Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 350 ff.

Der Feldsteinbau steht quer auf dem kaum noch erkennbaren Anger inmitten
des Friedhofs. Ursprünglich offenbar Mutterkirche (1543 wüster Pfarrhof
genannt), wurde Neukünkendorf später als Tochterkirche von Dobberzin
(1543, 1950), danach von Parstein (1970) und heute von Angermünde
versorgt. 2002 erfolgte die Vereinigung mit der Kirchengemeinde Crussow.
Neukünkendorf gehörte zur Sedes Angermünde im Bistum Brandenburg,
später zur Inspektion bzw. Superintendentur Angermünde. Vorhanden waren
vier Pfarrhufen (1543). Das Patronatsrecht befand sich Ende des 14. Jh. bei
Familie v. Arnsdorff. 1467 kam es an Familie v. Buch zu Stolpe, 1577 an den
Rat von Angermünde; seit 1875 übten es bis 1945 nacheinander die
jeweiligen Rittergutsbesitzer Siemssen, Osterroth, Sack und Scholz aus.
Der bis heute belegte Kirchhof wird von einer Feldsteinmauer mit
Ziegeldeckung umgeben (fehlt auf Westseite). Nördlich der Kirche steht das
Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, um 1926 aus
rötlichem Kunststein errichtet; auf getrepptem Feldsteinsockel das
Monument in Obeliskform, als Bekrönung ein Adler (Oberteil abgebrochen).

Baugeschichte
Die Kirche ist ein in der 2. Hälfte des 13. Jh. errichteter Feldsteinbau mit
eingezogenem Rechteckchor. Beide Bauteile wurden einheitlich aufgeführt
(durchgehende Mauerschichten). Da der Ort 1459 als wüstes Kirchdorf
bezeichnet wird, ist anzunehmen, dass auch das Gotteshaus in Verfall
geriet. 1509 hatte die Wiederbesiedlung begonnen. In diesem
Zusammenhang ist auch eine Instandsetzung der Kirche zu vermuten.
Anfang des 17. Jh. kam es zur Neugestaltung des Inneren und zur
Bereicherung der Ausstattung (1608 Kanzel, Gestühl und Lichtkronen
verziert, 1613 Inneres ausgemalt, 1614 Wand am Glockenturm mit
»zierlichen Historien« bemalt). Außerdem wurde auf der Südseite des
Chores die Sakristei mit Renaissancegiebel angebaut. Auf
Wiederherstellungsarbeiten nach dem Dreißigjährigen Krieg weist das
Chordachwerk von 1671 (d) hin. 1715 wird anlässlich einer Visitation
berichtet, dass die Kirche noch im Bau stehe. Möglicherweise entstand
damals die Dachkonstruktion des Schiffs, vielleicht auch der barocke Turm
(Glocke 1704; denkbar wäre aber auch ein Zusammenhang mit der 1760
gegossenen, nicht erhaltenen zweiten Glocke). Im Zuge einer gotisierenden
Umgestaltung 1866-67 wurden die großen Spitzbogenfenster des Schiffs
eingebrochen, der barocke Altar entfernt und die Ausstattung in schlichten
Formen erneuert. Vielleicht besteht ein Zusammenhang mit der ebenfalls
purifizierenden Renovierung der Angermünder Marienkirche in der gleichen
Zeit (Henning 2010, S. 21). 1911/12 wurde das nun wohl als zu schlicht
empfundene Innere neu ausgemalt. Dabei erhielt u. a. der Triumphbogen
eine ornamentale Gestaltung. 1934 erfolgte eine Reparatur des
Kirchendachs, 1956 die erneute Renovierung des Inneren (u. a. Anstrich und
Einbau einer Winterkirche unter der Orgelempore). Bei
Instandsetzungsarbeiten 1981-82 kam es zur Schwammsanierung des
Schiffsdachs und der Deckenbalken, die man durch Kunststoffplatten
abhängte. 1983 wurde der Turm neu verputzt (Jahreszahl auf Wetterfahne),
1987 Dach und Turm repariert. Die 1991 wegen Schwammbefalls abgebaute
hölzerne Empore ersetzte man im Folgejahr durch einen größeren massiven
Neubau mit erneuerter Winterkirche. Zu den jüngeren Sanierungsarbeiten
gehören die Neudeckung des Chordachs, die Reparatur von Deckenbalken
und Dachwerk sowie die neue Verbretterung der Chordecke 1997. Bei der
Sanierung durch Kreuzberg & Broniecki (Oderberg) im Jahr 2001 erfolgten
Reparaturen an Mauerwerk und geschädigten Holzteilen (Decken Turm,
Dielung, Emporenbrüstung), Neuverputz des Turms, Deckung des
Turmhelms, Erneuerung der Bleiglasfenster sowie neue Farbfassung des
Kirchenraums.

