Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 330 ff.

Die Dorfkirche steht leicht erhöht am Westrand des Dorfs, inmitten des
Kirchhofs. Auf diesen gelangt man von Osten her durch ein aus vier
kräftigen, verputzten Pfeilern bestehendes Portal des 18. Jh. Ein
Nebenportal befindet sich an der Südseite. Auf dem Kirchhof wurde bei
Bauarbeiten 1931 ein nach 1468 vergrabener, aus fast 500 Münzen
bestehender Schatz gefunden.
Kerkow gehörte im Mittelalter zum Bistum Brandenburg, Sedes
Angermünde. Anfangs stand die Kirche unter landesherrlichem Patronat,
ausgeübt vom jeweils eingesetzten Angermünder Schlosshauptmann. Das in
der älteren Literatur erwähnte Patrozinium St. Laurentius lässt sich nicht zu
belegen. 1545 wurde der »geistliche Hof« (Pfarrhof), der vier Hufen
umfasste, mit Bauern besetzt. Damals war Kerkow Tochtergemeinde von
Angermünde. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gerieten die Stadt
Angermünde (als Besitzer von Anteilen am Dorf) und die Kerkower
Gutsherrschaft in Streit um das Patronat, das 1673 der Familie v. Redern-
Görlsdorf zugesprochen wurde. Kerkow blieb jedoch weiterhin Filia von
Angermünde. Letzte Patronin war die Gräfin v. Redern-Lynar.

Baugeschichte
Die aus Feldsteinquadern errichtete Kirche entstand vermutlich anstelle
eines hölzernen Vorgängerbaus der Zeit um 1240. Durch
dendrochronologische Datierung eines Holzes aus der Altarnische und eines
im Schiffsdach wiederverwendeten Balkens konnte ihre Bauzeit ziemlich
genau auf 1263 (um/nach) eingegrenzt werden. In der zweiten Hälfte des 15.
Jh. erhielt der Chor eine aufwändige zweijochige Einwölbung. Nach
schweren Schäden im Dreißigjährigen Krieg vollzog sich in der 2. Hälfte des
17. und im frühen 18. Jh. die schrittweise Wiederherstellung der Kirche.
Unter anderem wurden das Dach des Schiffs 1658 (d) erneuert, wohl etwas
später die ursprünglichen Fensteröffnungen im Zeitgeschmack verändert
und größere Teile des Mauerwerks verputzt. Im Inneren erhielt die Kirche
ergänzende Einbauten und Ausstattungsstücke in barockem Stil. Während
einer größeren Renovierungsphase kam es 1779/80 (d) zur Erneuerung des
Chordachs und 1871 (i) zur Errichtung des jetzigen quadratischen
Turmaufsatzes aus verputztem Backstein. Für 1857 ist eine Renovierung der
Kirche nebst Turm unter Leitung des Bezirksbauinspektors John William
Blew vermerkt. 1909/10 erfolgte eine umfangreiche Instandsetzung von
Turm und Kirche durch das Atelier des Berliner Architekten Wilhelm Blaue;
dabei erhielt der Kirchenraum eine wohl an älteren Befunden orientierte
neue Ausmalung, außerdem wurden Einbauten und einige
Ausstattungsstücke überfasst und der Chorraum durch zwei farbige
Glasfenster verschönert. In den 1950er Jahren ließ die Gemeinde unter der
Orgelempore eine Winterkirche einbauen. Am Turm gab es 1974 einen
Brandschaden; bei der nachfolgenden Reparatur ersetzte man die
ursprüngliche, verbretterte Laterne durch ein einfaches Pyramidendach.
1990/93 wurden Sanierungsmaßnahmen am Turm durchgeführt, 2003 folgte
eine Innenrenovierung. Bei kleineren Putzarbeiten an der Fassade wurden
die Putzreste mit Bogenritzungen an einigen Fensteröffnungen und am
Trauffries des Chores frei erneuert.

Beschreibung
Saalkirche aus Feldsteinquadern mit eingezogenem, längsrechteckigem
Chor und Westturm in Schiffsbreite (Gesamtlänge ca. 30 m, Breite 12 m).
Alle Bauteile entstanden über einem niedrigen, leicht vorspringenden
Sockel. Das Mauerwerk der Umfassungswände in regelmäßigen Lagen
gefügt; für die Laibungen der ursprünglichen Öffnungen und die
Gebäudeecken wurden sorgfältig gearbeitete, in Form und Farbe sich
abhebende Steinquader verwendet. Stellenweise sind an den Außenwänden
noch Reste des bauzeitlichen Fugennetzes mit Doppelstrich-Ritzung zu
erkennen (evtl. 1910 nach Befund erneuert).
