Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 296 ff.

Der barocke Saalbau mit westlichem Dachturm steht nördlich der Dorfstraße,
gegenüber den Gehöften etwas zurückgesetzt, inmitten des noch immer
belegten Kirchhofs. Östlich führt die Allee nach Wilhelmshorst vorbei.
Neu Langerwisch war zu allen Zeiten Mutterkirche. 1287 erfolgte die
Zusammenlegung der Pfarren Alt und Neu Langerwisch. 1303 wird der
Brandenburger Domkellner Johannes von Milow als Pfarrer genannt; sicher
übte er das Amt nicht selbst aus, sondern gab die Pfründe gegen Entgeld an
einen Vikar (1304 nämlich Johannes ohne Amtsbezeichnung genannt, 1314
als Abgesandter des Domkapitels in Rom). Hintergrund dieses seltenen
Beispiels für Vikarienwesen im dörflichen Bereich dürfte die gute Ausstattung
der Langerwischer Pfarre gewesen sein. 1303 war Alt Langerwisch als Filia
untergeordnet, während es 1287 mit der Mutterkirche Alt Langerwisch uniert
worden war (1772 die dortige Kirche abgerissen). Weitere Tochterkirchen
hatte Neu Langerwisch in Caputh (um 1450 bis 1869) und Michendorf (vor
1500 bis 1926). Im eingekirchten Wilhelmshorst wurde 1926 eine von Neu
Langerwisch betreute Tochter-Kirchengemeinde gebildet. Erst 1941 kam es
zur formellen Vereinigung der Kirchengemeinden Alt und Neu Langerwisch.
Im Mittelalter gehörte Langerwisch zur Sedes Treuenbrietzen (1459), dann
zur Sedes Beelitz (um 1500); vor 1573 kam es zur Inspektion Beelitz, vor
1748 zur Inspektion Potsdam, 1806 zur Superintendentur Potsdam (1835-
1959 Potsdam I) und 1968 zum Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen. Neu
Langerwisch war mit zwei Pfarrhufen ausgestattet (1375, 1575), dazu kamen
weitere Stücken Land und ein eigener Kossätenhof (1575), außerdem die
beiden Pfarrhufen von Alt Langerwisch und der dortige Pfarrhof (verpachtet).
Das Patronatsrecht hatte vor 1287 bis 1767 das Domkapitel zu Brandenburg,
seither der König bzw. Fiskus.
Da die alte Kirche, offenbar in Folge des Dreißigjährigen Krieges, eingefallen
war und wüst lag, musste Langerwisch 1660-99 vorübergehend von
Saarmund kuriert werden. 1772 erfolgte ein kompletter Neubau durch
Bauinspektor Lehmann aus Spandau (vgl. auch Windfahne). Vermutlich
wurde dabei Material vom Vorgänger wiederverwendet. Alte Bauteile sind
aber nicht einbezogen worden. Nachdem am 3. April ein »Entrepreneur
Contract« über den Neubau abgeschlossen worden war, erfolgte am 25./26.
Juni 1772 der Abbruch der »desolaten Kirche zu Alt Langerwisch«. Die damit
unzufriedene Gemeinde verweigerte deshalb die üblichen Handdienste.
Bereits am 29. Juni 1772 war das Mauerwerk der neuen Kirche weitgehend
fertiggestellt.
Der 1901 reparierte Turm (Turmknopfnachricht) musste infolge eines
Blitzeinschlags 1956 instandgesetzt werden. Nach der Erneuerung der
Dachdeckung 1954 plante die Gemeinde eine Neugestaltung des zuletzt
1934 renovierten Inneren, verbunden mit dem Einbau einer Leichenhalle
unter dem Turm. Nach Plänen von Kirchenbaurat Winfried Wendland kam es
1956-57 zur durchgreifenden Modernisierung des Altarbereichs unter
Beseitigung des barocken Kanzelaltars und der Herausnahme des Gestühls.
Außerdem erfolgten die Erneuerung der Ausmalung und der Beleuchtung
sowie der Einbau einer Heizung. Nach 1967 wurde der schadhafte
Außenputz weitgehend beseitigt. An die Dachsanierung 1994 schlossen sich
eine Instandsetzung des Inneren 2000-01 mit Putz- und Malerarbeiten sowie
bis 2008 die Sanierung des durch Hausschwamm stark geschädigten Turms
an.
Die Kirche ist ein Rechtecksaal von 19,12 m Länge und 11,46 m Breite mit
eingebundenem westlichen Dachturm und nach Osten abgewalmtem
Satteldach mit Biberschwanzdeckung. Das Mischmauerwerk aus Feldstein
und Ziegelbruch mit Ecken aus Ziegelmauerwerk ursprünglich durch
gegliederte Putzfassaden verdeckt. Große Rundbogenfenster mit
Putzfaschen und Schlussstein; auf der Nordseite fünf, im Süden vier sowie
mittleres vermauertes Rundbogenportal (von der Putzvorlage nur die jetzt
beziehungslose Gesimsverdachung erhalten), im Osten zwei Blendfenster.
Alleiniger Zugang jetzt das ebenfalls rundbogige Westportal in flacher, durch
ein Gesims abgeschlossener Wandvorlage; gerahmt durch mit dem reich
profilierten Traufgesims verkröpfte Lisenen, die in den Ecklisenen des Turms
ihre Fortsetzung finden. Der quadratische Turmschaft, eine außen mit
Ziegeln verblendete Fachwerkkonstruktion, ruht auf einer massiven
Unterkonstruktion mit Rundbögen im Schiff. Große rundbogige
Schallöffnungen (außer auf der Ostseite). Abschluss durch leicht
geschwungenes Zeltdach.
