Denkmaltopographie Uckermark, Bd. 18.1, 2016, S. 461 f.

Östlich des alten Ortskerns, landschaftlich exponiert auf dem Hang am
Nordufer des Wolletzsees. Ehemals war das stattliche Bauwerk vollständig
von einer parkartigen Grünanlage umgeben.

Baugeschichte
An gleicher Stelle war bereits 1826 durch den Gutsbesitzer Generalmajor
Ludwig v. Rohr ein »Jagdschloss« als herrschaftlicher Wohnsitz erbaut
worden. 1934 erwarb Anton Martinek das Anwesen. Im Jahr darauf
beauftragte er den Berliner Architekten Kaiser mit Entwürfen für einen
Neubau und den Berliner Gartenarchitekten Hermann Mattern mit der
Schaffung einer dazu passenden Parkanlage. 1935 wurde der Altbau
abgerissen, 1936 mit den Bauarbeiten für das neue »Jagdschloss«
begonnen. 1938 übersiedelte der Eigentümer in die USA; das Bauwerk war
damals noch nicht fertiggestellt. Nach 1945 diente es der provisorischen
Unterbringung von Flüchtlingen. 1953 geriet die Anlage in den Blick des
jagdbegeisterten DDR-Ministers für Staatssicherheit, Wilhelm Zaisser. Er
ließ die Bauarbeiten beenden. Das Gebäude diente künftig als Gästehaus
des Ministeriums. Letzter Hausherr war von 1957 bis 1990 Erich Mielke, der
das Anwesen als nahezu privaten Jagdsitz nutzte. Nach 1990 entstand auf
dem Areal eine stattliche Reha-Klinik; das »Schloss« beherbergt seitdem
Verwaltungs- und Versorgungsfunktionen dieser Einrichtung.

Beschreibung
Über unregelmäßigem Grundriss zweigeschossiger Putzbau mit Satteldach,
südöstlichem Eckturm und eingeschossigem Fachwerkanbau an der
westlichen Seite. Die Silhouette aufgrund der Höhenstaffelung und der
unterschiedlichen Dachformen lebhaft konturiert. Das Erscheinungsbild in
eigenwilliger architektonischer Gestaltung, geprägt durch Stilzitate aus
verschiedenen Gegenden und Epochen europäischer Baukunst. Besonders
ins Auge fallen diesbezüglich der mittelalterlich anmutende Turm mit
romanischer Fenstergruppe und hohem Walmdach, die italienisierende
Säulenarkade vor der Südseite, der ländlich-einfacher Fachwerkflügel mit
Feldsteinsockel und Vorlaube im Westen sowie die durch Sprossenfenster
mit Schlagläden im Landhausstil der Goethezeit geprägten Fassaden des
Mitteltrakts. Unpassend wirkt die durchgehende Schleppgaube auf der
Südseite, wohl eine Zutat der Fertigstellungszeit nach 1945. Der rundbogige
Haupteingang mit Sandsteinrahmung befindet sich auf der
hangabgewandten nördlichen Seite in einem kräftig vortretenden Risalit mit
Walmdach. Davor repräsentative halbrunde Freitreppe. Auf der Südseite vor
der Arkade eine breite Sonnenterrasse, von der sich ein Panoramablick auf
den Wolletzsee bietet.
Im Inneren das repräsentative Vestibül mit großzügiger geschwungener
Treppenanlage und Galerie fast unverändert erhalten; außerdem zahlreiche
Bau- und Ausstattungsdetails (u. a. Fliesen-, Dielen- und Parkettböden,
Türen in historisierendem Dekor, Wandgliederungen).
Von der etwa zeitgleich entstandenen Parkanlage ist nur wenig
überkommen. Der Großteil wurde mit den Gebäuden der Klinik überbaut und
der Bereich zwischen »Jagdschloss« und See erheblich durch moderne
Materialien sowie neue, zusätzliche Ausstattungselemente verändert. Allein
die von Parkbäumen gerahmte, große ungeteilte Rasenfläche, die sich
südseitig zum See hin bis an den Uferweg erstreckt, sowie einige
Mäuerchen und Treppenanlagen im nahen Umfeld des einstigen
»Jagdschlosses« lassen noch den ehemals repräsentativen Charakter des
Parkbereichs erahnen.

Bedeutung
Das mit Gespür für Wirkung in die natürliche Umgebung eingebundene
»Jagdschloss« ist bemerkenswert als ein gelungenes Beispiel
landschaftsbezogener Architektur. Im Bestand der uckermärkischen
Herrenhäuser gehört es zu den spätesten Vertretern seiner Gattung. Die in
der Gestaltung anklingenden Stilzitate dürften vor allem den Geschmack des
bürgerlichen Bauherrn widerspiegeln, decken sich aber zugleich weitgehend
mit den damals propagierten konservativen Leitbildern der
nationalsozialistischen Machthaber. Als langjähriges Gästehaus eines
hochrangigen DDR-Politikers kommt dem »Jagdschloss« über seinen
bauhistorischen Zeugniswert hinaus auch besondere orts- und
zeitgeschichtliche Bedeutung zu.

Quellen: Technische Universität Berlin, Architekturmuseum, Inv. Nr. F2656
(Gartenplan von 1937); HM Ang, Ordner Wolletz und Zeichnungsbestand.
Literatur: Neuenfeldt, Alfred 2002, S. 73f.