Unverändert erhalten das Hauptportal an der Westseite und ein weiteres
Portal an der Südseite des Schiffs, beide versehen mit einfach gestuftem
Gewände; noch gut zu erkennen außerdem die ehemalige Priesterpforte an
der Südseite des Chores. An der Chornordseite liegt eine weitere, heute
zugesetzte Pforte. Alle vier Eingänge in gedrückter Spitzbogenform
abgeschlossen und an der Außenseite wirkungsvoll durch große
querrechteckige Kämpfer- und Sockelsteine betont.
Noch gut im Mauerverband sichtbar die schmalen hochgelegenen, gedrückt
spitzbogigen Fenster der Bauzeit, an den Längsseiten des Schiffs je drei, an
denen des Chores je zwei; die Ostseite zeigt eine Dreifenstergruppe. Im
Zuge des Wiederaufbaus ab der 2. Hälfte des 17. Jh. alle frühgotischen
Fenster zugesetzt und dafür in leicht abweichender Lage neue rundbogige
Kreuzstockfenster eingebrochen. Die offenbar zur Kaschierung der
Bruchstellen dienenden Putzrahmungen mit geritztem Rundbogenfries in
Zirkelschlag nur stellenweise erhalten. An der Ostseite ist die ursprüngliche
Fenstergruppe durch ein größeres mittleres Rundbogenfenster ersetzt.
Der rechteckige Turmunterbau bis in Traufhöhe weitgehend unverändert
bewahrt mit einigen Schlitzfenstern sowie einem charakteristischen
Rundfenster an der Westseite über dem Hauptportal; der barocke
Turmaufbau über quadratischem Grundriss. Seine Putzfassaden durch
Ecklisenen akzentuiert, die vier Seiten jeweils durch eine flachbogige
Schallöffnung mit geschwungener Verdachung gegliedert, darüber liegen zur
Dorfseite im Osten und Süden die Zifferblätter der ehemaligen Turmuhr. Als
Turmabschluss heute schlichtes Pyramidendach, bekrönt von einer
Wetterfahne mit der Inschrift »1781«.
Im Inneren die Turmhalle hinter dem Hauptportal ursprünglich in
breitgespanntem Rundbogen zum Schiff geöffnet. Jetzt hier lediglich kleine
Tür zur Winterkirche unter der Empore; als Zugang dient das südliche
Seitenportal. Der stimmungsvolle Kirchensaal mit Fußboden aus
quadratischen Fliesen versehen und von reich bemalter Balkendecke
abgeschlossen. An der Ostseite vermittelt ein großer, spitz zulaufender
Triumphbogen den Übergang in den um eine Stufe erhöht liegenden Chor.
Dessen Erscheinungsbild geprägt durch das wohl anstelle einer früheren
Balkendecke im Spätmittelalter eingezogene zweijochige Sterngewölbe. Die
Gewölberippen in den Ecken auf je zwei Halbrundsäulen ruhend, als deren
Stützen wiederum quadratische Pfeiler dienen. In den Gewölbescheiteln vier
aufwändige, in ungewöhnlicher Weise gestaltete und dreifarbig gefasste
Rosetten- bzw. Radmedaillons. Mit der Farbgebung des Gewölbes (rot,
grün, schwarz) korrespondieren die erhaltenen Teile eines vielleicht
mittelalterlichen (1910 nach Befund wiederhergestellten?) qualitätvollen
Rankenfrieses im Chor, am Triumphbogen sowie an der Westwand des
Langhauses. Aus dieser Phase auch die Wandmalerei an der südlichen
Laibung des Triumphbogens; sie zeigt den Drachen der Apokalypse sowie
Fragmente menschlicher Figuren, überdeckt von einem Bibelspruch in
barocker Frakturschrift.
Ebenfalls spätmittelalterlichen Ursprungs (1. Hälfte 16. Jh.) die
Sakramentsnische im nördlichen Teil der Chorostwand. Bewahrt deren
Türchen mit schmiedeeisernen Beschlägen und Holzauskleidung sowie die
aufgemalte mehrfarbige Rahmung in Form eines Sakramentshäuschens
(Anfang 20. Jh. restauriert und ergänzt). In der Mitte der Ostwand eine
kleinere, wohl bauzeitliche Rechtecknische.
