Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 340 ff.

Der vom Kirchhof umgebene stattliche Bau steht erhöht auf dem nördlichen
Teil des Angers, quer zur Richtung der Dorfstraße. Mürow war über
Jahrhunderte Mutterkirche, zumeist mit einer Filia in Frauenhagen. 1812
wurde Mürow Tochterkirche von Pinnow; seit 1969 erfolgte die Betreuung
durch Angermünde, jetzt durch Schönermark. Im Mittelalter gehörte Mürow
zur Sedes Angermünde im Bistum Brandenburg (1459), später zur
Inspektion bzw. Superintendentur Angermünde. Die Kirche war mit vier
Pfarrhufen ausgestattet (1556). Das Patronatsrecht besaßen die örtlichen
Gutsbesitzer, im 15. Jh. je zur Hälfte die Familien Wustrow und v. Elsholz
bzw. v. Greiffenberg (seit 1477); 1509 bzw. 1532 folgten die v. Arnim, 1619
v. Sydow zu Schönfeld und seit 1652 v. Diringshofen. 1800-1945 hatte
Familie v. Arnim das Patronatsrecht inne.

Baugeschichte
Die Saalkirche aus Feldstein mit Turmunterbau und eingezogenem Chor
entstand in der zweiten Hälfte des 13. Jh. Ein in der südlichen Außenmauer
des Schiffs verbliebenes Rüstholz von 1276 (d) dürfte die Bauzeit markieren.
Während Schiff und Turm einheitlich aufgemauert wurden, ist zwischen Chor
und Schiff eine Zäsur erkennbar, so dass eine Ausführung kurz
nacheinander zu vermuten ist.
Zu Baumaßnahmen der folgenden Jahrhunderte fehlen die Informationen.
Überliefert ist der Einsturz des Kirchendachstuhls bei Reparaturarbeiten im
Jahr 1821. Einige Hölzer des jetzigen Dachwerks konnten 1821 (d) datiert
werden. Es folgten 1822 die Wiederherstellung des Dachs und die
Renovierung des Inneren (Decke, Wände, Fußboden). Um möglichen
Gefahren vorzubeugen, trug man auch den »bis in die Spitze massive(n)
Thurm« bis auf Traufhöhe des Schiffs ab und verbretterte den Westgiebel
der Kirche notdürftig (nach Bericht von 1840). 1893-94 erhielt die Kirche
einen neuen, in Formen des Historismus gestalteten Turmaufsatz aus rotem
Sichtziegelmauerwerk mit Spitzhelm. Der Entwurf stammt vom kgl.
Bauinspektor Scherler aus Angermünde, der den Bau auch leitete; die
Ausführung übernahm das Angermünder Bauunternehmen der Brüder
Schleyer. Bei der Renovierung des Inneren 1895 wurden u. a. die Fußböden
von Schiff und Chor neu gepflastert, das westliche Fenster der Chorsüdseite
nach unten verlängert (später wieder rückgebaut), das Südportal zugesetzt,
die Orgelempore eingebaut, der Innenraum gestrichen sowie neue
Kirchenbänke und Gestühle aufgestellt. 1956 erfolgten die Instandsetzung
der Dächer von Turm und Schiff, 1959 der Einbau einer Winterkirche unter
der Westempore, die dazu erneuert wurde, 1975 die Erneuerung der
Dachdeckung und 1977 der Neuanstrich des Inneren. Nach der Renovierung
des Turmdachs 1988/89, der Restaurierung des Turmkreuzes und der
Erneuerung der Turmkugel 1991 kam es 1997-98 zur Neudeckung des
Chordachs sowie 1999 zum Einbau von Küche und Toilette im Turm.
Einsturzgefahr des Dachs infolge von Schwammbefall erforderte 2003 eine
Notsicherung. Nach der umfassenden Sanierung 2006-07 durch das
Planungsbüro ALV konnte die Mürower Kirche am 28. Oktober 2007 wieder
eingeweiht werden. Zu den Maßnahmen gehörten u. a. Schwammsanierung
und Instandsetzung von Decken und Dachwerken, Erneuerung von
Mauerkronen und Traufgesims sowie des Schlämmputzes am Ostgiebel,
Reparatur der Dachdeckungen, Sanierung des Turms, Überarbeitung der
Bleiglasfenster sowie neuer Anstrich des Inneren.

