzbögen.
Auffälligstes Merkmal der Kirche ist der östlich anschließende Chorturm.
Seine mächtigen Umfassungsmauern in nahezu ursprünglicher Höhe von
ca. 18-19 m erhalten; sie zeigen keine Rücksprünge oder Baunähte. Im
Westen der Südseite ein zugesetztes Spitzbogenportal, darüber zwei
bauzeitliche Rundbogenfenster. Im ersten Obergeschoss zwei spitzbogige
Nischen mit Resten mittelalterlicher Putzspiegel (ehem. Ritzdekor).
Dazwischen ursprünglich offenbar eine weitere Blende (Reste der linken
Laibung erkennbar), die später in Ziegelmauerwerk zu flachbogiger Öffnung
erweitert und schließlich zur Luke verkleinert wurde. An der Nordseite im
Chorbereich keine Fenster, da hier die Sakristei anschließt. Das
Glockengeschoss im oberen Teil des Turms mit zwei alten flachbogigen
Schallöffnungen auf jeder Seite. Darüber ein in Backstein erneuertes
verputztes Traufgesims mit integrierter Turmuhr an der Ost- und Westseite.
Als Turmabschluss Pyramidendach; die Firstspitze aus Zinkblech bekrönt
von Turmknopf, Wetterfahne mit Inschrift »1905« und Goldstern.
An der Ostseite des Chores die in einer Breite von ca. 6,6 m anschließende
Apsis mit halbem Kegeldach. Bei deren geringer Größe die Zahl von fünf
Fenstern ungewöhnlich (sonst drei üblich); diese gleichmäßig verteilt und mit
stumpf-spitzbogigem Gewände; das Scheitelfenster mit überputztem
Gewände etwas größer.
Die nördlich an den Chor grenzende, durch Pultdach abgeschlossene
Sakristei fluchtet mit der Ostseite des Chorturms; sie entstand gleichzeitig
mit diesem und der Apsis, wie die durchgehenden Lagen der
Feldsteinquader zeigen. Auffallend sind die quadratische Grundfläche der
Sakristei und ihr auf allen Seiten starkes Mauerwerk. Im Inneren
Kreuzgratgewölbe aus Feldstein (verputzt), Schlitzöffnung in der Westseite
und Ziegelfußboden. Der spitzbogige Durchgang zum Chor wohl zugesetzt,
nachdem im Zuge der Umnutzung zur Leichenhalle im 19. Jh. auf der
Nordseite ein torartiger Eingang angelegt worden war. Unregelmäßigkeiten
im Mauerwerk deuten auf eine ehem. Fensteröffnung in der Ostseite.
Vom Haupteingang im Westen gelangt man über die Winterkirche in den
schlicht gestalteten Kirchenraum. Sein Erscheinungsbild geprägt durch den
1905 aufgebrachten Putz (urspr. dünner Kalkputz), die Weißfassung von
1975 und die bescheidene, in blau-weißen Farben gehaltene, überwiegend
aus dem 19. und frühen 20. Jh. stammende Ausstattung. Das Schiff von
Balkendecke abgeschlossen. Fußboden im Laufbereich und Chor mit
sechseckigen Tonfliesen belegt. Nach Senkungsschäden in den Osteilen
1975 teilweise durch Betonboden ersetzt, der den Fugen angepasste
Einritzungen erhielt. Unter Schiff und Chor zugeschüttete Gruftbestattungen.
Im Westen raumbreite Orgelempore mit nach 1945 erneuerter Brüstung. Im
Osten rundbogiger Triumphbogen zum Chor; die Bogenlaibung 1905 mit
Malereien verziert (Kreuz und Evangelistensymbole; die roten Linien 1975
nachgezogen). Der querrechteckige Chorraum von einem verputzten
querrechteckigen Kreuzgratgewölbe aus Feldstein überspannt. An der
Südseite die Rückwand des hölzernen Patronatsgestühls überkommen
(nach 1875; Bankreste auf dem Dachboden); auf der Nordseite befand sich
der Pfarrstuhl mit Holzgitter. Östlich öffnet sich in Breite des Triumphbogens
die Apsis, überwölbt durch eine Kalotte und belichtet durch fünf farbig
gestaltete Bleiglasfenster (wohl 1905; restauriert 1975). Im mittleren Fenster
einladender Christus (nach Thorvaldsen) vor Wandvorhang, in den seitlichen
ornamentaler Schmuck mit Kreisen und Rosetten. Bewahrt der
mittelalterliche Altarblock. An den Wänden Freilegungsproben der
Farbfassung von 1905 (ehem. aufgemalte Quaderung, Apsiswölbung mit
Sternenhimmel, Wellenranke auf dem Apsisbogen und Fenstergewände mit
vegetabiler Verzierung).