Aus der Zeit des Wiederaufbaus in der 2. Hälfte des 17. Jh. die von kräftig
profilierten Stützen getragene Südempore sowie große Teile des barocken
Gestühls erhalten. Letzteres umfasst das schlichte Kastengestühl für die
Gemeinde im Schiff, außerdem das Ältesten- und Patronatsgestühl, jeweils
als Kastenbank entlang der Nord- bzw. Südseite des Chores aufgestellt und
teilweise im oberen Bereich durch Gitterwerk verschlossen, sowie den
Predigerstuhl am Kanzelaufgang.
Die heutige Raumwirkung maßgeblich mitbestimmt von der
vereinheitlichenden Neufassung im Zuge der Renovierung 1909/10 durch
das Atelier Wilhelm Blaue. Konzept und Ausführung orientierten sich
offenbar an den (damals vielleicht erst freigelegten) mittelalterlichen
Rankenmalereien und den vorgefundenen Farbgebungen des 17./18. Jh.
Prägend sind reiche vegetabile Formen an der Balkendecke im Schiff, im
Chor (Triumphbogen, Ostwand), an Emporen und Gestühl. Bislang ist
unklar, ob und in welchem Umfang die spätgotischen Wandmalereien und
die jüngeren Prinzipalstücke damals überarbeitet wurden. Der Chorraum
erhielt 1910 zwei farbige Bleiglasfenster, gefertigt ebenfalls im Atelier
Wilhelm Blaue und gestiftet vom damaligen Kirchenpatron Wilhelm Heinrich
Graf v. Redern. Sie zeigen Pflanzenmotive und Putten.
Schiff und Chor von Satteldächern überdeckt. Das Schiffsdach von 1658
eine zweigeschossige holzreiche Konstruktion, die Hölzer teilweise
verblattet. Der untere Teil mit doppelt stehendem Stuhl, der obere mit
einfach stehendem Stuhl parallel zur Firstlinie. Zwischen den Stuhlsäulen
zur Aussteifung je ein Spannriegel und zwei Diagonalstreben. Der Ostgiebel
des Schiffs einschließlich des Durchgangs zum Dachraum über dem Chor
bauzeitlich bewahrt. Das sparsamer konstruierte Chordach von 1779 mit
doppelt stehendem Stuhl.

Ausstattung
Altarblock. Mittelalterlich. Aus Backstein, an der Südseite eine kleine
Rechtecknische, rückwärtig eine querrechteckige tiefe, mit Holz
ausgekleidete Nische, um 1263 (d).
Altarretabel. 1596 (i), Anfang 20. Jh. überfasst. Qualitätvolles Werk aus
farbig gefasstem Sandstein. Dreigeschossiger Aufbau mit reichem,
figürlichem Schmuck. Im Sockel Abendmahlsrelief und seitliche Inschriften,
im Hauptgeschoss zwischen Hermenpilastern Kreuzigungsgruppe mit Maria
Magdalena, in seitlichen Nischen Matthäus und Markus, im oberen Teil der
Auferstandene, daneben auf dem Gebälk Lukas und Johannes; in der
bekrönenden Lünette Brustbild Gottvaters, darüber als allegorische
Bekrönung ein Jüngling. Auf der Rückseite naiv gemalte Kreuzigung sowie
Zirkelritzungen und Inschriften u. a. von 1707. Seitlich vor dem Altarblock
niedrige Altarschranken. Holz, mit vergitterter Brüstung, Kniepult und
aufgemalter Inschrift: »Emmerenhia Bilibens Anno 1664«.
Kruzifix. Um 1820. Eisenguss, mehrteilig, vermutlich nach Typenentwurf der
Kgl. Preußischen Eisengießerei Berlin. Der gestufte Sockel und das Podest
mit vergoldetem Ähren- und Weinlaubkranz-Relief sowie vollplastischer
Schlange und Totenkopf.
Kanzel. An der Nordseite des Triumphbogens. 2. Hälfte 17. Jh. Holz mit
Intarsienarbeiten. Auf viereckigem, nach unten verjüngtem Kanzelfuß die
Kufe mit brettartigen Verzierungen, am polygonalen Korb Inschriften;
siebenseitiger Schalldeckel. Treppenwange und Tür ebenfalls mit Intarsien.
Taufe. 1707 (i). Holz, gefasst. Am oktogonalen Becken ein Mäanderband,
darunter netzartiges Flechtwerk mit Rosettenschmuck, der untere Rand mit
Stiftungsinschrift versehen. Im Becken zwei (!) Öffnungen für Taufschalen.