Das Innere des Schiffs ein nüchterner, breit proportionierter Raum mit Ziegel-
Fußboden, flacher Putzdecke und schmaler Voute. Die Einrichtung
weitgehend auf die Erneuerung unter Wendland zurückgehend: Altar und
zylindrische Taufe aus flachen Klinkern gemauert, Altarpodest, Kreuz an der
Ostwand sowie Altarleuchter. – Liegende Dachstuhlkonstruktion mit
Dreiecksrähmen, in Abstand versetzten Spannriegeln und Hängewerk mit
zwei Vertikalsäulen auf kräftigem Überzug sowie sehr langen Verstrebungen
in Längs- und Querrichtung.
Ausstattung
Altar. Nach Plänen Wendlands von 1956, aus Ziegelplatten aufgemauert.
Damals der einfache barocke Kanzelaltar beseitigt.
Taufe. 19. Jh. Terrakotta mit steinfarbenem Anstrich und reichem
neugotischen Dekor. Die Taufschale im Pfarrhaus deponiert. Messingschale
mit Inschrift »Lasset die Kindlein zu mir kommen...«, ohne Stifternennung
oder Datierung.
Kanzel. Vom bauzeitlichen hölzernen Kanzelaltar allein der polygonale Korb
mit einfachen Brüstungsfeldern erhalten; nach Plänen Wendlands von 1956
auf niedrigem Ziegelsockel neu aufgestellt.
Orgel. 1875 von Carl Eduard Gesell aus Potsdam. 8 Register, 1 Manual und
Pedal; mechanische Schleiflade. Spätklassizistischer, durch Pilaster
gegliederter Prospekt mit vier rundbogigen Öffnungen, die erhöhten
Seitenteile durch flache Giebel abgeschlossen.
Westempore. Um 1772; 1874/75 Veränderungen im Zusammenhang mit
Aufstellung der Orgel. Auf zwei Toskanischen Holzsäulen ruhend; Brüstung
mit einfachen Rechteckfeldern und durch Zierfelder mit gekehlten Ecken
geschmückten Zwischenpfosten. Auf der Empore einzelne ältere, ganz
einfache Holzbänke sowie eine Totenbahre.
Gedenktafel mit Inschrift »Ordenstafel der Kriegerkameradschaft
›Langerwisch‹« Holztafel. Abgestellt auf dem Dachboden.
Große Bronzeglocke. 1516 (i), mit arabischen Ziffern; am Hals Inschrift und
Rosetten. Kam nach 1945 vom »Glockenfriedhof« nach Langerwisch als
Ersatz für die im Zweiten Weltkrieg abgelieferten Glocken. - Die
ursprüngliche Glocke von 1449 (umgegossen 1893 durch Gustav Collier aus
Zehlendorf) war bereits im Ersten Weltkrieg abgegeben worden.
Kleine Bronzeglocke. »Gegossen von Gustav Collier in Zehlendorf 1893«
und »Nr. 1541« (i); oben durch Blattranke geschmückt, mittig großes
Reliefmedaillon mit Christusdarstellung; Aufhängung als kannelierte Säule
mit Engelsköpfen gestaltet.
Die Langerwischer Kirche ist ein charakteristisches Beispiel für die
schlichten, aber soliden Dorfkirchenneubauten der friderizianischen Zeit, wie
sie oft unter königlichem Patronat entstanden. Zusammen mit dem
benachbarten alten Schulhaus sowie Pfarrhaus und Schulzengehöft auf der
gegenüber liegenden Seite der Dorfstraße bildet sie das Zentrum des Ortes.
Unter der im Zuge der Modernisierung in der Nachkriegszeit dezimierten
Ausstattung ragt die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Langerwisch gelangte
spätmittelalterliche Bronzeglocke heraus.
Quellen: A. Cante 2005, S. 123f.; Themel/Ribbe 1986 (Kirchenbücher), S.
310f. – BLDAM, Altakten IfD, Nr. 03/12/31 (1955-56); Objektakte 2.00-
14/1448, darin Grundriss von Sibylle Stich 1995 (! Abb.); Innen- und
Außenansichten (Fotos 1955). BLHA, Pr. Br. Rep. 7, Landesherrliche Ämter,
Amt Potsdam, Nr. 1462 (Bau- und Reparaturarbeiten an der Kirche zu Neu
Langerwisch 1754-1772, 1832-1847) sowie Pr. Br. Rep. 2A, Regierung
Potsdam, Abt. II, Kirchen- und Schulwesen, Kreis Zauch-Belzig, Nr. 1276
(Anschaffung einer Orgel für die Kirche zu Neu Langerwisch 1851-1937, mit
Ansichten).
Literatur: Wolff 1920, S. 90 und 93; Backschat 1938; Kieser 1938, S. 1
(Bekmann-Umfrage); Klünder 1951, S. 53, 57, 62f. und 67; Eckardt 1967
(Erfassungskartei im BLDAM); Rohrlach 1977 (Ortslexikon), S. 213-217;
Kurztopographie 1978, S. 275; Krüger/Nest 1987, S. 9 und 16; Vinken 2000
(Dehio), S. 562; Lohmann 1993 (Orgelerfassung); Nachrichten aus dem
Turmknopf, in: PNN vom 6.12.2007; Lähns, Thomas, Langerwischer
Zeitzeugen. Gestern feierte die Gemeinde die Sanierung der Dorfkirche, in:
PNN vom 10.12.2007.