Beschreibung
Der insgesamt ca. 30 m lange und 14 m breite Feldsteinsaalbau besitzt
einen deutlich eingezogenen Rechteckchor von gleicher Traufhöhe sowie
einen querrechteckigen, schiffsbreiten Westturm von ca. 36 m Höhe.
Mittelalterlich ist nur dessen Unterteil. Der markante Turmaufbau aus rotem
Sichtziegelmauerwerk entstand im späten 19. Jh., gestaltet in Anlehnung an
spätromanische und frühgotische Formen als schlichter Westriegel mit
gestaffelten Dreifenstergruppen (Nord- und Südseite) bzw. drei
Schlitzfenstern von gleicher Höhe (im Westen). Die Seitenteile durch
Quersatteldächer abgeschlossen, der Mittelteil als quadratischer Turmschaft
in zwei Geschossen hochgeführt. Im unteren Geschoss auf der Westseite
gestaffelte Dreifenstergruppe in Rundbogennische, im oberen auf jeder Seite
ein Paar rundbogiger Schallöffnungen. Über Dreiecksgiebeln der ins Achteck
überführte, ziegelgedeckte Spitzhelm. Der mittelalterliche Kirchenbau aus
quaderartigen Feldsteinen gefügt. Die Eckquader in die durchgehenden
Mauerschichten eingebunden, aber sorgfältiger bearbeitet. Der einfach
gestufte Sockel im Turmbereich und, tiefer liegend, beim Chor sichtbar. Im
Turmunterbau zweifach gestuftes spitzbogiges Westportal mit
Scheitelsteinen; die Türflügel aus dem späten 19. Jh. Damals das
Mauerwerk der oberen Partien des Turmunterbaues erneuert, auch das
große Rundfenster mit abgestufter Laibung (innen aus Ziegeln). Weitgehend
original erhalten die Umfassungsmauern von Schiff und Chor mit
lanzettförmigen Fensteröffnungen, je drei auf beiden Schiffsseiten und zwei
in den Längsseiten des Chors. Das westliche Chorfenster der Südseite
nachträglich verlängert, aber später wieder in der Höhe reduziert. Die
bewahrten alten, etwas längeren Ostfenster bilden eine leicht gestaffelte
Dreiergruppe. Auf der Chorsüdseite Priesterpforte aus besonders großen
Quadern mit äußerer Begleitschicht, Scheitelstein und aufgedoppeltem
barocken Türblatt. Die ehemaligen Gemeindeportale im Langhaus nicht
mehr erkennbar; auf die Lage des nördlichen Portals deuten Störungen im
Mauerwerk hin. An verschiedenen Stellen noch Reste des erhabenen
Fugennetzes bewahrt. Während der Schiffsgiebel aus quaderartigen
Feldsteinen aufgemauert ist, besteht der Chorgiebel aus unregelmäßigem
kleinteiligen Findlingsmauerwerk und ist außen geschlämmt. An der
Südostecke des Schiffs ein Feldsteinquader mit Kehlenprofil vom alten
Traufgesims erhalten. Die großflächige Mauerwerksstörung im Osten der
nördlichen Chorseite verweist auf die abgebrochene mittelalterliche
Sakristei. Sie war nachträglich an den Kirchenbau angefügt worden, denn ihr
Pultdach überschnitt das östliche Chorfenster. Von der jüngeren
Leichenhalle (abgetragen bei der letzten Sanierung) ist noch der Ansatz des
Pultdachs an der Ostmauer des Langhauses zu erkennen.
Die Raumteile des Kircheninneren durch Spitzbögen verbunden. Der
Turmbogen im 19. Jh. für den Einbau von Holzwänden und -decke im
Turmuntergeschoss teilweise vermauert (sichtbar nur noch vom
Turmbereich). Schiffs- und Chorraum weiß gefasst und von
Holzbalkendecken abgeschlossen, die Ziegelfußböden aus dem späten 19.
Jh. Der Chor um eine Stufe mit Sandsteinblöcken erhöht. Den
Raumeindruck bestimmen die schlichte einheitliche Ausstattung von 1895
(Orgelempore, Gestühl) sowie der barocke Altar und die Kanzel. Der
westliche Raumteil unter der Empore als Gemeinderaum durch Glaswand
abgetrennt.
Über Chor und Schiff jeweils Kehlbalkendachwerk mit liegendem Stuhl und
als Hängewerk wirkendem mittleren Längsverband (im Schiff zusätzlich
Hahnenbalken); vier Dachhölzer 1821, eines 1818 (d); beide Dachwerke
unter Verwendung älterer Hölzer errichtet und teilweise bei der letzten
Sanierung erneuert. Bemerkenswert der große bauzeitliche Spitzbogen mit
Feldsteinlaibung im Ostgiebel des Schiffs (vgl. Angermünde, Marienkirche).
Da die Steine nicht quaderartig bearbeitet sind, dürfte der Bogen nie im
Kirchenbau sichtbar gewesen sein, sondern als Entlastungsbogen gedient
haben.

