Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 136 ff.

Der kleine, vom Kirchhof umgebene Fachwerkbau befindet sich am Südrand
des alten Dorfkerns auf einer Anhöhe westlich der Beelitzer Straße.
Bei der ersten Visitation 1540 wurde vermerkt, dass der Ort zur Pfarre
Bliesendorf gehöre und keine eigene Kirche besitze. Erst 1632 ließ
Gutsbesitzer Hans von Rochow eine Kirche erbauen, die im 18. Jh. durch
den jetzigen Bau ersetzt wurde. Sie war bis heute stets Tochterkirche von
Bliesendorf. Ferch gehörte bis 1806 zur Inspektion, 1806-1924 zur
Superintendentur Brandenburg-Neustadt und seit 1924 zur Superintendentur
Lehnin. Eingekircht sind heute Kemnitzerheide, Neue Scheune, Mittelbusch
und Junkershäuser. Das Patronatsrecht hatte das Gut Plessow.
Entgegen den Behauptungen in der Literatur entstand der Fachwerkbau mit
dreiseitigem Ostschluss und ins Schiffsdach eingebundenem westlichen
Dachturm nicht im 17., sondern im frühen 18. Jh. Der 1632 im Auftrag der
Familie von Rochow errichtete Bau war jedenfalls nicht mehr benutzbar,
vielleicht infolge des Dreißigjährigen Krieges. Aus den Angaben im
Bekmann-Nachlass geht nämlich hervor, dass die Gottesdienste wegen des
Fehlens eines Kirchenbaus im Kornhaus stattfanden und erst 1712 eine
Kirche erbaut wurde. Dazu passt die Datierung eines Bauholzes ins Jahr
1709 (d). Bei den kleinen, für 1719 überlieferten Maurerarbeiten
(Rechnungen für Hohlsteine, Kalk und Maurerarbeiten) dürfte es sich um
Nachbesserungen gehandelt haben. 1735 erfolgten Reparaturen, 1755 der
Einbau der Empore und ein Neuanstrich des Gestühls. 1804 wurde die
Rechnung für Reparaturarbeiten am Turm durch Maurermeister Hannemann
gestellt. 1817 erfolgte eine Reparatur der Kirchenfenster. Eine wegen des
inzwischen baufälligen Zustands im Hinblick auf den schon damals
erkannten Denkmalwert 1914 geplante, aber durch den Ersten Weltkrieg
verhinderte Instandsetzung kam erst 1924-25 zustande. Die Restaurierung
der Innenraumfassung wurde aufgeschoben. Planungen für eine erneute
Sanierung 1935 und 1936 gelangten offenbar nicht zur Ausführung. 1959-61
konnten dann das Dachwerk repariert, eine neue Biberdeckung aufgebracht,
Ausstattungsstücke restauriert und die Deckenmalerei wiederhergestellt
werden. Bei der Instandsetzung 1981-85 erfolgten Schädlingsbekämpfung
und die Erneuerung des Sockels sowie des Innen- und Außenanstrichs.
Schäden an Schwellen, Dachwerk und Putz führten zur Restaurierung 1999-
2000, geleitet durch die Potsdamer Architektin Antje Hartmann, die auch die
neue Wetterfahne mit Schiffssymbol entwarf. Neben der Sanierung von
Fachwerk-, Dach- und Turmkonstruktion erfolgte die Festigung der
Deckenmalerei.
Der kleine Saalbau mit dreiseitigem Ostschluss und ins Schiffsdach
eingebundenem westlichen Turm misst nur 15,42 x 7,36 m. Es handelt sich
um eine zweifach verriegelte Fachwerkkonstruktion mit verputzten
Ziegelausfachungen. Dach mit Biberschwanzdeckung (früher
Spließdeckung). In den Längsseiten des Schiffs je drei, unregelmäßig
angeordnete Rechteckfenster (ursprünglich größer und flachbogig
schließend); im Osten zwei Fenster. Der zum Dorf hin orientierte Eingang
befindet sich im Westen der Nordseite; erhalten das wohl von 1760
stammende (Rechnung für neue Kirchentür) aufgedoppelte Türblatt mit
Rautenmuster, darüber ein Fenster. Den kräftigen quadratischen Westturm
schließt ein deutlich überstehender Pyramidenhelm ab.
Das Kircheninnere mit hell getünchten Wänden, Ziegelfußboden und flacher,
verbretterter Holztonne (gern mit einem umgedrehten Kahn verglichen; aber
eine übliche barocke Deckenform). Diese als Wolkenhimmel bemalt, was
den Raum zusammen mit den farbig gefassten Ausstattungsstücken prägt. –
Dachwerk aus verzapften Hölzern mit liegender Stuhlkonstruktion und
Hängewerk; die wenigen Hauptgebinde mit Spannriegel in deutlichem
Abstand zum Kehlbalken; Windverband aus waagerechten Hölzern und
schrägen Streben. Die weiten Sparrenabstände lassen eine ehemalige
Rohrdeckung vermuten.