Beschreibung
Der insgesamt 25,3 m lange und 11,5 m breite Kirchenbau besteht aus
Schiff und eingezogenem, fast quadratischem Chor von gleicher Traufhöhe,
Renaissance-Sakristei auf der Südseite sowie einem massiven, ca. 20 m
hohen barocken Turm, der in den Westteil des Schiffs eingebaut wurde.
Vom Mauerwerk aus quaderartigen Feldsteinen mit einfachem Sockel (nur
im Westen sichtbar) sind durch besonders sorgfältige Steinbearbeitung die
Laibungen der Öffnungen und die Gebäudeecken abgesetzt (Eckquader oft
größer als die anschließenden Mauerschichten). Über dem Sockel im
Norden der Westseite ein deutlich größerer längsrechteckiger dunkelvioletter
Stein auffallend, dem eine besondere Bedeutung beigemessen worden sein
muss. Erhalten das einmal gestufte, aus großen Quadern in ausgesuchten
Farben gefügte relativ schmale Spitzbogenportal auf der Westseite sowie ein
darüber sitzendes kleines Rundfenster (vgl. Kerkow). Die Portale auf beiden
Schiffsseiten zugesetzt; ihre Laibungen von den neogotischen Fenstern
überschnitten. Die jetzt vermauerte stumpfspitzbogige Priesterpforte als
Nische im Südanbau erhalten. Bewahrt die bauzeitlichen, gedrückt
spitzbogigen Chorfenster; je drei auf den Längsseiten (westliches im Süden
vermauert) sowie östliche Dreifenstergruppe (deren Öffnungen später unten
verkürzt, die mittlere zugesetzt). Im Schiff ursprünglich je drei Fenster, jetzt
auf beiden Seiten zwei große Spitzbogenfenster des 19. Jh. mit gestuftem
Gewände aus gelblichen Ziegeln. Die mittelalterlichen Fenster lagen
mutmaßlich an Stelle der neuen. Das jeweils westliche Fenster vermauert
(innen als Nische erhalten). Alle ursprünglichen Öffnungen der Kirche mit
Scheitelstein im Bogen. Die Portale waren zusätzlich durch eine
Bogenbegleitschicht aus roten Backsteinen ausgezeichnet; am besten beim
Südportal erkennbar, geringere Reste beim Nord- und Westportal (vgl.
Pinnow). Schiffs- und Chorgiebel aus kleinteiligem Findlingsmauerwerk, da
offenbar von Anfang an auf Verputz angelegt. Im Chorgiebel, der die
Dachflächen deutlich überragt, Putzreste und Rundbogenblende, darüber
Schlitzfenster. Bewahrt der östliche abgefaste Eckstein der Schiffstraufe.
Der verputzte, leicht querrechteckige westliche Dachturm aus
Ziegelmauerwerk; an der Westseite Ecklisenen und Flachbogenluken, im
Süden und Norden die Zifferblätter der Turmuhr. Abgeschlossen durch
geschweiftes Pyramidendach und Wetterfahne von 2002.
Im schlichten Kircheninneren spitzbogiger Triumphbogen. Die Flachdecken
jüngst erneuert, im Chor eine Bretterdecke, im Schiff an Stelle einer
Putzdecke unpassende Holzimitation. Der Westteil des Schiffs mit dem
Turmunterbau durch eine 95 cm starke massive Mauer vom Kirchenraum
abgetrennt. Im Eingangsraum verdecken seitliche Bretterwände die
massiven Untermauern des barocken Turms. Darin flachbogige
Türöffnungen zu den seit langem ungenutzten Eckräumen. Hier als Nischen
die vermauerten westlichen Schiffsfenster und alter Wandputz erhalten. Die
Winterkirche unter der Westempore erhielt 1991 eine massive Decke; neu
auch die Durchfensterung und die schlicht gefelderte hölzerne
Emporenbrüstung. Der Raumeindruck sonst bestimmt von der 1866-67
erfolgten gotisierenden Umgestaltung bzw. der Erneuerung von 1911/12.