Ausstattung
Altarblock. Wahrscheinlich noch mittelalterlich. Massiv, verputzt. In der
östlichen Rückwand eine mit Backstein ausgemauerte Nische mit
spitzwinkligem Abschluss.
Altaraufsatz. 1728 (i); Schnitzwerk wohl von Bernhard Hattenkerell;
Bemalung nach Inschrift auf der Rückseite von Johann Diestlow (»Johan
Diestlauw«) aus Prenzlau. Reich geschnitzter, farbig gefasster hölzerner
Aufbau. Über der Sockelzone mit Abendmahlrelief das von einem doppelten
Rundbogen abgeschlossene Mittelfeld; darin die bewegten Figuren einer
Kreuzigungsgruppe, flankiert von Säulen mit Akanthusranken. Als Abschluss
gesprengter Giebel, bekrönt von ovaler, üppig umrankter Kartusche mit Figur
des Auferstandenen vor Landschaftsdarstellung. Darüber Wolken und Figur
des zum Himmel fahrenden Christus; seitlich schwungvolles Akanthuswerk
und Engelsköpfe. Der Altar 1977 durch Bierbaum überfasst; einige
Ornamente notdürftig gesichert und ergänzt. Das Altarkruzifix um 1820/30
aus kgl.-preußischer Gießerei, vermutlich Sayner Hütte. Mehrteiliger,
goldbronzierter Eisenguss; über gestuftem Sockel und hohem Postament mit
goldenen Rosetten; das Kreuz mit vergoldeter Christusfigur. Am Kreuzfuß
goldener sechszackiger Stern in Kranzkette.
Taufe. 1. Hälfte des 17. Jh.; erneuert 1937 (i). Holz; auf achtseitiger
Grundplatte Konsolbügel-Füße in Form stilisierter Delphine; geschwungene
Kufe und achtseitiges Becken mit rundbogiger Blendarkatur, darauf je vier
vergoldete Blütenornamente, im Rundbogenfeld gemaltes Rankenwerk. Die
große Taufschale aus dem 16. oder frühen 17. Jh. Messing, getrieben. In
der Bodenmitte Verkündigung Mariä, darum herum sowie auf dem äußeren
Rand Friese mit Hund, der einen Hirsch verfolgt.
Kanzel. 1612 (i); 2008 Sicherung und Notkonservierung. Holz, reich
geschnitzt und farbig gefasst. Über dem sechskantigen Pfeiler
geschwungene Kufe mit fünf Konsolbügeln. Am polygonalen Kanzelkorb von
Pilastern gerahmte Rundbogenfelder zwischen korinthischen Säulen, darin
ausdrucksstarke Halbfigurenreliefs der vier Evangelisten, in den Zwickeln
Engelsköpfe (vgl. Kanzel in Biesenbrow). An der Treppenwange
Pilastergliederung und Rundbogenarkaden mit gemalten Darstellungen der
Hll. Johannes, Petrus und Paulus, darunter Inschrift mit der Jahreszahl.
Feines gemaltes und aufgelegtes Rankenwerk (z. T. verloren). Achtseitiger
Schalldeckel mit durchbrochenem Rankenwerk, Konsolgliederung und
abschließender Figur von Christus als Gutem Hirten. Erhalten der an die
Wand klappbare barocke Kanzelsitz mit balusterartigem Standbein. Darüber
zugehöriges Holzrelief mit Gottvater, der Christus die Weltkugel mit Kreuz
reicht; die Fassung teilweise verloren.
Orgel. 1891 von Wilhelm Sauer aus Frankfurt (Oder) gefertigt (Opus 542),
1895 eingebaut; 1993 durch Ulrich Fahlberg instandgesetzt. Unverändert
bewahrtes Instrument. Mechanische Kegelladen. Holzprospekt in äußerst
reduzierten neogotischen Formen mit Fialbekrönung.
Altarleuchterpaar. 1. Hälfte 19. Jh. Eisenguss, 71 cm hoch; am Schaft
betende Engelsfigur.
Leuchterkrone. 19. Jh. Messing. Balusterschaft über Kugel mit acht
Rankenarmen für 24 Kerzen, verziert mit Weinblättern und Trauben.
Grabplatte für Adelheid v. Arnim († 1585). Östliche Chorwand über
gestuftem Backsteinsockel. Rechteckige Sandsteinplatte mit Relief des
Mädchens im Totenhemd mit Kreuz in der Hand; in den Ecken Wappen der
v. Arnim, v. Kotze, unbekannt und v. Maltzahn. In Antiqua umlaufender
Bibeltext und unten Grabinschrift.
Grabstein des Pfarrers Tobias Hockardt (1704-55). Östliche Chorwand.
Sandstein. Erhabenes Schriftfeld mit konkaven Ecken; die Inschrift in
Fraktur.
Gedächtnistafel für die Gefallenen der Befreiungskriege 1813/15. Nordwand.
Einfache Holztafel mit Dreiecksgiebelabschluss, bemalt mit umlaufendem
Eichenlaub, bekrönendem schwarzen Adler und Kriegstrophäen; Goldschrift
(vgl. Stützkow).
Gedächtnistafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Südwand.
Einfache Holztafel mit Dreiecksgiebelabschluss über Klötzchenfries; im
Giebel Eisernes Kreuz; Inschrift in Goldfarbe auf blauem Grund.
Glocke. 1535 von Gregor Borgstede [»gregorius baorghre«] aus Hamburg
(i). 66 cm Durchmesser. Bronze. Am Hals Minuskelinschrift und Medaillon
mit Brustbild Luthers. Eine größere mittelalterliche Glocke. (86 cm
Durchmesser) 1917 abgeliefert.

