Denkmaltopographie Barnim, Bd. 5.1, 1997, S. 197 ff.

Ursprünglich war Tornow selbständige Pfarre (1459 erwähnt); bei erster
Visitation 1541 dann Tochterkirche von Hohenfinow; dabei blieb es bis
heute. Das Patronatsrecht hatte die Orts- bzw. Gutsherrschaft (schon 1375
Familie von Sparr). Die durch die Hohenfinower Gutsherren ab 1695 in
Tornow angesiedelten französischen Kolonisten besaßen bis 1744 einen
eigenen, französischen Pfarrer. Die stattliche Kirche steht im Zentrum des
Angerdorfes auf dem von einer Feldsteinmauer umgebenen Kirchhof.
Baugeschichte und Beschreibung
Errichtet im mittleren 13. Jh. als frühgotischer Saalbau mit eingezogenem
Rechteckchor aus Feldsteinquadermauerwerk, begonnen wahrscheinlich mit
dem Chor (Schichten zum Schiff nicht durchgehend). Eine jüngere Zutat ist
der in das Dach eingebundene westliche Dachturm mit Zeltdach. Giebel von
Schiff und Chor aus unregelmäßigem, kleinteiligem Feldsteinmauerwerk.
Durch besonders sorgfältige Bearbeitung zeichnen sich die Eckquaderungen
und die spitzbogigen Portallaibungen aus. Breites, dreifach gestuftes
Westportal, Priesterpforte auf der Nordseite des Chores, jetzt vermauert ein
großes Portal auf der Nordseite des Schiffs. Portale innen in Nischen mit
dachförmigem Sturz. Von den ursprünglichen Fenstern, je drei in den
Schiffsund zwei in den Chorwänden, die Scheitel teilweise erkennbar. Einen
Eindruck von der Gestalt der mittelalterlichen Fenster gibt die 1906 wieder
geöffnete Dreifenstergruppe in der Ostwand des Chores (dabei noch die
mittelalterlichen Fensterrahmen aus Eichenholz aufgefunden). Das mittlere
der schlanken Fenster mit rundbogigen Abschlüssen leicht erhöht. Im
Chorgiebel kleine Rundöffnung. Westgiebel der Kirche mit schlitzförmigen
Öffnungen unten und jetzt zugesetztem Rundfenster oben, dabei innen die
Abdrücke der Verschalung erkennbar. Bemerkenswert die auf der Ost- und
Nordseite des Chores teilweise erhaltenen Reste des mittelalterlichen
Fugennetzes, durch helle Färbung zwischen doppelten Ritzungen im Putz
hervorgehoben. Auf Wiederherstellungsarbeiten nach Beschädigungen im
Dreißigjährigen Krieg dürfte das Dachwerk des Schiffs zurückgehen, ein
Sparrendach mit doppelt stehendem Stuhl, Kehl- und Hahnenbalken,
Spannriegeln und Kopfbändern. Bis auf zwischen die Stuhlsäulen
eingezapfte Riegel und Streben sind alle Hölzer verblattet. Holznägel an den
engstehenden Sparren sind Zeugen für den von französischen
Einwanderern in Tornow betriebenen Tabakanbau (zum Trocknen von
Tabakblättern häufig Kirchendachböden benutzt). Störungen im Mauerwerk
und Reste einer Pforte auf der Südseite des Chores gehen auf ehemals hier
vorhandene Anbauten zurück, die Sakristei und zuletzt ein niedriges
Leichenhaus mit Pultdach. Von einer älteren Umbauphase stammt der
Flachbogen im oberen westlichen Mauerabschnitt. Offenbar befand sich hier
eine Patronatsloge mit breiter, erhöht liegender Öffnung zum Kirchenraum.
Die Jahreszahl 1796 auf der Windfahne belegt die Entstehungszeit des jetzt
verbretterten Fachwerkturms mit durch Kreuzstreben gefestigter
Innenkonstruktion (Glockenstuhl). Gleichzeitig entstanden wohl die an Stelle
der mittelalterlichen eingebrochenen Korbbogenfenster mit Ziegellaibungen
und das Sparrendach des Chores mit doppelt stehendem Stuhl, dabei
sämtliche Hölzer verzapft. Im schlichten Kircheninneren beachtenswert der
aus der Bauzeit stammende spitzbogige Triumphbogen und die 1796
entstandene Westempore mit zwei kräftigen, die darüber befindliche
Turmkonstruktion tragenden toskanischen Holzsäulen in der Mitte bzw.
seitlichen Stützen mit aufgelegten Pilastern. Am logenatig vorspringendem
Mittelteil der Empore gesägtes Zierbrett mit stilisierten, vegetabilen Motiven.
Im Chor flache Putzdecke, im Schiff einfache Bretterdecke mit drei
Unterzugbalken. In der östlichen Dreifenstergruppe ornamentale
Glasmalereien (1906) mit Rosetten und Blattmotiven vor blauem Grund. Eine
Instandsetzung nach dem Zweiten Weltkrieg war 1951 beendet. 1990
Sanierung des Turmes.
Ausstattung
Große Glocke. 14./15. Jh., oben durch drei kleine Medaillons (u.a.
Verkündigung und Lamm Gottes) sowie Wappenschild mit
brandenburgischem Adler verziert.
Kleine Glocke. 15. Jh., oben mit zahlreichen kleinen Medaillons verziert (u.a.
Abraham und Isaak, Kreuzigung Christi, Auferstehung, Verkündigung,
Evangelist, Engel, Pelikan, Löwe), außerdem kleines Rechteckbild eines
Bischofs.
Bedeutung
Ältestes und heute einziges historisch bedeutsames Bauwerk in Tornow,
zugleich städtebaulicher Mittelpunkt des Ortes. Wichtiges Beispiel für den
frühgotischen märkischen Dorfkirchenbau. Die Kirche vertritt den Bautypus
des Saals mit eingezogenem Rechteckchor, in der Umgebung ähnlich z.B. in
Klobbicke und Parstein, dort aber später wesentlich stärker verändert.
Bemerkenswert auch die Spuren mittelalterlicher Bautechnik (z.B.
Feldsteinmauerwerk, teilweise mit Fugennetz, Schalungsspuren).
Literatur: Schmidt, Tornow, 1941; Enders 1980, S.575f.; Kurztopographie
1980, S.160; Dehio 1987, S.383.