Über dem Schiff ein kräftig dimensioniertes Kehlbalkendach mit liegendem
Stuhl; entstanden wahrscheinlich nach dem Brand von 1675; unter den
Kehlbalken Spannriegel, zwischen den Stuhlsäulen Windverband aus
Riegeln und Streben; die Kehl- und Hahnenbalken sowie Kopfbänder
verblattet. Im Ostgiebel alter flachbogiger Durchgang zum Turm (dadurch
wohl die Glocken in den Turm gebracht). In dessen erstem Obergeschoss
sonst keine alten Öffnungen; im Süden neuzeitliche korbbogige
Ziegelöffnung. Löcher im Westen und Osten weisen auf ursprünglich
niedriger ansetzende Holzbalkendecke. Im zweiten Obergeschoss der
Glockenstuhl. Auf der Nord- und Südseite aus Ziegeln gemauerte
Schwibbögen, die vielleicht einen aufwändiger geplanten Turmaufsatz
tragen sollten. Das Pyramidendach mit »Kaiserstiel« und Fußstreben jünger
als das Dachwerk des Schiffs. Sparren später nochmals erneuert; teilweise
wurden ältere Hölzer wiederverwendet.

Ausstattung
Altarblock. Vermutlich bauzeitlich; aus Feldsteinquadern gefügt und teilweise
verputzt. An der Südseite mit Holz ausgekleidete kleine Rechtecknische.
Gusseisernes Altarkreuz des 19. Jh. Zwei Altarleuchter 1690 von Catharina
von »Beesenbroh« (bzw. »Biesenbroh«) gestiftet (i); Zinn, mit
Balusterschaft.
Taufe. Vielleicht 1895, damals die Taufschale gestiftet (i). Terrakotta (?).
Über Balusterschaft mit Akanthusblättern flache vasenförmige Kuppa.
Kanzel. Am Triumphbogen. Erste Hälfte 18. Jh. Holz, blau-weiß gefasst. Die
Felder des fünfseitigen Kanzelkorbs durch gewundene Ecksäulchen
getrennt. Siebenseitiger Schalldeckel mit Konsolbügeln.
Orgel. 1857-58 von Gesell & Schultze (nicht von Emil Kaltschmidt, von
diesem vielleicht die Reparatur 1897); die 1917 ausgebauten
Prospektpfeifen nach 1920 ergänzt; 1981 und 1994 durch Ulrich Fahlberg
aus Eberswalde repariert. Weitgehend original erhaltene mechanische
Schleifladenorgel. Das abgestuft dreiteilige Gehäuse mit
Rundbogenöffnungen wohl zeitgleich in sparsam historisierenden Formen.
Gedenktafel für verstorbene »Vaterlands vertheidiger« von 1813-15 aus
»Verkehrt-Grünow« (+ u.a. 1830, 1846 und 1841). Holz, mit Flachgiebel;
bemalt mit ornamentaler Rahmung, lorbeerumkränztem Eisernen Kreuz und
Inschrift mit Namen der verstorbenen örtlichen Kriegsteilnehmer.
Gedenktafel für Gefallene des Ersten Weltkriegs 1914-18. Spitzbogige
Holztafel mit neogotischem Maßwerk.
Zwei Glocken. Die ältere aus dem späten 15./frühen 16. Jh. Bronze, Ø 97
cm mit umlaufender lateinischer Minuskelinschrift »o rex glorie jhesu xpe
veni cum pace« sowie Medaillon mit Kreuzigung, Lilie und Kreuzen. Die
jüngere Glocke 1615 von Meister Roloff Klassen aus Stettin gegossen (i).