Schiffsdecke im 18. Jh. in kräftigen Farben bemalt als blauer Himmel mit
hellen Wolken, von denen sich einzelne zu Engelsgestalten formen; die
derbe Bemalung ohne Grundierung unmittelbar auf die Deckenbretter
aufgetragen. Nach starken Feuchteschäden 1960-61 durch den Restaurator
Friedrich Leonhardi erneuert, ebenso Innenanstrich und Einrichtung der
Kirche. Nach restauratorischen Untersuchungen die Deckenmalerei 2000
konserviert.
Ausstattung
Kanzelaltar. Um 1710/12. Über massivem Unterbau zierlicher, farbig
gefasster hölzerner Aufsatz; zwischen gedrehten, das Gebälk tragenden
Säulen polygonaler Kanzelkorb und entsprechender Schalldeckel
eingehängt. An den Postamenten der Säulen Wappen der Patronatsfamilien
von Rochow und von Arnim. Der Kanzelkorb mit gedrehten Ecksäulchen
besetzt und durch Gebälkzone mit Eierstab abgeschlossen; in den
Brüstungsfeldern gemalte Darstellungen der vier Evangelisten sowie in der
Mitte des segnenden Christus. Oberster Abschluss durch ausgesägtes
Ornamentwerk gebildet; auch die seitlichen Wangen in Form ausgesägten
Rankenwerks mit stilisierten Blüten. Restauriert 1960/61. 1958 entstanden
das hölzerne Altarkreuz und die Altarleuchter. Sie ersetzten zwei 1734 von
Ziegelmeister Christian Vogt und Johann Georg Scherf gestiftete Zinn-
Leuchter.
Taufengel. 1738 (Rechnung für den »Tauff Engel« und seine Aufhängung,
nämlich Schraube, kleine Schraube, drei Kugeln und ein vergoldeter Stern,
Kette und die Rolle, erhalten). Restauriert 1960-61. Von einem lokalen
Schnitzer aus Kiefernholz gefertigtes Stück, das bis heute an der
ursprünglichen Stelle in der Mitte des Schiffs vor dem Altar hängt; in
waagerechter Haltung schwebend mit Muschelschale in der rechten Hand;
die Linke mit Palmzweig erhoben. Von der Hängevorrichtung Gestänge mit
drei roten Holzkugeln, Kette und Holzrolle auf dem Dachboden original,
Gegengewicht aus Betonsteinen. Drei Fassungen nachgewiesen, die jüngste
wohl 1960-61.
Orgel. 1965 von Hans Joachim Schuke (Firma Alexander Schuke aus
Potsdam) (i); 2000 durch die Firma Schuke restauriert. 6 Register, 1 Manual
und Pedal; mechanische Schleiflade. Kastenförmige moderne Gestaltung.
Ein kleines Instrument mit vier Registern, das 1773 von Pfarrer Riehl
geschenkt worden war, später von Kunstmaler Goebel gekauft und 1914
durch Harmonium ersetzt.
Gemeindegestühl. Um 1710/12. In zwei Blöcken angeordnet. Wangen
profiliert geschwungen; zum Mittelgang ausklappbare Zusatzsitze, darauf
wohl die Rechnung für Herstellung von zwölf »Klappen an die Stule« 1736
zu beziehen. 1755 bekam das Gestühl anlässlich des Einbaus der Empore
einen neuen Anstrich.
Westempore. 1755. Rechnung dazu erhalten; Holz war vom Patron gestiftet
worden. Hufeisenförmig. Holzstützen mit Abfasungen, die teilweise bis zur
Decke reichen. Einfache, zurückspringende Brüstung zwischen
lisenenartigen Stützen, Westseite mit quadratischen Feldern.
Totenkronenbretter. An der Empore aufgehängte Erinnerungstafeln
(teilweise ausdrücklich als »Denk-Mahl« bezeichnet) für in jungen Jahren
unvermählt Verstorbene beiderlei Geschlechts; insgesamt 22 Stück.
