Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 62 ff.

Die Kirche mit ihrem hoch aufragenden Glockenturm in Form eines
italienischen Campanile steht abseits des alten Dorfkerns inmitten des
ehemaligen Kirchhofs südöstlich vom Schloss. Der ursprüngliche
Kirchenstandort befand sich wohl weiter nordwestlich auf dem Areal zwischen
Kirche und Schloss; dort wurden bei Grabungen spätmittelalterliche
Sargbestattungen gefunden, die darauf hindeuten, dass hier einst der Kirchhof
lag. Dass die Grundmauern der mittelalterlichen Dorfkirche im Schloss
stecken, wie Kitschke 1999 vermutet – dickere Außenmauern im östlichen Teil,
in denen auch Formsteine gefunden wurden, vermauerter über zwei
Geschosse reichender Bogen in der Ostwand –, ist dagegen eher
unwahrscheinlich, da Caputh als sehr kleines Dorf wohl keine so große Kirche
hatte, außerdem wäre ein Ziegelbau für diese Zeit ungewöhnlich. Wohl im
Zusammenhang mit dem Schlossbau oder -ausbau wurde die Kirche an ihren
jetzigen Standort verlagert. Für Jahrhunderte (erwähnt um 1450) war Caputh
Tochterkirche von Neu Langerwisch; 1920 wurde es Tochterkirche von Geltow,
mit dem zusammen es seit 1870 in einem Pfarrsprengel vereinigt war. 1721-
1801 war Schmerberg eingekircht. Die Patronatsrechte hatte das Gut Caputh
bzw. der König oder der Fiskus. Die Kirche war nicht mit Pfarrhufen
ausgestattet, der Pfarrer hatte lediglich 22 Scheffel Roggen von den Bauern-
und Amtshufen. Erst seit 2001 ist Caputh eine eigene Pfarre, davor befand sich
der Pfarrsitz in Geltow.
Baugeschichte: Die 1850-52 nach einem Entwurf von Friedrich August Stüler
errichtete Kirche ersetzte einen wohl um 1600 entstandenen Vorgänger,
dessen Außenwände in den Neubau mit einbezogen wurden. Der Vorgänger
war ein quadratischer Bau mit östlichem (Chor) und westlichem Anbau (wohl
Eingangshalle), der infolge der angewachsenen Gemeinde Anfang des 19. Jh.
zu klein geworden war. Eine Verlängerung der Emporen (1821) stellte keine
dauerhafte Lösung dar: Sie erweiterte die Kirche auf 248 Plätze, Caputh hatte
jedoch (1845) 1.100 Einwohner, worunter sich 770 »kirchgangfähige«
Personen befanden. 1846 wurde Christian Heinrich Ziller mit einem Umbau-
Entwurf beauftragt, den König Friedrich Wilhelm IV. aber abgelehnte. Statt
dessen erhielt Stüler den Auftrag zu einem Neubau, für den 1847 der Entwurf
vorlag. Die Detailzeichnungen arbeitete Ziller aus, der auch die Aufsicht über
die Bauausführung übernahm. Zudem ist von einer direkten Einflussnahme
König Friedrich Wilhelms IV. auszugehen, die sich vor allem in der
italianisierenden Formensprache äußert. Auch die Verlegung des im Stüler-
Entwurf noch auf der Südseite des Schiffes platzierten Turmes auf die
Nordseite und der Ersatz der hochaufragenden Turmspitze durch einen flachen
Helm mit Knauf gehen auf den König zurück.
In den Bau wurden Nord- und Südwand der alten Kirche sowie der westliche
Anbau einbezogen (letzteren gestaltete man zur Vorhalle um), lediglich die
Ostwand mit dem Chor wurde abgebrochen. Baubeginn war 1850; letzte
Veränderungen ordnete Friedrich Wilhelm IV. noch 1851 an, sie betrafen u.a.
die Kanzeltreppe, den Altar, die Eingangstür, die Sandsteinkonsolen und die
Auflagebalken der Emporen sowie die Ausmalung. Die Einweihung fand am 8.
Februar 1852 statt.
1874 wurde wegen Feuchtigkeitsschäden der Außenputz erneuert, 1902 baute
man neue Emporentreppen ein, 1906 wurden Turmreparaturen durchgeführt.
