Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 55 ff.

Die Bochower Kirche, deren schlanker Ziegelturm mit dem spitzen Helm eine
weithin sichtbare Landmarke bildet, steht mitten auf dem Dorfanger, umgeben
vom Kirchhof. Dieser ist heute mit Rasen bedeckt und von einer niedrigen
Feldsteinmauer eingefriedet, die innen von einer Lindenreihe (zweite Hälfte 19.
Jh.) begleitet wird. Südlich der Kirche steht ein Denkmal für die Gefallenen des
Ersten Weltkrieges, nördlich außerhalb des Kirchhofs eine Eiche (vermutlich
1871). Der jetzige Friedhof wohl nach 1900 am Klosterweg angelegt. In
Bochow existierte spätestens 1300 eine Kirche, denn damals wurde ihr das
nahe gelegene, bald darauf aufgegebene Klein Kreutz als Tochterkirche
unterstellt. Von Mitte des 15. Jh. bis 1959 war Bochow Mutterkirche von
Göhlsdorf, seit 1959 von Damsdorf und Trechwitz. Bochow besaß zwei,
zeitweilig auch drei Pfarrhufen. Das Patronatsrecht hatte bis 1542 das Kloster
Lehnin, danach der Landesherr. Heute wird Bochow von Groß Kreutz betreut.
Die Kirche wurde 1858-62 anstelle eines baufällig gewordenen Vorgängers
errichtet, der kürzer und schmaler als der jetzige Bau war und einen Holzturm
besaß; letzterer trug eine Wetterfahne mit der Jahreszahl 1738
(Turmknopfdokument von 1861). Nachdem es bereits seit 1846 verschiedene
Reparaturvorschläge für den Vorgängerbau gegeben hatte, entschloss man
sich 1858 zu einem Neubau. Den Entwurf fertigte Bauinspektor Schneider an,
revidiert wurde er durch Friedrich August Stüler. Baubeginn war 1861, die
Bauleitung hatte Bauführer Lorenz. Für die Fundamente verwendete man die
Feldsteine des Vorgängerbaus. Die Einweihung fand am 3.9.1862 statt, die
Aufstellung der Orgel erfolgte 1863. Gleichzeitig mit der Kirche wurde auch die
Kirchhofsmauer neu errichtet.
1956 wurde nicht nur die ursprüngliche Ausmalung, sondern auch das
Altarretabel entfernt; die vier Retabel-Bilder (Evangelistendarstellungen)
wurden dabei herausgenommen, einzeln gerahmt und an der Apsiswand
aufgehängt. 1993/94 wurde der Turm restauriert, 1996 eine Winterkirche
eingebaut.
Saalbau aus Feldstein mit eingezogenem, von kleinen offenen Portalvorhallen
flankiertem Westturm und halbkreisförmiger Apsis; der Turm, der obere Teil
der Apsis und einzelne Gliederungselemente des Kirchenschiffs (Ecklisenen,
Rundbogenfries unter der Traufe und Fensterlaibungen) aus roten Ziegeln;
Ziegelstempel »R. Priebe, Rathenow« und »Barnewitz Rathenow«. Die
Langseiten des Schiffes durch fünf hoch liegende Rundbogenfenster über
kräftigem Gesimsband gegliedert. Die den Turm flankierenden Portalvorhallen
zur West und zur Nord- bzw. Südseite in einem Rundbogen geöffnet; schlanke
Ecksäule aus Werkstein mit Würfelkapitell. Der Turm bis über Firsthöhe des
Kirchenschiffes quadratisch, darüber hoher oktogonaler Aufsatz, der von acht
Giebelchen abgeschlossen wird, über denen sich der hoch aufragende, spitze
Helm erhebt. Der obere Teil der Apsis durch Rundbogen-Blendarkade aus
roten Ziegeln belebt.