Kirchhof
Der bis heute belegte Friedhof von einer Feldsteinmauer umgeben. Im
Nordabschnitt der Westseite ein wohl im 19. Jh. mit Feldstein zugesetztes
Renaissanceportal des frühen 17. Jh. aus Backstein (Format ca. 7,5 x 13-14
x 26-27 cm) mit Putzresten und innerem Pultdach. Über der rundbogigen
Durchfahrt breite Gesimszone mit Wulst; der Aufsatz geschmückt durch
Voluten, Mittelpfosten und seitliche Rundpfeiler (nördlicher zerstört).
Gegenüber ehemals ein Grundstück Hans Joachim v. Arnims. Das
Nordportal des Kirchhofs aus dem 19. Jh.; ehemals in drei Rundbögen
geöffneter Ziegelbau mit erhöhtem und von Dreiecksgiebel
abgeschlossenem Mittelteil. Im Südosten ein neues Rundbogenportal aus
Backstein (ältere Ziegel in den unteren Partien). Modern das Westportal mit
nach Plänen des Pfarrers Fichtmüller gestalteten Eisengittertoren (Brot und
Wein).
Nördlich der Kirche steht das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten
Weltkriegs, eine steinerne, von einem großen Eisernen Kreuz bekrönte
Stele.

Bedeutung
In Mürow findet sich ein Beispiel für den dreiteiligen frühgotischen
Dorfkirchentypus. Eine markante Gestalt erhielt der Bau im späten 19. Jh.
durch den aufwändigen historistischen Turmaufsatz, dessen rotes
Ziegelmauerwerk wirkungsvoll zu den mittelalterlichen Feldsteinteilen
kontrastiert und durch den die Kirche zum Blickpunkt im Ort und in der
Landschaft wurde. Bemerkenswerte Ausstattungstücke, darunter die
aufwändige Renaissancekanzel und der reich gestaltete Barockaltar,
erinnern an die neuzeitliche Geschichte des Ortes und der Gutsherrschaft.
Eine Seltenheit ist das Renaissanceportal des Kirchhofs.

Quellen: ELAB 14/7882 (Bau und Unterhaltung der Kirche 1840-1935).
BLHA, Rep. 27 A Angermünde Nr. 37 (Kirche Mürow 1893-94, 1934);
Pfarrarchiv Schönermark (Akten zu Bau- und Sanierungsmaßnahmen,
Bauzeichnung der Turmkonstruktion, Abschriften der
Turmknopfnachrichten); BLDAM, Altakte IfD 0501/4344 (1957-59) und
Objektakte 2.00-18/678 (P); Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1965 und
1977; Bluhm. Beatrix, Kirche in Mürow bei Angermünde (Uckermark).
Recherchebericht zum alten Kirchhofsportal, Berlin 2011 (in Objektakte, Teil
2).
Literatur: KDM 1934, S. 406-08; BKD 1980, S. 40; Enders, HOL 1986, S.
680-83; Urkunde nach dem Richten des Thurms in Mürow, in: Märkische
Oderzeitung vom 5.11.1991; Heubner 2000, S. 88; Friske 2006, S. 56;
Neuer Glanz in alter Kirche, in: Märkische Oderzeitung vom 28.10.2007;
Orgelhandbuch 2008, S. 200f.; Dehio 2012, S. 723; Friske/Heußner/Walther
2009, S. 34; Friske 2014, S. 140f.