1914 erfolgte die Erneuerung der gesamten, durch Anobienbefall geschädigten
Dach- und Deckenkonstruktion des Mittelschiffs, wobei die Kassettendecke
originalgetreu wiederhergestellt und 1926 mit einer neuen (stark vereinfachten)
Farbfassung versehen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den die Kirche
unbeschadet überstanden hatte, traten verstärkt Bauschäden auf. Eine
umfangreiche Sanierung wurde 1981-88 durchgeführt (Schwammsanierung,
Erneuerung des Außenputzes und einiger Fenster, Rekonstruktion der
Farbfassung von Stüler und Ziller). 1999/2000 erfolgten eine
Schwammsanierung im Turm, die Erneuerung der Schallluken, die
Instandsetzung des Kirchendaches, der Kassettendecke und der Fassade.
Beschreibung: Dreischiffige Pfeilerbasilika in reichen italienisch-romanischen
Formen mit Westvorhalle, polygonaler Apsis und nördlichem, durch einen
schmalen Sakristeianbau mit dem Langhaus verbundenem schlanken Turm.
Für den Außenbau bestimmend das weißgraue Putzquaderwerk der
Mauerflächen sowie die gelben Ziegel der Lisenen, des Obergadens und des
Turms. Die Westfassade in der Straßenachse als Schaufassade ausgebildet,
dabei italienische Vorbilder aufgreifend (Anlehnung an den Dom und St. Zeno
in Verona). Die Vorhalle mit rundbogigem, von einem Dreiecksgiebel
überfangenem Stufenportal, darüber fünfteilige Rundbogenarkade, die der
Form des flachen Giebels folgt. Im Westgiebel Fensterrose, die aber – ebenso
wie die Rose im Ostgiebel – nicht verglast, sondern vermauert ist (ein Fenster
an dieser Stelle wäre von der Kassettendecke überschnitten worden). Die hoch
ansetzenden Rundbogenfenster der Seitenschiffe von profilierten Archivolten
überfangen. Die Obergadenfenster als gekuppelte Rundbogenfenster
ausgeführt, die Mittelsäulen aus Sandstein (Basen und korinthische Kapitelle
aus Zinkguss).
Glockenturm auf der Nordseite des Schiffes, mit diesem durch den
Sakristeianbau verbunden. Quadratischer Unterbau, der in Höhe der
Seitenschiffe in einen achteckigen Schaft übergeht; an den Graten Ecklisenen,
die die Vertikale zusätzlich betonen. Das Glockengeschoss mit hohen,
schmalen gekuppelten Rundbogenöffnungen. Die Rosetten in den
Brüstungsfeldern aus Zinkguss. Flaches Zeltdach mit Kugel und Kreuz, die
Ecken ursprünglich mit Akroterien, später durch bogenförmige Bleche ersetzt.
Auf der Westseite kleines Rundbogenportal. Der Sakristeianbau mit
dreibahnigem Fenster.
Innen Eingangshalle mit Sterngewölbe aus roten Ziegeln. Der Kirchenraum
durch die Verwendung hochromanischer Formen geprägt, seine Wirkung durch
die Rekonstruktion der bauzeitlichen Ausmalung und die vollständig erhaltene
Ausstattung bestimmt. Das Mittelschiff mit hölzerner Kassettendecke, zu den
Seitenschiffen durch Rundbogenarkaden mit fünf Bögen geöffnet; die Pfeiler
mit eingearbeiteten Ecksäulchen mit Würfelkapitellen. In den Seitenschiffen
über die ganze Länge und Tiefe Emporen, darüber schlichte Holzdecken auf
gekehlten Balken. Im östlichen Joch der Nordempore Patronatsloge, von dort
Zugang zum Obergeschoss des Sakristeianbaus. Die Apsis durch Rundbogen
vom Schiff getrennt. Fußboden (Gang) mit sechseckigen gelben Ziegelfliesen
belegt.
In den 1980er Jahren Rekonstruktion der bauzeitlichen Ausmalung. Das
Mittelschiff mit hölzerner Kassettendecke mit gelben Sternen auf blauem
Grund; die Holzdecken über den Emporen mit Lasuranstrich, die Balken mit
Schablonenmalerei. An den Wänden gemalte architektonische Gliederung,
plastisch nur das Gesimsband auf Kämpferhöhe. An der West- und der
Ostseite illusionistisch gemalte Fensterrose in Grisaillemalerei (greift das Motiv
der Fensterrosen im Außenbau auf). Der Apsisbogen mit vergoldeter Inschrift.