Der achtseitige Deckel in Kronenform endend, sein Aufzugsmechanismus
verloren, ebenso der Sockel der Taufe. Die Taufschale von 1712 (i), Zinn,
am Rand drei Gießerzeichen.
Orgel. 1887/88 von W. Sauer aus Frankfurt (Oder). Der dreiteilige Prospekt
mit barockisierenden Seitenteilen von 1902, restauriert 2011.
Wappenschild. Vor 1757. Holz, farbig gefasst, mit Wappen der Grafen v.
Redern sowie reichem Trophäenschmuck und zwei Rädern.
Glocke. 1932 von Franz Schilling aus Apolda. Bronze, am Mantel eine
Gedenkinschrift zur Glockenabgabe 1917.

Bedeutung
Wie bereits in der älteren Literatur vermutet und nun durch
dendrochronologische Ergebnisse erhärtet, stammt die Kerkower Kirche aus
dem 3. Viertel des 13. Jh. Sie ist damit nicht nur das älteste Bauwerk des
Ortes, sondern zugleich ein wichtiges Zeugnis für den damals intensiv
voranschreitenden Prozess des hochmittelalterlichen Landesausbaus in der
Uckermark. Schon im Inventarband von 1934 wird sie als eine der
»besterhaltenen und schönsten Dorfkirchen der Uckermark« gewürdigt
(KDM 1934, S. 137). Auf eine rechtlich und wirtschaftlich gefestigte Situation
Kerkows bereits wenige Jahrzehnte nach der Ortsgründung lassen die
vergleichsweise anspruchsvolle Gestaltung wichtiger Architekturteile sowie
die handwerkliche Qualität der gesamten Bauausführung schließen. Für die
Ansicht der Westseite mit dem Rundfenster über dem Hauptportal könnte als
Vorbild die Marienkirche in Prenzlau gedient haben. Auch das Kircheninnere
birgt kunst- und kulturgeschichtlich wertvolle Elemente aus dem Mittelalter.
Als überregional bedeutsam sind hierbei die erhaltenen Teile farbiger
Wandmalereien wohl des 15. Jh. einzuordnen sowie vor allem das prächtige
spätmittelalterliche Gewölbe im Chor, für das sich unter den Dorfkirchen des
Landes Brandenburg in vergleichbarem Farb- und Formenreichtum kaum
weitere Beispiele finden lassen. Im regionalen Bestand hebt sich das
Kerkower Gotteshaus außerdem durch seine umfangreiche und gut
erhaltene Ausstattung aus nachreformatorischer Zeit hervor. Hauptstück ist
das figurenreiche Altarretabel im Stil der Renaissance, das im Unterschied
zu meist hölzernen Altaraufsätzen in der Region aus Sandstein gefertigt
wurde. Zeugnisse ländlicher Handwerkskunst des 17. und frühen 18. Jh.
stellen die Kanzel und die Taufe sowie das umfangreich bewahrte barocke
Gestühl und die Orgelempore dar. Inzwischen ebenfalls kunsthistorischen
Wert besitzen die anspruchsvolle Überfassung von Decke und
Ausstattungsteilen sowie die Verglasung zweier Chorfenster durch das
Atelier Blaue nach einem einheitlichen, wohl mittelalterliche und barocke
Befunde adaptierenden bzw. einbeziehenden Gestaltungskonzept.

Quellen: SUP Prenzlau, 098 Instandsetzung Kirche 1910, Bl. 62; BLHA,
Rep. 2 A II A, Nr. 937 (Bau und Unterhaltung der Kirche 1904-12); BLDAM,
Akten Provinzialverband Brandenburg, Ldkr. Angermünde, Nr. 23 sowie
Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1965 und 1977, Objektakte 2.00-
18/570.
Literatur: KDM 1934, S. 136-39; Enders HOL 1986, S. 493; Heubner 2000,
S. 76f.; Chronik Kerkow, Angermünde 2008, S. 35f.; Orgelhandbuch 2008,
S. 170-73; Friske/ Heußner/Walther 2009, S. 34f., 37 und 42; Dehio 2012, S.
530f.; Staneck, Lars, Bestandsdokumentation Dorfkirche Kerkow, Facharbeit
an der FH Potsdam, Studiengang Restaurierung im Fachbereich Architektur
und Städtebau, 2012; Deiters, Maria, Frühneuzeitliche Dorfkirchen in
Brandenburg und ihre Ausstattung, in: Mitteilungsblatt der
Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, 114 (2013),
H. 3, S. 154-58; Friske 2014, S. 126-29.