Aus dieser Zeit die beiden westlichen Eingangstüren mit teilweise bunt
verglasten Oberlichtern und Holzfüllungstüren sowie der Fußboden aus
Tonplatten mit kleinen quadratischen Einlegern im Lauf- und Chorbereich.
Links und rechts vom Altar Patronats- und Predigergestühl mit neogotischen
Brüstungen. Der Predigerstuhl mit Gitteraufsatz. Sechs einfache barocke
Bänke auf der Empore, zwei im Westen des Schiffs. Das Gemeindegestühl
wohl von 1912.
Glasmalereien in den beiden östlichen Chorfenstern. In geometrischer
Struktur vegetabile Ornamente, teils in Grisaille, teils farbig. Gestiftet von
den Patronatsinhabern 1911/12; restauriert 2001 (Werkstatt Breßler), dabei
Füllung des Wappens im südlichen Fenster durch Klarglas ersetzt.
Über dem Chor gut erhaltenes verblattetes Kehlbalkendach von 1671 (d) mit
doppelt stehendem Stuhl, verstärkt durch Spannriegel, Kopfbänder sowie
Riegel und Streben zwischen den Stuhlsäulen und Rähmen; Sparren auf
Gehrung versetzt. Jünger die verzapfte liegende Dachstuhlkonstruktion über
dem Schiff mit ungewöhnlich hoch sitzenden Kehlbalken sowie Riegeln und
Streben zwischen den Stuhlsäulen; in neuerer Zeit mit Unterzügen aus Stahl
verstärkt. An den Dachbalken sog. Tabaksnägel. Im feldsteinernen Ostgiebel
des Schiffs seitlich ein schmaler flachbogiger Durchgang mit Laibung aus
mittelalterlichen Backsteinen (später verändert).
Im Westen der Chorsüdseite Sakristei angefügt, ein ursprünglich verputzter,
leicht querrechteckiger Bau aus Mischmauerwerk (Findlinge und 7-7,5 x 13 x
26,5-27 cm große Ziegel). Im Süden korbbogige Pforte und schlichter
geschweifter Renaissancegiebel über Viertelstabgesims mit pilasterartigen
Aufsätzen an den Ecken (obere zerstört) und in der Giebelspitze. Seitlich
jeweils kleines Flachbogenfenster. Erneuerte Dachkonstruktion. Der Bau
wohl tatsächlich als Sakristei errichtet, da zur Entstehungszeit 1610/20 der
Angermünder Rat und kein adliger Gutsherr das Patronatsrecht besaß.

Ausstattung
Kanzelaltar. Um 1867. Klar gegliederter zweizoniger neogotischer
Holzaufbau mit krabbenbekrönten Eckfialen, polygonalem Kanzelkorb und
Schalldeckel; Verzierung durch Reihen von Maßwerkblenden. Ungewöhnlich
spätes Beispiel dieses Ausstattungstyps. Davor Altarmensa mit hölzernen
Altarschranken. Kleines gusseisernes Altarkruzifix der 2. Hälfte des 19. Jh.
(Christusfigur fehlt). Altarbild. 1974 (i) von Karl Strache (sign.). Der
Zinsgroschen nach Tizian.
Abendmahlsrelief. Wohl 17. Jh. Holz, geschnitzt. Das stark beschädigte
Fragment (Köpfe zerstört) 1997 wieder aufgefunden, jetzt eingelagert.
Vermutlich die Predella des früheren Altaraufsatzes. Dazu dürften auch der
auferstandene Christus und die vier Evangelisten gehören, jetzt im
Stadtmuseum Angermünde aufbewahrte barocke Schnitzfiguren.
Segnender Christus. 19. Jh. Gipsfigur nach Thorvaldsen; vor 1945 an der
Westempore; jetzt in Schrank abgestellt.