Das Innere durch die nahezu komplett aus der Bauzeit erhaltene Ausstattung
(vgl. Göhlsdorf) in schlichten neoromanischen Formen geprägt. Im
Turmuntergeschoss kleiner Vorraum mit Kreuzgratgewölbe. Im Schiff sichtbar
belassenes Dachtragwerk, bestehend aus in zwei Reihen angeordneten
Hängesäulen, die in gedrechselten Zapfen enden. Der Fußboden mit
achteckigen Tonfliesen belegt (Ziegelei Borchmann, Rathenow). Fenster mit
einfacher Bleiverglasung und blauem Rand. Die von einer Halbkuppel
überwölbte Apsis durch einen pilasterflankierten Rundbogen vom Schiff
getrennt. Westempore auf achteckigen Stützen; Emporentreppe mit zierlichem
Traljengeländer an der Westwand des Schiffes. Zur Raumwirkung trägt die
vollständig erhaltene Ausstattung bei.
Ausstattung
Altar. 1862, angefertigt vom Bildhauer Friedrich Wilhelm Koch aus Potsdam.
Steinguss (»Cement«). Vorderseite mit Halbsäulen und Maßwerkfeldern. Die
vier hochformatigen Gemälde (Evangelisten) des 1956 beseitigten
Altarretabels jetzt einzeln gerahmt an der Apsiswand aufgehängt.
Kanzel. 1862, angefertigt vom Bildhauer Koch aus Potsdam. Steinguss
(»Cement«). Kanzelkorb mit fünf vollplastischen Figuren zwischen gedrehten
Säulen (Christus und die vier Evangelisten). Aufgang zur Kanzel mit Geländer
aus Rundbogenarkaden und Maßwerk.
Taufe. 1862, angefertigt von dem Bildhauer Koch aus Potsdam. Steinguss
(»Cement«). Oktogonaler Aufsatz über oktogonalem Standfuß; Taufschale aus
Messing, gestiftet 1695 von dem Lehnschulzen Daniel Waeger und dessen
Ehefrau Maria Vogels, erneuert 1862 (i).
Orgel. 1854 durch Gottfried Wilhelm Baer aus Niemegk angefertigt, 1863
aufgestellt. 10 Register, ein Manual, Pedal, mechanische Schleiflade.
Neoromanischer Prospekt mit fünfteiliger Arkade.
Westempore. 1862, Tischlermeister Kluge und Behrend aus Werder.
Emporenbrüstung mit zierlicher rundbogiger Blendarkade.
Kirchengestühl. 1862, Tischlermeister Kluge und Behrend aus Werder.
Gemeindegestühl in zwei Blöcken angeordnet, die Wangen mit zierlichen
Rosetten. An der Ostwand, seitlich der Apsis, auf beiden Seiten jeweils quer
angeordnete Bänke, wohl für die Kirchenältesten oder die Lehnschulzen-
Familie.
Glocke. Wohl 14. Jh. Bronze, ohne Inschrift.
Eine der qualitätvollsten Dorfkirchen der Region im Rundbogenstil des Stüler-
Umkreises. Bemerkenswert insbesondere die einheitlich aus der Bauzeit
erhaltene Ausstattung, deren Prinzipalstücke im zeittypischen Material
Steinguss (»Cement«) angefertigt sind. Seltenheitswert besitzt auch das
vollständig erhaltene Gestühl: Mit seinen vorderen, separat aufgestellten
Bankreihen dokumentiert es die streng hierarchische Sitzverteilung innerhalb
des Bauerndorfes.
Quellen: A. Cante 2005, S. 8-12. BLDAM, Altakten IfD (1965). Objektakte 2.00-
14/498 (1996). DStA, Depositum Ephoralarchiv Lehnin, L-E 514/412 (Glocken,
1926-55); Depositum Pfarrarchiv Bochow, Boch 27/2 (Kirchenbuch von
Göhlsdorf), Boch 103/30 (Kirchen-, Pfarr- und Schulbauten, 1791-1891), Boch
108a/Ü 737 (Inhalt des Turmknopfes, 1861, 1993), Boch 109/31 (Orgel, 1857-
1871); Boch 110/P 178-181 A2 (Zeichnungen, 1862, 1931. ! Abb.: Boch 110/P
180 A2); Boch 111/P 339-346 (Zeichnungen, 1858-62, 1931).
Literatur: Klünder 1951, S. 57, 62 und 67; Eckardt 1967 (Erfassungskartei im
BLDAM); Rohrlach 1977 (Ortslexikon), S. 37; Kurztopographie 1978, S. 265;
Lohmann 1993 (Orgelerfassung); Vinken 2000 (Dehio), S. 93.