Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 110 ff.

Die Kirche steht inmitten des auf einer leichten Anhöhe am südlichen Ende der
Dorfstraße gelegenen Kirchhofs, wo sie mit ihrem breiten, mit dekorativen
Stufengiebeln versehenen Westturm einen markanten Blickpunkt bildet. Der
Kirchhof ist von einer Feldsteinmauer mit Ziegelabdeckung eingefasst (nur der
südwestliche Mauerabschnitt gegenüber der Schule besteht aus Ziegeln), die
gleichzeitig als Terrassenmauer den Höhenunterschied von knapp 2 m zur
Straße an der südöstlichen Kirchhofecke ausgleicht. Der Zugang zum
Kriegerdenkmal an der Südostecke ist von gelben Ziegelpfosten gerahmt. Auf
der Westseite wird der Kirchhof durch das Pfarrhaus begrenzt. Auf der
Kirchhoffläche sind nur einige Grabsteine und, neben zahlreichen neu
gepflanzten Bäumen und Sträuchern, Altgehölze (Ulme, Linde, Eiche, Flieder)
vorhanden.
Deetz ist eine alte Pfarre (schon 1219 erwähnt). Es hatte eine Tochterkirche in
Götz (1450, 1600). Heute wird es von Jeserig betreut. Das Patronat hatte bis
1297 der Markgraf, dann das Kloster Lehnin und seit der Säkularisation (1542)
der Kurfürst. Die Kirche war mit zwei Pfarrhufen ausgestattet (1290, 1541),
deren Zahl sich im 14. und 15. Jh. vorübergehend auf vier erhöhte.
In ihrer heutigen Form entstand die Kirche 1901/02; sie ging aus dem
eingreifenden Um- und Erweiterungsbau eines mittelalterlichen Vorgängers
hervor, von dem der querrechteckige Westturm und der westliche Teil des
gleichbreiten Schiffs einbezogen wurden. Die Ziegelformate erhaltener
Öffnungen (8-8,5 x 13 x 28-28,5 cm) deuten auf eine Entstehungszeit im
15./16. Jh. 1728 wurde das Schiff nach Osten verlängert und erhöht. Die
Kirche hatte die Form eines langgestreckten Rechtecksaals mit korbbogigem
Nordportal, Rechteckfenstern und nach Osten abgewalmtem Dach; im
flachgedeckten Inneren befand sich eine Hufeisenempore. Den Feldstein-
Westturm schloss ein Walmdach ab.
Erste Pläne zu einem Erweiterungsbau der für die stark angewachsene
Gemeinde zu klein gewordenen Kirche gab es bereits 1894, eine von Baurat
Köhler angefertigte Zeichnung mit Querhaus wurde jedoch verworfen. Ein 1895
durch Köhler ausgearbeiteter und von Regierungs- und Baurat Ludwig von
Tiedemann korrigierter Umbau-Entwurf, der schon wesentliche Merkmale der
späteren Ausführung aufweist (Anbau einer Apsis, rundbogige Erweiterung der
Schiffsfenster, Erweiterung des Daches zu einem Satteldach, Verlegung des
Portals von der Nord- auf die Westseite, Ersetzung der Flachdecke durch ein
teils zum Kirchenraum geöffnetes Dachwerk, Entfernung der Hufeisenempore
und Einbau einer Westempore), stieß beim Deetzer Gemeindekirchenrat auf
Widerstand, weil er lediglich eine Vermehrung der Sitzplätze von 250 auf 300
vorsah, obwohl die Gemeinde seit den 1860er Jahren von 500 auf 1200
Mitglieder angewachsen war. Daraufhin wurde der Umbauplan durch einen
zusätzlichen Anbau auf der Nordseite ergänzt. 1901 stimmte der Gemeinderat
dem veränderten Umbauentwurf zu, der im Zuge der Ausführungsplanung
dann aber noch um einen zusätzlichen Anbau auf der Südseite ergänzt wurde
(Baurat Schierer, Korrekturen durch von Tiedemann). Die Ausführung wurde
Maurermeister Jacob übertragen.
Einbezogen in den Um- und Erweiterungsbau wurden der Westturm und die
unteren Partien der westlichen Abschnitte der Schiffsmauern. Neu entstanden
die Apsis, die beiden Annexe am östlichen Teil der Nord- und der Südseite (der
nördliche mit Empore) sowie das Turmgeschoss mit Quersatteldach. Die
Fenster wurden rundbogig erweitert, das Nordportal geschlossen. Die Kirche
erhielt eine komplette Neuausstattung. – Am 23.10.1902 fand die Einweihung
statt. Beim Ministerium für öffentliche Arbeiten stieß der Umbau im übrigen im
Nachhinein auf Kritik, weil die Kirche durch die Erweiterung ihr »geschichtlich
gewordenes Gepräge« verloren habe.
Feldsteinbau mit hohem schiffsbreiten Westturm und halbkreisförmiger Apsis,
seitlich asymmetrische, unterschiedlich gestaltete Kreuzarme. Erhalten vom
Vorgänger der Westturm mit unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk sowie der
westliche Teil der Umfassungswände des Schiffes. Von den mittelalterlichen
Öffnungen auf der Nordseite erhalten ein Spitzbogenportal im Westen des
Schiffs (im unteren Teil zugesetzt) und ein spitzbogiges Turmfenster, beide mit
abgestuftem Backsteingewände. Die zwei beim Umbau 1901/02 angefügten
seitlichen Annexe aus Rüdersdorfer Kalkstein, jeweils von zwei parallelen, quer
zum Schiff verlaufenden Satteldächern mit Dreiecksgiebel abgeschlossen und
durch große, gedrückt spitzbogige, dreibahnige Fenster mit Ziegelgliederung
belichtet; der nördliche querhausartig mit Empore, der südliche schmaler und
niedriger. Die Apsis ebenfalls aus Rüdersdorfer Kalkstein, mit kleinen
Rundbogenfenstern. Das Turmobergeschoss aus roten Ziegeln; gegliedert
durch gekuppelte Rundbogenfenster unter Überfangbögen (drei auf der Breit-,
zwei auf den Schmalseiten), das Quersatteldach mit dekorativen Blendgiebeln.