Taufe. Um 1867. Kunststein; achteckige Kelchform mit neugotischen
Schmuckelementen; auf der Deckplatte Inschrift. Einfache Messing-
Taufschale.
Orgel. 1852 von Carl August Buchholz aus Berlin; 1867 angekauft und in
Neukünkendorf aufgestellt, dabei wohl verändert; 33 Pfeifen 1917 für
Kriegszwecke abgeliefert; nach zeitweiliger Einlagerung 1993 von Ulrich
Fahlberg aus Eberswalde restauriert und wieder aufgestellt. Mechanische
Schleifladenorgel. Einfacher dreiteiliger Prospekt mit Rundbögen und
Pilastern.
Standleuchter-Paar. 19. Jh. Messing. Dreiteiliger Fuß in Blattformen,
zylindrischer Schaft mit kugelförmigem Knauf, gezackter Lichttellerrand mit
Blattornamenten.
Kronleuchter. 19. Jh. Messing, sechsarmig mit großer Kugel. Bei der
späteren Restaurierung wurden Teile des zweiten, 1827 zum Gedenken an
einen 1827 in der Oder ertrunkenen F. W. Stolzenburg gestifteten
Kronleuchters integriert.
Turmuhr. Wohl 1911/12. Restauriert 2006.
Gedenktafel für Kämpfer der Befreiungskriege 1813-15. Reste einer
gerahmten Holztafel mit Inschrift. In Seitenraum abgestellt.
Glocke. 1704 von Johann Heinrich Schmidt aus Stettin (i). Bronze; reicher
Dekor, u. a. Lambrequin-Fries sowie lange Stiftungsinschrift; Maskenbügel.
Eine kleinere, 1760 von Johann Heinrich Scheel aus Stettin gegossene
Glocke 1917 abgeliefert.

Bedeutung
Die Kirche ist das älteste Bauwerk in Neukünkendorf und der bauliche
Mittelpunkt des Ortes. Sie dokumentiert die hochmittelalterliche Phase des
Dorfs, bevor dieses im 15. Jh. zeitweilig wüst fiel. Es handelt sich um einen
charakteristischen Vertreter des frühgotischen Bautyps mit eingezogenem
Chor und östlicher Dreifenstergruppe. Das Rundfenster über dem Westportal
kommt ähnlich auch bei anderen Kirchen der Region vor und ist vermutlich
vom Vorbild der Marienkirche in Prenzlau inspiriert. Die Portale erhielten
eine Auszeichnung durch eine äußere Begleitschicht aus roten Ziegeln (vgl.
Pinnow). Ein seltenes Zeugnis ländlicher Renaissancebaukunst ist der
Sakristeianbau mit seinem Ziergiebel (vgl. Friedhofsportal Mürow).
Insbesondere der Chorraum wird geprägt von der neogotischen
Neuausstattung des 19. Jh. mit Kanzelaltar, seitlichem Patronats- und
Predigergestühl. In diese Zeit gehören ebenso Taufe und Orgel.

Quellen: ELAB 14/7696 (Kirchen- und Schulvisitationen der Parochie
Dobberzin 1880-1914), 14/7707 (Kirche zu Neukünkendorf 1874-1934),
14/7710 (Kirchenbauten zu Neukünkendorf 1801-1917) und 3.02/512
(Kirche, Pfarrhaus 1981-1991). SUP Prenzlau I.155 (Kirche Neukünkendorf
1834-75). BLHA, Rep. 6 B Nr. 323 Landratsamt Angermünde (Das
Kirchenpatronat von Neu Künkendorf 1874-1875). BLDAM, Akte IfD
050143/44 (1956); BLDAM, Objektakte 2.00-18/692 (P, O); BLDAM,
Denkmalkartei IfD, Erfassung Eichler 1965 und 1977.
Literatur: KDM 1934, S. 353f.; BKD 1980, S. 40f.; Enders, HOL 1986, S.
545-48; Dehio 2000, S. 702; Heubner 2000, S. 89; Friske 2006, S. 60;
Orgelhandbuch 2008, S. 206-09; Friske/Heußner/Walter 2009, S. 42;
Henning, H.-G., Die Feldsteinkirche in Neukünkendorf, Berlin 2010; Dehio
2012, S. 743; Friske 2014, S. 143-45.