Denkmaltopographie Ostprignitz-Ruppin, Bd. 13.2, 2003, S. 300 ff.

Die Langener Dorfkirche steht etwa in Ortsmitte weit zurückgesetzt am
nördlichen Ende des leicht ansteigenden Kirchhofs. Durch ihre erhöhte Lage
entfaltet sie weitreichende Blickbeziehungen über dem Rhinluch. Der sie
umgebende längsrechteckige Kirchhof ist von einer Ziegelmauer eingefasst
und dient noch heute als Begräbnisplatz. Die durch Rasenflächen und
Grabfelder gegliederte Fläche ist nur mit wenigen Gehölzen, darunter
Eschen, Lebensbaum und Eibe, bestanden.
Langen war eine mit zwei Pfarrhufen (1624) ausgestattete Mutterkirche
(1541). Sie gehörte als Unica zur Superintendentur Neuruppin.
Patronatsrecht besaßen die Gutsbesitzer. 1484 wurde der Pfarrhof erwähnt.
Der Vorgängerbau der Langener Dorfkirche wurde im Dreißigjährigen Krieg
stark beschädigt. 1639 stürzte der Kirchturm ein, und es folgte ein
Kirchenneubau. 1730 wurde dessen Turm durch einen Sturm umgeworfen
und 1743 erneuert. 1804 war er wieder schadhaft und wurde 1806 drch
einen Fachwerkturm ersetzt. Die seit der ersten Hälfte des 19. Jh. in Langen
ansässige Familie von der Hagen beauftragte angeblich einen Schüler
Stülers mit den Entwürfen für einen Kirchenneubau. Am 16. Oktober 1855
fand die Einweihung statt. Anders als der Vorgängerbau wurde die neue
Kirche weiter nördlich errichtet, so dass sie auf dem leicht ansteigenden
Gelände den Ort deutlich überragt. 1954 Erneuerung der Holzdecke (a), der
Einbau einer Winterkirche im August 2003 abgeschlossen.
Der Kirchhofzugang von der Dorfstraße mit dreipfortigem, gestaffeltem
Portal, Mitte 19. Jh. Leichte Konstruktion aus roten Ziegeln mit vier
fialenartigen schlanken, oktogonalen Turmaufsätzen. Die beidseitig
anschließende Ziegelmauer mit durchbrochenem Rautenmuster.
Links vom Eingang das ehemalige Spritzenhaus, ein kleiner Sichtziegelbau.
An der nördlichen Kirchhofmauer eine kleine Leichenhalle. Ende 19. Jh. als
roter Sichtziegelbau in einer an den Kirchenbau angelehnten
Formensprache errichtet. Ziegel – wie auch die der Kirchhofmauer – mit
Stempel »J. F. Meuss Rathenow«.
Die Kirche ein aufwendiger, einschiffiger gelber Sichtziegelbau auf
Feldsteinsockel im italienisch romanisierenden Rundbogenstil des Stüler-
Umkreises (Ziegelstempel: Schuward, Rathenow). Belebung des Baukörpers
durch kontrastierende rote Ziegelbänder mit durchgefärbtem, rotem
Fugenmörtel. Abgesetzte Halbkreisapsis im Osten. Hoher, weitgehend ins
Schiff eingebundener eingezogener Westturm auf quadratischem Grundriss;
das zurückspringende Glockengeschoss von Eckfialen mit Spitzhelm
begleitet. Turmabschluss durch schlanken, oktogonalen Aufsatz und
Spitzhelm. Kirchenschiff durch Ecklisenen aus roten Ziegeln mit
türmchenartigen Fialen akzentuiert. Auf jeder Längsseite fünf hohe
Rundbogenfenster mit Maßwerk. Am östlichen bzw. westlichen Schiffsende
jeweils drei übereinander liegende kleinere Fenster, hinter denen sich
Treppenaufgänge bzw. Nebenräume verbergen. Im Süden kleine
Eingangsvorhalle. Traufgesims mit abgetrepptem Rundbogenfries, die Apsis
mit abschließendem doppelten Zahnfries.
Im Inneren kreuzrippengewölbte Turmhalle mit eingestellten Säulen und der
Inschrift »1855« im Schlussstein. Der Kirchensaal von auffallend großer
Raumhöhe, ursprünglich noch gesteigert durch »dachförmigen« Abschluss.
Die jetzige flache Holzbalkendecke von 1954 (a). Das Dachwerk eine
Firstpfetten-Hängewerk-Konstruktion. Zwischen raumhohen Stützen eine
reich geschnitzte hufeisenförmige Empore, die einen dreischiffigen
Raumeindruck entstehen lässt. Unter der Westempore 2002/03 eine
Winterkirche abgeteilt. Die Schiffswände ursprünglich mit bis zur Decke
reichenden Holzpaneelen. Fenster mit Rautenverglasung und umlaufenden
farbigen Rankenbordüren größtenteils erhalten. Der um vier Stufen erhöhte
Chor in Formen der italienischen Frührenaissance gestaltet, vom
Kirchenschiff durch einen Triumphbogen getrennt; Tonnenwölbung und
Konche mit aufgemalter Kassettierung. In der Apsis Farbverglasung »Noli
me tangere« zwischen Moses, Jesaja, Paulus und Petrus; 1905 (a), von der
Firma W. Franke aus Naumburg (a, i).
