Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.2, 2003, S. 270 f.

Die Dorfkirche steht abseits vom Anger am nordwestlichen Ende der
Dorfstraße, leicht erhöht auf einer Rasenfläche an der kurzen
Verbindungsstraße zwischen Dorf- und Hauptstraße. In ihrer unmittelbaren
Umgebung befinden sich neben einer älteren Eiche Ulmen, Linden und
mehrere Ziersträucher des früheren Kirchhofs. Der ursprüngliche Standort
der Dorfkirche war etwa in der Mitte des Angerdorfs. Beim Neubau der
Fachwerkkirche wurde ein neuer Standort am nordwestlichem Ende der
Dorfstraße in der Nähe des heute nicht mehr existierenden Gutshauses
gewählt.
Karwesee war immer Mutterkirche (schon 1459). Als Tochterkirchen kamen
Betzin (1622) und Dechtow (1930) hinzu. Ausgestattet mit zwei Pfarrhufen.
Um 1500 Sedes Nauen, 1743 bis 1930 Superintendentur Fehrbellin, seit
1930 Superintendentur Nauen. Das Patronatsrecht besaßen die
Gutsbesitzer.
Die neue Kirche wurde 1756 unter Ehrenreich von Rathenow errichtet, 1794
finanzierte Gutsbesitzer von Zieten die Ausmalung der Kirche. 1938/39
geplante Sicherungs- und Erneuerungsarbeiten nach Vorgaben des Berliner
Architekten Wendland kamen nicht zur Ausführung. 1946/47 wurde die
Kirche für Bau- und Brennmaterial geplündert. Die Wiederherstellung des
Kirchturms erfolgte 1949/50. Die Patronatsloge – ein späterer Anbau an der
Südseite des Kirchenschiffs – wurde 1951/52 abgebrochen (a). Von 1974 bis
zur letzten Instandsetzung war die Kirche wegen Baufälligkeit baupolizeilich
gesperrt. Der spätbarocke Kanzelaltar von 1755 (a) wurde 1978 als
Sicherungsmaßnahme ausgebaut. Umfassende Renovierung 1995
abgeschlossen.
Rechteckiger Fachwerkbau auf Ziegelsockel, das Fachwerk weitgehend
erneuert. An den Langseiten je fünf hohe Fenster, an der Ostseite zwei. Die
Querriegel der Fachwerkkonstruktion sind zurückgesetzt und mit Mauerwerk
verblendet, so dass ein die Vertikale betonender Eindruck entsteht.
Mächtiger eingezogener Westturm auf quadratischem Grundriss; verbretterte
– im Oberteil verjüngte – Fachwerkkonstruktion, abgeschlossen durch
achteckige Haube mit Laterne. Die Fachwerkkonstruktion mit engen
Kreuzstreben bei der letzten Instandsetzung in weiten Teilen erneuert.
Innen schlichter Saal mit Westempore, darunter Winterkirche. Fragmente
einer polychromen, illusionistischen Deckenmalerei in Kuppelform erhalten;
Teile der ursprünglichen Decke bei der letzten Renovierung erneuert. Die
heutigen Bänke aus verschiedenen Kirchengemeinden der Umgebung
zusammengetragen, nachdem die ursprünglichen Bänke Ende der 1970er
Jahre an Nachbargemeinden abgegeben worden waren. Die schlichte Orgel
von Detlef Kleuker, Brackwede (i), 1964 für die Berliner Versöhnungskirche
gebaut, seit 1998 in Karwesee. Sparrendach mit liegendem Stuhl,
Hängesäulen und durchgehendem Überzug. Die Hölzer teilweise, die
Balkenköpfe größtenteils ersetzt.
Ausstattung
Taufe. Um 1602. Ursprünglich in Dechtow, in den 1930er Jahren nach
Karwesee gebracht. Reich polychromierter, oktogonaler Holzaufbau in
Spätrenaissanceformen; in vier Bogenfeldern Darstellungen der
Evangelisten, in weiteren Feldern Reste von Stifternamen erkennbar,
1992/93 restauriert.
Zwei Bronzeglocken. Große Glocke mit Gießermarken, wohl aus dem 15. Jh.
Gedenktafel für 1870/71 Gefallene aus dem Kirchspiel. 1876 von A.
Schneider, Fehrbellin (i). Holzschild mit bekrönendem Akanthus, farbig
gefasst.
Leichenbahre. 1792. Im Turm-Erdgeschoss.
Eine der wenigen im 18. Jh. errichteten Fachwerkkirchen im
Bearbeitungsgebiet; eine Besonderheit stellt die in Fragmenten erhaltene
farbige Deckenfassung dar. Mit ihrer eigentümlichen, die Vertikale
betonenden Fachwerkkonstruktion und dem reizvollen Turmhelm
ortsbildprägend.
Quellen: BLDAM, Altakten IfD/PV (1935-38); BLDAM, Altakten IfD (1947-52);
BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A II, Osthavelland, Nr. 1025 u. 1026; LABB, Best. 3/2,
Nr. 149 (1950-91).
Literatur: Vintzelberg 1863, S. 86; Bardey 1892, S. 517; Drescher 1969
(Erfassungskartei BLDAM); Enders 1972, S. 170-172; Kurztopographie
1978, S. 226; Dehio 2000, S. 495.