Stammen von 1775, 1777, 1779, 1780, 1781, 1782, 1784, 1785, 1788, 1810,
1811, 1823, 1825, 1845, 1849, 1852 und 1869 (aus manchen Jahren
mehrere Bretter). Bestehend meist aus länglichem Brett und senkrecht
vortretendem Deckbrett (Konsole), auf dem ursprünglich Totenkronen
präsentiert wurden, die als Ersatz für die zu Lebzeiten entbehrten
Brautkronen von Paten, Freunden oder Verwandten gestiftet worden waren;
Begräbnis wurde als Hochzeit gestaltet; Kronen auch Zeichen der
Jungfräulichkeit, die aus den Verstorbenen himmlische Braut bzw. Bräutigam
machten (Müller 2002, S. 52). Die mit künstlichem oder natürlichem Grün,
Blüten, Perlen, Papier oder bestickten Bändern gestalteten Kronen nicht
erhalten. Inschriften enthalten Namen und Lebensdaten der Verstorbenen,
mitunter auch einen Trostspruch. In der Form des unteren Abschlusses und
Art der Bemalung differenziert, teils sorgfältig beschrieben und aufwendig mit
Ornamenten, Wolken oder pflanzlichen Motiven geschmückt, teils anrührend
unbeholfen. Die Sterbejahre bezeugen für Ferch ein langes Anhalten dieses
Mitte des 19. Jh. aufgegebenen Brauchs (Müller 2002, S. 53).
Bronzeglocke. 1731 angeschafft und aufgehängt; gestiftet von Gottfried
Christan von Rochow.
Bedeutung
Die Fercher Kirche gehört zu den am besten erhaltenen Fachwerkkirchen
der Region. Solche Bauten prägten einst in weit stärkerem Maße das Bild
der Kirchenlandschaft. Viele wurden jedoch im Laufe der letzten
Jahrhunderte durch neue Massivbauten ersetzt. Mit seiner in großer
Geschlossenheit bewahrten Ausstattung verkörpert der kleine Bau
beispielhaft das Erscheinungsbild einer barocken märkischen Dorfkirche.
Das Innere ruft mit seiner in derben Barockformen bemalten Decke ein heute
als anheimelnd empfundenes Bild hervor. Bemerkenswert sind die in selten
großer Zahl bewahrten Totenkronenbretter des 18. und 19. Jh., die noch
Fontane als charakteristisch für die Ausstattung märkischer Dorfkirchen
erwähnt (z.B. in der alten Geltower Kirche). Der besondere Wert der Fercher
Kirche wurde frühzeitig erkannt, weshalb sie schon 1914 als Kunstdenkmal
galt. Nach weitgehender Zerstörung der meisten altertümlichen Wohn- und
Wirtschaftsgebäude vermittelt der Fachwerkbau der Dorfkirche heute als
einer der letzten baulichen Reste einen Eindruck vom malerischen Bild des
alten, seit dem späten 19. Jh. von Künstlern aufgesuchten Ortes. Ihre Bauart
und der erhöhte Standort machen die Kirche zum Wahrzeichen von Ferch.
Quellen: A. Cante, Sakralbauten 2005, S. 40-44; Themel/Ribbe 1986
(Kirchenbücher), S. 376f. BLDAM, Altakten IfD, Nr. 04/12/12/14 (1955-62);
Objektakte Nr. 2.00-14/1694 P; Grundriss, Längs- und Querschnitt 1948 von
Alfred Wittke (! Abb.) in der Plansammlung Nr. 205249-56 sowie historische
Fotos (u.a. 1955 und 1956). BLHA, Rep. 55, Brandenburgischer
Provinzialverband, Abt. XI (Kultur), VI (Bau- und Kunstdenkmalpflege), Nr.
663 (Instandsetzungsarbeiten 1914-36). DStA, Depositum Pfarrarchiv
Bliesendorf, Bl 127/150 (Kirchenrechnungen Ferch 1716-1827) und Bl.
152/39 (Bauten und Reparaturen an der Kirche Ferch 1952-60); Depositum
Ephoralarchiv Lehnin, L-E 514/412 (Glocken 1926-55).
Literatur: Voigt 1921, S. 138 und 147; Voigt 1927, S. 34; Kieser 1941, S. 61
(Auswertung Bekmann-Nachlass); Dohnert 1954, S. 8, 8a; Eckardt 1967
(Erfassungskartei im BLDAM); Rohrlach 1977 (Ortslexikon), S. 108f.;
Kurztopographie 1978, S. 270; Gericke/Schleiff/Wendland 4. Aufl. 1985, S.
144f. sowie Abb. S. 59, 60 und 63; Lohmann 1993 (Orgelerfassung); Bach,
Hanni, Die Dorfkirche in Ferch, in: Zwischen Havelland und Fläming.
Heimatkalender für den Landkreis Potsdam-Mittelmark 1997, S. 57-60;
Vinken 2000 (Dehio), S. 279; Müller, Sylvia, Denkmäler des
Totenkronenbrauchs in der Mark Brandenburg, in: Brandenburgische
Denkmalpflege 11 (2002), H. 1, S. 52-65 (zu Ferch S. 57f. und Abb. Nr. 88-
89); Schmiedel, Helga, Die Fischerkirche – das Kleinod, in: Ferch einst und
jetzt 2003, S. 66-70; Taufengel in Brandenburg 2006, S. 122.