Auf der Westseite des Turms rundbogiges Portal mit abgestuftem Gewände
(1901/02), darüber Zwillings-Rundbogenfenster und kreisförmiges Fenster, die
flachbogigen Fenster im oberen Tei des Turmes wohl noch auf den Vorgänger
zurückgehend.
Für das Dachwerk – ein Firstpfettendach kombiniert mit einem Hängewerk –
wurden zum Teil ältere Hölzer, für das Turmdach Teile der alten
Turmdachkonstruktion wieder verwendet.
Innen im Turmuntergeschoss Vorraum mit Kreuzgratgewölbe; die Türen von
1901/02. Das Kirchenschiff geprägt vom sichtbar belassenen Dachtragwerk
(Pfettendach mit Hängesäulen), die auf Ziegelstützen ruhenden
Rundbogenöffnungen zu den seitlichen Anbauten, die farbigen Glasfenster und
die nahezu vollständig erhaltene Ausstattung von 1901/02 (lediglich der Altar
mit Retabel 1964 ersetzt, auch die bauzeitliche Wandfassung nicht mehr
vorhanden). Emporen im Westen (Orgelempore) und im nördlichen (höheren)
Kreuzarm. Der südliche Anbau in zwei Joche unterteilt, die Holzdecke die
Dachform nachvollziehend. Fußboden aus diagonal verlegten großen
Ziegelplatten bzw. (in den seitlichen Anbauten) aus im Prüssverband verlegten
Ziegeln. Glasfenster von Carl Busch, Maler und Glasmaler, Berlin-Schöneberg.
Rautenverglasung mit farbiger ornamentaler Rahmung.
Ausstattung
Kanzel. 1901/02, von der Kunstanstalt G. Kuntzsch aus Wernigerode.
Polygonaler Kanzelkorb auf rundem Fuß, Holzlasur. Wandung mit
Rundbogenfries und ornamentierten Feldern.
Taufe. 1901/02, von Steinmetz Oskar Fiebiger aus Potsdam. Sandstein.
Orgel. 1902; Orgelwerk von Orgelbauer Albert Hollenbach aus Neuruppin (a);
12 Register, 2 Manuale, Pedal, mechanische Schleiflade. Orgelgehäuse von
der Kunstanstalt G. Kuntzsch aus Wernigerode; Prospekt in romanisierenden
Rundbogenformen mit Zinnenabschluss und mittlerem Giebel mit
Krabbenbesatz und Kreuzblume.
Emporen. 1901/02, im nördlichen Kreuzarm und im Westen, letztere auf
geschnitzten Säulen ruhend.
Glocken. Drei Glocken von 1919 (eine große, eine mittlere und eine kleine),
angeschafft 1920. Die alten Glocken von 1500, 1678 im 1907 im Ersten
Weltkrieg abgeliefert.
Mit ihrem stattlichen Feldsteinturm ist die Kirche das älteste bauliche Zeugnis
des Ortes und markanter Blickpunkt am Ende der Dorfstraße. In ihrer heutigen,
auf den Ausbau 1901-02 zurückgehenden Form zeigt sie deutlich die
Handschrift des Architekten Ludwig von Tiedemann, der die Entwürfe des
Baurats Köhler korrigierte. Von Tiedemann hatte sich vor allem im Berliner
Raum einen Namen als Kirchenbaumeister gemacht (z.B. Dreifaltigkeitskirche
in Berlin-Lankwitz, Oberlinkirche in Babelsberg und Dorfkirche in Bornim);
typisch für seine Bauten sind die Kombination unterschiedlicher Materialien
(Ziegel und Kalkstein), die freie Verwendung gotischer oder allgemein
mittelalterlicher Formen sowie asymmetrische, dem Zentralraum angenäherte
Räume, oft durch Einbeziehung querhausartiger Seitenschiffe. Durch die
Erweiterung erhielt Deetz eine der größten Dorfkirchen der Region, was den
damaligen Aufschwung des Ortes widerspiegelt.
Quellen: A. Cante 2005, S. 17-26. BLHA, Pr. Br. Rep. 2A, Regierung Potsdam,
Zauch-Belzig, Nr. 617. Heimatverein Deetz, historisches Foto. DStA,
Depositum Ephoralarchiv Brandenburg Neustadt, BEN 144/114 (1765-1822),
BEN 148/102 (Glocken, 1841-1922), BEN 295/P 357-359 A3 (1894-1901);
BEN 296/P 202-206 A2 (1894-1901); BEN 297/P 86a-106 A1, P 151 A1 (1894-
1901/02). Abb.: BEN 297/P 93 A2; BEN 298/1 (1902-28); Depositum
Ephoralarchiv Lehnin, L-E 514/412 (Glocken, 1926-55); Depositum Pfarrarchiv
Deetz, De 4/12; De 117/93 (1896-1901), De 118/75 (1894, 1901-02).
Literatur: Wolff 1920, S. 91; Klünder 1951, S. 57, 59 und 67; Drescher 1968
(Erfassungskartei BLDAM); Kurztopographie 1978, S. 39; Rohrlach 1977
(Ortslexikon), S. 90; Lohmann 1993 (Orgelerfassung); Vinken 2000 (Dehio), S.
221f.