Beidseitig der Apsis kreuzrippengewölbte, oktogonale Räume in zwei
Geschossen übereinander. Der südliche im Erdgeschoss mit Außenzugang
durch eingestellte Säulen mit Weinlaub- bzw. Blattkapitellen reicher
gestaltet; wahrscheinlich die Eingangshalle des Gutsherren. Darüber von der
Empore zugänglich ein schlichter quadratischer Raum. Der nördliche
Erdgeschossraum eine vereinfachte Wiederholung des südlichen. Im
zweiten Geschoss wieder aufwendiger gestaltet mit auf Konsolen endendem
Rippengewölbe; ursprünglich wohl als Gedenkraum genutzt (mehrere ältere
Gedenktafeln, Totenkränze u.a.). Beidseitig vom eingezogenen Westturm
Treppenhäuser mit abschließendem Kreuzrippengewölbe.
Ausstattung
Altartisch. 1855. Sandstein. Dahinter ein hohes Sandsteinkreuz.
Taufe. Sandstein. Oktogonaler Schaft mit kassettierten Seitenflächen.
Kanzel. 1855. Sandstein. Fünfseitiger langgezogener Kanzelkorb, die
Seitenflächen mit neogotischem Blendmaßwerk. Der Unterbau aus großen
Sandsteinblöcken gesetzt. Davor Mosesfigur. 17. Jh. Holz, geschnitzt 1,20
m); sie diente in der Vorgängerkirche bis 1804 als Kanzelträger.
Orgel. 1908/09. Gebrüder Walter aus Guhrau in Schlesien (fast alle Pfeifen
entfernt). Kassettiertes Holzgehäuse mit drei Trommeln für Pfeifen, halbrund
die mittlere und Dreiviertelkreis die beiden seitlichen, jeweils mit
abschließendem, durchbrochenem geschnitzten Rankenwerk und
Palmettenfries.
Empore. 1855. Dreiseitig, zwischen die schlanken, den Kirchenraum
unterteilenden Holzstützen gespannt. Brüstung mit rautenförmiger
Kassettierung, die Zwickel darunter mit Akanthusreliefs. An der Südseite
Richtung Chor zwei Kompartimente als Logen mit abschließenden
Palmettenaufsätzen abgeteilt.
Gemeindegestühl. 1855. Schlichte Holzbänke, die Wangen in stilisierten
Palmetten endend. An vier Bänken die Aufschrift »Herrschaft«.
Gedenktafel für Gefallene im Ersten Weltkrieg 1914-18. Schlichte Holztafel
an der Nordwand.
Gedenktafeln und Totenkronen im Raum nördlich der Apsis, zweites
Geschoss. Mehrere Holztafeln zum Gedenken an: Friedrich Julius Freese,
† Düppeler Schanzen 1864; Luise Henriette Regine Picker, 1831-1840;
Johan Wilhelm Niter, 1808-1827; Charlotte Heidepriem, 1831-39.
Kleine Glocke. Bauzeitlich. Inschrift »Schulz«.
Mittlere Glocke. Bronze. 1698, Johann Jacob Schulz Berlin (i). Große
Glocke. Gegossen 1855 von W. Bachmann, Berlin (i).
Turmuhr. 1906. Von J. F. Weule, Bockenem (i).
Einer der größten Dorfkirchenbauten Brandenburgs, der ganz bewusst –
nach dem Vorbild Stülerscher Kirchen im Potsdamer Umland – in die
Landschaft wirken sollte. In ihrer charakteristischen Form auf Fernwirkung
konzipiert und ein baukünstlerisch herausragendes Zeugnis des
Kirchenbaus des 19. Jh. Mit ihrer markanten Silhouette bildet die Dorfkirche
eine weithin sichtbare Landmarke der im 19. Jh. durch den Torfabbau reich
gewordenen Region.
Quellen: BLDAM, Altakten IfD (1951-53); BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A II, Ruppin,
Nr. 1620 (1806-1923, Unterhaltung der Pfarr-, Kirchen- und Schulgebäude);
LABB, Nr. 14/13.168 (1883-1909).
Literatur: Inventar 1914, S. 115f.; Drescher 1969 (Erfassungskartei BLDAM);
Enders 1970, S. 140-142; Mehlhardt, Dieter, Langen (= Märkische
Dorfkirchen, Folge 40), in: Potsdamer Kirche (1977) 22, S. 8;
Kurztopographie 1978, S. 227; Börsch-Supan 1997, S. 645; Dehio 2000, S.
559f.