In der Apsiskuppel gemalter Sternenhimmel, architektonische Rahmung in
Grisaillemalerei. An der Apsisrückwand drei Bibelzitate, die auf direkten
Einfluss Friedrich Wilhelms IV. zurück gehen.
Ausstattung
Altar. Bauzeitlich, unter Einflussnahme Friedrich Wilhelms IV. Hölzerner
Altartisch, vorne auf Rundsäulen mit korinthischen Kapitellen ruhend. Fassung
wohl 1926. Kruzifix, bauzeitlich, bronzierter Zinkguss. Leuchterpaar, gestiftet
1902 (i) von Elise und Rudolf Bosdorff.
Taufe. Wohl bauzeitlich, achteckige Stele mit rötlichem Holzfurnier. Taufschale
aus weißem Porzellan. Mitte 19. Jh., Königliche Porzellanmanufaktur Berlin,
auf der Grundlage eines Entwurfs von Karl Friedrich Schinkel für die
Taufschale des preußischen Hofes in der Potsdamer Garnisonkirche.
Umlaufendes Relief, mit Engeln, die Kinder zu Jesus führen.
Kanzel. Bauzeitlich, hinter dem Altar, original erhaltene rotbraune Fassung. Auf
beiden Seiten Treppe mit zierlichem Geländer.
Orgel. Ursprünglich 1852 von Carl Ludwig Gesell. 8 Register, Pedal,
mechanische Schleiflade. 1928 erweitert durch Alexander Schuke auf zwei
Manuale und 12 Register (op. 117), 2003-06 Restaurierung durch Reinhard
Hüfken. Prospekt von Friedrich August Stüler nach einem Musterentwurf von
August Soller in reichen, spätklassizistischen Formen.
Ölgemälde »Christus mit zwei Jüngern und Johannes dem Täufer«. Spätes 19.
Jh., von H. Couard (Pastor).
Büste Friedrich Wilhelms (IV). Gipsabguss einer 1823 von Christian Daniel
Rauch geschaffenen Marmorbüste des Kronprinzen. In der Sakristei.
Gemeindegestühl. Bauzeitlich, Eichenholzlasur.
Emporen. Orgelempore und Seitenemporen über die gesamte Länge und Tiefe
der Seitenschiffe. Getragen von auf Sandsteinkonsolen aufliegenden und
zusätzlich durch Holzstützen unterfangene Balken (Verzierung modifiziert nach
Vorstellung Friedrich Wilhelms IV.). Brüstungen in Eichenholzlasur.
Kronleuchter. Mitte 19. Jh. Messing, vergoldet, mit reichem Palmettenschmuck
und Prismenbehang. 1926 mit elektrischen Kerzen versehen.
Glocke. 1883, Bronze, gegossen von Hugo Collier, Berlin. Inschrift: »Luther-
Glocke 1883 * Ein feste Burg ist unser Gott«
Der wirkungsvoll inszenierte Bau ist einer der stattlichsten dörflichen
Kirchenbauten des 19. Jh. innerhalb der Potsdamer Kulturlandschaft; wie die
(kleinere) Dorfkirche von Petzow oder die Werdersche Stadtkirche steht auch
die Caputher Kirche im Kontext der Bemühungen Friedrich Wilhelms IV., die
Landschaft um Potsdam durch bauliche und gärtnerische Maßnahmen
aufzuwerten. Die dafür charakteristische Bezugnahme auf Italien wird in der
Caputher Kirche besonders deutlich: Sie zeigt nicht nur den (für Stüler
typischen) »italienischen« freistehenden Campanile, sondern auch eine direkte
Anlehnung an konkrete Vorbilder – womit Stüler sicherlich auch die Eindrücke
seiner Italienreise von 1846/47 verarbeitete.
Quellen: BLDAM, Altakte IfD; Objektakte Nr. 2.00-14/915. BLHA, Pr. Br. Rep.
2A (Regierung Potsdam, Abt. II: Kirchen- und Schulwesen, Kreis Zauch-Belzig,
Nr. 515, Nr. 516 und Nr. 519.
Literatur: Kieser 1938, Nr. 20, S. 1; Kurztopographie 1978, S. 267f.; Kitschke
1983, S. 76 f.; Börsch-Supan/ Müller-Stüler 1997, S. 563f.; Kitschke 1999;
Vinken 2000 (Dehio), S. 170; Die Orgel der ev. Kirche Caputh (o.J., ca. 2005).