Bronze, Ø 86 cm.
Kelch. 1618. Silber, vergoldet, reich in Renaissanceformen verziert, u.a. mit
angenietetem Kruzifixus.

Bedeutung
Die Grünower Kirche gehört zu den ältesten uckermärkischen
Feldsteinkirchen, errichtet von der ersten oder zweiten Nachfolgegeneration
der ab dem frühen 13. Jh. zugezogenen Ortsgründer. Hinweise auf die
Entstehungszeit liefern der dendrochronologische Befund (1255 +/- 10),
verschiedene bauliche Merkmale und die insgesamt noch romanisch
anmutenden Architekturformen. Im Vergleich zu vielen Nachbarkirchen blieb
das Mauerwerk des Ursprungsbaus bemerkenswert vollständig erhalten.
Beachtlich sind die Feldsteingewölbe in Chor, Apsis und Sakristei.
Bautypologisch stellt die Kirche einen Sonderfall dar, denn es handelt sich
bei ihr um die einzig erhaltene Chorturmkirche nicht nur der Uckermark,
sondern weit darüber hinaus im gesamten norddeutschen Gebiet östlich der
Elbe. Dies war immer im Bewusstsein. So wurde der Ort – zur
Unterscheidung von Grünow bei Prenzlau – lange Zeit als »Verkehrt
Grünow« bezeichnet. Noch immer erweckt die Kirche besonderes
wissenschaftliches Interesse. Nachgegangen wird dabei vor allem der
Frage, auf welche geographischen und stilistischen Vorbilder sich ihre
abweichende Gestalt zurückführen lässt. Erwogen wurden Einflüsse aus
Franken oder der Altmark. Über welche Person oder Personengruppe diese
hierher vermittelt wurden, wird wohl weiterhin offen bleiben müssen, ebenso
die Frage, welche besondere Intention sich mit der Wahl dieses Bautyps am
hiesigen Standort verband. Lieselott Enders (1992, S. 58) vermutete eine
Ortsgründung durch Heinrich von Stendal, einen Ritter im markgräflichen
Gefolge (vgl. altmärkische Chorturmkirchen Hämerten und Staffelde), Peter
Schmidt nahm eine frühere Entstehungszeit und die direkte Übertragung der
Bauform aus Franken an (1981, S. 17; 1985/86, S. 49).
Mit seinem nur 11 m kurzen Schiff gehört das Grünower Gotteshaus im
Bearbeitungsgebiet zu den kleinsten Beispielen. Gleichwohl wirkt diese
Kirche im Landschaftsbild aufgrund ihres erhöhten Standorts in exponierter
Lage am Welseufer und ihrer ungewöhnlichen Baugestalt als markanter
Blickpunkt mit hohem Wiedererkennungswert.

Quellen: BLDAM, Altakten Provinzialverband Brandenburg, Ldkr.
Angermünde, Nr. 17; BLDAM, Objektakte 2.00-18/516 (Orgel); BLDAM,
Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1965 und 1976.
Literatur: Ohle 1915, S. 205, Abb. 16; KDM 1934, S. 413/15 und Abb. 252-
54; BKD 1980, S. 33; Schmidt, Peter, Die Chorturmkirche von Grünow (Kreis
Angermünde) – ein Beitrag zum frühen Dorfkirchenbau der Uckermark, in:
Herbergen der Christenheit (1985/86), Berlin 1986, S. 41-51; Enders, HOL
1986, S. 373-76; Enders 1992, S. 46, 58 und 537; Fichtmüller, H(orst), Die
Chorturmkirche von Grünow, in: AHK 1993, S. 55-60; Heubner 2000, S. 60;
Klauke/Martin 2002, S. 123; Schmidt, Peter, Die Chorturmkirche von
Grünow. Ein Beitrag zum frühen Kirchenbau in der Uckermark, in:
Blaschke/Schmook 2003, S. 104-20; Friske 2006, S. 41; Orgelhandbuch
2008, S. 146-49; Dehio 2012, S. 444; Friske 2012, S. 11f.; Friske 2014, S.
113-16.